Also sammeln wir mal.
Aber erstmal: Hallo. ^^
Kurzes persönliches Vorwort:
Bei uns in der Gruppe kam vor Kurzem die Rede davon auf, sich vielleicht (vielleicht auch nicht) doch mal wieder an eine DSA-Runde zu wagen, und denke ich mir noch:
„Mäh, da gibt es doch keine guten Regeln für, DSA4 alt und mies, DSA5 mies und falsch, das KSK wartet schon seit 2 Jahren auf eine neue Version und schreibt sich auch nicht von allein, und das nur um mit DSA4 gespielt werden… Ach, hatte Curthan nicht damals was in Entwicklung? Wie hieß es doch gleich? So ähnlich, wie dieses eine mythische Schwert von den Eldar, Anaris, nur etwas anders. Mal googeln…“
Und dann: BÄM! Vor kurzem ein Release, und was für eins, mit Kritiken auf allen wichtigen DSA-Blogs und was man sich sonst noch wünscht.
Komplimente und Bewunderung dafür!
Das Einzige, was ich persönlich bereue, ist selbst nicht mehr beigetragen zu haben. Als ich damals gefragt wurde, war ich wohl noch zu ausgebrannt vom konsequenzenlosen DSA5-Gammatest, um dran zu bleiben. Die Jahre danach hatte ich schlicht nichts mit DSA zu tun. Ich bin aber froh, mich mit der damaligen Haltung, ein vollständiges Regelwerk koste mehr Mühe, als einzelne Module, aber bringe nicht mehr Akzeptanz, geirrt zu haben.
Ilaris setzt insbesondere all die Regelmechanismen in Realität um, die mir für gute DSA-Regeln wichtig gewesen wären:
– Median-Probe. Und wenn der Rest der Spieler damit kein Problem hat, dass plötzlich „hoch = gut“ bedeutet, dann habe ich das auch nicht.
– Merkmalsfertigkeiten. Endlich kann man Kraft steigern und Horriphobus als geheime Schriftrolle finden statt anders rum. Und die Wahl bei der Zusammenlegung der Merkmale kommt mir auch angenehm bekannt vor.
– Vergleichsproben im Kampf, und seien sie auch ohne Qualität und beidseitiges Missgeschick
– Quasi zweistufiges Talentsystem, sogar in einer der von mir favorisierten Ausprägungen (der Triakonta-Variante, aber Curthan hatte sie ja auch als erster vorgeschlagen)
– Entkopplung von Stand und Status
Und viele andere Punkte finde ich auch gut, ob schon damals, jetzt erst beim Lesen, oder weil ich im KSK zu ähnlichen Lösungen griff.
Es existieren Optionalregeln für Trefferzonen und Distanzklassen (wenn auch letztere nur mit Bodenplan, aber vielleicht ist das nötig).
Und dass das Verhältnis zwischen Astralem und Karmalem etwa die Eigenheiten aus DSA4 beibehält und dabei sinnvoller Weise trotzdem auf ein gemeinsames Regelfundament wechselt, trifft die goldene Mitte zwischen den jüngsten offiziellen Editionen, und zwar auf den Kopf statt schräg zum Brett.
Das führt schon mal zu vielen Vorschusslorbeeren und einer satten Punktezahl im Rezi-Thread.
Und auch, wenn ich die Struktur des Buchs nicht in diesem Thread ansprechen wollte (das tun die anderen Rezis schon zu genüge), seien noch die vielen Seitenverweise lobend erwähnt! Sie fehlen mir in all den ach so professionellen Printwerken der bekannten Verlage.
Kritik:
Ich versuche, die zentraleren Punkte eher an den Anfang und Kleinigkeiten ans Ende zu setzen, halte mich aber nicht fest dran. Es sind mitunter wirklich Winzigkeiten, ich habe einfach beim Lesen über ein paar Tage alles gesammelt, was mit auffiel.
Die Liste ist außerdem keinesfalls abschließend, bloß das, was mir bislang beim Lesen auffiel.
Zunächst neutral sehe ich folgende Punkte, z.T. weil ich mir mit der Beurteilung noch schlicht zu unsicher bin:
– Immer Ansage, nie Qualität.
Die Rede ist von der Wurfmenchanik. Man möchte nicht beides mischen, oder es je nach Situation der Gruppe überlassen, es auszudiskutieren, weil gute Regeln solches Diskutieren einem ja genau abnehmen sollen. Nun setzt Ilaris also konsequent auf Ansagen und anschließenden binären Wurf. Ich erwische mich hingegen beim Lesen bei dem Gedanken, als Meister in vielen Situationen trotzdem eher nach offenen Qualitätswürfe fragen zu wollen statt sich auf eine Schwierigkeit vorher festzulegen. Dann aber spricht Ilaris stellenweise von nur knapp misslungenen Proben. Etwa bei der Beherrschungsprobe bei der Invokation, aber an andere Stelle kam mir das IIRC auch schon unter. Also doch Qualität? Inkonsequent, oder habe ich eine Regelstelle verpasst, die bei unterschiedlich stark misslungenen (ansonsten eigentlich binären) Proben differenziert?
