Aryador hat geschrieben: ↑02.04.2021 18:26
Die Problematik an diesem Vergleich habe ich doch ausführlich dargelegt. Sie hilft uns bei der Frage, ob ein möglicher Fokus auf Neueinsteiger eine sinnvolle oder sinnlose Strategie ist, nicht weiter.
Ich meinte wirklich, wo das ganz grundsätzliche Problem damit ist, sich die Entwicklung von DSA über die Jahrzehnte anzuschauen. Wenn man sich den von dir ursprünglich zitierten Beitrag nochmal ansieht, fällt vielleicht auf, dass es in diesem speziellen Post jetzt weniger um Probleme geht, für die DSA 5 und die dazugehörige Redaktion selbst verantwortlich sind (das ist mehr ein Thema, das ich in dem meisten anderen Kommentaren angesprochen habe), sondern ganz allgemein um den Markt an sich und die Konkurrenz, mit der DSA sich rumschlagen muss; und wie die sich entwickelt hat. Die Entwicklung der Verkaufszahlen von DSA (bzw. das, was wir davon als Außenstehende wissen) war nur der Aufhänger dafür.
Der verlinkte Artikel ist in der Tat spannend und bietet eine ganze Reihe an Informationen. Danke für den Fund. Aber der von dir zitierte Auszug ist nur ein sehr kleiner Teil des gesamten Artikels. Auch hier gilt zunächst einmal, dass wir hier von Ereignissen berichten, die 2008/09 stattgefunden haben. Die aktuelle Redaktion hat mit den damaligen Personen kaum noch etwas zu tun. [...] Mit DSA5 und exakt jener Diskussion um "Einsteigerfreundlichkeit" und einer eventuellen (zu starken?) Fokussierung auf Einsteiger hat das gar nichts zu tun, beziehungsweise wenn, dann besagt es genau das Gegenteil.
Er war aber der für diesen Thread relevanteste Abschnitt, weil der sich nämlich ganz gezielt auf die Publikationsphilosophie bezieht, die von Ulisses von oben durchgedrückt wurde. Dass dieses Problem damals schon existierte, entwertet ja nicht dieses Argument - und wenn ich mir den Ausstoß von DSA 5 so ansehe, finde ich, dass es eher schlimmer geworden ist.
DSA 4 möchte ich hier (als Regelwerk) gar nicht verteidigen - im Gegenteil, ich habe es denke ich bisher sehr transparent gemacht, dass ich es im großen und ganzen aus verschiedenen Gründen für ein missglücktes System halte (nicht zuletzt auch
wegen der Einsteigerunfreundlichkeit) und durchaus einsehe, warum sie in DSA 5 das System nochmal generalüberholt und sich mehr an neue Spieler gewendet haben.
Ich erkenne den Änderungsbedarf, den DSA 4 hatte, ohne Frage an - ich stelle nur in Frage, ob DSA 5 mitsamt der damit verbundenen Designphilosophie unterm Strich wirklich das bessere Produkt ist.
Als jemand, der DSA 4 letztlich mehr passiv als aktiv verfolgt hat, also zu beiden Systemen ein halbwegs distanziertes Verhältnis hat, kommte ich zu folgendem Schluss: Wäre ich DSA 4-Kunde, würde mich das unnötig umständliche und überladene System nerven. Wäre ich allerdings DSA 5-Kunde, dann käme ich mir vom Verlag für dumm verkauft vor - und das finde ich letztlich schlimmer.
Dann wird in dem Beitrag unter anderem darauf verwiesen, dass Autoren nicht mehr "12-18 Monate Zeit haben" für Recherche und Texten (da ist ja dann die Zeit, die anschließend Layout, Publikation und Korrektorat benötigen nicht eingerechnet, wenn ich mal von meiner persönlichen Publikationserfahrung ausgehe, auch wenn ich nicht weiß, ob sie sich hundertprozentig auf Rollenspielverlage übertragen lässt), sondern "in 3-4 Monaten" geliefert werden muss, als Beispiel wird die Orkland-Spielhilfe von 2009 genannt. Also eine der klassischen DSA4-Spielhilfen, die in der Wiki reihenweise Bestnoten abgeräumt hat, und meines Wissens im Vergleich zu DSA5-RSHs immer wieder als positives Gegenbeispiel genannt wird.
