Aventurische Sexualmoral, Herleitung aus Religion, Sozialisierung und irdischem Klischee (+ allgemeiner Diskurs)

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Sumaro
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Aventurische Sexualmoral, Herleitung aus Religion, Sozialisierung und irdischem Klischee (+ allgemeiner Diskurs)

Ungelesener Beitrag von Sumaro »

Herr der Welt hat geschrieben: 10.07.2018 20:32Hier wäre es interessant zu erfahren, worin sich "wie ein Mann gebärden" konkret äußert, was das Verhalten als männlich charakterisiert. Hier sind wir doch mitten im Bereich des sozialen Geschlechts, wonach Männer sich so und Frauen sich anders verhalten (sollen).
Kann jeder Nicht-käufer der Spielhilfe nachlesen, sieht man in dem Artikel zum Slutshaming, welcher von Ulisses als Leseprobe zum CF zugänglich gemacht wurde. Die Zuweisung männlich und weiblich wird dort selbst getroffen und nicht von mir vorgenommen.
Herr der Welt hat geschrieben: 10.07.2018 20:32Ein Rollentausch ist ein probates Mittel, um Stereotype sichtbar zu machen. Es geht aber um die Feinheiten. Einfach eine gestählte Kriegerin und einen hilfsbedürftigen Schönling gegenüberzustellen, ist sicher nicht der cleverste Einfall, aber konsequent dargestellt immerhin ein positiver Beitrag - im Gegensatz zu manchen Hollywoodfilmen, denen lediglich einfällt, den ursprünglich männlichen Cast bekannter Franchises durch einen weiblichen zu ersetzen, um diesen dann in reichlich Frauenklischees aufgehen zu lassen. Insofern ist DSA sicherlich weiter als manches Mainstream-Kulturprodukt.
Das sehe ich anders. Zeig mir mal aventurische Heldinnen, die nicht weibliche Klischees bedienen und die nicht ausgerechnet jetzt gerade Kaiserin sind. Abseits davon ist die Luft doch ziemlich dünn. Show don't tell ist eigentlich immer eine Prämisse und nur weil man im Regelwerk was von Gleichberechtigung schreibt und gleiche Werte vergibt (was irrelevant ist), bedeutet dies nicht, dass deswegen auch etwas für Gleichberechtigung getan wird. Schaut man sich WdV jetzt konkret an, denke ich, dass es mehr Schaden in Sachen Toleranz anrichtet, als es Nutzen bringt (zumal es ja einen erzieherischen Auftrag in sich selbst zu sehen scheint).

Man muss allerdings dabei sagen, dass DSA auch ein bestimmtes Weltbild bedient, welches schon lange nicht mehr hinterfragt wurde.

Zudem denke ich, dass sich wenig an einer Darstellung ändern muss, sondern viel mehr in der Akzeptanz eines jeden Verhaltens, gleichgültig mit welchem Stereotyp es verbunden wird und welchem Geschlecht man es zuordnet.

@Jadoran
Ja, sehe ich auch so, denke aber, dass man es bedeutend besser machen könnte, als einem die bunte Farbe noch ins Gesicht zu schmieren, während man gleichzeitig das Fundament weiter aufstemmt.

Ich denke einfach, dass eine Vielzahl von Änderungen und vor allem von oberflächlichen Änderungen in einem sozialen Gefüge problematisch sind, wenn sie ein Spielfeld erschaffen, auf dem die Akteure keinem bekannten Verhaltensmuster mehr folgen. Ich bin selbst voll dafür, dass man schwule Männer und lesbische Frauen und bisexuelle Eroberer jeden Geschlechts in Aventurien spielen kann und das es akzeptierter ist, als irdisch, weil es eben eine bestimmte Form der Sozialisierung nie gegeben hat. Inklusion ist ein toller und wichtiger Faktor, umso bedeutender ist es mMn, dass dies kein Feigenblatt ist und vor allem keine halbgare Angelegenheit, die man als "soziologische Erkenntnis" verpackt, aber letztlich nur ein Flickschild auf dem alten Mist ist.

Vielleicht ist es auch einfach nur meine Phase, nach einer sehr kritischen Auseinandersetzung mit den Regeln, jetzt auch den offiziellen Hintergrund Aventuriens maßgeblich und in seinen Grundfesten zu hinterfragen und dabei natürlich in den Bereichen die ich aufgrund von Vorkenntnissen bewerten kann (soziale Gefüge), während andere Dinge, die ebenso desaströs sind, aber mir nicht zugänglich (Geographie, Kriegsführung etc.) von mir nicht aktiv im Blick sind.

Und ja, vermutlich messe ich DSA an einem Maßstab, den es nicht halten kann (und auch nur vorgeblich will). Es scheint mir aber ein Punkt, an dem man für ein gemeinsames, besseres Spielerlebnis viel tun könnte.
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chizuranjida
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Ungelesener Beitrag von chizuranjida »

Sumaro hat geschrieben: 10.07.2018 18:18Um unsere eigene Sexualmoral und vor allem auch die historische Entwicklung zu begreifen, muss man sich unsere Religion und unsere Sozialisierung vor Augen führen.
Eigentlich eher unsere Evolutionsgeschichte seit homo afarensis von den Bäumen gestiegen ist, das Feuer gebändigt hat und so eine Aufgabenteilung in "Frau die Köchin" und "Mann der Jäger" in Gang setzen konnte, aber ich glaube nicht, dass das jetzt zielführend ist.
Schauen wir uns mal an, was Travia als Aspekte hat, dann geht es ihr vor allem um Treue und Heimat und Familie (allerdings ohne einen festen Bezugspunkt für Familie zu setzen). Woher also das traditionelle Leitbild? Schaue ich in die Historia Aventurica als Kenntnis der Aspekte, dann hat Travia rein gar nichts mit Sexualität zu tun.


In der DSA4-Götterbox stand unter Aspekten noch Treue, und unter Feindbildern Ehebruch und Prostitution.

Das beißt sich jetzt nicht zwingend so mit Rahja, dass man hin und her bekehren müsste. Traviagläubige, die ihre Ehe halten wollen, können sich ja gern miteinander im Rahjatempel vergnügen, und ich meine, das stünde so auch wo. Gegen Tanz und Wein ist auch eher wenig einzuwenden (auch wenn einige Extreme öffentliches Tanzen vielleicht zu sittenlos finden).

Mein letzter Stand (obige Box) ist, dass im dominierenden weil bevölkerungsreichen Mittelreich die Traviakirche vorherrscht, während die Rahjakirche eher ein Nischendasein fristet, außer in Almada (das aber ja kulturell zu Yaquirien/Horasreich gehört).

Im Tulamidenland dagegen ist Travia nahezu unbekannt, und im Horasreich gegenüber Rahja im Hintergrund.

Ich finde diese Vielfalt sehr schön und würde das auf keinen Fall aventurienweit glattbügeln wollen.

Ich gebe dir insofern recht, dass in stark rahjagläubigen Gegenden wie dem Horasreich das gesellschaftliche Auswirkungen haben könnte, weil man sich Gedanken darüber machen muss, welche Kinder erbberechtigt sein sollen. Eigentlich wäre es logisch, Frauen in der Erbfolge zu bevorzugen, weil beim Vererben des Bauernhofs von Oma auf Tochter auf Enkelin klar ist, dass der Hof in der Familie bleibt, egal mit wem sie es wo getrieben hat. (Was ja der Hintersinn in irdischen Gesellschaften ist, wo der Vater auf den Sohn vererbt, warum die eingeheiratete Frau ihrem Mann treu sein muss.)
Allerdings gibt's in Aventurien, anders als in der irdischen Geschichte, mit dem Kraut Rahjalieb ein Verhütungsmittel. Also alles halb so wild.
Frauen gebären Kinder, sie haben daher zum Arterhalt einen höheren Stellenwert.


