Shirwan hat geschrieben: ↑10.11.2019 00:14
Auch wenn ich dir zustimme, dass es so (zumindest bei Dämonen) stärker ist, frage ich mich dennoch ob das in DSA4 sinnig war einen Zant (immerhin immernoch ein minderer Dämon) für 56 AsP zum Kampf aufzufordern.
Das trifft indirekt aber genau einen in meinen Augen wichtigen Punkt. In DSA4 war Dämonenbeschwörung riskant. Der Durschnittsbeschwörer mit mäßigem Zauberfertigkeitswert konnte einfach so erfolgreich einen Dämon beschwören und beherrschen. Aber dafür muste er echt schon lebensmüde oder sehr verzweifelt sein, denn die Chance das er selbst einfach so zerfetzt wird und seine Bröckchen in den Niederhöllen landen war durchaus gegeben.
Mit entsprechender Vorbereitung des Beschwörungsortes, Anlegen des Beschwörungskreises (Boni für Magiekunde), Paraphernalia, dem korrekten Zeitpunkt (mittels Sternkunde) und diversen Sonderfähigkeiten ließen sich die Chancen etxremst erhöhen, so daß plötzlich ganz andere Großtaten möglich waren...
Das ganze mag letztendlich wenn man alle Regeln zusammennahm kompliziert gewesen sein, aber bildet gut und umfassend die Realität der Spielwelt ab:
Einerseits sind extreme Leistungen von Schwarzmagier-Fiesling Xy möglich, wenn sie für die Story benötigt werden. Andererseits ist trotzdem verständlich, daß innerweltlich kaum mächtige und erfahrene Beschwörer existieren (die mußten schließlich erst einmal die Lernphase überleben) und nicht überall Leute auf der Suche nach Macht mit Beschwörungen hantieren (Leib und Leben... und Seele... haben für die Meisten halt doch einen gewissen Stellenwert^^). Und wird jetzt jeder Spielerbeschwörer, nur weil er die Möglichkeiten der Regeln kennt, sofort zur Gefahr für die Spielbalance? Nicht wenn es nicht genauso in der Runde vorgesehen ist, denn es gibt außerhalb der harten Systemregeln immer noch die vom Meister kontrollierte Spielwelt. Und wenn der Spieler halt nicht das unbezahlbare einzigartige Artefakt A als Opfer während der Beschwörung zur Verfügung hat, den Wahren Namen N nicht kennt und nicht einen der 3 aventurienweit noch lebenden Meister für Sonderfähigkeit S findet, wird's trotzdem nichts mit der Weltherrschaft durch Dämonenbeschwörung...
Mir sind Regeln tausendmal lieber, die in der Lage sind, (nahezu) die gesamte Spielwelt abzubilden während die Möglichkeiten auch durch die Spielwelt begrenzt werden also solche, die auf der einen Seite Spieler willkürlich einschränken, damit sie bloß nicht zumächtig werden, um dann auf der anderen Seite, die Regeln für NPCs zu brechen, weils die Dramaturgie erfordert.
Das ist doch gerade der gravierende Vorteil einer PnP-Rollenspiels gegenüber beispielsweise einem Computerspiel. Man braucht keine willkürlichen harten Regelbeschränkungen, wenn eine konsistente Spielweltbeschreibung natürliche Grenzen bietet. Beispielsweise ist es völlig logisch einem Magier zu verbieten etwas anderes als Stoffroben zu tragen... in einem Computerspiel (oder damals in DSA2). Eine innerweltliche Vorschrift (CA...), die man natürlich frei ist, zu ignorieren, wobei man dann nur auch mit den innerweltlichen Konsequenzen leben muß, ist da doch ein Vielfaches besser.