Ich schreibe diesen Punkt unter „neutral“, weil ich dem Ansatz mit der Ansage eine faire Chance geben möchte.
– Verbotene Pforten + BOR:
Die SF wird damit zum Must-Have für Borbaradianer, wenn sie von ihrer Besonderheit Gebrauch machen wollen. Ist das Absicht?
– Einfach zu berechnende abgeleitete Werte
Ilaris macht hier einen Schritt auf DSA5 zu, indem es an dieser Stelle vereinfacht. Die Basiswerte für effektive Talentwerte sind aber immer noch Bruchzahlen, für die man in der Menge elektronische Hilfe braucht. Was OK ist, aber beides zusammen inkonsequent wirkt. Da hätte man auch für Ini irgendwas aus IN+MU basteln können, ohne dass es aufgefallen wäre.
Ich hätte übrigens selbst dann für MR und Ini die Eigenschaften vertauscht gewählt.
Ansonsten bin ich noch zu unvertraut mit den Werten, fürchte ich. Z.B. die Schwierigkeit für Ausweichen/Schildparade im Fernkampf erscheint astronomisch, die Effekte von Buff- und Debuff-Zaubern hingegen winzig.
Letztere waren zwar ein Quell der Dysbalance in DSA4, lesen sich hier in Ilaris aber so spartanisch, wie in DSA5 vor der Zauberwerkstatt. Während Paralys noch genau so mächtig scheint, wie in DSA4.
Da würden mich die Gedanken zu interessieren, aber urteilen möchte ich noch nicht.
Ähnlich verhält es sich mit dem Misslingen einer Probe bei Patzer, wo die Regeln an mehreren Stellen zu suggerieren scheinen, es würde eine größere Rolle spielen, aber mir das wie ein unwahrscheinlicher und vernachlässigbarer Randeffekt vorkommt.
(Eher) Negativ:
– SchiPs
Curthan kennt meine Einstellung zu denen, auch wenn sie seit einiger Zeit jetzt in Mode scheinen.
Das Problem bei Ilaris ist, dass die Dinger so tief mit dem System verwachsen sind, dass sie sich nicht mit einer knappen Hausregel wegoperieren lassen. Wenn man etwa die Eigenheiten zu reinem Fluff erklärt, fehlen die Nachteile.
– Fehlende Crunch-Nachteile
Apropos Nachteile. Sowas wie niedrige dies-und-das, um seine abgeleiteten Werte von den Attributen individuell entkoppeln zu können. Gibt es einen tieferen Grund, warum auf sie verzichtet wurde? Im Gegensatz zu Fluff-Nachteile (schlechte Eigenschaften etc.) fallen sie ja auch nicht unter die Eigenheiten. Oder ist gemeint, dass das positive Hervorheben abgeleiteter Werte durch Vorteile der Individualisierung genüge tut?
– Fehlende R/K/P-Schablonen.
Klar, das ist viel Detailarbeit, die nichts an den eigentlichen Regeln ändert, und das Regelbuch wäre dann auch nicht so schön knapp. Aber selbst DSA5 hat’s hinbekommen! Und ohne muss man entweder entweder bei der Charaktererstellung offizielle DSA-Bücher nebenbei offen haben, oder einem fehlt eine wichtige Inspirationsquelle.
– Rassenbesonderheiten, wo wir schon in dem Kontext sind.
Nach langem Ringen hat sich sogar DSA5 doch für etwas unterschiedliche Attributsmaxima entscheiden können, wenn ich es recht in Erinnung habe.
Und Ilaris?
Gut, Ilaris verzichtet darauf, pummelige Elfenmädels mit menschenkleinen Augen zu zeichnen, das ist schon mal was, aber Werte wären mir auch sehr lieb.

– Überreden erleichtert gegen Feinde.
In der Nandurion-Rezi wurde bemängelt, dass man seine Feinde erleichtert einschüchtern kann. Ich dachte mir noch: Na ja, OK, irgendwas könnte schon dran sein, wenn man will. Aber als ich selbst nachlas: Auch Überreden.
Das ist so eine der Stellen, die wirkt, als würde Symmetrie versucht zu ihrem Selbstzweck zu schaffen, aber hier wirkt sie besonders unpassend. Manchmal ist es auch schlicht besser, sich mit jemandem gut gestellt zu haben, um besser manipulieren zu können statt schlechter.

IMO sollte sich eine positive Einstellung positiv auf die drei Talente (außer Einschüchtern) auswirken und auf Einschüchtern gar nicht.