Guckstu Afghanistan. Krieg? Reichlich. Erste Maßnahme der Taliban: Medizinische Versorgung von Frauen und Mädchen strikt verbieten.
Soviel zur Logik.
Es gibt endlos Beispiele von der Erde. Nahrungstabus von Neuguineern, nach denen Frauen kein Fleisch essen dürfen, finde ich zB auch sehr schön. Es gibt auch Kulturen, wo es vorgeschrieben ist, dass die Frau allein und ohne Hilfe gebären muss.
Menschen haben offenbar mitunter andere Prioritäten.
Schaue ich mir das Frauenbild in WdV an, ist dieses nicht gleichberechtigt. Es ist maskulin gestaltet. Eine Frau, die sich in ihrer Eroberung wie ein Mann gebärdet wird akzeptiert, so wie ein Kerl eben auch. Das ist aber doch gar nicht das wo man eigentlich hin will mit dem Argument der Gleichberechtigung.
Nicht?
Beispiel Prosititution. In Aventurien etwas gutes. Huren sind anerkannte Leute.


Das ist mir jetzt tatsächlich neu und wäre vielleicht erst seit WdV so - und dann fragt sich, ob wirklich überall. Wenn du's sagst.
Die aventurische Sexualmoral und ihre hanebüchene Ableitung aus der aventurischen Religion, die gleichermaßen so etwas aus aventurischer Historie nicht hergibt, ist vielleicht in der Tat nur die Spitze eines Eisberges, aber die sieht man ja nun mal bekanntlich zuerst.
Religion: Wenn Travia das so sieht, das kann Travia das so setzen. Wenn Travia-KirchenfürstInnen vor Jahrhunderten das so gesetzt haben, auch.

Man muss dabei auch bedenken, dass es mehrere Frühgeschichten Aventuriens gibt. Bosparaner, Thorwaler, Nivesen, Tulamiden, Waldmenschen und Utulus haben nicht den geringsten Grund, alle die gleiche tradierte Moral zu haben.
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Ungelesener Beitrag von Herr der Welt »

Sumaro hat geschrieben: 10.07.2018 23:58Kann jeder Nicht-käufer der Spielhilfe nachlesen, sieht man in dem Artikel zum Slutshaming, welcher von Ulisses als Leseprobe zum CF zugänglich gemacht wurde. Die Zuweisung männlich und weiblich wird dort selbst getroffen und nicht von mir vorgenommen.
Die Leseprobe leidet ein wenig darunter, dass das, was angeblich als "klassische Anbahnung" (insbesondere im Bereich "Flirten und Anbändeln") gelte, eher wie eine Rückschau auf die 50er Jahre wirkt, aber zur Veranschaulichung kann das genügen. Des Weiteren umreißt - der nächste Abschnitt ("Beschämen und Beglückwünschen") - mit "slut shaming" ein bestehendes irdisches Problem des Geschlechterverhältnisses. Dabei geht es darum, dass nicht mit zweierlei Maß gemessen wird, dass es eine nicht nach Geschlechtern diskriminierende Wertung der gleichen Situation gibt. Und das macht der Abschnitt als Forderung deutlich. Betrachtet man, welche enorme Bedeutung solche Rollenvorstellungen etwa in der Adoleszenz haben, dann würde ich schon sagen, dass ein solches Bild ein anstrebenswertes Ideal, jedenfalls eine Verbesserung zu unserer aktuellen gesellschaftlichen Situation darstellt.
Die Art der Anerkennung ist nebensächlich. Und dazu heißt es auch nur, "dass eine Frau selbstbewusst mit ihren erotischen Abenteuern prahlt und dafür von ihren Mitstreiterinnen wie Kameraden gleichermaßen anerkennende Blicke und Schulterklopfen erntet." Dies zu lesen als "wie ein Mann gebärden", hieße genau jenes angesprochene Problem reproduzieren, nach dem nur Männer mit Liebeseroberungen angeben dürfen, Frauen sich aber anders (nicht "männlich") gebärden müssten.
Sumaro hat geschrieben: 10.07.2018 23:58Das sehe ich anders. Zeig mir mal aventurische Heldinnen, die nicht weibliche Klischees bedienen und die nicht ausgerechnet jetzt gerade Kaiserin sind. Abseits davon ist die Luft doch ziemlich dünn. Show don't tell ist eigentlich immer eine Prämisse und nur weil man im Regelwerk was von Gleichberechtigung schreibt und gleiche Werte vergibt (was irrelevant ist), bedeutet dies nicht, dass deswegen auch etwas für Gleichberechtigung getan wird. Schaut man sich WdV jetzt konkret an, denke ich, dass es mehr Schaden in Sachen Toleranz anrichtet, als es Nutzen bringt (zumal es ja einen erzieherischen Auftrag in sich selbst zu sehen scheint).
Prinzipiell stimme ich zu, dass es wünschenswert wäre, die gesetzten Hintergründe auch in Abenteuern o.a Spielhilfen wiedererkennen zu können. Man müsste dafür sicherlich sozusagen eine Korpusanalyse durchführen, um festzustellen, wie es mit der Umsetzung aussieht; so können wir nur gefühlsmäßig beurteilen - und je nach Selbst- und Weltverständnis fallen u.U. gerade jene Brüche mit dem gesetzten Geschlechterverhältnis auf und bleiben in Erinnerung. Ungenutztes Potential gibt es gewiss. Das meiste, was die Kohärenz zwischen allgemeiner Beschreibung (in der Spielhilfe) und exemplarischer Behandlung (im Abenteuer) bricht, dürfte aus dem Unbewussten des Autors heraus geschehen, der eben zuerst einen interessanten Plot, dann die Regelumsetzung, schließlich zig andere Faktoren der Hintergrundpassung berücksichtigt, gerade die der Geschlechterverhältnisse aber möglicherweise nicht bzw. nicht losgelöst von den eigenen irdischen Vorstellungen und Erfahrungen.

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Ungelesener Beitrag von Benutzer 20704 gelöscht »

Oh die italienische Fantaghiro, da war aber auch nur Stafel 1 und 2 gut der Rest ein dickes NAJA. Der erfahrene Ritter war übrigens die gute Fee.

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Ungelesener Beitrag von Benutzer 19802 gelöscht »

Jasper Stoßenheimer hat geschrieben: 11.07.2018 15:38Der erfahrene Ritter war übrigens die gute Fee.
Ich weiß aber ich wollte ursprünglich nicht spoilern dass die Fee eine Gestaltwandlerin ist. ;)

Und ich fand eigentlich alle Staffeln bis auf die letzten beiden sehr gut.

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Sumaro
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Ungelesener Beitrag von Sumaro »

chizuranjida hat geschrieben: 11.07.2018 01:00 In der DSA4-Götterbox stand unter Aspekten noch Treue, und unter Feindbildern Ehebruch und Prostitution.
Das beschreibt den Kult, weniger die Gottheit und Ehebruch wäre eben gleichzusetzen mit Untreue, dann würde es Sinn ergeben.
chizuranjida hat geschrieben: 11.07.2018 01:00Menschen haben offenbar mitunter andere Prioritäten.
Ich spreche hier vom aventurischen Menschen, der bei der Frau immer einen Vorzug gegenüber dem Mann sehen muss. Sie kann Kinder bekommen. In einer Welt, in der Religion und Sozialisierung und Biologie keine Benachteiligung in irgendeiner Hinsicht bieten, ist eben fraglich, wie sich ein Bild wie irdisch herausarbeiten sollte.
Herr der Welt hat geschrieben: 11.07.2018 09:14 Dies zu lesen als "wie ein Mann gebärden", hieße genau jenes angesprochene Problem reproduzieren, nach dem nur Männer mit Liebeseroberungen angeben dürfen, Frauen sich aber anders (nicht "männlich") gebärden müssten.
Das ist eine mögliche Interpretation, aber meine Intention ist an dieser Stelle eine andere. Zunächst einmal bedient man sich eines männlichen Klischees, welches man eben auf weiblich reproduziert (fraglich wie viele Frauen sich dadurch repräsentiert fühlen), denn das es männlich vorbelegt ist, ist vermutlich unstrittig. Durch diese Reproduktion eines Klischees, schiebt man eben ein maskulines Verhaltensbild in die Reichweite weiblicher Verhaltensbilder ohne allerdings dabei für eine größere Akzeptanz zu sorgen, bzw. Alternativen zu bieten. Ich finde das Beispiel ist sogar ausgesprochen schlecht gewählt, um deutlich zu machen, dass es dieses einseitige Gefälle nicht gibt (später wird deutlich, es gibt es in weiten Teilen Aventuriens doch, sogar extremer).