Außerdem sind letzten Endes doch die meisten Regeln optional. Und das nicht in dem Sinne, daß man sie benutzen kann oder nicht, sondern einfachdaß sie zwar existieren mögen, aber einen überhaupt nicht interessieren müssen. Es reicht jedesmal das Wissen, daß es die Regel gibt, wenn man sie denn braucht und ein ganz grober Überblick, was möglich ist.
Hilfe, Beschwörung ist zu kompliziert! Kein Problem, denn wenn du nicht der Beschwörer bist, können dir die Regeln vollkommen egal sein. Daß es Regeln gibt und diese genau das abbilden, was ich oben ausgeführt habe (höchste Lebensgefahr für den beginnenden/spontanen Beschwörer auf der einen Seite, nahezu unbegrenztes Potenzial wenn Jahre der Forschung, Erfahrung und Vorbereitung zusammenkommen), ist exakt Alles, was ein Spieler wissen muß, um zu verstehen, welches Machtpotenzial und welche Gefahr Dämonen darstellen als auch, warum die nicht die Spielwelt dominieren.
Hilfe, ich muß die willkürlichen Zauber- und Wirkungsdauer von einem Dutzend ähnlicher Zauber auswendig lernen! Hmm... Und warum lernt dein Zauberer lauter unterschiedliche Zauber, die alle dem selben Zweck dienen. In Ruhe einmal das passende Buch zur Hand nehmen (oder die Bücher... keine Ahnung wie zerstückelt die Infos in DSA5 inzwischen sind
) und sich was aussuchen, hätte es doch auch getan.
Hilfe! Die Regeln zum Schmieden von Waffen sind viel zu schwer! Wirklich? Ist Schmied dein Hauptkonzept? Dann sind das nur ein paar Seiten zu lesen? Nein? Dann folgendes: Waffe X hat folgende Werte. Die Werte lassen sich im folgenden geringen Maß noch verbessern. Dafür benötigst du einen entsprechend erfahrenen Meisterschmied und das fertige Produkt kostet pro Verbesserung ein Vielfaches... Noch Fragen?
Letztendlich sind doch im Schwerpunkt genau zwei Dinge regelseitig wirklich interessant, weil man nicht drum herum kommt:
- Die grundsätzliche Probenmechanik: DSA5 ist wie bereits dargelegt schwerer einschätzbar (wie man das bewertet, bleibt jedem selbst überlassen). Bei DSA4 muß ich mir die tatsächlichen TaP* oder ZfP* merken, bei DSA5 nochmal durch 3 teilen etc.
Letztendlich ist beides 'ne 3W20 Probe und Rechenoperationen auf Grundschulniveau. Komplizierter oder einsteigerfreundlicher ist ist keine Variante...
- Die Charaktererschaffung: Hier hat DSA5 eine Sache richtig gemacht, nämlich die (versteckten) Paketboni abgeschafft. Das verringert zwar im ersten Moment nicht die Komplexität der Charaktererschaffung aber bringt auf lange Sicht den Vorteil, daß man nicht nach Monaten feststellt, daß der eigene Charakter um Längen schwächer in nahezu allem ist, als der des nach identischen Regeln erstellten Mitspielers. Dafür brauche ich in DSA4 nur ein Buch zur Charaktererschaffung, einen Regionalband, wenn ich den Hintergrund einer Region ordentlich einarbeiten will und dazu noch ein weiteres Werk für Zauberer, Geweihte oder Kampfsonderregeln, je nach Rolle des Charakters. In DSA5 wüßte ich dafür ohne Tablet und online Zugang oft nicht einmal welche Bücher ich alle durchstöbern muß und wo sich welche Sonderfertigkeit, Spezialregel oder auch ganze Profession versteckt. Die Tatsache, daß das Machtniveau eines Startcharakters deutlich gesunken ist und man diverse Fähigkeiten, Spezialisierungen etc. tatsächlich benötigt, um in seinem Fachgebiet überhaupt Erfolge zu erzielen, macht das ganze Rumgesuche nicht mal optional...
