Gewissensbisse bei Profikämpfern

Hier finden allgemeine DSA-Themen ihren Platz, zu denen es kein explizites Unterforum gibt.
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Assaltaro
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Ungelesener Beitrag von Assaltaro »

Der Geier hat geschrieben: 08.11.2019 15:53Offensichtlich begreifst du diese Szene als "falsch" oder "merkwürdig", im Kontext der übrigen Szenen. Also muß es ja irgendwie nicht reinpassen oder sich zumindest so anders vom übrigen Stil abheben, daß es dir unglaubwürdig wirkt?
Nein, mir kam sie in dem Buch nicht merkwürdig vor. Sie hat mich irgendwo berührt, zwar nicht so, dass ich auch weinen musste, ich hatte eher eben ans Rollenspiel gedacht, wo ähnliche Situationen so oft auftreten und immer sehr anders ablaufen.
Das war die Kushiel Reihe von Jaqueline Carry, der dritte Band heißt glaube ich die Erlösung. Und nein so viel dahingemetzelt wurde da nicht. Es ging schon viel um Charakterentwicklung, Religionen (keine irdischen) und Intrigenspiel. Kämpfe kamen halt vor, aber nie sonderlich blutig beschrieben oder ähnliches.
Ich denke mir ist das jetzt nur so in Erinnerung geblieben oder aufgefallen, weil es eben dem was im RP oft eine "Zufallsbegegnung" ist am nähesten kommt, die anderen Kämpfe waren meist vorhersehbar (wenn auch nicht immer von den Protagonisten) oder geplant.
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Ungelesener Beitrag von Taipan »

Lokwai hat geschrieben: 08.11.2019 15:23 Ein Profikämpfer MUSS nicht die Angreifer töten, sondern kann auch vorerst versuchen seinen Gegner zu überrumpeln, natürlich würde realistisch der ein oder andere im nachhinein verbluten oder an Entzündungen verrecken, aber diese Szene die beschrieben wurde scheint mir arg konstruiert.
Abhängig vom Setting (bzw. im PnP den Regeln) würde ich da widersprechen. Im 1 gegen 1 kann man sich als Profi gegen Laie eventuell erlauben den Gegner nur zu verletzen oder KO zu schlagen (und selbst dass ist mit Waffen extrem riskant. Einmal nicht aufgepasst, Schweiß in die Augen bekommen oder gestolpert (bzw. ne 20 gewürfelt) und das wars). Gegen eine Überzahl geht es darum die Chancen so schnell es geht auszugleichen, da kann man es sich nicht unbedingt erlauben Rücksicht zu nehmen. Wenn die Geschichte jetzt nicht grade so gesetzt ist, dass der Kämpfer ein Halbgott unter Kindern ist, der im Alleingang ganze Armeen bezwingt ist es grade bei ungerüsteten Banditen glaubwürdig, dass die ersten 2-3 Schläge gegen die Hälse der ersten 2-3 Banditen gehen.

Zum Thema: Ich hätte als Autor die Figur bzw. als Rollenspieler meinen Charakter zwar anders handeln lassen, und mir erscheint das ganze auch etwas befremdlich, aber ich würd mich jetzt nicht so weit aus dem Fenster lehnen zu sagen, dass das unglaubwürdig ist (oder zumindest nicht unglaubwürdiger als das Verhalten echter Menschen).
Ansonsten würde ich Rhonda zustimmen, dass der Charakter nichtmal unbedingt um die Banditen weinen muss. Vielleicht geht es tatsächlich mehr um die Frustration nach einem "Rückfall". Er dachte er wäre durch mit dem Töten und jetzt hat er es nicht nur wieder getan, er hat sich dabei auch noch gut gefühlt.
Ich persönlich spiele in DSA bewusst eher "pragmatische Actionhelden" einfach weil ich da mehr Spaß dran hab :thorwaler: .
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Ungelesener Beitrag von Assaltaro »

Taipan hat geschrieben: 08.11.2019 16:48Vielleicht geht es tatsächlich mehr um die Frustration nach einem "Rückfall". Er dachte er wäre durch mit dem Töten und jetzt hat er es nicht nur wieder getan, er hat sich dabei auch noch gut gefühlt.
Ja jetzt wo du es sagst, so hatte ich die Szene auch eher bewertet gehabt, hatte das nur nicht so gut ausgedrückt.
Taipan hat geschrieben: 08.11.2019 16:48Ich persönlich spiele in DSA bewusst eher "pragmatische Actionhelden" einfach weil ich da mehr Spaß dran hab :thorwaler: .
Genau in diesem Spiel fehlt mir oft sehr viel, ich komm mir seit einiger Zeit immer wie eine Suchende vor, weil die Art von emotionalem Spiel ich bisher in DSA nur mit einer handvoll Leute hatte, wovon die meisten aber keine Zeit mehr dafür haben *seufz*
Das von Eadee vorgeschlagene Vampire hatten wir als FaB geplant, aber der SL ist verschwunden, bevor es richtig los ging. Aber wenn ich ehrlich bin, hat mir vorallem auch das emotionale Spiel in Aventurien gefallen, ich finde da nur immer so schwer Gleichgesinnte, wo es dann wirklich regelmäßig mit dem Spielen klappt.

Und auch hier sind die Meinungen ja eher, dass es stört oder nicht "plausibel" ist. Naja Emotionen sind selten rational.
Ich hab dazu selber mal eine Gladiatorin gespielt, die jetzt nach ihrer Flucht keinen Bock mehr auf Kämpfen hat (aber da kommt bestimmt ein Abenteuer dazwischen) und bin gespannt drauf wie sich das dann entwickelt. Leider kam ich noch nicht dazu sie zu spielen und sollte sie dann wohl auch nur bei Spielern auspacken die ich schon kenn und weiß, dass es dort nicht nervt. In neueren Runden ist es ja oft noch ein Herantasten, wobei es halt manche Chars gibt, die fast immer und bei jeder Gruppe funktionieren.
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Ungelesener Beitrag von Rhonda Eilwind »

Assaltaro hat geschrieben: 08.11.2019 13:25Gut diese Szene kommt wirklich erst in Band 3. Von drei sehr dicken Büchern.[...]Ich wollte da jetzt nur nicht die Handlung von zwei dicken Büchern aufrollen.
Das sei ihm zugute gehalten - aber ohne Kontext wirkt das Ganze wie gesagt etwas merkwürdig.

Wie gesagt: Auf mich eher selbstmitleidig als ehrlich bekümmert. Vielleicht auch in der Tat frustriert, weil seine Bemühungen immer wieder scheitern... man weiß es nicht. Also, ich nicht.

Ich bin mir übrigens ziemlich sicher, dass es mehr als nur einen Grund gibt, warum so etwas im Spiel gefühlt nie oder insgesamt eher selten vorkommt.