Dazu muss man bedenken, Aventurien hat konkrete Vorstellungen von Weiblichkeit und Männlichkeit, es gibt Götter, die exakt diese Aspekte repräsentieren und da finden sich beachtlich viele Stereotypen (und auch schlicht soziale Gewissheiten), die man ihnen zuschreibt (Levthan/Brazoragh und Satuaria). Man sieht also schon eine gewisse Widersprüchlichkeit. Zudem muss man sich natürlich fragen, inwieweit man überhaupt die Gesellschaft Aventuriens begreifen kann, wenn man sie konsequent zuende denkt.

Ich finde schon alleine die Möglichkeit der beständigen und auch wiederholten Geschlechterwechselung so unfassbar weitreichend als Option, dass ich denken würde, hier ist richtig viel sozialer Effekt dahinter, der eine Gesellschaft (bei einer Verfügbarkeit über Jahrhunderte hinweg) unglaublich geprägt haben müsste.
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Ungelesener Beitrag von Satinavian »

Sumaro hat geschrieben: 11.07.2018 18:26Das ist eine mögliche Interpretation, aber meine Intention ist an dieser Stelle eine andere. Zunächst einmal bedient man sich eines männlichen Klischees, welches man eben auf weiblich reproduziert (fraglich wie viele Frauen sich dadurch repräsentiert fühlen), denn das es männlich vorbelegt ist, ist vermutlich unstrittig.
Ja, irdisch ist es ein männliches Klischee. Diese Zuordnung wird allerdings sehr häufig in Frage gestellt, da sich doch arg viele Männer hier gar nicht wiederfinden, aber ziemlich viele Frauen schon (zumindest als aktiver Eroberer. Mit Eroberungen groß zu prahlen scheint generell für beide Geschlechter nicht mehr akzeptabel zu sein).

Wenn dieses Verhalten aventurisch nicht als männlich belegt ist, ist das gut so.
Dazu muss man bedenken, Aventurien hat konkrete Vorstellungen von Weiblichkeit und Männlichkeit, es gibt Götter, die exakt diese Aspekte repräsentieren und da finden sich beachtlich viele Stereotypen (und auch schlicht soziale Gewissheiten), die man ihnen zuschreibt (Levthan/Brazoragh und Satuaria). Man sieht also schon eine gewisse Widersprüchlichkeit. Zudem muss man sich natürlich fragen, inwieweit man überhaupt die Gesellschaft Aventuriens begreifen kann, wenn man sie konsequent zuende denkt.
Diese Götter stehen aber für komplett verschiedene Geschlechterklischees, je, nachdem, wo und wie sie verehrt werden. Bei Satuaria reicht es von Oberhöhung uneingeschränkter Gefühle und deren hemmungslosem Ausleben bei den Hexen bis hin zu der kalten Logik der Anhänger auf Era Sumu, die sogar sexuale Leidenschaften so stark vernunftsteuern, dass sie nach Bene-Gesserit-Inspiration Zuchtlinien betreiben und wo Männer das gefühlsgesteuerte Geschlecht sind. Dazu kommen noch die nichtmenschlichen Varianten wie bei den Achaz.

Während also Männlichkeit/Weiblichkeit göttliche Attribute sind und damit absolut, scheinen die dazugehörigen Geschlechterrollen nur jene der jeweiligen Verehrergruppe wiederzuspiegeln.

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Ungelesener Beitrag von Sumaro »

Satinavian hat geschrieben: 11.07.2018 18:38 Während also Männlichkeit/Weiblichkeit göttliche Attribute sind und damit absolut, scheinen die dazugehörigen Geschlechterrollen nur jene der jeweiligen Verehrergruppe wiederzuspiegeln.
Womit man allerdings eine Unterscheidung hätte und auch eine Zuschreibung von Rollen und Verhaltensweisen.
Und keine Gleichbehandlung.
Satinavian hat geschrieben: 11.07.2018 18:38 Wenn dieses Verhalten aventurisch nicht als männlich belegt ist, ist das gut so.
Wenn dieses Verhalten (prahlen mit den Kerben in seinem Bettpfosten) überhaupt nicht positiv belegt wäre, wäre das auch kein Verlust. Es geht aber darum, ob es etwas für weibliche Gleichberechtigung tut und wenn ja auf welchem Weg. Es nimmt einen Stereotypen und projiziert "maskulines" Verhalten auf eine Frau. Das macht man übrigens so ziemlich durchgehend, als Stilmittel. Dabei ist fraglich ob das irdisch z.B. irgendwas für Gleichberechtigung tut. Eine Akzeptanz des Individuums wäre, mMn, der Königsweg, aber natürlich wäre man dann mit einem Satz beim Ende des Weges angekommen.^^ Und das lässt sich nicht gut verkaufen.
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Ungelesener Beitrag von Herr der Welt »

Sumaro hat geschrieben: 11.07.2018 18:26Das ist eine mögliche Interpretation, aber meine Intention ist an dieser Stelle eine andere. Zunächst einmal bedient man sich eines männlichen Klischees, welches man eben auf weiblich reproduziert (fraglich wie viele Frauen sich dadurch repräsentiert fühlen), denn das es männlich vorbelegt ist, ist vermutlich unstrittig.
Unstrittig ist, dass es in einer bestimmten Denkweise männlich vorbelegt ist, aber sicher nicht generell - und gerade zum Durchbrechen dieser Denkweise hilft das Beispiel.
Der zugrundeliegende Topos ist der der Frau als Heilige oder Hure, der kulturgeschichtlich weit zurückreicht. Slut Shaming und das Prahlen mit sexueller Eroberung sind zwei Seiten derselben Medaille und entspringen einer gesellschaftlichen Denkweise, die das Verhalten als Norm Geschlechtern zuordnet: Männliche Promiskuität und weibliche Enthaltsamkeit werden gleichermaßen gelobt - und bedingen sich auch, denn wo es keine enthaltsame Widerständigkeit gibt, bleibt nichts zu erobern.
Eine Auflösung kann nur darin bestehen, beide Verhaltensweisen von ihrer geschlechtsspezifischen Imprägnierung zu befreien: Prahlerei sexueller Eroberungen sind nicht a priori männlich, sondern werden es erst in einem Mythos von Männlichkeit, dem gleichen Mythos, in dem Enthaltsamkeit zur weiblichen Tugend erklärt wird.
In einer Welt, in der Frauen mit ihren sexuellen Eroberungen bedenkenlos prahlen können, gibt es diesen Mythos nicht. Darin eine männliche Rolle zu sehen, heißt aus dem Mythos heraus betrachten.

