Wieder mal bissel lang...
"Bis ans Ende" führt die Helden auf der Suche nach jemandem, der die Birscha-Rolle entziffern kann, zu Fuldigor mitten ins Eherne Schwert. Die Frage, was Pyrdacor von Aufzeichnungen hat, die keiner lesen kann, stelle ich hier lieber nicht. Vermutlich brauchte er wegen einsetzender Altersdemenz eine Gedächtnisstütze.
Am Anfang muß in Festum eine Expedition ausgerüstet werden. Dazu bietet das Abenteuer mehrere potenzielle Geldgeber, die unterschiedlich viel beisteuern können, darunter jeweils ein Extra-Schnäppchen, die sich aber teilweise untereinander ausschließen. Verwaltet wird das Ganze durch ein recht gelungenes Ressourcen-System, das schon häufig positiv kommentiert wurde. Gleichzeitig können (und sollten) sich die Helden über das Eherne Schwert und frühere Expeditionen zu Fuldigor erkundigen. Man erfährt (neben dem üblichen Raidri-Zeugs), daß Ingerimm eine lahme Ente ist und deshalb Schuld an der Dämonenzitadelle hat.
Dann bricht die Karawane auf - leider ist an dieser Stelle das Ressourcensystem über die eigene Abstraktion gestolpert, so daß aus dem Abenteuer in keiner Weise hervorgeht, wie groß die Karawane eigentlich ungefähr ist. Auch wenn man sinnvollerweise nicht jeden Träger einzeln abrechnet, wäre ein Anhaltspunkt notwendig.
Begleitet wird man dabei - neben einem Vertreter des Hauptgeldgebers - von Dracodan von Misaquell, dem Apep die Rolle ins Hirn gebrannt hat, und Yppolita von Gareth, bei der Nahema offenbar der Ansicht ist, sie solle mal ein bißchen an die frische Luft.
An und für sich sind beide Ideen nicht schlecht. Dracodan ist ein kleiner Joker - er ist den Großteil der Reise indisponiert, kann aber auch mal kurz aufwachen, wenn's brenzlig wird, und die Helden lernen ihn ein wenig kennen. Yps kann im Zweifelsfall ein paar Zauber, die den Helden fehlen, bietet ansonsten etwas Nebenunterhaltung, und kann bei Bedarf die Anstrengungen der Reise etwas demonstrieren. Soweit, so gut, und der Gedanke, das Mädel immer mal auftauchen zu lassen, ist lobenswert.
Im veröffentlichten Abenteuer sind diese mitreisenden NSCs dann allerdings wesentlich kritischer - denn das Abenteuer ist Teil der Drachenchronik, und hier wird es (wie später noch mehrere Male) Opfer der reichlich verkorksten Kampagnenplanung.
Dracodan wäre nicht notwendig, denn die Rolle kann auch von den Helden selber transportiert werden - die Möglichkeit, sie in handliche Einzelstücke auseinanderzuschrauben, wurde ja im ersten Abenteuer etabliert. Warum jetzt nicht mehr? Nun spielt Dracodan später wohl noch eine gewisse Rolle - leider aber erzählt das dem SL keiner. Hier hätte ein Vermerk hingehört, wofür der Typ noch gebraucht wird - vorausgesetzt, der Autor des Abenteuers wußte das, was ich ziemlich bezweifle.
Yps wiederum gehört eigentlich durch Hilbert von Puspereiken ersetzt. Daß der nach dem ersten Abenteuer in der gesamten Kampagne (zumindest bis Bd. 3, und so, wie der endet, wohl auch in 4 nicht) nicht mehr auftaucht, ist einfach nur schlecht und gehört den verantwortlichen Kampagnenplanern in schöner Regelmäßigkeit an den Kopf geworfen. Himmel, wozu baut man NSCs denn auf, wenn man sie dann genau dort, wo sie ihren Platz haben, nicht verwendet?!?