Zum Thema "Genderklischees" möchte ich anmerken, dass natürlich die Charaktere denen nicht unterliegen müssen - wir Spieler*innen das aber ja durchaus tun. Und ein Mann sieht vielleicht einen "harten Kämpfer" vor seinem inneren Auge anders reagieren als eine Frau. Wie realistisch seine Einschätzungen dabei sind, hängt sicher davon ab, inwiefern er selbst schon Grenzerfahrungen gehabt hat - ansonsten dürfte sein Bild eben in genau derselben Art und Weise durch einen Mix von eigenen Erfahrungen und Film, Funk und Fernsehen (und Computerspiele) geprägt sein wie der einer Frau. Also durchaus auch ein wenig medienverzerrt. ;)

Der zweite Punkt sind "absolut gefühlskalte" Spieler. Diese Problematik ist, wenn sie zu Konflikten führt, mE eher eine Frage kollidierender Spielstile als "fehlender innerer Werte". Für nicht wenige Spieler ist auch ein RPG ein Spiel, mit Regeln und Mechaniken, die man zum eigenen Vorteil nutzen kann. Und das, was in der Handlung passiert, ist Teil des Spiels. Dieses Spiel kann immersive Erfahrungen ermöglichen, muss es aber nicht. Man kann es auch einfach spielen und nur an den regeltechnischen Erfolgen Spaß haben.

Und in einem Spiel, in dem Kämpfe und das Töten von Gegnern zum Ablauf gehört, tötet man halt unter Umständen Gegner. Und es kann spieltechnisch im Sinne eines höheren Gewinns von Vorteil sein, mehr Gegner zu töten als anders zu überwinden. Sieht man die Sache rein gamistisch (ich hoffe, ich benutze das Wort richtig) - ist dies in dem Moment die bessere Lösung, solange die Spielregeln nicht Nachteile bei "unmoralischem Verhalten" vorsehen. Und solange es eine bessere Lösung gibt, werden Spieler mit dieser Herangehensweise an das Spiel sie ohne Gewissenbisse nutzen.

Für die sind die Gegner dann in der Tat nur Staffage, und laufen möglicherweise vor ihrem inneren Auge mit Punkteständen über dem Kopf herum. :P

Für andere Spieler sind sie dagegen virtuelle Mitspieler.

Hier und anderswo wird regelmäßig erbittert darüber gestritten, was besser oder schlechter ist. Das möchte ich hier ausdrücklich nicht. Aber wer das Spiel als reines Spiel spielt, wird Gegner nach meinem Dafürhalten in der Regel mit weniger Bedauern töten als jemand, der sich selbst als kleines Rädchen der Spielwelt sieht.

In einem Punkt sind sich die meisten Spieler, welches Spieltyps auch immer, in ihrer Distanzierung allerdings dann wieder einig: Es lässt sich doch seltenst ein Spieler nach einem Kampf ermattet zurücksinken und spielt die psychischen Folgen seiner eigenen Verletzungen - bzw. der Verletzungen seines oder ihres SCs - auch nur annähernd so aus, wie sie realistischerweise bei ihm oder ihr selbst zu erwarten wären... :ijw:

Und das ist ja an sich auch völlig in Ordnung.

Ich habe in der Regel Leute gespielt, die eher nicht so gern kämpfen und schon gar nicht gerne töten. Aber in einer Welt, in der der Getöte-Werden eine realistische Option ist, ist es (für mich) das Selber-Töten eben auch. Leute, auch noch Kämpfer, die bei jedem Toten in Tränen ausbrechen müssen, kommen mir da ein wenig lebensfremd vor.

So jemanden kann es sicher geben, klar - aber der zieht sich auf Dauersicherlich eher in ein Noioniten-Kloster oder den Tsa-Tempel oder in die Einöde zurück, als ausgerechnet als Kämpfer oder Abenteurer durch die Lande zu ziehen, wo ihm so etwas immer wieder mal passieren kann...

Hier mal ein paar Beispiele, wie verschiedene meiner Charaktere damit umgegangen sind:

ein ehemaliger Fassadenkletterer (bei AD&D, Ansatz extrem gamistisch, wenig Rollenspiel, entsprechend oft Kämpfe und getötete Gegner) fasste sein Dilemma in folgendem Satz zusammen, wenn mal wieder einer ihm seine Reputation absprechen wollte: "Ehrbar? - Ich habe noch keinen Menschen getötet, ehe ich "ehrbar" wurde!"

Der Thorwaler (wie meisten anderen meiner Charaktere) sah das sehr pragmatisch: "Je nun, schön isses nicht, aber kann passieren." Der versuchte das in der Regel zu vermeiden, aber wenn das nicht klappte, etwa weil der Gegner partout kämpfen wollte - war's halt so. Dann hatte er darum auch kein schlechtes Gewissen.
Ich denke, so oder ähnlich sehen das recht viele andere Spieler bzw. deren Charaktere auch.

Für einen weiteren - einen Ardariten - habe ich mir da mal mehr Gedanken drüber gemacht, weil der eben Profikämpfer war. Der konnte ja von vornherein nie davon ausgehen, dass es nur im Notfall zu Kämpfen kommen würde, also musste ich drüber nachdenken, wie er dazu wohl steht.

Der hatte bei normalen Kämpfen im Rahmen seiner Ordensverpflichtungen oder auch bei Duellen selbstredend null schlechtes Gewissen, ohne ein emotionsloser Klotz zu sein. Er schützte Tempel oder andere Rondrianer oder wie auch immer jedenfalls die Schutzwürdigen, und das Töten gehörte einfach auch dazu.

Er hatte aber durchaus ein kleines Dilemma im Hinterkopf, weil er - selbst von einem Rittergut mit Landwirtschaft stammend - die Niederschlagung eines Bauernaufstandes nebs Hinrichtung der Rädelsführer in Arivor, woran er irgendwann am Anfang seiner Laufbahn beteiligt gewesen war, insofern als ungerecht empfunden hatte, als er recht sicher war, dass die Ordensoberen selbst durch ihr rücksichtsloses Verhalten den Aufstand erst angefacht hatten.

Natürlich war das Verhalten der Ordensleute nach dem Aufstand rechtens gewesen... aber das davor fand er fragwürdig, und die wegen einer Dürre ausgehungerten Bauern waren ja auch nicht wirklich ernsthafte "Gegner". Hätte er da schon sowas wie zu sagen gehabt, hätte er diese Situation sicher anders gelöst, und obwohl klar war, dass er selbst zu keiner Zeit diese Möglichkeit gehabt hatte, hatte er ein schlechtes Gewissen deswegen. Keines, das so groß war, dass es sein ganzes Leben bestimmt hätte - aber schon eines, das Einfluss auf seine späteren Entscheidungen hatte.