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Ungelesener Beitrag von Sumaro »

Herr der Welt hat geschrieben: 11.07.2018 19:09 In einer Welt, in der Frauen mit ihren sexuellen Eroberungen bedenkenlos prahlen können, gibt es diesen Mythos nicht. Darin eine männliche Rolle zu sehen, heißt aus dem Mythos heraus betrachten.
Die männliche Rolle ist nicht die Betrachtung aus der Brille des SC sondern die des Spielers, man schreibt den Frauen in irdisch männliches Klischee zu, um damit zu zeigen, dass sie gleichberechtigt sind. Das Beispiel ist dadurch schon schlecht gewählt, da es keinerlei Bezug nimmt auf weniger promiskuitive weibliche Darstellung bzw. gleichberechtigte Darstellung.

Ich sehe eben die Reproduktion eines Klischees, welches eine bestimmte Verhaltensweise umdeuten möchte (nämlich zu einer allgemeinen Verhaltensweise macht). Dies empfinde ich, durch den Hintergrund der Verhaltensweise, als keine glückliche oder unterstützenswerte Setzung.
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chizuranjida
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Sumaro hat geschrieben: 11.07.2018 18:26 chizuranjida hat geschrieben: ↑
11.07.2018 01:00
In der DSA4-Götterbox stand unter Aspekten noch Treue, und unter Feindbildern Ehebruch und Prostitution.

Das beschreibt den Kult, weniger die Gottheit und Ehebruch wäre eben gleichzusetzen mit Untreue, dann würde es Sinn ergeben.
Ehebruch ist Untreue. Was denn sonst? Meine Güte. Travia ist unter anderem Göttin der Ehe und ehelichen Treue. Die Traviakirche insgesamt lehnt sogar Vielehen wie die norbardische Sippenehe oder die tualmidischen Harems ab, selbst wenn innerhalb dieser die mehr als zwei einander angetrauten Leute insofern treu sind. Travianische Ehe heißt: Eine Frau, ein Mann, einander treu. Und auch nix mit gleichgeschlechtlicher Partnerschaft.
Da braucht es auch keine gesellschaftliche Entwicklung für und keinen sonstigen Grund. Wenn Travia oder irgendwelche Kirchenfürsten der Vergangenheit das mal so festgelegt hat/haben, reicht das.

Wenn man nicht vor Travia heiratet, sondern vor Rahja, Tsa oder meinetwegen Levthan, kann man das natürlich anders sehen und vereinbaren, dass beide Eheleute es wild treiben können mit wem auch immer sie möchten. (In einer vor Praios oder Angrosch geschlossenen Ehe wird so ein Passus vielelicht auch eher selten im Vertrag stehen.)

Darum heiraten ja die ganzen Tulamiden, die gern mehrere Frauen wollen (und deren Sklavinnen noch dazu) nicht travianisch, sondern vor Rahja oder Tsa.

Woher hast du bloß diese Idee, so ziemlich alle Aventurier würden frei und unbefangen mit wem auch immer jederzeit ins Bett hüpfen? Du behauptest einfach immer, das wäre so, aber dass das so wäre, das ist mir neu.
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chizuranjida hat geschrieben: 11.07.2018 19:28Travianische Ehe heißt: Eine Frau, ein Mann, einander treu. Und auch nix mit gleichgeschlechtlicher Partnerschaft.
Das sehe ich anders. So etwas muss sich herleiten lassen, denn nur weil ein Vorgänger was gesagt hat, muss das nicht für immer gelten. Schaue man sich die Rondrakirche an, die springt in ihrer Glaubensauslegung wie ein Flummi durch die Jahrzehnte. Krieger, Heldenkrieger, Helden, keine Krieger.

Und eben für das Rollenbild gibt es keine Grundlage. Bei einer Toleranz gegenüber anderen Sexualitäten (wie in WdV beschrieben), bei einer Gleichberechtigung verschiedener Geschlechter und Lebensstile, ist so ein seltsamer Ansatz wie "Ne, eure Hochzeit segne ich nicht, weil Travia" nur solange tragbar, bis ein Priester sie liturgisch vollwirksam segnet und dennoch weiter Wunder wirken kann (weil Travia dann offenbar egal, wer wen heiratet, solange nur treu).

Und Treue würde ich als Aspekt auch sehen, verbindlich, aber Treue =/Ehe.
chizuranjida hat geschrieben: 11.07.2018 19:28 Woher hast du bloß diese Idee, so ziemlich alle Aventurier würden frei und unbefangen mit wem auch immer jederzeit ins Bett hüpfen? Du behauptest einfach immer, das wäre so, aber dass das so wäre, das ist mir neu.
Wege der Vereinigung. :) Überspitzt formuliert.
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Sumaro hat geschrieben: 11.07.2018 19:25Die männliche Rolle ist nicht die Betrachtung aus der Brille des SC sondern die des Spielers, man schreibt den Frauen in irdisch männliches Klischee zu, um damit zu zeigen, dass sie gleichberechtigt sind.
Es geht nicht um Spieler-/SC-Perspektive. Es ist bereits Mythos, ein solches Verhalten als männlich zu deklarieren.

Das WdV-Beispiel zeigt, dass das Phänomen Prahlerei von Promiskuität in Aventurien geschlechtsunspezifisch bewertet wird. In der Geschlechterfrage geht es nur darum, denn Ausgangspunkt war dieses Zitat:
Sumaro hat geschrieben: 10.07.2018 18:18Schaue ich mir das Frauenbild in WdV an, ist dieses nicht gleichberechtigt. Es ist maskulin gestaltet. Eine Frau, die sich in ihrer Eroberung wie ein Mann gebärdet wird akzeptiert, so wie ein Kerl eben auch.
Gleichberechtigung ist dann erreicht, wenn jegliches Verhalten gleichermaßen (in-)akzeptabel ist bei Mann und Frau, egal, ob dieses Verhalten irdisch üblicherweise als männlich oder weiblich diskriminiert wird.
Die Frage, wie Promiskuität bewertet werden sollte, ist damit freilich nicht beantwortet (und darum ging es in dem WdV-Abschnitt auch nicht), geht (wenngleich ohne Zweifel interessant) aber auch in eine andere (nicht geschlechtsdiskriminierende) Richtung.

Dazu vielleicht ein schlechter Witz aus den 90er:
Ein Bauer landet mit Cindy Crawford auf einer einsamen Insel. Nach einer Weile kommt es, wie es kommen musste - und sie fragt ihn, wie es war. Er meint großartig, doch habe er noch eine Bitte: Sie solle sich wie sein bester Freund kleiden, sogar einen Schnurbart anmalen. Irritiert aber neugierig geht sie der Bitte nach. Da kommt er auf sie zu, verpasst ihr einen Stoß in die Seite und sagt: "Weiß du was? Ich hatte Sex mit Cindy Crawford!"
Der Witz funktioniert in Aventurien auch mit männlichem Schönling und Piratenbraut. Sexuelle Angeberei wird dabei aber nicht anders bewertet.

Benutzer 19802 gelöscht

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Sumaro hat geschrieben: 11.07.2018 19:41"Ne, eure Hochzeit segne ich nicht, weil Travia" nur solange tragbar, bis ein Priester sie liturgisch vollwirksam segnet und dennoch weiter Wunder wirken kann (weil Travia dann offenbar egal, wer wen heiratet, solange nur treu).
Es gibt aber in vielen aventurischen Kirchen bestimmte Strömungen welche das Gedankengut von anderen Strömungen streng genommen widerlegen aber innerhalb der Spielwelt diejenigen deren Strömung sie widerlegen trotzdem keine Sekunde daran zweifeln lassen das sie angeblich diejenigen sind die Recht haben und alle anderen sich falsch verhalten.

Ein gutes Beispiel ist die Strömung der Prinzipisten innerhalb der Praios-Kirche welcher im Horasreich sogar die Mehrheit der Praios-Geweihten angehört. Sie sind insgesamt sehr tolerant gegenüber Magie, solange sie nicht dazu verwendet wird um anderen körperliches oder seelisches Leid zuzufügen.

