Wobei ich aber auch den Eindruck habe, dass das extrem selten ist und gerade besondere, einen Charakter definierende Gegenstände (fast immer Waffen) die Tendenz dazu haben, an diesem zu kleben wie Pattex:Firnblut hat geschrieben: ↑25.09.2023 17:39 Es gibt sowieso ganz entscheidende Unterschiede zwischen literarischen Figuren und Szenarien und einem Rollenspiel Charakter und dessen Schicksal: Beim Charakter ist ein konkreter Spieler mitbetroffen. Wenn man ihm damit die Freude am Spiel nimmt, hilft ein „in Büchern passiert das aber auch“ nicht weiter.
- Die Artussage fängt quasi damit an, dass der titelgebende Charakter das magische Schwert aus dem Stein zieht und endet damit, dass es nach seinem Tod wieder in den See geworfen wird, aus dem es ursprünglich stammt.
- In HdR fängt Frodo das Abenteuer mit dem Mithrilkettenhemd, dem Schwert Stich und dem Einen Ring an, und er bzw. Sam behält alles auch bis zum Schluss. (Naja, bis auf den Ring, aus offensichtlichen Gründen.)
- Als Isildurs Schwert Narsil zerbrochen wird, verlassen die Splitter nie den Besitz des Königshauses von Arnor; und als Aragorn das neugeschmiedete Schwert Andúril empfängt, beansprucht er auch endgültig die Königswürde von Gondor.
- In Die Geschichte der Kinder Húrins (ebenfalls von Tolkien) trägt der Protagonist Túrin das verfluchte Schwert Gurthang und wird auch als "das Schwarze Schwert" bekannt. Es ist dasselbe Schwert, mit dem er sich am Ende selbst umbringt.
- Prinz Eisenherz kriegt relativ früh sein "Singendes Schwert", und irgendwie schafft er, es nie zu verlieren - selbst dann, wenn er ausgeraubt oder versklavt wird oder verschollen geht, das Schwert findet immer wieder zu ihm zurück.
- Elric von Melniboné (was für ein beknackter Name) hat das seelentrinkende schwarze Schwert Sturmbringer, das für die Geschichte kaum weniger wichtig ist der Protagonist.
- Warcraft hat den Discount-Elric Arthas mit dem Discount-Sturmbringer Frostgram.
- Selbst in Ein Lied von Eis und Feuer, in dem die Charaktere nach allen Regeln der Kunst gerupft werden, gehen solche besonderen Besitztümer nicht ohne weiteres verloren - und wenn sie es tun (wie zB der Verlust des Lannister-Schwertes Lichtbrüller), zieht sich das sich daraus ergebende Drama über Jahrhunderte hin.
- Immer, wenn Thor im MCU Mjölnir verliert, ist das nur temporär.
An den musste ich auch direkt denken (was aber auch daran liegt, dass es nicht viele vergleichbare Beispiele gibt, die mir eingefallen wären, siehe oben): Conan beendet (fast) jedes Abenteuer irgendwie mit Ruhm und Reichtum und startet beim nächsten mal dann doch wieder bei Null. Ab und zu findet man ihn in irgendwelchen Autoritätspositionen, die er sich erkämpft hat (zB als Gardehauptmann, als berüchtigter Pirat etc.), aber das ist eher die Ausnahme; sein Glück ist jedenfalls sehr starken Schwankungen unterworfen.Baal Zephon hat geschrieben: ↑25.09.2023 15:21 Conan der Barbar wäre so ein Beispiel an das ich direkt denken musste. In einem Abenteuer ist er noch ein eher älterer König, im nächsten Buch ein Junger Mann der durch die Eiswüste zieht...
Dafür hat Conan aber auch keine besonderen Gegenstände oder Gefährten, an denen er hängt - wenn er halbnackt und waffenlos irgendwo gestrandet ist, ist das für ihn nur ein temporäres Ärgernis, bis er sich wieder neue Ausrüstung besorgt hat; und seine überlebenden Begleiter tauchen beim nächsten Mal ohnehin nicht mehr auf. Das einzige, was er über mehrere Geschichten hinweg behält, ist die Königswürde von Aquilonien; und selbst die ist in den beiden Stories, die nach seiner Thronbesteigung spielen, gefährdet bzw. wird ihm sogar entrissen. (Übrigens, und hier ist Conan wieder ganz klassisch: Er verliert unter normalen Bedingungen keinen Kampf, und man weiß auch im Vorfeld schon, dass er jede Herausforderung überwinden wird.)