Nach einer kurzen Reise - über Land oder auf dem Fluß, beides ganz ordentlich (und auch inklusive der im Bornland dermaßen obligatorischen Sumpfranzen, daß vermutlich das Weltende kurz bevorsteht, wenn ein Bornlandabenteuer mal keine enthält
). Dann kommt man in Notmark an, dem letzten Ort vor dem Gebirge. Das Abenteuer sieht vor, daß man dort die Namenlosen Tage verbringt und ein paar Nebenquests löst - geht aber auch zu einem anderen Zeitpunkt, auch wenn dann wohl Pardonas cooles Purpurerdbebengewitter wegfällt. Und obwohl der Notmark-Teil mit dem Rest des Abenteuers höchstens sehr lose verknüpft ist (man kann Bergführer finden, die leider nicht mehr wirklich ins Ressourcensystem integriert sind), macht er Spaß und hat einige nette Figuren. (Irgendwie hat man anscheinend übersehen, daß Alderich zwei tyrannische Bälger hat, macht aber nix.) Schön, daß die Namenlosen Tage hier nicht als nahender Weltuntergang dargestellt werden.
Dann kommt der nächste Aufbruch in die Vorberge des Ehernen Schwerts. Man kann noch ein wenig zwischen Nivesen und Bergarbeitern vermitteln, dann verabschiedet sich die Expedition von der Zivilisation.
Die Reise durchs Eherne Schwert ist gut gelungen. Dafür, daß man durch unbewohntes Gebiet reist und somit eigentlich keinen hat, mit dem die Gruppe interagieren könnte, und ich mit der Darstellung von Reiseabenteuern immer ein wenig Probleme habe ("Ihr wacht auf. Programm für heute: Zufallsereignis X, zu lösen durch Probenkombination Y und Z. Außerdem viel Scenery Porn. Dann geht ihr ins Bett und freut euch auf den nächsten Tag, der neue atemberaubende Landschaften und ein neues Zufallsereignis bringen wird."), ist die Kletterei recht unterhaltsam gelöst und die Landschaften des Ehernen Schwerts in angemessenem Rahmen abwechslungsreich gestaltet.
Für die komischen DSA-Kälteregeln (hat man einmal Kälte-RS 12 zusammen, kann man gefahrlos den Kopf in flüssiges Helium stecken) kann der Autor nichts. Bei den Orientierungs- und Wildnisleben-Proben muß man ggf. etwas anpassen - eine sehr wildniserfahrene Truppe kommt ohne allzuviele Probleme durch, erst recht mit gediegener Ausrüstung, eine schwache Gruppe sollte die Naturproben tunlichst von den angeheuerten Führern lösen lassen (und hat ansonsten eigentlich auch nichts im Ehernen Schwert verloren) - aber im Grunde sind die ganz ordentlich gewählt.
Das Abenteuer verzichtet dabei (zunächst überraschenderweise) auf vorgegebene Konflikte innerhalb der Expedition und auch auf eine Konkurrenz - es geht wirklich nur darum, mit den vorhandenen Mitteln ein lachhaft hohes Gebirge (also bitte, 12000 Meter?) zu überwinden. Das ist der Spannung ein wenig abträglich, ist aber bei näherem Nachdenken nicht grundlos:
Spione und Gegner innerhalb der Expedition gibt es im Khôm-Abenteuer und auch in Bd. 3 reichlich zu enttarnen. Spielt man das Abenteuer ohne die Kampagne, ist es sicher zu empfehlen, etwas in dieser Hinsicht einzubauen (wobei man bedenken muß, daß einfache Sabotage auch nicht gut ist - irgendwie muß der Spion ja auch wieder nach Hause kommen), aber in diesem Fall paßt das schon.
Zum anderen Punkt - eine Expedition zu Fuldigor ist mMn ein aventurisch so seltenes Ereignis, daß ich es seltsam fände, wenn jetzt plötzlich gleich mehrere auf die Idee kommen, eine auszurüsten, nur damit die Helden was zu tun haben. Vielleicht kann man, wenn man will, einen Aufhänger dafür konstruieren, aber im vorgegebenen Rahmen ist es gut, daß dieses Element weggelassen wurde.