Sie erhalten von Praios ganz normal und zuverlässig die Fähigkeit Liturgien zu wirken, was das Gedankengut und die Behauptungen der Traditionalisten eigentlich widerlegen müsste aber trotzdem verringert diese Tatsache den Einfluss der Traditionalisten im Mittelreich kein bisschen was eigentlich unlogisch ist.

Praios hasst keine Zauberwirker, genau so wie Travia keine Homosexuellen hasst, es sind nur ihre selbst ernannten Stellvertreter die das behaupten.

Genau genommen entspricht die Auslegung von Praios Willen wie ihn die Prinzipisten predigen und praktizieren sogar dem ursprünglichen Praios-Glauben zur Zeit des bosparanischen Reiches.

So ähnlich sieht es auch bei der Travia-Kirche aus.

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Sumaro
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Herr der Welt hat geschrieben: 11.07.2018 20:21 Es ist bereits Mythos, ein solches Verhalten als männlich zu deklarieren.
Wenn du das so für dich mit Gewissheit sagen kannst, dann freut mich das. Ich wäre mir nicht sicher, welche Ursache genau solches Verhalten hat und wieso es einem Geschlecht zugewiesen wird. Und exakt diese Zuweisung ist es auch, die ich problematisch finde, als Überträger eines beispielhaften Verhaltens, durch das eine Frau gleichberechtigt erscheinen soll.
Herr der Welt hat geschrieben: 11.07.2018 20:21Gleichberechtigung ist dann erreicht, wenn jegliches Verhalten gleichermaßen (in-)akzeptabel ist bei Mann und Frau, egal, ob dieses Verhalten irdisch üblicherweise als männlich oder weiblich diskriminiert wird.
Das erscheint mir auch nur eine mögliche Definition zu sein. Demnach wäre Gleichmacherei (also Frauen sind so wie Männer mit Brüsten, Männer wie Frauen mit Penissen) die höchste Form der Gleichberechtigung. Ich sehe aber in Gleichmacherei keine Gleichberechtigung. Zumal du gleichzeitig mit den Begriffen Männlichkeit und Weiblichkeit Diskriminierung in einen Topf wirfst. Daher kann ich mich auch nicht hinter dieses Argument stellen. Ob und inwieweit Verhaltensweisen männlich oder weiblich belegt sind (und vertreten sind) sollte gleichgültig sein, das Problem ist die Wertung hinter dem Geschlecht, nicht die Feststellung von Unterschieden.
Märzhäsin hat geschrieben: 11.07.2018 20:22 Ein gutes Beispiel ist die Strömung der Prinzipisten innerhalb der Praios-Kirche welcher im Horasreich sogar die Mehrheit der Praios-Geweihten angehört. Sie sind insgesamt sehr tolerant gegenüber Magie, solange sie nicht dazu verwendet wird um anderen körperliches oder seelisches Leid zuzufügen.
Bei Praios liegt die Sache deutlich anders. Bei einer Gottheit der Ordnung, kann man durchaus davon ausgehen, dass sie etwas gegen eine Macht hat, die aus der Ordnung herausgelöst wurde und mit großem Chaos (und einer generellen Schwächung der Weltenschöpfung) den Sterblichen zugänglich gemacht wurde. Hier ist es gar nicht unplausibel, dass Magie als freie Wirkmacht durch die Sterblichen ablehnend betrachtet und die Priesterschaft mit ihrer Eindämmung bedacht wird. Denn es geht nicht um Intention, es geht darum, dass freie Magie widernatürlich ist und gegen die festgeschriebene Ordnung.

Es gibt abseits davon nicht so viele Strömungen, die derart unterschiedlich sind, dass man daher einen Bruch des Glaubens haben müsste. Allerdings ist es richtig, dass an vielen Stellen auch hier das aventurische Geflecht und die soziale Interaktion von Sekten und Abspaltern von der Hauskirche kaum plausibel oder auch nur nachvollziehbar erscheint. Konsequenz, das bleibt festzuhalten, war niemals aventurisch eine Stärke.
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Sumaro hat geschrieben: 11.07.2018 20:45Das erscheint mir auch nur eine mögliche Definition zu sein. Demnach wäre Gleichmacherei (also Frauen sind so wie Männer mit Brüsten, Männer wie Frauen mit Penissen) die höchste Form der Gleichberechtigung.
Nein, das unterscheidet Mythos als Behauptung von Natur (eines natürlichen So-seins) von tatsächlichen natürlichen Gegebenheiten.
Es ist kein Mythos, dass Frauen und Männer unterschiedliche primäre Geschlechtsmerkmale haben. Es ist Mythos, dass Prahlerei über sexuelle Eroberungen (Subtext: naturgemäß) männlich ist ("so ist es eben"). Das ist eine wirkmächtige, sozial praktizierte Ansicht, wird dadurch aber nicht weniger mythisch. Hingegen wirkt es entmystifizierend, wenn man auf diese Zuordnung zeigt, sie umkehrt oder aufhebt.

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Ungelesener Beitrag von Sumaro »

Herr der Welt hat geschrieben: 11.07.2018 21:34Es ist kein Mythos, dass Frauen und Männer unterschiedliche primäre Geschlechtsmerkmale haben. Es ist Mythos, dass Prahlerei über sexuelle Eroberungen (Subtext: naturgemäß) männlich ist ("so ist es eben"). Das ist eine wirkmächtige, sozial praktizierte Ansicht, wird dadurch aber nicht weniger mythisch. Hingegen wirkt es entmystifizierend, wenn man auf diese Zuordnung zeigt, sie umkehrt oder aufhebt.
Mythos wäre es nur, wenn du soziale Realität als solche definierst. Denn im sozialen Kontext ist dieses Verhalten maskulin belegt. Was männlich und weiblich ist, im sozialen Kontext der Zuordnung, ist ja abhängig vom gesellschaftlichen Standard, bzw. der Sozialisierung (und in gewisserweise auch von anderen Faktoren, die ich eher der Biologie zuordnen würde, die zwar nicht ausschließlich aber vorhanden sind). Ich sehe aber deinen Punkt. Soziales Verhalten ist ein Mythos, weil er keine zwingende Grundlage hat und sich daher aus Werten und Normen herleitet, die wandelbar und nicht zwingend sind. Nach der Definition kann ich damit mitgehen, teile aber die Definition von Mythos nicht, da sie faktisch die gesamte Lebensrealität als solche deklarieren lässt - was trefflich möglich ist, den Begriff des Mythos aber entkleidet.

Dann stelle ich die Frage mal andersrum: Wenn du eine Möglichkeit hättest weibliche Gleichberechtigung in Aventurien zu demonstrieren, würdest du es als das beste Mittel betrachten, das Schulterklopfen der Damenwelt darzustellen, als ihre Freundin die maskuline Dorfmatratze flachgelegt hat? Ist das für dich ein Symbol der Gleichberechtigung, mit dem man genau den Gedanken bringt?