Heulend zusammengebrochen ist aber auch er bisher noch nicht.
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Ungelesener Beitrag von Jadoran »

@Lokwai: Das werden dir fast sämtliche Eltern bestätigen, dass ein Kind die eigene Weltsicht massiv verändert. Als Vertreter des Glaubens, dass die meisten unbewußten Reflexe irgendwie sinnvoll sind, ist das wahrscheinlich auch gut so. Meine Schwester kann sich, seitdem sie Mutter ist, auch keine "milden" Horrorfilme mehr anschauen, die ihr vorher nichts ausgemacht haben.
@Assaltaro: Beim emotionalen Spiel muss man halt Gleichgesinnte finden. Wenn andere die Handlung voranbringen wollen, oder klischeetypisch männlich "Probleme lösen" wollen anstatt über eigene Gefühle zu reden, muss man einen Mittelweg finden. Gerade in einem FAB sollte das allerdings ganz gut gehen, da man ja den Mitspielern keine Zeit und auch kein Spotlight stiehlt.
@Rhonda Eilwind:
Wie realistisch seine Einschätzungen dabei sind, hängt sicher davon ab, inwiefern er selbst schon Grenzerfahrungen gehabt hat
Da reagiert sicher jeder ein wenig anders. Aber die beiden Male, wo ich mich ernsthaft meiner Haut wehren musste und einige auf der anderen Seite Messer hatten (und ich eben nicht), da war erst mal reines Adrenalin. Auch noch eine Stunde danach. "Runtergekommen" bin ich erst deutlich später, und ganz offen: Mitleid wäre das letzte, was ich etwa für die Mitglieder der brasilianischen Strassengang gehabt hätte. Man bekommt Tunnelblick und das Echsenhirn übernimmt die Prioritätsabwägung. Ob der Typ, der dich mit dem Messer bedroht, Frau und Kinder hat, ist dir dann völlig egal. Es ist einem deutlich mehr zum Brüllen als zum Heulen zumute... Aber vielleicht haben Männer da einen anderen Hormonhaushalt, keine Ahnung.
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Ungelesener Beitrag von Rhonda Eilwind »

@Lokwai @Jadoran

Kann ich bestätigen - bevor ich Kinder hatte, habe ich mich bei solchen Szenen immer massiv geärgert, weil man mich so offensichtlich und billig manipulieren wollte.

Seit ich Kinder habe, werde ich manipuliert - obwohl mir das immer noch genauso bewusst ist. Schlimmstenfalls sitze ich die ganze Zeit vor dem Fernseher und heule... :rolleyes:
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Ungelesener Beitrag von Assaltaro »

Rhonda Eilwind hat geschrieben: 08.11.2019 17:47@Lokwai @Jadoran

Kann ich bestätigen - bevor ich Kinder hatte, habe ich mich bei solchen Szenen immer massiv geärgert, weil man mich so offensichtlich und billig manipulieren wollte.

Seit ich Kinder habe, werde ich manipuliert - obwohl mir das immer noch genauso bewusst ist. Schlimmstenfalls sitze ich die ganze Zeit vor dem Fernseher und heule...
Also mir gehen die Szenen auch nahe, obwohl ich nohc keine Kinder habe. Bei Broadchurch (Staffel 1 und 2 behandelt Mord an Kindern) war ich immer kurz davor zu heulen.
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Ungelesener Beitrag von Rhonda Eilwind »

Das hab ich nicht gesehen - aus Gründen. :dunkelheit:
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Ungelesener Beitrag von Assaltaro »

Ja ist hier nicht Thema, finde es aber eine der besten Krimiserien, weil so viel Emotionen drin stecken und sie es wirklich geschafft haben mit den Personen mitzufühlen, aber es gleichzeitig spannend blieb wer es nun war. Und David Tennant war wieder klasse.
Rhonda Eilwind hat geschrieben: 08.11.2019 17:15 Assaltaro hat geschrieben: ↑
08.11.2019 13:25
Gut diese Szene kommt wirklich erst in Band 3. Von drei sehr dicken Büchern.[...]Ich wollte da jetzt nur nicht die Handlung von zwei dicken Büchern aufrollen.

Das sei ihm zugute gehalten - aber ohne Kontext wirkt das Ganze wie gesagt etwas merkwürdig.

Wie gesagt: Auf mich eher selbstmitleidig als ehrlich bekümmert. Vielleicht auch in der Tat frustriert, weil seine Bemühungen immer wieder scheitern... man weiß es nicht. Also, ich nicht.
Gut, vermutlich wirkt es dann im Rollenspiel immer merkwürdig, weil fast zwangsläufig aus dem Kontext gerissen, wenn es eine neue Gruppenzusammenstellung ist (nicht zwingend neue Charaktere). Da erzählt man sich ja vorher nicht seine ganze Lebensgeschichte. Wobei ich schon oft irgendwie OT die Aktionen meiner SCs erklären musste, weil sie bewusst "dämlich" oder nicht voll rational waren, für mich aber Sinn machten, weil ich ja die Gefühle des SCs kenne.
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Ungelesener Beitrag von Rhonda Eilwind »

Assaltaro hat geschrieben: 08.11.2019 17:57Gut, vermutlich wirkt es dann im Rollenspiel immer merkwürdig, weil fast zwangsläufig aus dem Kontext gerissen, wenn es eine neue Gruppenzusammenstellung ist (nicht zwingend neue Charaktere).
Das kann gut sein. Auch wenn das natürlich realistisch ist - Leute, die sich nicht gut kenne, missverstehen sich ingame wie outgame sicherlich öfter als Leute, die sich gut kennen - muss man, denke ich, grundsätzlich immer abwägen, wie viel "Merkwürdigkeit wegen Charaktertiefe" man seinen Mitspielern jeweils gerade zumuten kann, ohne dass der Spielspaß drunter leidet.

Woher sollen Mitspieler, die dich evtl. privat noch gar nicht oder flüchtig kennen, wissen, ob nun deine SC ein nicht erläutertes Kriegstrauma hat, dass sie irrational handeln lässt, oder ob du ein sehr komplizierter Mensch bist, mit dem es schwierig ist, zusammenzuspielen?
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Ungelesener Beitrag von Assaltaro »

Das stimmt und manchmal stehe ich vor dem Dilemma auch mit meiner Säbeltänzerin, die gefoltert wurde. Wie viel Trauma ist ok ohne zu nerven. So zu tun als wär nichts gewesen ist ja auch merkwürdig. Nur mit der Gruppe wo das damals "erspielt" wurde, spiele ich nicht mehr.
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Ungelesener Beitrag von Der Geier »

So richtig ausspielen, daß der Rest auch mitkommt und etwas davon hat, funktioniert leider nur, wenn alle Beteiligte zumindest rudimentäre Kenntnisse um das Ausgespielte haben. Wenn ich PTSD ausspiele, aber keiner weiß, was das ist und daß es das gibt, dann werden sich die meisten einfach Fragen, was denn mein Charakter da grad macht, obwohl er doch offensichtlich "gewonnen" hat?

Die meisten Spieler wissen, wie "Held steckt Schwert in Feind. Feind fällt um." geht und wie man das ausspielt. Auch wer selbst noch nie einen körperlichen Konflikt ausgetragen hat, kann sich das vorstellen.

Damit aber "Held steckt Schwert in Feind. Feind fällt um. Held ist traurig." funktioniert, müßten sowohl die Ausspielenden als auch die Zuschauer ungefähr wissen, was da passiert. Ich sag nicht, daß man nur das ausspielen darf, was man aus eigener Erfahrung kennt, aber die Wahrscheinlichkeit der Fehlinterpretation steigt einfach, je weniger Erfahrung man mit einem solchen Mechanismus hat.

Ich jedenfalls bin relativ froh, daß vermutlich die wenigsten von uns Erfahrung drin haben, wie es ist, einen anderen Menschen zu töten und dann damit zurechtzukommen.
http://www.heldenbund.de - DSA-Spielerbörse, Heldenverwaltung, Gruppenforen etc.