Interaktion gibt's dann auch noch, in Gestalt der schrägen Idee einer maritimen Zivilisation, die 10.000 Meter über dem Meer wohnt und panische Angst vor Wasser hat (im ewigen Eis, hihihi). Da kann der Autor nix für, das war schon so, aber wunderlich ist es dennoch. Die Kultur der Mahre ist komisch, aber nett umgesetzt, und das Rätsel ganz witzig. Eventuell wäre es eine Idee, die Expedition lieber hier in den Höhlen zu parken, weil die Oase mMn doch etwas gekünstelt daherkommt, aber so wie im Abenteuer geht's auch.
Tritt man bei den Mahren aus der Haustür, ist man auch schon fast bei Fuldigor. Nach der Lektüre der Pher-Drodont-Quelle waren die Prüfungen mMn etwas lasch - wenn man deutlich betont (wie ja auch vorgesehen), daß man das Eherne Schwert jetzt besiegt hat und es hier keine Herausforderung mehr darstellt, kann (und sollte vielleicht) man die etwas aufbohren. Der Irrgarten ging etwas unter; den Bach fand ich dagegen eine richtig gute Idee.
Fuldigor - nun ja. Das Abenteuer gibt sich redlich Mühe, die Begegnung mit einem Fast-Gott zu beschreiben, schafft das aber nur befriedigend. Es ist kein völliger Einbruch, und die verschiedenen Texte für verschiedene Helden sind ein guter Ansatz, aber so richtig springt der Funke mMn nicht über. Aber gut - gemessen an der Schwierigkeit der Aufgabe zieht man sich hier noch ganz ordentlich aus der Affäre.
Was man von Fuldi erfährt... argh. Dieser Aspekt der Kampagne ist einfach nur miserabel - wollte man ein Paradebeispiel für das Konzept eines klassischen MacGuffin schaffen, oder was? Ein völlig nutzloses Artefakt (was drin steht, erfährt man im nächsten Abenteuer gleich nochmal und dann im nächsten Band viel besser, vollständiger und v.a. einfacher als hier), das einzig und allein dazu dient, die Helden durch die Gegend zu scheuchen... Nicht nur, daß sich die Helden durchs Gebirge quälen, nur um dann mit einer Namensliste beworfen zu werden - viel wichtiger ist, daß der SPIELLEITER nicht erfährt, wozu das Zeug wichtig ist! Es drängt sich der Verdacht auf, daß auch die Kampagnenredaktion nicht so genau wußte, was sie im weiteren Verlauf eigentlich will (oder es dem Autor nicht erzählt hat), und das kann einfach nicht sein.
Nach Ende des Gesprächs teleportiert Fuldigor die Helden wieder weg, und es geht gleich weiter - aber weil das folgende Kurzszenario die Wertung dieses Abenteuers unnötig nach unten ziehen würde, kommt die Besprechung beim nächsten Abenteuer, da kann das Zwischenspiel ohnehin keinen Schaden mehr anrichten und paßt auch vom Niveau her besser.
Die wichtigsten Schwachpunkte des Abenteuers sind dem Autor mMn kaum anzulasten, sondern es leidet unter der schlecht geplanten Kampagne; es ist auch (mit anderem Aufhänger und in mancher Hinsicht sogar vorzugsweise) als Einzelabenteuer spielbar.
Schreiten wir zur Bewertung:
Für den Autor gibt es vier Eisriesen - für fünf fehlt der letzte Pepp, aber es ist ein ordentliches Abenteuer mit einigen Schwachstellen und einer Reihe sehr guter Ideen.
Als Teil der Kampagne wären's höchstens zwei Gletscherspalten - der mehrwöchige Abstecher ins höchste Gebirge Aventuriens erweist sich letztlich als ziemlich überflüssig, der Birscha-Rolle neue Kleider werden offenbar, Hilbert der Fehlende muß auch noch erwähnt werden, und daß nicht mal der Spielleiter hinterher weiß, wozu er die Informationen aus der Birscha-Rolle schließlich brauchen wird, ist einfach nur schlecht.
Edit: Macht
summa summarum drei Punkte.