@Horasischer Vagant @die Galante @Irike
Storytime
Der „Baumeister“
„Mein Herr! Mein Herr!“ hallte es eine gewundene Treppe nach oben. Schlaksigen Schrittes eilte die hagere Gestalt eines Dieners die zahlreichen Treppenstufen nach oben. Kalte, dunkle und zuweilen auch rutschige Steinstufen. So viele an der Zahl, dass er noch mehrfach Gelegenheit haben würde, auf seinem Weg nach oben aufgeregt seine Rückkehr zu verkünden.
„Ja, ja. Macht doch nicht so einen Lärm. Ich habe euch schon beim ersten Mal gehört. Und beim darauffolgenden und dem darauf nachfolgenden Male“, antwortete eine Stimme von oben, als der Hagere endlich die letzten Stufen erklomm. „Und jetzt, sammelt euren Atem und erzählt!“
Das ‚Oben‘ war nicht mehr, als ein zugiger Raum, auf einem halb zerfallenen Burgfried. Türme von Papierstapeln reihten sich wie Gassen aneinander, die fast wie eine Nachbildung Gareths auf dem Fußboden wirkten. Karten und Pergamente säumten die Wände des Raumes und mitten in dem Chaos dieser Pergamentfestung erhob sich eine stämmige Gestalt. Eine Feder beiseitelegend, richtete sich der Mann auf. Ein roter, abgewetzter Morgenmantel wurde hastig geschlossen und akkurat strammgezogen.
Voller Vorfreude rieb er sich die Hände, hielt dann aber inne und ließ sich genüsslich in seinen Lehnsessel zurückfallen. Wie durch Festungszinnen schielte er erwartungsvoll durch die Stapel an Pergamenten und Schriftrollen hindurch zum Eingang, der sich in dem Moment mit der Gestalt des Bediensteten füllte.
„Was haben Sie gesagt? Hast du ihnen die Pläne und den Gruß von mir überreicht? Hast du Sie in meinem Namen gegrüßt und deine Aufwartung gemacht? Jetzt kommt schon, heraus mit der Sprache!“ fragte er bestimmt, aber auch hastig nach.
Leicht außer Atem ertönte ein „Naja.. also.. da waren Sie schon.“ gefolgt von einem „Glaube ich.“
Die Miene des rot Gewandeten verhärtete sich.
„Du hast. Nein warte, du glaubst sie waren da?“ der Mann schlug die Fäuste auf den Tisch und sprang auf. „Du solltest doch in meinem Namen ..“
Schon wurde er beschwichtigend unterbrochen: „Ja, es ist so, also ich habe einen Diener getroffen, dem ich die Dokumente überreicht..“
„Du hast was? Bei den Zwölfen und allen anderen auch! Sag mal,“ er hielt abrupt inne.
„Ganz ruhig“, sagte er mehr zu sich. „Nicht aufregen! Ganz. Ruhig.“
Eine pulsierende Halsschlagader verriet deutlich seine mit Anstrengung provozierte Ruhe.
„Ganz ruhig und nochmal von vorne. Also, du glaubst, sie waren da und du hast die Pläne einer Angestellten in meinem Namen überreicht?“ gestikulierte er zusammenfassend mit der Rechten vor sich hin.
„Naja.“
„Naja was?“ Eine Augenbraue erhob sich drohend.
„Naja, also überreicht habe ich die schon,“ ertönte es drucksend vom Bediensteten.
Mit beiden Händen nach vorne abgestützt, fragte der Stämmige lauernd: „Und was hast du dabei gesagt?“
Jede Silbe genau abwägend ertönte die Antwort. „‘Hier,‘ habe ich gesagt, ‚für die Herren des Hauses. Vom Bauherren.‘“
Stille.
Eine weitere Augenbraue wurde angehoben. Dieses Mal von Ungläubigkeit motiviert.
„Hier, für die Herren des Hauses? Vom,“ er schluckt, “Bauherren?“
Der Diener legte den Kopf schief und grübelte kurz. Bestätigend und erleichternd ertönte ein „Ja, schon!“
Er fuhr herum. „Puhhh.. pff.. ich.“
Wieder Stille.