Aber dieses Konzept passt nicht wirklich fürs PnP: Schließlich wollen die meisten Spieler sich verbessern (und selbst wenn man mehr Narrativismus-orientierte Spieler hat: Das Bewusstsein, eine ganz besondere Waffe zu haben, hat auch seinen Reiz - siehe oben), und das bedeutet eben auch, dass sie nicht ihre ganze Abenteuerlaufbahn hindurch mit Ware von der Stange ausgestattet werden, sondern dass sie irgenwann auch was besonderes haben möchten. Und es sagt ja auch einiges aus, dass ausgerechnet DSA, das traditionell arm an solchen übermächtigen Items ist (ich habe mal gehört, dass Ulli K. diese Dynamik von DnD her nicht mochte und sie darum bei seinem Spiel vermeiden wollte), im Laufe der Zeit dann doch Regeln eingeführt hat, die den Helden Spielraum nach oben eröffnen, z.B. durch Waffen/Rüstungen von Meisterschmieden oder aus magischen Metallen.
Und ironischerweise trägt gerade diese Armut an besonderen Gegenständen zum Problem dieses Threads bei: In lootlastigen Systemen wie DnD ist es zwar nervig, wenn man ein Schwert +3 verliert, aber man kann davon ausgehen, dass man irgendwann sowieso ein Schwert +4 findet und dieses dann noch später durch ein Schwert +5 austauscht (die älteren unter uns, die Baldur's Gate gespielt haben, erinnern sich vermutlich noch daran, wie die aus BG 1 importierten Charaktere am Anfang von BG 2 alles verloren; aber dann nach ein paar Stunden Spielzeit weitaus bessere Ausrüstung zusammengefarmt hatten).
Bei DSA dagegen sieht es etwas anders aus; und wenn ein Held sich über mehrere Abenteuer seine Beute vom Mund abspart und Gefallen bunkert, um diese dann nach X Ingame-Jahren in ein zwergenspangeschmiedetes Enduriumschwert umzusetzen, dann will er dieses natürlich nicht verlieren - eben weil er auch davon ausgehen kann, dass er Zeit seines Lebens nichts besseres mehr bekommen wird.
Es hat jedenfalls seinen Grund, warum in meinem Gruppenvertrags-Muster (DnD-Flüchtling @ Gruppenverträge) das Thema "Frustrations-Features" 6 von 40 Unterpunkten ausmacht (und die Themen Status, Reichtum und Ausrüstung drei weitere): Denn das sind Aspekte, bei denen in der Gruppe schon irgendwie ein Konsens vorhanden sein sollte. Und das ganze gilt auch für andere Sachen als Besitztümer, und auch dann, wenn der SL in bester Absicht handelt (also keine sadistische Absicht hat und seine Spiele in die Pfanne hauen will).
Nehmen wir mal an, ein Charakter hat irgendeinen Erzfeind (vielleicht als Nachteil, vielleicht im Laufe seines Abenteurerlebens gemacht), und kommt irgendwann nach Hause und findet heraus, dass dieser Partner und Kinder um die Ecke gebracht hat. Dem SL schwebt eine epische Rachestory vor; aber der Spieler sieht seine Ingame-Familie als mehr als nur eine Gruppe NSCs und Zahlen auf seinem Blatt und hat nun kein Bock mehr. Oder ein Charakter verliert eine Hand. Der SL will ihm irgendwann eine Badass-Metallhand geben, aber der Spieler hat keine Lust, jemanden zu spielen, der verkrüppelt wurde. Und so weiter. Es gibt unendlich viele mögliche Szenarien, bei denen man sich lieber vorher als nachher im Klaren darüber sein sollte, wie die Reaktionen ausfallen; und ganz allgemein sollte man sich über einen praktikablen Plan B Gedanken machen für den Fall, dass der Spieler die jeweilige Idee nicht so knorke findet wie man selbst.