Liebe Leute, ich will nicht gerne die Stimmung trüben, aber bei der Sache ist schon Vorsicht angebracht.
1. Ich dachte bis zuletzt, Uhrwerk sei rechtlich als GmbH oder andere juristische Person organisiert - wie etwa auch Ulisses. Das stimmt aber offenbar nicht, sondern Träger ist der "Geschäftsführer" Patric Götz. In Wahrheit ist er rechtlich damit ein Einzelkaufmann, aber das tut vielleicht nichts zur Sache. Wichtiger ist, dass daraus folgt, dass es rechtlich gar keine getrennte Vermögensmasse des Verlags von dem Privatvermögen von Herrn Götz gibt (wenn meine Information zur Rechtsform stimmt). Insolvent ist jetzt Herr Götz. Den Insolvenzgläubiger*innen haftet er mit seinem gesamten Vermögen, sei es Golduhr im Privatsafe, Grundstück auf Wangerooge oder allen Vermögensgegenständen im Verlagsbüro. Das wird dazu führen, dass es im Insolvenzverfahren nicht nur Unternehmens-, sondern auch Privatgläubiger (zB Vermieter, Unterhaltsgläubiger, Banken bei einem Privatkredit) geben wird, die sich um das Geld streiten. Die Einzelheiten sind (mir) freilich unklar, doch muss jede*r neue Unterstützer*in befürchten, dass nicht (nur) die Verlagsgläubiger*innen (Druckereien, Angestellte, freie Mitarbeiter*innen), sondern auch Privatgläubiger*innen und Herr Götz persönlich von den jetzt investierten Geldern profitieren. Muss jede*r selbst entscheiden, ob es ihm*r das wert ist.
Die Trägerschaft durch Herrn Götz als Einzelperson führt auch dazu, dass als Insolvenzgrund nur die in der Pressemitteilung angegebene Zahlungsunfähigkeit in Betracht kommt (§ 17 InsO); denkbar wäre auch die drohenden Zahlungsunfähigkeit gem. § 18 InsO. In aller Regel tritt der nur für juristische Personen eingreifende Insolvenzgrund Überschuldung (§ 19 InsO = mehr Passiva als Aktiva) sehr viel früher ein (und d.h.: wenn noch mehr Aktiva da sind, welche die Fortsetzung des Geschäftsbetriebs erhoffen lässt), weil irgendwer dem Unternehmen auch im Stadium der Überschuldung noch irrtümlich Geld gibt. Die Überschuldung ist als Insolvenzgrund aber für Herrn Götz wie gesagt nicht relevant. Das kann nun entweder sehr Gutes oder sehr Schlechtes bedeuten: Herr Götz kann aktuell zahlungsunfähig sein, obwohl die aktuelle Bilanzsituation keine Überschuldung aufweist. Dann würde es sich nur um einen temporären Zustand handeln, der zB durch die Zahlung eines Abkäufers oder die Lieferung einer Druckerei voraussichtlich von selbst beseitigt werden würde. Davon gehe ich aber nach der Pressemitteilung nicht aus, da dort vermutet wird, die Verlage würden am jahresende nicht mehr wie derzeit bestehen. Deshalb ist die schlechte Variante nicht unwahrscheinlich: Die wirtschaftliche Situation von Herrn Götz ist so schlecht und seine Schulden sind so hoch, dass er keine weiteren Kredite zur Erhaltung der aktuellen Zahlungsunfähigkeit mehr erhalten konnte. Oder er hätte zwar können, aber wollte sich keine weiteren Kredite holen? Aber warum wollte er dann nicht?
2. Der Vorgang zwingt uns außerdem mMn dazu, neu über die Kritik an Ulisses nachzudenken.Dieses Unternehmen und sein Geschäftsführer-Gesellschafter Markus Plötz sind ja durchaus als Heuschrecke des deutschen Rollenspielmarkts dargestellt worden. Aber Ulisses schreibt nach allem, was wir wissen, schwarze Zahlen (hatte sich nicht jemand vor Jahren mal an einer Bilanzanalyse versucht - als Jurist geht das über meine Fähigkeiten hinaus)? Wenn das so ist, erfüllt Ulisses seine Verantwortung gegenüber Angestellten und Mitarbeitern weitaus besser als Uhrwerk!
Zugestanden wird, dass dabei auch solche Zumutungen wie der Umzug in die Nähe von Waldems in der hessischen Provinz offenbar für viele Jobs im Unternehmen unabdingbar ist.
Vor einem knappen Jahrzehnt hatten wir uns darüber bereits unterhalten. Der Uhrwerk-Verlag hat indessen offenbar Büroräume in Köln. Den Unterschied der Gewerberaummietpreise können wir uns alle vorstellen.