„Also Erstens, solltest du diese in meinen Namen überbringen und zweitens persönlich!“ Wütend brüllte er jetzt durch den Raum: „Und Bauherr? Herr? Das heißt immernoch Baumeister! Meister!“ Mit einer Handbewegung fegte er einen Stapel vom Tisch, der 3 weitere am Boden mit sich riss.
Tief verbeugend winselte der Diener: „Vergebt mir, ihr wisst doch, das ich mich an solchen Orten nicht wohl fühle und dann noch die Sache mit eurem Namen. Was hätte ich denn tun sollen?“
Schnaubend ertönte die Antwort: „Zuerst die Sache mit dem Badehaus! Die habe ich nicht vergessen! Ihr habt die Pläne einfach so vor die Tür geschmissen...!“
„Ja, aber bedenkt, die ganzen Nackten in dem Badehaus…“ ertönte es aus einem wehleidigen Gesicht.
Innehaltend und konzentriert antwortete der Mann im Bademantel, der erneut geschlossen wurde: „Schon gut. Gut, ich weiß, ihr habt da eure Probleme. Sei euch verziehen, aber warum bei den Niederhöllen habt ihr in Zorgan die Pläne dieses Etablissement nicht akkurat übergeben wie ich es euch aufgetragen habe? Waren da auch irgendwo Nackte?“
Erneut wurde beschämt das Gesicht verzogen und die Antwort gestammelt.
„Ich habe doch die Bordellzimmer gesehen auf den Plänen. Ihr wisst doch, dass ich alleine bei der Vorstellung..“
„Meine Güte! Ist ja gut, ist ja gut.“ Er seufzte und schüttelte aufgebend den Kopf. „Ach was solls, Schwamm drüber.“
Der Diener atmete deutlich hörbar auf und blickte mit dankbarem Gesicht zu dem Baumeister herüber. Dieser schreitete nachdenklich durch die Gassen seines Papiergareths und sinnierte vor sich hin.
„Die Sache mit meinem Namen. Pah! Das ist schon ärgerlich nicht wahr. Einer der größten Baumeister der Welt und niemand kennt meinen Namen.“
Der Bedienstete nickte zustimmend „Da ist doch nur diese Konkurrentin von ihnen schuld. Damals, als ich gerade frisch in euren Dienst getreten bin. Ich muss auch wirklich gestehen, die Pläne waren fürwahr nicht gut!“
Der Morgenmantelträger drehte sich im Laufen um, gestikulierte breit „Hab ich doch gesagt. Und deswegen zürnte sie mir gleich so?“
Zögerlich erwiderte der Diener „Na.. wenn ich mich recht entsinne sagtet ihr irgendwas von „Der Plan sieht aus, als ob ein Güllekarren drüber gefahren wäre. Zwei mal. Gefolgt von einem Thorwaler der sich darauf erbrochen hat. Und das – so meintet ihr – wäre noch geschmeichelt.“
Er schloss flehend die Hände. „Bitte was hätte ich denn sagen sollen? Die waren doch auch unglaublich grässlich“. Dann zupfte er seinen Mantel erneut gerade und steckte die Hände in die großen Taschen.
„Muss ich euch zustimmen. Aber sowas sagt man doch nicht zu einer Dame!“ konterte der Bedienstete.
„Ja, sowas sagt man wirklich nicht. Aber ich konnte nicht anders!“
„Vielleicht hättet ihr auch die Bemerkung weglassen sollen, dass man den Namen von ihr nie wieder hören wird und eurer wird bald in aller Munde sein würde? Hättet ihr nicht den Teil einfach weglassen können?“
„Was soll ich denn noch sagen? Ich hatte Recht und das wisst ihr auch.“ Er schreitete weiter und sagte leise hinterher „War nur Pech, dass es so ein Hexenweib war. Kann ich doch nicht ahnen.“
„Mehr als nur Pech, Meister.“
„Seit diesem Tag, hat man meinen Namen, *RUMPELSCHEPPER* nicht mehr gehört.“ Ein Berg verkrustetes Geschirr war in diesem Moment nebenan umgefallen.