Ich sage es mal so: Autoren, die sich 18 Monate zur Recherche Zeit nehmen, wären für dieses Arbeitstempo sicherlich heute nicht unumstritten, in hektischen Zeiten, wo kritisiert wird, dass "zu wenig" RSH in einem Jahr rauskommen.
Wenn man rein als Gedankenspiel diese Zahlen mal als gesetzt annehmen: Hätte die Redaktion auch nur zwei Leute abgestellt, die sich ausschließlich um RSHs kümmern und nach dem genannten Zeitrahmen zuverlässig mit einer neuen Spielhilfe aufwarten, dann hätten sie alle zwei jahre 3-4 RSHs publizieren können.
Stattdessen hat man sich aber dazu entschieden, die verschiedenen Regionen im Stückwerk zu veröffentlichen alle Jubeljahre mal eine neue Region zu behandeln (was zur Folge hat, dass auch nach 6 Jahren immer noch 80% von Aventurien keinen Eingang in DSA 5 gefunden haben), dann aber ein halbes Dutzend Hefte für diese rauszubringen, die zu einem nicht unerheblichen Teil aus immer wieder recyceltem Regelwerk bestehen. Und
das ist es, was hier (und ich wage zu sagen: Zu Recht) kritisiert wird.
Doc Sternau hat geschrieben: ↑02.04.2021 22:20
Man kann sicherlich zu dem Wie der Änderungen von Ulisses sehr geteilter Meinung sein und Tylls immerhin schon ca. 10 Jahre alte Einschätzung hatte zum damaligen Zeitpunkt auch eine gewisse Berechtigung. Andererseits kann ich aus meinen eigenen Erfahrungen zur 'Erweiterten Redaktion' nur sagen: "Den Zwölfen und allen anderen Erzdämonen sei Dank, ist man dieses Monstrum von einem Bleigewicht am Fuß losgeworden!"[...] Da hat Ulisses, meiner Meinung nach, mit einigen herben Verlusten, einen riesigen gordischen Knoten zerhackt.
Insgesamt muss ich sagen, das Ulisses den gesamten redaktionellen Prozess stark professionalisiert hat und ich das ganze derzeitige Prozedere tatsächlich wesentlich angenehmer und hilfreicher finde, als noch vor 10 Jahren - oder gar unter Fanpro.
Damit habe ich ehrlich gesagt auch kein Problem; als ich das ganze damals so peripher mitbekommen hatte, war mein erster Gedanke ja auch "okay, das macht jetzt eigentlich durchaus Sinn". Die Frage ist allerdings, worin (für Spieler) der Mehrwert einer Professionalisierung liegt, wenn das Endprodukt trotzdem nicht gerade der große Wurf ist.
DSA5kartoffel hat geschrieben: ↑03.04.2021 12:57
Ehrlich gesagt kam mir das komisch vor. Habe festgestellt, das bspw. die Box "DAs Orkland" zu DSA2 gehört und es scheins auch keinen Bewertungsfaden für diese Box gibt. Das Bild könnte also extrem verzerrt sein.
Wenn es also allein nach den vorhandenen Wertungen geht, scheinen sowohl DSA4 und insbesondere DSA3 (!) überlegenere Systeme gewesen zu sein.
Die (Regional-)boxen von DSA 2 kommen im Bewertungsforum allgemein ziemlich kurz - ich selbst habe drei Threads aufgesetzt (für DLandDSA, DKreaturenDSA und die alte Thorwal-Box), weil es die davor gar nicht gab.
