Meine Vermutung wäre, dass einer der entscheidenden Gründe, warum das bei euch längerfristig klappt, die Tatsache ist, dass du selbst als Spielleiter dich immer wieder aktiv damit beschäftigst, wie die Außenwelt die Charaktere in ihrer Haltung bestätigt. So deutest du es jedenfalls an.Draco Graustein hat geschrieben: ↑16.10.2020 09:39 Ich leite eine Gruppe mit einem Vampier, Schwarzmagier, einer bösen Hexe und Feylamia Elfe. Mittlerweile haben sie 8 Abenteuer miteinander bestritten und es ist durchaus Möglich wenn der Glaubenssatz richtig gesetzt ist. Hier kannst du nachlesen wie ich den Glaubenssatz gesetzt habe.
Ich denke, eine "böse" Gruppe, die in einer rein guten Welt spielt, nutzt sich irgendwann ab, aus den hier im Thread beschriebenen Gründen: Rechtschaffen und moralisch handelnde Gegner können einer skrupellosen Gruppe zunächst wenig entgegen setzen, weil ihre Moral sie immer wieder hindert, zu denselben Mitteln zu greifen. Stattdessen werden aber moralisch komplett verkommene Charaktere oft selbst ihr eigenes Problem, erst recht in einer Gruppe. Das ist tatsächlich auch den Mechanismen, die in unserer realen Welt herrschen, nicht ganz unähnlich. Wenn skrupellose Menschen scheitern, dann oft entweder an sich selbst, oder weil sie von engen "Freunden" verraten oder hintergangen werden.
Wenn der Spielleiter sich aber aktiv Mühe macht, die "gute" Welt beständig als falsch, verlogen und voller Doppelmoral darzustellen, und dadurch die "bösen" Charaktere beständig in ihrer Meinung zu bestärken, dass sie gar nicht anders sind, als alle anderen um sie herum, nur "besser", dann setzt das ständige Reibungspunkte und ständige Möglichkeiten, weiter den Pfad der Skurpellosigkeit und des Egoismus zu beschreiten. Das wiederum erfordert aber sehr viel Mitdenken und sehr viel aktives Agieren für den Spielleiter, und mein Verdacht wäre, dass viele Spielleiter sich dieses Aufwands im Vorfeld nicht bewusst sind. Sie müssen, wenn sie eine "böse Gruppe" leiten wollen, sich selbst in die Gedanken all dieser Charaktere hinein versetzen und in ihrer Darstellung Aventuriens deren Paranoia, deren Hass und deren Weltsicht bestärken.
Ohne jetzt zu politisch zu werden: Ich würde das vergleichen mit Medien, die zum Beispiel Verschwörungstheoretiker in ihrer Weltsicht bestärken, indem sie gezielt immer wieder jenen Teil der Realität zeigen, der bestärkend wirkt, und auf alles andere weniger Fokus legen. Spielleiter sind ja nun einmal diejenigen, die tatsächlich die Realität setzen, in der sich die Spieler bewegen. Menschen, die skrupellos handeln, sehen eben häufig die Welt um sie herum gar nicht als "gut und rechtschaffen" an, sondern als verkommen. Wenn der Spielleiter aber alle anderen NSC überwiegend als moralisch und rechtschaffen darstellt, ist dagegen im Kopf schwer anzuspielen. Dann nutzt sich "böses" Spiel ab, weil man insgeheim weiß, dass man böse ist. Die wenigsten Menschen aber wollen wirklich "böse" sein, jeder will der Held in seiner eigenen Geschichte sein.