Abseits davon, dass Gleichberechtigung natürlich aventurisch nur postuliert, aber nicht wirklich vorhanden ist. Hier muss man sich ja fragen, ob vor allem tulamidische Frauen dümmer oder schwächer oder sonst wie aus der Art geschlagen sind, weil sie die einzigen Damen sind, die sich offenbar weitläufig in Harems pferchen und von ihrem männlichen Gegenüber unterdrücken lassen obwohl es keinerlei sinnvolles Gewaltmonopol gibt, welches diese Haltung ermöglicht oder rechtfertigt.
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Sumaro hat geschrieben: 11.07.2018 21:46 Dann stelle ich die Frage mal andersrum: Wenn du eine Möglichkeit hättest weibliche Gleichberechtigung in Aventurien zu demonstrieren, würdest du es als das beste Mittel betrachten, das Schulterklopfen der Damenwelt darzustellen, als ihre Freundin die maskuline Dorfmatratze flachgelegt hat? Ist das für dich ein Symbol der Gleichberechtigung, mit dem man genau den Gedanken bringt?
Ehrlich gesagt kenne ich solches Verhalten auch männlicherseits nur als Klischee aus den Medien und vermute, dem Großteil meines Umfeldes geht das ebenso. Wenig überrschenderweise gibt es dann keinerlei Prahlerei über sexuelle Eroberungen im Rollenspiel, egal, von welchem Geschlecht betrieben, weil das so weit jenseits unserer Lebenswirklichkeit ist.

Würde ich diese Verhaltensweise aber verwenden, würde ich sie in den gleichberechtigten Gebieten in der Tat von beiden Geschlechtern ausüben lassen.
Abseits davon, dass Gleichberechtigung natürlich aventurisch nur postuliert, aber nicht wirklich vorhanden ist. Hier muss man sich ja fragen, ob vor allem tulamidische Frauen dümmer oder schwächer oder sonst wie aus der Art geschlagen sind, weil sie die einzigen Damen sind, die sich offenbar weitläufig in Harems pferchen und von ihrem männlichen Gegenüber unterdrücken lassen obwohl es keinerlei sinnvolles Gewaltmonopol gibt, welches diese Haltung ermöglicht oder rechtfertigt.
Personlich nutze ich diese Differenzen gern, um Charaktere ihre eigene Kultur für wahnsiinig überlegen halten zu lassen. Damit das klappt, muss der Unterschied aber auch ständig betont werden, was also der Darstellung von Gleichberechtigung in gleichberechtigten Gebieten keinerlei Abbruch tut.

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Ungelesener Beitrag von Herr der Welt »

Sumaro hat geschrieben: 11.07.2018 21:46Soziales Verhalten ist ein Mythos, weil er keine zwingende Grundlage hat und sich daher aus Werten und Normen herleitet, die wandelbar und nicht zwingend sind.
Nein, "Mythen erheben einen Anspruch auf Geltung für die von ihnen behauptete Wahrheit" (Wikipedia), sie sind eine "Weise des Bedeutens" (R. Barthes: Mythen des Alltags, Paris 1957/Frankfurt a. M. 1964, S. 85), in der "‘Natur‘ und ‚Geschichte‘ ständig miteinander verwechselt werden", was zu "ideologische[m] Missbrauch" führt (ebd., S. 7). Soziales Verhalten ist kein Mythos, aber gewisse Annahmen, auf denen es fußt, sofern man als naturgemäß nimmt. Dem Begriff des Weiblichen etwa wird die Keuschheit zugeschrieben (bedeutet), nicht heute und nicht plötzlich. Es ist das Ergebnis eines geschichtlichen Prozesses. Wenn man sich das Vergegenwärtigt, dann erkennt man auch den Konstruktionscharakter. Wenn man es hingegen mit einem Naturzustand verwechselt, dann hält man es gleichsam für unabänderlich.

Wenn man also das Verhalten einer Frau, die mit sexuellen Eroberung prahlt, als ein männliches Verhalten beschreibt, dann konstruiert man das irdische Geschlechtsbild, das ja durch soziale Ungleichheit geprägt ist, mit. Wenn man hingegen sagen will, dass die Zuordnung gar nicht so sinnvoll ist, weil jeder - unabhängig von seinem Geschlecht - seine Sexualität und ihre Kommunikation leben will, wie er/sie lustig ist, dann sollte ein solches Verhalten nicht als dezidiert männlich charakterisiert werden, allenfalls als dem praktizierten Mythos von Männlichkeit folgend, den es gibt, da Menschen ein solches Verhalten als natürlich gegeben annehmen (selbst wenn man das selbst nicht tut). Somit zeigt man auf den Mythos. Die WdV-Stelle hat das in anderer Weise getan.
Sumaro hat geschrieben: 11.07.2018 21:46Dann stelle ich die Frage mal andersrum: Wenn du eine Möglichkeit hättest weibliche Gleichberechtigung in Aventurien zu demonstrieren, würdest du es als das beste Mittel betrachten, das Schulterklopfen der Damenwelt darzustellen, als ihre Freundin die maskuline Dorfmatratze flachgelegt hat? Ist das für dich ein Symbol der Gleichberechtigung, mit dem man genau den Gedanken bringt?
Zu beachten ist, dass der Abschnitt sich dem Thema Slut Shaming widmete. Insofern ist eine Darstellung, durch die vermittelt wird, dass es in der aventurischen Gesellschaft keine Ächtung aufgrund sexueller Verhaltensweisen von Frauen gibt, doch eine sehr gute Möglichkeit Alternativen zu zeigen. Anders und eleganter geht es immer irgendwie. Da sind wir aber eher bei Stilfragen.

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Ungelesener Beitrag von Gorbalad »

Satinavian hat geschrieben: 11.07.2018 22:09Wenig überrschenderweise gibt es dann keinerlei Prahlerei über sexuelle Eroberungen im Rollenspiel, egal, von welchem Geschlecht betrieben, weil das so weit jenseits unserer Lebenswirklichkeit ist.
Magie und Kämpfe auf Leben und Tod sind das bei meiner Lebenswirklichkeit auch, kommen aber beim Rollenspiel durchaus vor. :grübeln:
"Eigentlich wäre <X> sehr <Y>, nur man hat daraus nichts gemacht" ist glaube ich die Quintessenz von DSA.

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Sumaro
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Ungelesener Beitrag von Sumaro »

Herr der Welt hat geschrieben: 11.07.2018 22:18 Wenn man also das Verhalten einer Frau, die mit sexuellen Eroberung prahlt, als ein männliches Verhalten beschreibt, dann konstruiert man das irdische Geschlechtsbild, das ja durch soziale Ungleichheit geprägt ist, mit.
Ja, verkürzt gesagt habe ich das getan, genauer betrachtet war mein Argument allerdings, dass man ein auf Maskulinität geprägtes Klischee auf eine weibliche Person übertragen wurde, um ihr damit eben jene Verhaltensweise zu geben. Ich gehe deinen angewandten Begriff von Mythos so nicht mit. Ich denke, dass gerade in der Konstruktion sozialer Wirklichkeit und Realität, bestimmte Rollenerwartungen durch gesellschaftliche Zwänge wie auch Prägungen vorgenommen werden und Verhaltensweisen begünstigen oder sanktionieren, dadurch aber nicht zu einem Mythos werden. Der Ursprung, wenn man ihn auf monokausale Weise herleiten könnte, wäre vielleicht ein Mythos, die Lebensrealität allerdings nicht und auf eben jene beziehe ich mich.