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Ungelesener Beitrag von Assaltaro »

Da gebe ich dir recht. Die wenigsten kennen sich zum Glück doch wirklich damit aus, aber es wird jeder schon mal von PTSD gehört oder gelesen haben und wissen, dass es das gibt.
Und Rollenspiel dient ja oft dazu, eben etwas auszuprobieren, was OT nicht geht oder man auch nicht haben möchte (ich will OT wirklich niemals jemanden töten müssen). Aber dazu gehört für mich auch sich die Frage zu stellen, wie sich jemand dabei womöglich fühlt. Ich kann mir nicht vorstellen, dass man "gar nichts" fühlt wenn man tötet, auch nicht wenn es Notwehr war.
Natürlich spiele ich es womöglich komplett falsch aus, aber das ist mir irgendwie lieber, als es gar nicht zu versuchen, weil ich OT zu wenig Ahnung von Psychologie habe.
Also man sollte nicht zuerst ein Psychologiestudium absolvieren müssen, um solche Probleme ausspielen zu dürfen.
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Rasputin
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Ungelesener Beitrag von Rasputin »

Es kommt auch auf die Gruppe an und was gerne gespielt wird.
Meine Gruppe spielt gerne klassische Abenteuer. Wir sind dabei meist die guten (oft auch neutral), kämpfen aber auf jeden Fall immer gegen die Bösen.
Ich habe lieber den Kannibalen-Vergewaltiger-Trollzacken in der Gruppe, als jemanden, der mit dem Ziel "Wir kämpfen jetzt gegen die Banditen, Orks und Schwarzmagier" in die Welt zieht, nur um dann jedes mal in Tränen aus zu brechen und die Gruppe als emotionalen Tampon zu benutzen, wenn man Banditen, Orks oder Schwarzmagier töten muss. So jemand sollte kein Abenteurer sein, sondern Gärtner, Bäcker oder Händler.
Wer gerne Bauerngaming betreibt, kann natürlich jederzeit zugreifen.

Ich sage ja auch nicht, dass Leute nicht weinen, wenn sie zum töten gezwungen werden. Aber Profikämpfer (und mMn richtige AbenteuerTM) machen das eigentlich nicht so plump.
Anscheinend kapiert ihr es alle nicht. Ich bin hier nicht mit euch eingesperrt, ihr seid hier mit mir eingesperrt!

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affinno
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Ungelesener Beitrag von affinno »

Ohne mir jetzt den Thread komplett gegeben zu haben: ich find den weinenden Kämpfer nicht schlimm. Mich würde der auch am Spieltisch nicht stören. Musste bei der Beschreibung ehrlich gesagt auch an eine Szene von gestern Abend von unserem Tisch denken:

Wir wissen mit Sicherheit, dass die Person, die wir eigentlich nur 'unschädlich' machen sollen, direkt zu unsere Gegenspielern gehört und haben deshalb die Prostituierte losgeschickt, damit sie ihn im Bett absticht. Das war ne Gruppenentscheidung, die alle Charaktere abgenickt haben, trotzdem war danach keiner glücklich und hatten teilweise sogar starke Gewissensbisse (die dann bei der einen in einem langen Waldspaziergang, beim anderen im Zwiegespräch mit der Liebsten bearbeitet wurden) Sowas spielen wir nicht lange aus, weil dafür leider die Zeit fehlt und gestern auch die Konzentration, aber es ist schon gut und auch erwünscht, dass das töten nicht nur zum Mittel zum Zweck verkommt und auch das menschlich sein der eigenen Gegner hat immer wieder auch Einfluss auf das Gefühlsleben der Helden.

Also ja, bei uns gab es jetzt an sich keine "Krieger weint zwischen den Banditen"-Szene, aber wenn die eigentlich pazifistisch eingestellte Elfe dann mit dem Bogen 'ne Menge Leute killen muss, um ihren Freunden das Leben zu retten, oder selbst der erfahrene Söldner im Zweikampf jemanden köpft, der einen sehr hohen emotionalen Impact auf die Gruppe hatte, dann hinterlässt das auch Spuren. Sowas bereden wir meist eher OT. Bei uns brummt aber eigentlich immer ein Chat über die Charaktere (in der Gruppe oder 1on1). Das sind nur meine zwei Cent.
Aufteilung der Gruppe ist (weils oben mal aufkam) 2 Frauen, 3 Männer, alle ca. Anfang 20.
Nahema Tamerlain ist genderqueer.
Leitet: Homebrew Kampagne DND5e
Spielt: Donnerwacht, DSA5 (derzeit pausiert)

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Das lustige an der Sache ist ja, das gerade von höherstehenden Personen erwartet wurde, das sie Gefühle zeigen. Ja, auch das weinen in der Öffentlichkeit wurde auch von Männern erwartet.
Jedoch, ich glaube, wenn ich in einer Welt leben würde in der es mehr oder minder normal ist, das man Menschen umbringt, dürfte meine Hemmschwelle auch deutlich niedriger liegen. Eben auch im Wissen, das meine Frau mit dabei ist und im Falle meines Ablebens ihr dann sehr böse Dinge geschehen werden.
Aber nach vollbrachter Tat dann zusammenbrechen und sich selbst betrauern? Nein, eher nicht, erst mal weg kommen, wer weiß wie viele noch im Gebüsch lauern, und die Sache dann Abends irgendwie lösen. Aber ich glaube wirklich nicht das mein Überlebensinstinkt in der selben Sekunde aussetzt wo jemand tot am Boden liegt.
Das Stockholm-Syndrom ist eine anerkannte Methode um neue Freundschaften zu schließen.

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Madalena
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Im Gegensatz zu unserer Welt ist Aventurien (und mutmaßlich auch die Welt der Romanreihe) eine Welt, wo körperliche Gewalt und Aggression deutlich alltäglicher ist. Eine, in der es normal ist dass Kinder geschlagen werden. Eine, in der man sich keine Chicken Nuggets aus der Tiefkühlabteilung holt, sondern dem Huhn eigenhändig den Hals umdreht.

All das macht Aventurier sicherlich abgestumpfter, was das Verhältnis zu Gewalt und Tod angeht. Mitgefühl kann man ein Stück weit erlernen, und das Ausschalten solcher Empfindungen ebenfalls.

Trotzdem glaube ich nicht, dass man das Töten eines Menschen mit Leichtigkeit abtun kann. Insofern ist ein Veteran, der es irgendwann echt nicht mehr übers Herz bringen mag für mich durchaus realistisch. Die im Eingangspost geschilderte Szene wirkt auf mich aber ebenfalls etwas over the top. Das auch geschlechtsunabhängig (bei einer Frau würde es mich womöglich noch mehr ärgern, wenn es zu sehr nach Geschlechterklischee schmeckt).

