Weil ich mich gerade mit Aranien beschäftige, habe ich
Aranische Nächte und den Vorgängerroman
Die Legende von Assarbad (wieder) gelesen. Nun wollte ich nach der Bewertung des ersten Romans (siehe:
Ardor @ R010: Die Legende von Assarbad) auch diesen Roman bewerten und musste feststellen, dass ich das vor 12 Jahren schon mal getan habe...
Damals habe ich 4 Sterne vergeben und nachdem ich auch nach der neuerlichen Lektüre zwischen 4 und 5 geschwankt bin, möchte ich meinem "vergangenen Ich" nicht widersprechen und bleibe dabei, auch wenn dieser Roman für mich der stärkste von allen drei Büchern ist.
Aber dafür nun etwas ausführlichere Anmerkungen:
Das der Roman der erste Teil der "Aranischen Nächte"-Reihe ist, stellt eigentlich einen Etiketten-Schwindel dar. Den außer dem Anfang der in der Gor - und somit zumindest am Rande von Aranien spielt - ist die einzige Verbindung zu dieser Region eigentlich der Wahl-Aranier Tarlisin.
Die Figur selbst finde ich durchaus interessant. Ja, man merkt der Figur an, dass sie ursprünglich ein Spielercharakter war. Aber weniger wegen der Fähigkeiten (die finde ich in allen drei Romanen jetzt nicht so außergewöhnlich und einem Magier auf dieser Karrierestufe durchaus angemessen), sondern wegen dem "bunten Hintergrund". Brabaker, von der dortigen Oberdämologin aufgenommen, Studium in Andergast, Auseinandersetzung mit einem Inquisitor in Gareth, Rückkehr nach Brabak, Gespiele von G.E.C. Galotta, Dämonenpaktierer, durch ein TSA-Wunder gerettet, Karriere beim ODL.
War zwar noch zu DSA 3 (oder 2? Keine Ahnung wann der Charakter ausgewürfelt wurde)-Zeiten, aber wenn man so die Anregungstabelle in
Hallen arkaner Macht durchsieht (Musste der Charakter die Akademie wechseln? Hatte er Lehrmeister die ihn beeinflusst haben?) könnte auch sowas rauskommen, im Laufe einer bewegen DSA-Helden-Karriere sowieso. Das dann auch ein Roman-Protagonist einen abenteuerlichen Hintergrund und nicht die 0815-Standard-Laufbahn hat - warum nicht?
Das einzige was mich daran stört ist die Inkonsequenz, dass weder davor oder danach - eben in den Galotta-Romanen - diese Beziehung oder auch nur homoerotische Tendenzen Galottas erwähnt werden. Nicht das die genaue Gestaltung der sexuellen Orientierung des gefallenen Hofmagiers in die eine oder andere Richtung besser, spannender oder interessanter ist - ich finde es nur bedauerlich, das es hier keine konsistente Darstellung gibt (wie sich auch
Der Scharlachkappentanz die Galotta-Romane und
Der Dämonenmeister widersprechen was die Rolle des Schwertkönigs und Herzog Waldemars bei dem eigentlichen Ereignis betrifft.) Sind halt so Kleinigkeiten die mich stören. Aber schon als die Galotta-Romane entstanden gab es halt viele tausend Seiten Hintergründe und das Autoren da so kleine Verweise übersehen, ist halt so.
Was den Mary-Sue Vorwurf betrifft, greift der für mich überhaupt nicht, wie u.a.
@Sumaro schon erläutert hat. Unter Aufbietung all seiner magischen Kraft überlebt er knapp den Kampf mit Rhazzazor, kann aber die Expedition nicht retten. Ja, er sieht gut aus, ist sich dessen aber nur allzu bewusst, und macht in keinem der Romanen wirklich eine erotische Eroberung. Im Gegenteil: weil er sich für das Geschenk Rahjas an die holde Weiblichkeit hält, tappt er in die Falle der Antagonistin. Selbst im Finale ist er mehr Zuschauer, während die Antagonistin des Folgeromans den Dämonen austreibt und die Lage rettet.
Nein, er ist alles andere als eine Mary-Sue. In meinen Augen ist er nicht mal der Held der Geschichte, sondern sein Sekretarius Halef Okharim. Alleine wegen seiner Loyalität, Kombinationsgabe und Hartnäckigkeit wird das Komplott aufgedeckt, Olorand von Gareth-Rothenfels gerettet und im Endeffekt die Verräterin überführt. Tarlisin schafft es währenddessen unter Aufbietung aller Kräfte gerade mal seinen Haut zu retten.
Halef ist im Prinzip Tarlisins Sam, eben das, was man bei der Österreichisch-Ungarischen K.u.K. Armee einen "Pfeifendeckel" nannte, ein Offiziersbursche (und die britische Variante war ja auch Tolkiens Vorlage für Samweis Gamdschie). Und er wird zum Helden, weil er auch persönliche Opfer bringt um seinen Herrn zu retten, als er sich zu seinem Onkel begibt, dessen Einfluss er sich ja eigentlich entziehen wollte.
Bis auf den Anfang ist die Geschichte was Zeitrahmen und Örtlichkeiten betrifft die übersichtlichste und für mich auch die spannendste. Wieviel Hoffnung die Magierschaft (von den schwarzen mal abgesehen) und die Bewohner Punins in Rohals Rückkehr gesetzt haben, kommt für mich im Roman besser rüber als in beiden mir bekannten Versionen von
Rohals Versprechen.
Zwiegespalten bin ich, was die Verführung Alvina Viburnian-Crassula durch Borbarad betrifft. In einer Weise finde ich es spannend, dass der Dämonenmeister seine Anhänger genau dort packt, wo er sie "abholen" kann. Bei Alvina ist es eben keine Machtgier sondern tatsächlich bedingungslose Liebe zu ihm. Das er sich andererseits die Zeit für eine körperliche Beziehung mit ihr nehmen kann, während er Feldzüge und Rituale vorbereitet und andere Gefolgsleute rekrutieren und koordinieren muss finde ich nicht sehr plausibel. Aber vielleicht muss man sich das vorstellen wie die Liebesszene zwischen Dr. Manhatten und Silk Spectre II in der "Watchmen"-Verfilmung? Und das Finale von
Rausch der Ewigkeit zeigt ja auch diese Mehrdimensionalität von Borbarad - warum also nicht?
Insgesamt habe ich den Roman auch beim zweiten Mal sehr schnell gelesen, fühlte mich gut unterhalten und war schon sehr gespannt auf die Fortsetzung (die ich mir nach all den Jahren endlich auch gekauft hatte). Leider wurden meine Erwartungen da etwas enttäuscht. Aber davon ein anderes mal an der richtigen Stelle mehr...