Erst wenn es so Scherze wie Provozieren gäbe, ließe sich ein Bonus durch Feinseligkeit rechtfertigen.
– Strukturierung der Vorteile
Also ab der Stelle, wo die freie Liste endet und die Listen mit vier pro Eigenschaft beginnen. Einige wirken so, als sollte bloß der Slot gefüllt werden, nachdem man sich aus welchen Gründen auch immer für diese starre Struktur entschieden hatte.
– Tod durch Erschöpfung
Cifer und Nick-Nack machen sich im Disput darüber lustig, und ich finde es auch nicht ganz nachvollziehbar. Steht da eine besondere Überlegung dahinter, auf die ich bloß nicht komme?
Plausibel wäre doch eher:
Ab >8 Einschränkungen bewusstlos;
jede weitere wertet eine Erschöpfung zur Wunde auf;
ab >8 Wunden tot.
Das würde auch Tod durch Erschöpfung abbilden, ohne dass diese so schwer wie Wunden wiegt. Und würde zu den halben und ganzen Kreuzen auf dem Charakterblatt passen.
– Immer „menschengroße“ Gegenstände
Unbelebte Objekte haben zwar unterschiedliche Härte, aber eine starre Wundenzahl, was sie quasi alle gleich groß macht. Es braucht eine Erklärung, dass man große Gegenstände entweder in mehrere Teile (Mauerabschnitte u.Ä.) unterteilt, oder ihnen den Vorteil Koloss I/II zugesteht.
– Unitatio: Elfen/Hexen mit mächtigen Zirkeln sind irgendwie schwammig.
Können die Gruppen dann größer als 5 sein? Geben Helfer dort höhere Boni im Erfolgsfall? Warum so eine schwammige Umschreibung mit Hörensagen, statt eine erhöhte Unitatio-Gruppengröße in die Repräsentation zu tun?
Apropos Repräsentation: Die Dinger heißen ja seit DSA5 „Zaubertradition“ o.ä., ich würde den alternativen Begriff noch irgendwo im Text vermerken, damit man auch ohne DSA4-Vorwissen nicht raten muss, womit man es zu tun hat.
– Ausspielen von Gesellschaftsproben.
Das wird IIRC im Nandurion-Arikel als Kritik erwähnt, weil jemand von den Rezensenten lieber erst würfeln und dann ausspielen möchte statt, wie Ilaris es schreibt, anders herum.
Tatsächlich läuft es doch meist so ab, wenn man es sinnvoll macht:
a) Sammeln von Argumenten
b) Probenschwierigkeit
c) Wurf
d) Resultat
Dabei kann man sowohl (a) als auch (d) schauspielerisch ausgestalten, beides oder je nach nach Situation und Gruppenvorlieben eins von beidem. Sowohl Nandurion als auch Ilaris übergehen demnach jeweils eins davon.
– Kampfstil-Auswahl hat zwei Lücken:
a) Seitenfechten
Bei den Kampfstilen fehlt einer für eine einzelne Einhandwaffe und eine offene zweite Hand. Der „schnelle“ ist ja mehr für Zweihandschwerter u.Ä., oder?
b) Waffenloser Kampf
Andere haben das schon als Versäumnis kritisiert, dritte haben es mit Realismus abgetan, aber ich wüsste momentan nicht, wenn ich meine Runde noch hätte, wie meinem dortigen Kung-Fu-Moha erklären sollte, dass sein Char ab jetzt nicht mehr richtig kämpfen kann.
– Regenerationsverbot bei Krankheit/Gift.
Führt dazu, dass ein Char unter dieser wirkung „eh nicht schlafen braucht und genau so gut Wache schieben kann“ statt zu sinnvollem Verhalten. Besser Regenerationszeit verdoppeln, oder mit Schäden bestrafen, wenn er nicht schläft.
– Bei Zonenwunden finde ich die Diversifizierung der Eigenschaft, auf die Wundschmerz getestet wird, unnötig; die Wunden selbst hingegen zu unbedeutend, also dass überhaupt nur bei Doppelwunde die Zone eine Rolle spielt.
Nach meinem Verständnis wäre Wunschmerz sowieso immer auf Zähigkeit abzulegen. Nun möchte man vielleicht nicht ein einzelnes Talent mit zu viel Kampfbedeutung überladen und nimmt stattdessen die zugrunde liegende Eigenschaft (wenn ich den Gedanken hinter KO richtig deute). Meinetwegen, wenn auch nicht ideal (KO bestimmt ja schon die WS). Aber dass ein gewandter Charakter eher mal eine Doppelwunde auf seinem wertvollen Bein wegstecken soll, finde ich unglücklich – eigentlich sollte das eher seine Schwachstelle sein.
So, und jetzt schicke ich diesen Text ab, auch wenn mir sicherlich beim weiteren Lesen noch Anderes auffallen wird.