Die Gründe, warum diese Szene speziell etwas seltsam wirkt, wurden ja schon genannt: So direkt nach dem Kampf, wo ich von einem Profikämpfer - zumindest erstmal! - andere Reflexe erwarten würde. Und weil es wirklich etwas nach Drama und Selbstbezogenheit riecht, mir ist jedenfalls nicht klar, wie genau es ihm um genau diese ausgelöschten Menschenleben leid tut. Aber das liest sich im Kontext des Buches vielleicht wieder ganz anders, ich weiß ja nicht wie die Szene geschrieben ist. ;)

Aber ich glaube, das ist vor allem eine Frage des Spielstils. Es ist richtig dass das Verhältnis zum Töten im Rollenspiel mitunter sehr sehr locker ist. Habe ich schon an Mitspielern gemerkt, und an mir selbst. Und erstmal ist daran ja auch nix verkehrt. Wir töten keine echten Lebewesen, sondern Fiktionen. Was ja auch erstmal OK ist. Das ist eine legitime Spielweise. So wie man im Egoshooter den Abzug drückt, aber weiß dass man nicht real tötet.

Natürlich macht das die Welt unrealistischer. Und ich denke, gerade das Betonen solcher menschlichen Seiten kann sehr interessant sein. Allerdings macht es ja tatsächlich das Spiel erstmal schmutziger. Es zwingt auch die Mitspieler, sich damit zu befassen dass sie nicht fiktiven Räuber 37 getötet haben, und dass sie mit mehr Immersion innerhalb der fiktiven Welt ein Wesen mit Gefühlen, Familie und Lebensgeschichte getötet haben. Es gibt sicher Mitspieler, die den Gegnern gar nicht erst so ein Gesicht geben wollen, oder auch solche die auf "Psychodrama" eher genervt bis gelangweilt reagieren.

Ich persönlich kann gut damit leben, dass Töten im Rollenspiel normal ist. Fände es aber auch reizvoll, wenn es mal anders dargestellt wird.
Jede kann maskierte Superheld*in sein. Ihr müsst gar nicht 24/7 bereit stehen oder euer Leben in die Waagschale werfen. Die Maske reicht schon!

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Also ich finde, es kommt - mal auf eine Rollenspielsituation übertragen - dabei auch stark auf den Meister / die Meisterin an, wieviel "Gesicht" man den Räubern gibt. Ich versuche dabei (im Rahmen natürlich) immer eine Motivation für meine NSCs zu haben. Sind es einfach Räuber, die wenig andere Wahl haben und mehr aus Verzweiflung Leute überfallen oder sind es Handlanger eines Schwarzmagiers, die auf der Suche nach Menschenlebern für ein Ritual sind? Und selbst die werden ja nicht böse geboren und haben nur eine Seite.

Das soll nicht in Psychogramme für jeden NSC, der drei Minuten einen Auftritt hat ausarten, aber eine generelle Motivation dahinter tut dem Spiel und der Interaktion immer gut. So haben meine Spieler im letzten Abenteuer die eher heruntergekommenen Räuber nur besiegt, dann aber mit etwas Geld und erhobenem Zeigefinger zurück zu ihren Familien geschickt. Sie haben auch schon welche den Autoritäten übergeben. Das Spektrum sollte auch bei Abenteurern doch weiter sein, als "Hau'n wa um!". Schließlich sind Helden ja Helden, weil sie KEINE eiskalten Soziopathen sind, denen die Schicksale einzelner Menschen egal sind. Sollte man zumindest meinen :)

Das geht aber in meinen Augen vor allem über die Fähigkeit des Meisters, den NSCs Leben einzuhauchen und sie nicht als gesichtslose Abziehbilder darzustellen. Angefangen mit der wichtigen Tatsache, daß die allerwenigsten menschlichen (und tierischen) Gegner kämpfen bis zum Tode oder auch nur bis Lebensenergie 5-9. Wenn sie merken, das hier läuft für sie absolut nicht wie geplant und ihr Leben ist in Gefahr, ziehen sie sich zurück oder ergeben sich. Bis auf die extremsten Fanatiker haben die meisten Menschen doch einen immensen Selbsterhaltungstrieb.
Den Kampf bis zum Tod würde ich wirklich nur für Duelle oder ganz spezielle Situationen einsetzen, auch weil er dann umso bedeutungsschwerer ist ... "du weißt, dieser Kampf wird nur durch den Tod von einem von euch entschieden". Setzt man das sparsam ein, bekommt es mehr Gewicht.

Ich persönlich habe auch nur Spaß daran mit Gruppen zu spielen, in denen alle Beteiligten eine gewisse OOC-Empathie aufweisen. Wenn es alle Beteiligten absolut kalt lässt, wenn ein lebendes Wesen um selbiges fleht, wäre das für mich als Spielrahmen zu kalt und tot. Letztlich möchte ich doch meine Gruppe auch durch eine lebendige Welt verzaubern, durch Menschen (und andere), die mehr als eine Zahl sind. Eine Unart, die besonders zu Zeiten der Monsterklasse ja durchaus gefördert wurde.

Zu guter letzt sind das dann auch tolle Ansatzpunkte für später. Jeder lebende Schurke geht seinen Weg in der Welt weiter. Kann geläutert und nun auf der Seite des Guten kämpfend wieder auftauchen oder erneut einen fiesen Plan aushecken, der die Gruppe seufzend bereuen lässt, ihn vielleicht verschont zu haben.

Wir spielen gerade die G7 und es ist mir gelungen, Korobar nach all dem Elend so überzeugend flehen zu lassen, daß meine Gruppe ihn nur bewusstlos geschlagen hat. Und ihn dann liegen gelassen hat, um (Spoilerfrei) "den Rest" zu erledigen". Natürlich war er dann (ganz filmisch) verschwunden, als sie wiederkamen. Das gibt mir als Meister einen NSC an die Hand, zu dem die Gruppe eine emotionale BINDUNG hat. Und das ist Gold wert. NSCs, die die Gruppe kennt, deren Namen sie immer wieder hört, die sie lieben oder hassen oder von denen sie einfach nur genervt sind, sind automatisch nicht mehr gesichtslos. Und dementsprechend geben sie dem Meister ein wundervolles Werkzeug an die Hand, um die Spieler emotional mit der Welt interagieren zu lassen.

Was den weinenden Krieger aus dem Eingangspost angeht: das ist einfach nur menschlich. Ob das gerechtfertigt ist oder nicht, erklärt sich für mich darin, was derjenige vorher alles erlebt hat. Was er im Orden gesehen und getan hat. Ob sich seit diesen Taten seine moralische Überzeugung geändert hat. Hält er das Töten für den Orden noch für gerechtfertigt? Und wie lange hat er seit dem nicht mehr getötet? Hat er vielleicht Angst, es in dieser Welt NIE zu schaffen nicht mehr zu töten? Kann er als (gefühlter) Mörder seiner Geliebten (wegen der er ja wohl den Orden verlassen hat) noch in die Augen sehen?

Es kommt schlicht darauf an, wie seine emotionale Gesamtverfassung ist und was ihn treibt und prägt. Es gibt unzählige Beispiele von Berufssoldaten, die regelrecht zusammenbrechen. Da sind Tränen nur das Geringste. Sogar die Drohnenpiloten, die in New Mexico "nur am Bildschirm sitzen" und tödliche Fracht abladen in fremden Ländern, haben eine extrem hohe Quote an Belastungsstörungen und werden dauerhaft betreut. Der Tod eines Menschen ist also jederzeit eine Träne wert, wenn man ihn (sogar direkt in diesem Fall) selbst zu verantworten hat. Oder ihn gar blutig mit den eigenen Händen getötet hat. Das ist dann der Unterschied zu Osama bin-Laden, der hier angeführt wurde. Ob derjenige, der ihn wirklich vor Ort erschossen hat damit klarkommt oder nicht wissen wir nicht.

