Da mittlerweile bekannt ist, um welches Abenteuer es sich bei meinem FAB
Stürmischer Herbst handelt, folgt nun meine Rezension des Abenteuers "Der Jüngling am Strand".
Abenteuerkomplexität
(1 von 5 Sternen)
Das Abenteuer ist an sich recht einfach aufgebaut. Dies liegt nicht zuletzt daran, dass viele Schlüsselereignisse "gescriptet" sind, was gleichzeitig auch mein größter Kritikpunkt an dem Abenteuer ist. Würde man das Abenteuer so spielen, wie es "offiziell" angedacht ist, hätten die Spieler kaum Luft zum Atmen. Für jedes Ereignis gibt die Anleitung eindeutige Lösungen vor, die wenig Raum für Kreativität bieten.
Man könnte aber auch argumentieren, dass 1991, zu DSA2 Zeiten (damals habe ich noch nicht gespielt) Railroading noch absolut normal war und ein "geführtes" Abenteuer entsprechend nicht negativ auffiel. Um "Jüngling am Strand" in DSA 4.1/DSA 5 zu spielen, habe ich das Abenteuer jedoch stark umgeschrieben und flexibler gemacht, sodass lediglich einzelne "Handlungsknoten" noch daran erinnerten, dass es sich dabei um das offizielle Abenteuer handeln. Dies würde ich persönlich auch jedem anderen empfehlen, der vorhat dieses Abenteuer zu leiten. Lest es euch gründlich durch, macht euch Notizen zu den Ortsbeschreibungen und Personen, und vergesst dann ganz schnell sämtliche Einschränkungen
Die Geschichte
(4 von 5 Sternen)
Kommen wir zum eigentlichen Plot. Wer ihn kennt, weiß wieso das Abenteuer "Der Jüngling am Strand" kontrovers ist. Zu DSA2 war die Götterwelt noch nicht so ausgeprägt, vom
Mysterium von Kha hat noch niemand was gehört. Allgemein erinnert der Plot sogar an die klassischen griechischen Göttergeschichten, in denen es darum geht, dass Zeus ein Auge auf irgendeine Sterbliche geworfen hat.
Wenn man bodenständiges DSA mag, sollte man einen großen Bogen um das Abenteuer machen. Wenn man wie ich High Fantasy mag, ist es jedoch ein großer Spaß. Um den Inhalt nicht zu spoilern, werde ich den folgenden Teil entsprechend kennzeichnen.
Am Strand nahe Havena beauftragt ein Jüngling (eigentlich Boron(!)) die Helden damit eine bestimmte Nixe (seine Geliebte) zu finden und zu ihm zu bringen. In Havena treffen die Helden auf die Alveranierin(!) Lata, eine Riesenschildkröte die unter dem Efferdtempel lebt und ihnen sagt, dass man die Nixe beim Fest antreffen wird, das demnächst zu Ehren des Flussvaters(!) in der Unterstadt von Havena abgehalten wird.
Mittels Schildkrötenmagie/Göttlichem Wirken erlaubt Lata den Helden unter Wasser zu atmen und zu dem Fest zu kommen. Dort beginnt kurz darauf ein Fest der Nixen und Necker, und nebst allerlei mystischen Meereskreaturen taucht auch der Flussvater(!) persönlich auf.
Die Nixe Liaiella bemerkt die Helden und gemeinsam versucht man vom Fest zu fliehen um zum Jüngling (Boron) zu gelangen. Dabei werden sie jedoch von den Neckerwachen und Liaiellas Vater verfolgt. Während der Flucht laufen sie wiederum direkt in die Arme von
Yo'Nahoh, dem zehngehörnten Dämon(!) und Riesenkraken.
Selbstverständlich überleben sie den Kampf, retten das Leben von Liaiellas Vater, woraufhin dieser die Helden und seine Tochter ziehen lässt. Zurück an Land fällt die Nixe dem Jüngling in die Arme, ruft laut seinen Namen aus (Boron(!)), sodass die Helden nun auch wissen womit sie es zu tun haben. Das Liebespaar löst sich in Luft auf, und das Abenteuer ist zuende.