Du siehst es als guten Weg Verhalten zu spiegeln, ich sehe es als wenig sinnvolle Reproduktion eines Vorurteils, welches in einem aventurischen Kontext nicht einmal Berechtigung hätte. Aber ich finde den Austausch darüber produktiv und glaube, dass ich vermutlich der Textstelle in der Tat zu viel Gewicht beigemessen habe, um daraus alleine eine eher abwertende Haltung gegenüber emanzipiertem Gedankengut abzuleiten. Da ich auch nicht vorhabe tiefer in die Einzeldefinition zu dem Buch zu gehen, da ich dazu gezwungen wäre mich wieder dezidiert damit zu befassen, belasse ich es dabei, dass es sehr wohl unterschiedliche Meinungen gibt und das Beispiel vom WdV als Leseprobe durchaus von vielen Spielern als eine begrüßenswerte Darstellung aventurischer Gleichberechtigung und geschlechtsunabhängiger Verhaltensweisen gesehen wird.
Satinavian hat geschrieben: 11.07.2018 22:09Damit das klappt, muss der Unterschied aber auch ständig betont werden, was also der Darstellung von Gleichberechtigung in gleichberechtigten Gebieten keinerlei Abbruch tut.
Ich mag Tautologien.^^
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Ungelesener Beitrag von chizuranjida »

Sumaro hat geschrieben: 11.07.2018 19:41
chizuranjida hat geschrieben: 11.07.2018 19:28Travianische Ehe heißt: Eine Frau, ein Mann, einander treu. Und auch nix mit gleichgeschlechtlicher Partnerschaft.
Das sehe ich anders. So etwas muss sich herleiten lassen,
Wieso muss sich herleiten lassen, wofür die Götter stehen oder was ihre Kirchen predigen? Wie leitest du denn Rahjas komische Kombination von Wein, Sex und Pferden her, oder dass die ständische Ordnung als praiosgefällig gilt, thorwalsche Wahl der Hetleute oder Ältestenrecht der Goblins hingegen nicht?
so ein seltsamer Ansatz wie "Ne, eure Hochzeit segne ich nicht, weil Travia" nur solange tragbar, bis ein Priester sie liturgisch vollwirksam segnet und dennoch weiter Wunder wirken kann (weil Travia dann offenbar egal, wer wen heiratet,
Herzlichen Glückwunsch! Du hast soeben dargelegt, warum es nur eine Boronkirche geben kann. Nun erkläre das bitte dem Raben von Punin, und eine von Patriarch Amir Honak handsignierte Amphore Boronwein ist dir sicher. Wohlsein!
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Ungelesener Beitrag von Sumaro »

chizuranjida hat geschrieben: 11.07.2018 23:38Wieso muss sich herleiten lassen, wofür die Götter stehen oder was ihre Kirchen predigen? Wie leitest du denn Rahjas komische Kombination von Wein, Sex und Pferden her, oder dass die ständische Ordnung als praiosgefällig gilt, thorwalsche Wahl der Hetleute oder Ältestenrecht der Goblins hingegen nicht?
Habe ich das hergeleitet?
Und irgendwie muss es schon plausibel oder zumindest nachvollziehbar sein, wie die Kirchen auf ihre Ideen kommen, wenn diese vom Bild der Gottheit und vom postulierten Gesellschaftsbild maßgeblich abweichen. Wenn also Travia für Treue steht und homosexuelle Beziehungen normal sind, wieso sollte dann die Traviakirche (bzw. die Traditionalisten) diesen den Segen verweigern? Warum gerade die Traditionalisten? Hat es irgendwann eine aufklärerische Bewegung gegeben unter Rohal?
chizuranjida hat geschrieben: 11.07.2018 23:38Herzlichen Glückwunsch! Du hast soeben dargelegt, warum es nur eine Boronkirche geben kann. Nun erkläre das bitte dem Raben von Punin, und eine von Patriarch Amir Honak handsignierte Amphore Boronwein ist dir sicher. Wohlsein!
Es gibt auch nur eine Boronkirche, bzw. eigentlich sogar nur eine Zwölfgötterkirche mit unterschiedlichen Kulten. Aber ja, der Konflikt ist, auf dem Niveau auf dem er stattfindet lachhaft (und wird auch nie bespielt bzw. ist eigentlich mehr so ne Ökumene geworden). Letztlich hat man sonst nur Kultregionale Unterschiede, die man, aufgrund des doppelt vergeben Patriarchen-Posten als "Kirchenkonflikt" stilisiert. Ist aber eigentlich Unsinn.
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Ungelesener Beitrag von chizuranjida »

Sumaro hat geschrieben: 11.07.2018 23:46
chizuranjida hat geschrieben: 11.07.2018 23:38Wieso muss sich herleiten lassen, wofür die Götter stehen oder was ihre Kirchen predigen? Wie leitest du denn Rahjas komische Kombination von Wein, Sex und Pferden her, oder dass die ständische Ordnung als praiosgefällig gilt, thorwalsche Wahl der Hetleute oder Ältestenrecht der Goblins hingegen nicht?
Habe ich das hergeleitet?
Nö, solltest du dann aber genauso verlangen, wenn Travia nachweisen muss, dass die Einehe zw Frau und Mann irgendwie Sinn macht.
Und irgendwie muss es schon plausibel oder zumindest nachvollziehbar sein, wie die Kirchen auf ihre Ideen kommen, wenn diese vom Bild der Gottheit und vom postulierten Gesellschaftsbild maßgeblich abweichen. Wenn also Travia für Treue steht und homosexuelle Beziehungen normal sind, wieso sollte dann die Traviakirche (bzw. die Traditionalisten) diesen den Segen verweigern?


Du behauptest einfach immer, homosexuelle Beziehungen seien normal und anerkannt. Es ist aber umgekehrt: Die Traviakirche prägt weite Teile der mittelaventurischen Gesellschaft, und die ist dagegen und segnet sowas nicht. Damit ist das definitiv überhaupt nicht anerkannt.
Es gibt (Stand DSA4-Götterbox) meines Wissens auch keine andere zwölfgöttliche Kirche, die gleichgeschlechtliche Ehen segnet. Während die polygamen tulamidischen Ehen Rahjas oder Tsas Segen kriegen können.
Allenfalls auf Maraskan sind gleichgeschlechtliche Ehen anerkannt und normal (in Karlis Romanen), wobei dort wenn ich mich recht erinnere die Ehe aber eine privatrechtliche Vereinbarung ohne priesterlichen Segen ist. Außerdem hat dort die Traviakirche definitiv nix zu sagen.

Es gibt gleichgeschlechtliche Beziehungen, vor allem unter hochgestellten Persönlichkeiten, die sich von niemandem was sagen lassen müssen. Beispiel Thesia von Ilmenstein mit ihrer Novadi-Geliebten. Aber selbst diese zu Rahja konvertierte nunmehrige Priesterin hat da keine Ehe draus gemacht (nicht machen können?). Selbst Amir Honak als Kirchenfürst hat seinen Irschan nicht geheiratet.

Gleichgeschlechtliche Beziehungen werden offenbar nirgends verfolgt, und es wird auch nicht massiv dagegen gepredigt. Zumindest nicht bei nachgeborenen Kindern, die zum Zeugen oder Empfangen von Hof-, Werkstatt- oder Baronie-Erben nicht zwingend gebraucht werden. Aber selbst in Gegenden, die mit Travia wenig am Hut haben, wie Al'anfa oder Tulamidenland, ist das nicht so offen als gleichwertig akzeptiert wie du immer wieder behauptest.

Ich finde es schön, wenn/falls Maraskan da eine Ausnahme macht. Von mir aus können auch sonst irgendwo gleichgeschlechtliche Ehen normal sein und von irgendwem gesegnet werden, mit oder ohne Treuegebot. Ist aber bisher meines Wissnes nicht so gewesen. Bist du sicher, dass du nicht in irgendwelche Beispiele, was es auch noch so gibt, eine Allgemeingültigkeit hineinliest, um einen Widerspruch aufzubauen?
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Ungelesener Beitrag von Sumaro »

chizuranjida hat geschrieben: 12.07.2018 01:05 Du behauptest einfach immer, homosexuelle Beziehungen seien normal und anerkannt.
Ich behaupte es nicht, so steht es im Wege der Vereinigung. ;)

Bei Maraskanern ist die Besonderheit, dass sie "genderfluid" sind und man Ärger bekommt, wenn man die Leute nicht mit ihrer richtigen Bezeichnung anspricht, weil im Kladj ja immer rumgetragen wird, ob der Alrikja heute Mann, Frau oder "Was-dazwischen" ist.
chizuranjida hat geschrieben: 12.07.2018 01:05
Nö, solltest du dann aber genauso verlangen, wenn Travia nachweisen muss, dass die Einehe zw Frau und Mann irgendwie Sinn macht.
Nicht Travia, sondern die Kirchen. Die müssen eben in einer relativ aufgeklärten Gesellschaft bestimmte Dinge rechtfertigen. Adel usw. kann man sogar noch erklären, weil auch die Götter so eine Hierarchie in Alveran haben.