Daß DSA-Romane selten diese Tiefgründigkeit aufweisen sei mal außen vor gelassen.

Unterm Strich bleibt es aber eine Geschmacksfrage, wie dicht und emotional man diese Dinge in seine Runde einbringt. Es ist ja ein Hobby und keine Realitätssimulation. Solange alle Spaß haben, macht man was richtig :)
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Ungelesener Beitrag von Skalde »

Avessandrina hat geschrieben: 09.11.2019 11:49Angefangen mit der wichtigen Tatsache, daß die allerwenigsten menschlichen (und tierischen) Gegner kämpfen bis zum Tode oder auch nur bis Lebensenergie 5-9
Das kann man sich sowohl in der Realität als auch im PnP halt nicht immer aussuchen. Schwerter hinterlassen nun mal unschöne Löcher im menschlichen Körper, und eine bestätigte 1 oder ein 6er-Pasch mit dem Zweihänder des Helden kann auch den "Flieht bei 10 oder weniger LeP"-Räuber im Klingenumdrehen zu Boron schicken.

Bei der Szene aus dem Buch musste ich an Hannes Waders Lied "Landsknecht" denken. Der Söldner, um den es geht, nimmt in einer langen und weinseligen Nacht seinen Offizieren eine Menge Geld und wertvoller Ausrüstung beim Würfelspiel ab und macht sich davon. Er will einfach nur in eine friedliche Gegend fliehen und sich zur Ruhe setzen, aber die Offiziere finden ihn und er muss schon wieder um sein Leben kämpfen. Es endet mit der Zeile: "Mein Traum macht mir das Töten so schwer/ aber das Sterben, das Sterben noch mehr!" Auch wenn er es nicht mehr will - er verteidigt sein Leben, weil Menschen das nun einmal tun. Und dafür empfinden sie meist keine Reue.

Ein Profi-Kämpfer, der im Angesicht von getöteten Banditen, die ihn und seine Familie bedroht haben, in Tränen ausbricht- egal wie satt er das Töten inzwischen hat - scheint mir unglaubwürdig. Zumal - wenn er in Aventurien lebt, dann ist er sowas gewöhnt. Vor den großen Städten stehen Galgen, an denen Straßenräuber im Wind schaukeln neben denen, die einfach nur aus Hunger gestohlen haben. Die abgehackten Köpfe schwerer Verbrecher und gänzlich Unschuldiger sind öffentlich aufgespießt. Das Volk läuft zusammen, wenn es eine Hinrichtung gibt. Heute würden wir unsere Kinder zum Psychologen schicken, wenn sie mitangesehen haben, wie ein weinender, um sein Leben flehender Mensch gefesselt und dann enthauptet wird. Aber es war völlig normal und ist auch in den meisten Fantasy-Universen normal, dass sich ganze Familien sowas ansehen. Vollkommen unabhängig vom Geschlecht, nebenbei bemerkt.

Wenn der Kämpfer schon vorher an PTBS gelitten hat, mag das eine plausible Reaktion sein - aber das hab ich dem Eingangspost jetzt nicht entnehmen können.
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Ungelesener Beitrag von knppel »

"Oh Gott ich bin so traurig dass ich diese Penner verprügeln musste, Geliebte, in meine Arme, dein Held braucht Trost!"

:wink:

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Skalde
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Ungelesener Beitrag von Skalde »

knppel hat geschrieben: 10.11.2019 00:22"Oh Gott ich bin so traurig dass ich diese Penner verprügeln musste, Geliebte, in meine Arme, dein Held braucht Trost!"
Auch eine Methode, um nach dem Kampf gegen 2W6 Räuber mit der Gruppenschönheit anzubandeln. :visierzum:
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Ungelesener Beitrag von knppel »

Ich wollte nur sagen!
Klar gibt es Gewissensbisse und Traurigkeit auch bei Profikämpfern (bis hin zum tatsächlichen Hadern mit jedem nächsten Kampf in den man gerät), aber auch berechnendes Charisma soll schon vorgekommen sein :lol:

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Na'rat
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Ungelesener Beitrag von Na'rat »

Profikämpfer werden in Aventurien von klein auf im töten gedrillt. Da sind Gewissensbisse per se völlig unangebracht, wenn auch vielleicht irgendein geistiger Knacks damit einher geht.

Meine Profikämpfer empfinden, unter den entsprechenden Umständen, durchaus bedauern töten zu müssen, aber eigentlich nie getötet zu haben. Im Kampf sterben Menschen, wer das nicht will soll eben nicht kämpfen. Daher sind die am Ende immer froh, dass sie überlebt haben und ihr Gegner nicht.

Irgendwelche Raubmörder, wie die im Eingangspost, haben keinerlei Mitleid verdient, sie haben sich selbst durch ihre Taten weit außerhalb jeder Schutzbedürftigkeit gestellt. Und machen wir uns nichts vor, dass die Motivation der Raubmörder ändert nichts an deren Taten.
Dazu kommt, Profikämpfer sind Teil der Herrscherelite, wurden dahingehend erzogen noch bevor man ihnen das töten beigebracht hat oder zumindest hat man ungefähr zum gleichen Zeitpunkt damit angefangen.

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Avessandrina
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Ungelesener Beitrag von Avessandrina »

Sowohl im realen Leben, als auch im Rollenspiel ist es zuallererst immer sehr problematisch, zu sagen "diese und diese Leute sind eben so - alle". Es gibt weinende Elitekämpfer, mordende Unschuldslämmer und jede nur erdenkliche Facette menschlicher Ansichten, Eigenheiten und Schwächen.

Es hängt schlicht von der Anlage, der Persönlichkeit und und den Erlebnissen ab, wie jemand ist und handelt. Pauschal zu sagen "Profikämpfer weinen nicht" finde ich zu kurz gedacht und wäre mir zu eindimensional für einen Rollenspielcharakter. Das geht dann wieder in die Richtung "wie ist dein Charakter so?" - "Krieger!" und das fand ich schon immer zu wenig. Die Klasse prägt denjenigen sicher und gerade am Anfang kann man sich durchaus gut daran orientieren. Aber spätestens im Laufe des Spiels sollte da doch wesentlich mehr Tiefgang hinzukommen.

Wenn es eine unumstößliche Weltregel ist, daß jeder 'Profikämpfer' in der harten Welt Aventurien kein Tränchen vergießt, beherrscht und schicksalsergeben tötet und es einfach so sieht, daß "Kampf eben Kampf" ist, dann bleiben ja alle Krieger komplett gleich, egal was sie erlebt haben. Jede Entwicklung in eine andere Richtung wäre dann unrealistisch und damit unmöglich und die Spielwelt am Ende doch arg eingeschränkt. Fand ich immer eine große Schwäche der Star-Wars-Welt für das Rollenspiel, da dort immer ganze Völker und Planeten "eben so sind".