Ansonsten ist es halt immer so eine Sache, nach welchen Kriterien jemand ein Abenteuer oder eine Spielhilfe bewertet. Es gibt Leute, die bewerten nur den Nostalgie-Faktor ("es hat mir damals einen Heidenspaß gemacht, 5 Punkte"), es gibt solche, die bewerten ein Produkt danach, wie es im heutigen Vergleich abschneidet (das wiederum ist fast schon unfair); ich selbst gebe mir immer Mühe, die verschiedenen Regelwerke und Abenteuer ohne Nostalgiebrille zu betrachten: Spielhilfen bewerte ich immer daran, wie gut sie zum damaligen Zeitpunkt waren; und Abenteuer danach, wie aventurienverträglich sie sind und ob man sie mit etwas Anpassungsarbeit auch heute noch halbwegs spielen kann.
Ortak der Graue hat geschrieben: ↑03.04.2021 18:13
Ähem... als überzeugter DSA3ler möchte ich mal kurz was zur Glorifizierung und Bewertung sagen: Ja, im Rückblick kann man sicher viel kritisieren. Aber damals hat mir und uns nicht viel gefehlt und wenn dann eher Fluff. Das ist für mich ein Indikator, dass damals die Regelbasis als auch die Erweiterungen konzeptionell "rund" waren und auch heute im Rückblick noch so anzusehen sind.[...] Bottom Line: DSA3 zeigt, dass es möglich ist, in sich abgerundete Produkte zu konzipieren und Spieler jahrelang zufriedenzustellen (in meinem Fall gar jahrzehntelange).
Vor allem war DSA3 das erste DSA, das nicht nur "Work in Progress" war, sondern das man
wirklich spielen konnte, ohne permanent über irgendwelche offenen Regelfragen und Unklarheiten zu stolpern.
Ich persönlich muss zwar zugeben, dass mir das Regelwerk heute nicht mehr reichen würde - als damals die DSA4-Alpha (auch bekannt als Myranor) und dann das offizielle DSA4 rauskam, war ich erstmal begeistert: Ich habe zum damaligen Zeitpunkt auch Vampire und DnD3 gespielt und war erstmal happy, dass es jetzt auch Perks/Flaws und Feats in DSA gab, und die Heldengenerierung nicht mehr so dröge war wie in DSA 2/3. Aber rückblickend muss man eben auch sagen, dass die Heldengenerierung damals deutlich einfacher vonstatten ging und längst nicht soviele Schlupflöcher für Powergaming anbot wie DSA 4.
pmd hat geschrieben: ↑04.04.2021 11:20
Warum denn immer der Vergleich mit DSA 4? Bemerkenswert an diesem Vergleich ist vielleicht nur, dass man es nicht geschafft hat mit DSA 5 ein System zu liefern, dass für die überwältigende Mehrheit eine Verbesserung gegenüber DSA 4 darstellt. Das ist schon außergewöhnlich, wenn man bedenkt, was für ein grottenschlechtes Regelwerk DSA 4 an so vielen Stellen ist.
Ich weiß jetzt nicht, ob es wirklich die
überwältigende Mehrheit ist, oder nicht doch nur die DSA 4-Spieler, die das alte System ja möglicherweise auch seit Jahrzehnten spielen und sich mit dessen Mängeln arrangiert haben - letztlich muss man auch bedenken, dass das DSA4-System auch nach solchen Spielern selektiert hat, die mit dem Regelwust und der anstregendenden Generierung kein Problem hatten.
Grinder hat geschrieben: ↑05.04.2021 17:09
Der Sprung von DSA4.1 zu DSA5 hat ja z.B. nicht zum Abschneiden alter Zöpfe geführt (3W20-Probe, Größe Aventuriens....), und trotzdem sind die in Foren aktiven Grognards unzufrieden. Stellt euch den Aufschrei dieser Gruppe vor, wenn DSA6 tatsächlich mal Veränderungen mit sich bringen würde.
Naja, die Größe Aventuriens ist halt im wahrsten Sinne des Wortes unverhandelbar - die einzige Möglichkeit, hier nachzubessern, hätte darin bestanden, wenn man Uthuria näher an Aventurien gerückt hätte o.ä.; aber um hier etwas anzupassen ist man ein paar Jahrzehnte zu spät.