Er zuckte. „Verflucht! Daran gewöhne ich mich einfach nicht.“ Er blickte zum leicht zitternden Diener herüber. „Lasst mich raten.. meine Unterschrift ..?“
„Es gab da einen Unfall beim Transport Herr. Der Eintopf ..unleserlich. Schon wieder.“ stellte der Diener kleinlaut fest.
„Eintopf? Das ist neu.. nun gut, dachte mir sowas in der Art eh schon. Ein wirklich nerfiger Fluch.“
Der Diener rieb sich die Hände vor Kälte. „Könnten wir nicht wieder zurück in die Stadt? Es ist doch ziemlich kühl hier oben, meint ihr nicht?“
Der Herumwandernde schüttelte den Kopf, während er aus dem Fenster blickte. „Nein nein. Hier habe ich meine Ruhe und würde nur andere in Gefahr bringen. Denkt doch nur mal an die Katze und den Ochsenkarren zurück.“
„Ei, lieber nicht. Das Geräusch habe ich immernoch im Gedächtnis.“ Er verzog die Miene schmerzhaft.
„Oder den Schmied,“ fuhr er fort, „der sich just in dem Moment mit dem Hammer auf den Daumen geschlagen hatte.“
„Das war kein schöner Anblick! Aber musstet ihr unbedingt euren Namen gleich 5 mal hintereinander aussprechen? Der arme Mann!“
„Ich gebe zu, da ist es ein wenig mit mir durch gegangen!“ stimmte der Baumeister zu. „Und das nur weil ich *KADOMMM* gesagt hatte“. Ein Blitz schlug draußen in einen Baum ein.
Beide schauten verdutzt in die Richtung.
„Gewitter?“
„Wolkenlos.“
„Ihr solltet davon absehen euren Namen zu sagen.“
„Jap. Glaube für heute lasse ich es auch lieber sein. Ein wenig ausruhen denke ich. Habe ja keine wirklichen Projekte zu Pergament zu bringen.“ Enttäuscht nahm er wieder in seinem Sessel platz. „Oder habt ihr eine Idee oder Auftrag von eurer Reise mitgebracht?“
„Nicht wirklich. Ich bin nur froh, dieses Haus der Rahja hinter mich gebracht zu haben. Ihr glaubt gar nicht wie froh ich war gen Efferd in die Heimat zu reisen.“ Stellte der Diener beruhigend fest.
Aves war mit mir. Wahrlich. Die Reise lief gut!“
Der Zeichner schaute auf. „Was sagtet ihr da gerade?“
„Öhm, also die Reise lief gut. Wirklich.“ Grübelte der Diener nach.
„Nein davor! Bei den Zwölfen! Das ist es: Rahja, Efferd, Aves!“ Er jauchzte vor Freude.
„Wie meinen der Herr? Wollt ihr einen Tempel bauen?“
„Ach was, macht euch nicht lächerlich. Damit kenne ich mich nicht aus. Nein es hat mich an etwas erinnert.“ Er kramte in den Stapeln und Rollen herum, bis er endlich triumphierend einen kleinen Brief hervorholte. „Das hier habe ich gesucht. Schon ein paar Tage alt, aber war ja auch kaum Zeit dafür.“
„Und das wäre?“
„Ein Auftrag mein Bester! Eine Herausforderung, der ich mich stellen kann!“ triumphierte er.
„Wollt ihr ein rahjagefälliges Schiff bauen und Reisen anbieten?“ überlegte der Hagere.
„Besser! Eine Akademie! Damit werde ich in die Geschichte eingehen! Ich, *WOMMPP*“ das Geräusch eines auf den Boden aufschlagenden Kronleuchters unterbrach ihn. Der Diener sprang einen guten Schritt zurück.
„Oh. Ich vergaß.“ Stellte der Baumeister fest. „Egal! Ich mache mich direkt an die Arbeit. Und du, besorg mir Pergament. Das feinste das du finden kannst! Das wird ein Meisterwerk.“