Man muss dabei sagen, dass ich auch für mehr Diversität bin, aber ich sehe eben viele neue Setzungen, die nicht durchdacht sind.
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Ungelesener Beitrag von Judas »

Guten Morgen,

da es hier schon mehrfach angeklungen ist, die Traviakirche verbietet keine gleichgeschlechtlichen Verbindungen.

Dazu gibt es auch einen Passus im Traviavademecum, in dem der aventurische Autor ausdrücklich darauf hinweist, dass es solch ein Verbot durch die Erhabenheiten nicht gab oder gibt.

Der entsprechende Passus beinhaltet auch weitere Aussagen zur Haltung und dem Umgang der Kirche. Wie das Vademecum auch insgesamt als aventurische Quelle hilfreich ist, das ein oder andere einzuordnen, was hier als Fragen aufgeworfen wird.

Gruß
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Ungelesener Beitrag von Benutzer 20704 gelöscht »

Ja das Vademecum, ist da wesentlich umgänglicher mit verschiedenen Strömungen. In diesem Sinne auch das Rahja/Tsa Vademecum.

Anscheinend hat man diese Reihe genutzt um ein paar Dinge gerade zu rücken. Anschauliches beispiel ist hier der Drei Schwestern Orden aus Peraine/Travia und Tsa !!. Wenn man sich die Aufgabe dieses Ordens ansieht sollte man kaum den übliche Tsa Geweihten erwarten. Es gibt sie aber, so wie es auch wesentlich tolerantere Travia Geweihte gibt als auch ernste Rahja Geweihte. Nicht umsonst sind die besten Kurtisanen Schulen in Belhanka . Nicht Prostutition an sich ist geächtet sondern die Art und Weise der Ausübung.
Die Hafenhure erfüllt kaum die Rahjasche Vorstellung von Lust und Vergnügen zu beiderseitigem Spaß. Die Teschkaler Rittmeisterin hat wiederum mit dem ganzen Flitter, Flatter und Sandalentragenden Schwestern aus dem Süden kaum was am Hut.

Die Spannbereiten in den Kulten ist enorm, so das sich für jeden Geschmack der richtige Geweihte finden lässt.

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Ungelesener Beitrag von chizuranjida »

Judas hat geschrieben: 12.07.2018 07:52 da es hier schon mehrfach angeklungen ist, die Traviakirche verbietet keine gleichgeschlechtlichen Verbindungen.
Sie schließt aber auch keine gleichgeschlechtlichen Ehen, oder tut sie das inzwischen?
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Ungelesener Beitrag von Gorbalad »

WdV S. 36 hat geschrieben:In der Traviakirche ist die gleichgeschlechtliche Liebe ein Streitthema, aber es gibt dazu keine feste Kirchendoktrin. Einige Geweihte lehnen sie ab, weil daraus keine Kinder entspringen, diese aber von den Priestern als wesentliches Kriterium für die Familie angesehen werden. Andere Geweihte akzeptieren eine Partnerschaft unter Männern oder Frauen, solange sie ansonsten sittsam und treu sind.
[...]
Gleichgeschlechtliche Liebe und Argumente eines typischen Kirchenvertreters; Travia: Familie ist Familie und damit vor der Göttin in jeglicher Form heilig. Was die Familie auszeichnet, darüber kann man streiten.
WdV S. 63 hat geschrieben:Diese Tabelle gibt an, wie ein typischer Anhänger einer Kirche, eines Kultes oder einer Spezies zu sexuellen Handlungen steht. Einzelne Individuen können selbstverständlich davon abweichen und es ist nicht zwangsweise die Sicht der gesamten Kirche und schon gar nicht der Gottheit.
Da hat Travia bei "Außerehelicher Verkehr" und "Gleichgeschlechtlicher Verkehr" das "-" für "Ablehnung".
WdV S. 41 hat geschrieben:Ehen unter gleichgeschlechtlichen Paaren werden fast immer als Rahjabund geschlossen, schließlich ist Liebe das verbindende Element. Dagegen gibt es vor allem in der Travia-, aber auch in der Praioskirche unter den Traditionalisten, Vorbehalte, bisexuellen Paaren einen Segen zu erteilen.
[...]
Noch kritischer scheint die „Ehe zu dritt“, wenn jemand sowohl einen Mann als auch eine Frau liebt und mit beiden ein eheartiges Verhältnis pflegt. Dennoch gibt es keine Gesetzesgrundlage, die eine solche Form des Zusammenlebens untersagen würde,
[...]
Selbst der liturgische Traviabund soll von einigen Geweihten in der Version gewirkt werden können, an dem mehr als zwei Liebende miteinander vermählt werden können. In der Traviakirche gibt es ebenfalls kein einheitliches Dogma zu diesem Thema. Harte Traditionalisten sehen ausschließlich die Ehe zwischen Mann und Frau als göttinnengewollt, da nur aus ihr Kinder und damit Familie hervorgehen können. Allerdings pflegt die Mehrzahl der Traviageweihten eine ihren Gänslein zugewandte Haltung und vertritt die Auffassung, dass Familie überall dort sei, wo Menschen in Liebe und Treue zueinanderfinden und füreinander sorgen. Eine Ehesegnung wird dennoch ungern erteilt und lieber der örtlichen Rahja- oder, je nach Herkunft der Liebenden, einer anderen Geweihtenschaft überlassen.
Bei mehr als 2 Teilnehmern mit maximal 2 Geschlechtern (der Einfachheit halber gehe ich jetzt hier von nur 2 Geschlechtern aus...) ist zwangsläufig zumindest eine Konstellation gleichgeschlechtlich.
Allerdings könnte es auch sein, dass nicht alle Partner ein sexuelles Verhältnis zueinander haben, dann wäre man wieder bei einer Art Polyandrie/-gamie.
Andererseits entfällt bei mindestens einem Mann und einer Frau das Argument, dass es keine Kinder geben kann, auch wenn es in dieser Gruppe (auch) zu gleichgeschlechtlichem Sex kommt. Ein Heim schaffen und treu füreinander und die Kinder sorgen könnten durchaus ja auch mehrere Leute.
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Judas
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chizuranjida hat geschrieben: 12.07.2018 14:09
Judas hat geschrieben: 12.07.2018 07:52 da es hier schon mehrfach angeklungen ist, die Traviakirche verbietet keine gleichgeschlechtlichen Verbindungen.
Sie schließt aber auch keine gleichgeschlechtlichen Ehen, oder tut sie das inzwischen?
Das ist nicht die Regel. Kann es aber auch geben, wobei ich WdV nicht habe und es nur aufgrund des Vademecums und der bis dahin existierenden Quellen sagen kann.

Im Vademecum schreibt der aventurische Autor etwas dazu und empfiehlt in so einem Fall die Rücksprache mit anderen (angesehenen) Geweihten. Ausgeschlossen ist sie nicht. Ist aber auch in Aventurien m.E. Ohnehin eher die Ausnahme.

Wichtig, vor allem beim Adel im Mittelreich (ohne Almada), ist beim Traviabund die Treue hinsichtlich der Legitimation von Erben. Sprich eheliche Kinder können nicht gezeugt werden, da da biologisch nicht möglich ist. Hier befürwortet die Kirche aber Adoptionen. Dazu findet sich im Vademecum auch ein Passus.

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