Die persönlichen Gewichtungen und Vorlieben mögen unterschiedlich sein, aber mir fällt es, selbst wenn ich außer Acht lasse, daß ich einfach mehr Übung bei der DSA4 Charaktererschaffung habe, schwer, hier eine Vereinfachung zu Gunsten von DSA5 zu finden.
Also wo ist jetzt dieses angekündigte Streamlining, daß Alles einfacher und einsteigerfreundlicher macht. Und ist das gundsätzliche Beschneiden von Charaktermöglichkeiten, die dann erst wieder durch unzählige, oft analoge Sonderfähigkeiten freigeschaltet werden, wirklich eine Vereinfachung? Ich hab immer nur das Gefühl gehabt, daß sich Alles, was ich bei der ersten Charaktererschaffung spare, nur etwas nach hinten verschiebt. Und wenn man nicht alle Bücher brav durchsucht und alle wichtigen Extras mitgenommen hat, kann man am Ende genauso doof aus der Wäsche schauen, wie wenn man in DSA4 nicht wußte, welche Vorteile einige Professionen versteckt im Paket mitbringen...
Also irgendwie berichten zwar immer wieder Leute, daß ihnen der Einstieg in DSA5 vielleichter fiel aber sie vergleichen dann oft auch ihre Erfahrung mit einem einzelnen Grundregelwerk und nach und nach zugekauften Zusatzbüchern mit einem vollständigen über viele Jahre entstandenen DSA4 Regelwerk, daß schon grob ein Jahrzehnt lang bis ins Detail analysiert wurde und bei dem jede mechanische oder balancing-bedingte Schwäche schon tot diskutiert wurde.
Vielleicht überrascht mich DSA5 ja am Ende aber mein bisheriges Gefühl sagt mir, daß es in dem Wust letztendlich zur Verfügung stehender Bücher weder übersichtlicher noch einfacher sein wird und daß wir aktuell und mit den schon bestehenden Werken die Feinheiten an Regellücken und Balance-Problemen nicht annähernd so weit ausgelotet haben, wie es in DSA4 der Fall ist.
Oder anders ausgedrückt: Ich bin mir ziemlich sicher, daß ich in beiden Systemen Charaktere basteln kann, die einfach nichts taugen und trotz gleicher Startbedingungen meilenweit hinterher hinken. Nur in dem einen System kann ich mich vorher genaustens schlau machen und Analysen im Unfang einer Diplomarbeit lesen, weil schon alles ins kleinste Detail ausdiskutiert wurde und in dem anderen bin ich seit Jahren auf dem Holzweg und hab es nur noch nicht gemerkt, weil ich das korrekt optimierte Gegenbeispiel bisher vielleicht noch nicht gesehen habe...
Ist das eine System jetzt besser, weil ich die Mängel noch nicht so gut kenne und so manche regeltechnische Untiefe noch nicht erforscht ist? Es mag sich subjektiv manchmal so anfühlen, aber ich bezweifel es doch stark. Zumindest ich kann auf regeltechnischer Seite einfach nicht die Vorteile sehen, die die offensichtlichen inhaltlichen Nachteile überwiegen und bleibe wohl weiterhin bei ... allen anderen Editionen. (Tatsächlich hab ich derzeit eine 4er Einsteigerrunde, eine stark mit Hausregeln modifizierte 4er Runde, eine DSA3 Runde und 'nen Nostalgie-Trupp (Abenteuerklassiker mit DSA2 Charakteren). Wenn ich doch nur Zeit, Motivation und genug Wahnsinnige finden würde, um auch noch DSA1 abzuhaken.
DAS wäre aktuell tatsächlich der überzeugendste Grund mich nochmal an DSA5 dranzusetzen. Einfach um aus Prinzip die Reihe voll zu machen...
)
PS: Ernsthaft? 9 neue Beiträge während ich getippt hab? Ich sollte endlich lernen mich kürzer zu fassen... *absend und weiterles*