Wer den Spoiler-Teil gelesen hat, wird bemerkt haben wie oft ich Ausrufezeichen hinter diverse Begriffe gesetzt haben. Jeder einzelne von ihnen ist für mich ein "High Fantasy"-Bestandteil, welcher alleine vollkommen ausreicht für ein Abenteuer. Wenn man den Umfang (knapp 25 Seiten) von "Der Jüngling am Strand" bedenkt, so fällt einem aus heutiger Sicht auf, wie viel Extravaganz in ein winziges Abenteuer gesteckt wurde. Es gibt kaum eine Szene, in denen die Helden es nicht mit übernatürlichen Wesen zu tun haben, es sei den der SL erfindet Lückenfüller-Szenen.
Ich persönlich finde die Geschichte jedoch sehr spannend und auch unterhaltsam, und nicht "überdreht", wenn man den Endkampf nicht mitbedenkt, den die Helden eigentlich auf keinen Fall überleben dürften, weil vermutlich keiner von ihnen "Unterwasserkampf" beherrscht oder geeignete Waffen führt.
Einen Stern Abzug gebe ich aus zwei Gründen:
1) die aus meiner Sicht absolut sinnlose, zweiseitige Vorgeschichte, die der SL liest bevor er weiß, dass sie absolut Nichts zum Abenteuer beiträgt (ernsthaft, diese Vorgeschichte wird nie erklärt, erwähnt oder referenziert... man kann sie einfach weglassen).
2) den Unterwasserkampf, bei dem der SL "Deus Ex Machina"-mäßig irgendwie den Helden unter die Arme greifen MUSS weil sie sonst garantiert sterben. Vielleicht waren DSA2 Kampfregeln weniger strikt, die Begegnung mit jenem Wesen sollte jedoch für unvorbereitete Helden tödlich sein.
Schreibstil
(2 von 5 Sternen)
Ich habe mich beim Vorbereiten des Abenteuers sehr oft aufgeregt: Das Abenteuer ist ungeheuer ineffizient geschrieben. Angefangen mit der Vorgeschichte (siehe oben) die irgendwelche Zusammenhänge erklären soll, die im Rest der Geschichte nicht näher beleuchtet werden, so sind die Meisterinformationen oft gefüllt mit redundanten Informationen ODER sinnfreien Ausführungen zu irgendwelchen Themen.
Die Texte für die Spieler, die Orte und Personen beschreiben sind hingegen detailliert genug um ein Bild zu schaffen, aber nicht zu "schwafelig", als das es die Spieler langweilt. Gerade das beschriebene Fest oder auch die Begegnung unter dem Efferdtempel sind schön beschrieben. Beim Endkampf hätte hingegen mehr Information geholfen, stattdessen bemüht man sich über 10 Seiten lang die kurze Begegnung am Strand zu beschreiben, wo die Meisterinformationen schlichtweg immer wieder darauf hinweisen, dass die Helden nichts erfahren.
Ich fand es im Endeffekt anstrengend das Abenteuer durchzuarbeiten, da die wichtigen Informationen oft versteckt waren und ich viel Unsinn rausfiltern musste. Da ich damit aber auch gleichzeitig das Railroading eingrenzen wollte, war ich ohnehin großzügig mit dem Rotstift
Fazit
Eigentlich sollte ich jetzt auf 2-3 Sterne kommen, wenn man bedenkt wie ich hier bewertet habe. Dennoch habe ich dafür gestimmt, dass das Abenteuer "Sehr gut" ist und 5 Sterne verdient hat. Wenn man über den eigenwilligen Schreibstil, das Railroading und den Bruch mit dem Kanon hinwegsieht, ist es nämlich eine zauberhafte, wirklich wundervolle Geschichte und ich hatte sehr viel Spaß dieses Abenteuer zu leiten. Gerade wenn jemand nicht weiß, worum es in dem Abenteuer geht, sind die Reaktionen der Spieler großartig.
Da das Abenteuer zudem nur 23 Seiten hat, lädt es ohnehin dazu ein umgeschrieben zu werden. Die wichtigen Elemente lassen sich wirklich kurz zusammenfassen (siehe Spoiler) und entsprechend durch eigene Handlungsstränge verknüpfen. Die Liebesgeschichte ist tragisch und romantisch zugleich und ich kann sagen, dass es sich hierbei um mein Lieblingsabenteuer in DSA handelt.
Somit:
5 von 5 Sternen