Der Held in dem Roman hat scheinbar eine Entwicklung genommen, gerade in Romanen erwartet man sowas ja auch. Wobei ich bezweifle, daß die Autorin hätte schreiben sollen "er fiel auf die Knie und weinte zum Himmel (weil er bereits vorher an PTBS gelitten hat - Anm.d.Autorin)". Es ist einfach eine schöne, 'filmische' Charakterentwicklung, die eben (Entscheidung der Künstlerin) in diesem Fall in dramaturgisch schöne und passende Tränen mündet.

Was das angeht, haben Rollenspiel und Romane etwas gemeinsam: man sucht sich selbst die Welt aus, in die man eintauchen möchte. Findet man Tränen bei einem Kämpfer und Reue bei einem Profikämpfer albern und unrealistisch? Dann stellt man sein Aventurien dementsprechend dar und meidet besagte Autoren in Zukunft. Findet man diese Entwicklung schön, hat man Spaß am Lesen und möchte es drei Nuancen heller oder einfach weniger realistisch ... tadaa.

Letztlich kann das nur ein Austausch von Meinungen sein, es gibt da meiner Meinung nach kein Richtig oder Falsch, kein Realistisch oder Unrealistisch in letzter Konsequenz. Die Entwicklung in JEDE erdenkliche Richtung ist bei ALLEN Typen von Menschen möglich. Mal wahrscheinlicher, mal unwahrscheinlicher, aber möglich. Bis heute ist nur im Ansatz erforscht, welche Faktoren Menschen beeinflussen und wer wie warum handelt. Gerade diese Vielfalt an Möglichkeiten und Entwicklungen macht für mich sowohl Rollenspiel als Leidenschaft, als auch den Kontakt mit Menschen an sich so spannend. Würde diese auf "Krieger" eingeengt, wäre MIR das viel zu wenig. Aber das ist eben Geschmackssache.
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Ungelesener Beitrag von Na'rat »

Avessandrina hat geschrieben: 10.11.2019 14:06 Es hängt schlicht von der Anlage, der Persönlichkeit und und den Erlebnissen ab, wie jemand ist und handelt.
Schon, aber die Leute um welche es hier geht werden jahrelange zum töten ausgebildet und erzogen. Da mutet es extrem seltsam an, genau dabei auf die Tränendrüse zu drücken. Ausnahmen wird es geben, aber nicht viele, die meisten hat man bei der Ausbildung ausgesiebt und die welche übrig bleiben werden sich,in den allermeisten Fällen, so verhalten wie man es von ihnen erwartet und ihre Probleme nicht nach außen tragen.
Wenn nicht, müssen sie halt damit leben als extrem sonderbar zu gelten.
Avessandrina hat geschrieben: 10.11.2019 14:06 Es ist einfach eine schöne, 'filmische' Charakterentwicklung, die eben (Entscheidung der Künstlerin) in diesem Fall in dramaturgisch schöne und passende Tränen mündet.
Na ja, über Geschmack lässt sich nicht streiten.

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Timonidas
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Ungelesener Beitrag von Timonidas »

Assaltaro hat geschrieben: 08.11.2019 13:22Oft macht das Brechen mit Klischees doch Spaß.
In der von dir beschriebenen Szene wurde aber kein Klischee gebrochen.
Assaltaro hat geschrieben: 08.11.2019 13:25In Band 1 ist er noch der sehr steife emotionslose Klotz bis er eben SIE kennen lernt.
Das ist nämlich eines der klischeehaftesten Handlungsverläufe die man sich überhaupt vorstellen kann, und dass soll jetzt keine Kritik sein oder so, aber im Grunde ist das doch ein sehr sehr typisches Motiv für von Frauen geschriebener Fantasy Literatur.

So würde ich die Szene auch einordnen, nicht realistisch, nicht kritisch, sondern einfach eine klischeehafte weibliche Fantasie. Was ja nicht schlecht ist, genauswenig wie der edle stoische Ritter der die Prinzessin rettet was schlechtes ist.

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Ungelesener Beitrag von Avessandrina »

Na'rat hat geschrieben: 10.11.2019 14:20Schon, aber die Leute um welche es hier geht werden jahrelange zum töten ausgebildet und erzogen. Da mutet es extrem seltsam an, genau dabei auf die Tränendrüse zu drücken. Ausnahmen wird es geben, aber nicht viele, die meisten hat man bei der Ausbildung ausgesiebt und die welche übrig bleiben werden sich,in den allermeisten Fällen, so verhalten wie man es von ihnen erwartet und ihre Probleme nicht nach außen tragen.
Das mag zum Teil schon für die Leute stimmen, die noch im aktiven Dienst sind. Da greifen dann ja auch regelmäßig soziale Zwänge wie Corpsgeist, ein Krieger weint nicht und ähnliches. Solange der Krieger also in Gesellschaft Gleichgesinnter, kaserniert und/oder direkt mit Gruppe im Einsatz agiert, wird er da höchstens im Stillen diesen Gedanken nachhängen, wenn sie denn überhaupt auftauchen (Ausnahmen bestätigen auch hier die Regel). Das ist z.B. ziemlich gut belegt anhand der Soldaten im 2.Weltkrieg. Trotzdem ist eine Prägung und auch das von dir erwähnte "Sieben" der Rekruten niemals umfassend und auf keinen Fall frei von unerwarteten Entwicklungen. Könnten Ausbilder (oder wer auch immer) Menschen so umfassend durchleuchten, wäre die PreCrime Unit sicher schon aktiv. ;)

So oder so ist der Protagonist des Romans aber wohl (ich habe ihn selbst nicht gelesen) nicht mehr Teil des Ordens. Es hat also ein Prozess bei ihm stattgefunden, der darin mündete, den Orden zu verlassen. Das allein zeigt ja schon eine Abnabelung und ein Umgehen der eingeimpften Tradition. Denn ein selbstbestimmtes Ausscheiden wegen eines bewussten Regelbruchs ist sicher nicht Teil seiner Ausbildung gewesen.

Dann hat er wohl schon Dinge abseits des Ordens erlebt, die ihn prägten, vielleicht bestätigten. Und er war sogar an dem Punkt, nie wieder einen Menschen töten zu wollen. Das ist also eine extrem starke Abweichung der Ursprungsprägung "Profikämpfer". Da muss also schon einiges passiert sein an Abnabelung und Entwicklung. Ob der Roman (ein für mich guter Roman würde das) diese Entwicklung plausibel nachzeichnet, weiß ich nicht. Da die Prämisse aber am Punkt dieses Kampfes so gesetzt ist, sind Tränen meiner Meinung nach nicht unpassend.

Aber es ging ja an sich darum, warum sowas selten im Rollenspiel vorkommt. Und da würde ich aus der persönlichen Erfahrung heraus sagen, es ist eine Mischung aus einem Spielstil, der einfach gar kein Bedürfnis nach solchen Entwicklungen und solcher Charaktertiefe hat (ohne es zu bewerten, ist einfach durchaus verbreitet) und einem "Kleben" an den Buchstaben von Quellenbüchern.

