
6.Türchen
Mögest du fromm und freundlich sein, dann bringt der Travislaus auch dir ein Wunderlein

Der heilige Travislaus und das Kornwunder
Allgemein bekannt ist, dass am 6. Hesinde in Nostergast der Travislaustag zu Ehren des heiligen Travislaus von Mirdin, der auch als Schutzheiliger der Kinder gilt, mit dem Brauch begangen wird, den Kindern, so sie denn artig waren, ein Säckchen mit Naschwerk in die Schuhe zu stecken.
Weniger bekannt außerhalb Nostergasts sind die weiteren Wundertaten, die der Heilige in seinem Leben vollbrachte. Eine davon ist das Kornwunder, von dem folgende Legende berichten soll:
„Es war zu der Zeit, als Vater Travislaus von Mirdin schon weithin bekannt war für seine guten Taten und seinen weisen Rat im Dienst der Heiligen Mutter. Es begab sich da, dass eine Hungersnot das Land heimsuchte. Die Ernte war schlecht ausgefallen und die Menschen darbten auf dem Land und an der Küste. Stürme vereitelten den Fischfang und der trockene Waldboden brachte weder Pilze noch Beeren hervor. Der Heilige sah das Elend und betete zur Herrin Travia um Hilfe für die Menschen. Die Heilige Mutter erhörte sein Flehen und inspiriert von ihrem Fingerzeig begab sich der heilige Travislaus zur Küste. Dort hatte der Sturm drei Frachtschiffe randvoll mit Korn vor die Küste gedrängt, die eigentlich für das Herrscherhaus im südlichen Havena bestimmt waren. Der Heilige sprach bei den Kapitänen vor, doch diese versagten es, selbst gegen stolze Preise den darbenden Menschen etwas von dem Korn zu verkaufen, da es abgewogen sei und nichts fehlen dürfe, wenn die Ladung Havena erreichte. Weder die große Not der Menschen noch die frommen Worte des Geweihten vermochten die hartherzigen Kapitäne zu rühren.
Doch das Bitten des Heiligen in Travias Namen Mitleid zu zeigen und die mahnenden Worte, sich den Nöten der Bedürftigen nicht zu verschließen, rührte einige fromme Matrosen an Bord. Bevor die Schiffe wieder gen Havena in See stachen, entwendeten sie aus einigen der Getreidesäcke heimlich eine kleine Menge und überließen sie dem Heiligen Travislaus. So erhielt dieser von jedem der drei Schiffe drei volle Sack Getreide. Der Heilige aber dankte den Matrosen in Travias Namen und versprach ihnen, dass ihnen kein Unheil aus dieser frommen Tat erwachsen werde und ihnen der Dank der Heiligen Mutter gewiss sei. Hernach verteilte er das Korn aus den Säcken an die Hungerleidenden und es ward nicht alle, bis alle genug hatten, um den Winter zu überstehen und es ward immer noch genug übrig für die Aussaat im folgenden Frühjahr.
Den Getreidesäcken auf den Schiffen hingegen fehlte keine Unze, als sie in Havena gewogen wurden. Die Kapitäne brüsteten sich noch, kein Korn des herrschaftlichen Getreides abgegeben zu haben an die hungerleidende Bevölkerung, doch entgegen ihrer Erwartung fand dies kein Wohlwollen bei den götterfürchtigen Herrschern, denn allzu deutlich sprach die Hartherzigkeit aus ihren Worten. Die Matrosen, die das Korn entwendet hatten, aber staunten ungläubig über die vollen Säcke und sprachen darüber, denn sie sahen, das ein Wunder geschehen war. Da war ihre Tat offenkundig, doch wurde sie mit Lob und Lohn bedacht, anstatt mit Strafe, so wie es ihnen der Heilige versichert hatte.“
gehört in Nostergast, neuzeitlich
Der heilige Travislaus von Mirdin gilt ob dieser Wundertat auch als Schutzheiliger der Hungerleidenden. In Nostergast finden sich auf Schreinen und in Tempeln oft Darstellungen des Heiligen mit einem Sack Getreide neben sich oder auf dem Rücken.
Türchen von: @Tiger