Viele legen da einen unerschütterlichen Glauben an die Endgültigkeit gesetzter Tatsachen an den Tag, gerade bei DSA. Wenn da steht, Krieger sind harte, geschliffen ausgebildete Kerle und Amazonen, dann wird das als final und unveränderlich gesetzt - Krieger/Amazonen/Thorwaler/Söldner/... SIND so und BLEIBEN so. Das ist so geprägt, schon von Kind an, bleibt also so, egal was passiert.

Gleiches wird häufig auch bei der Welt so gesetzt: "da steht aber auf Seite X, Publikation Y, die Baronie wird von Z seit neun Jahren regiert. Da kann es XYZ garnicht geben". Tausende Seiten Forendiskussionen zeigen diesen unnötigen Grabenkampf mit anders gestaltenden Spielern auf.

Ich finde nur, diese starren Festlegungen entsprechen so gar nicht dem Chaos, das sich Leben nennt. Da kommen so viele Faktoren dazu, die den Charakter (um-)prägen, beeinflussen, verändern. Und wenn man versucht, dem allen Rechnung zu tragen, kommt es auch immer wieder zu Charakteren, die Wege so ganz abseits ihrer Ursprünge nehmen.

Sicher ist auch keine Welt mit mehr Drizzts als normalen Drow wünschenswert und die Tendenz zur Schneeflocke um jeden Preis ist die andere Seite der Medaille. Das entscheidet letztendlich die Gruppe.
Aber die Möglichkeit einer Entwicklung der Helden weit weg von Prägung und Ausbildung ist absolut plausibel möglich. Und in gewissem Maße auch wünschenswert. Der weinende Krieger ist also keine unendlich seltene Absonderlichkeit, aber auch kein an jeder Ecke vorkommendes Phänomen.

Der WEG, wie es zu den Tränen kam, die (PLAUSIBLE) Entwicklung an diesen Punkt... das ist das, wofür meine Gruppe und ich spielen. Das kann man völlig legitimerweise ganz anders sehen. Weil das viele tun, kommen solche Tränen eben seltener vor, was die Frage der Thread-Erstellerin war.

Kann man schade finden oder gut so, man sollte nur versuchen die eine oder andere Seite nicht pauschal als unrealistisch wegzuwedeln.
Ohne das jetzt jemandem hier vorzuwerfen. :dunkelheit:
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Ungelesener Beitrag von Assaltaro »

Avessandrina hat geschrieben: 10.11.2019 15:16Viele legen da einen unerschütterlichen Glauben an die Endgültigkeit gesetzter Tatsachen an den Tag, gerade bei DSA. Wenn da steht, Krieger sind harte, geschliffen ausgebildete Kerle und Amazonen, dann wird das als final und unveränderlich gesetzt - Krieger/Amazonen/Thorwaler/Söldner/... SIND so und BLEIBEN so. Das ist so geprägt, schon von Kind an, bleibt also so, egal was passiert.
Ich denke das ist sehr gut zusammen gefasst, ich denke mir ist es einfach teilweise zu wenig Charakterentwicklung abseits der Werte. Das Reflektieren, was das bestandene Abenteuer nun aus dem Helden macht (abgesehen von Verbesserung der Werte) erscheint mir manchmal zu wenig. Nachdenklich haben mich da jetzt immer die ptba Proberunden gestimmt, wo ähnliches stark in den Regeln verankert ist. In Masks z.b. wird nach jeder Session besprochen wie sich das Verhältnis des eigen SCs zum Team und deren Mitgleider verändert hat, in The Veil je nach Playbook, ob sich der SC jetzt mehr oder weniger menschlich fühlt.
Ist für viele Spielrunden so etwas nur wichtig, wenn es in den Regeln verankert ist? Ich brauch dafür nicht unbedingt die Ptba Regeln, um das einzubinden.
In dem Beispiel hatte ich jetzt den Krieger gewählt, weil mir die Buchszene so im Gedächtnis geblieben war Emotionen nach einem Kampf zu zeigen. Im Rollenspiel sind aber eben meist die Nicht-Kämpfer noch "schlimmer." Oft kann man davon ausgehen, dass sie als Startchar vermutlich das erste Mal getötet haben, aber null Reaktionen deswegen. Ich denke nämlich für viele ist es ein Unterschied ob man das Leben selbst beendet oder Verbrecher der Stadtwache übergibt obwohl in beiden Fällen für ide Verbrecher das Ergebnis "tot" ist.

Aber auch guter Punkt, dass es am Meister liegt, dass er Gegner menschlicher darstellen muss. Auch mal vor Schmerzen schreien, etc.
Doch irgendwie bin ich oft mit den DSA Kampfregeln so beschäftigt den Überblick zu behalten, dass ich das wohl schlicht vergesse, weil die Kampfregeln meine ganze Aufmerksamkeit erfordern. (Und ich achte jetzt eh nicht auf überkorrekte Regeleinhaltung)
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Ungelesener Beitrag von Skalde »

Während ich mir später einsetzende Zweifel und Schuldgefühle noch erklären könnte, find ich das Weinen neben den Leichen der soeben niedergesteckten Gegner einfach nicht plausibel. Abends in der Herberge? Vielleicht. Aber der beschriebenen Situation merkt man schon an, dass der Autor/ die Autorin sich nie selbst verteidigen musste. Kurz nach dem Kampf trieft der Körper vor Adrenalin, man hat vielleicht Schmerzen, ist völlig erschöpft und (in diesem Fall) heilfroh, überhaupt noch am Leben zu sein. Wenn die Anspannung später nachlässt, kommen vielleicht die Schuldgefühle und die Trauer durch. Hätte man so hart zuschlagen müssen? Hätte es nicht vielleicht doch einen Weg gegeben, dem Kampf aus dem Weg zu gehen? Aber das kommt erst später. Menschen sind keine Roboter, die man mit einem Schalter auf "Kampfmodus" stellen und danach übergangslos wieder zum sensiblen Pazifisten machen kann. Das wäre das vermutlich Unrealistischste im ganzen Fantasy-Roman und ist wohl wirklich nur ein abstruser Versuch, den Helden für die Leser sympathischer zu machen. Unser Gehirn versetzt uns zwar in Sekundenschnelle in den Kampf-oder-Flucht-Modus, aber es dauert, bis das wieder verflogen ist.

Als Profi-Kämpfer hat man auch einfach die Hemmschwelle nicht mehr, die andere Menschen bei Gewaltanwendung zögern lässt. Wer sie immer noch hat, überlebt nicht viele Kämpfe, weil der Gegner einen im Zweifel erwischt, während man zögert. Der Anblick eines Menschen, den er selbst eben brutal verstümmelt und getötet hat, ist für ihn nichts neues. Erst wenn sein Körper und Geist sich beruhigt haben und er mit kühlem Kopf und normalen Emotionen über seine Taten nachdenkt, wird er überhaupt mental in der Lage sein, zu trauern und sich Vorwürfe zu machen.
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Skalde hat geschrieben: 10.11.2019 16:43Aber der beschriebenen Situation merkt man schon an, dass der Autor/ die Autorin sich nie selbst verteidigen musste.
Naja ich denke das trifft auf 90% aller Romanautoren zu. Bücher schreiben ist denke ich ein sehr sicherer Beruf.
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