ejurgal hat geschrieben: ↑13.01.2025 22:50
Ich kann einige deiner Argumente nachvollziehen, insbesondere der Wunsch, die Einstiegshürde herabzusetzen. Es ist natürlich doof, das Gefühl zu haben für das "volle Erlebnis" vergriffene Produkte zu horrenden Second-Hand-Preisen zu benötigen. Geht mir teilweise ebenso.
Dennoch finde ich, dass du unnötig polarisierst. Natürlich möchte ich keine Todesanzeigen und es geht mir auch nicht um Junker*in XY, der oder die mal in einer Randnotiz erwähnt wurde. Es nervt mich aber, wenn überhaupt nicht klar ist, was aus einst bedeutenden NSC, wie beispielsweise Dschelef ibn Jassafer oder Cuanu ui Bennain geworden ist... ob diese überhaupt noch leben (mit über 90 Jahren. Einfach weil wichtige NSC oder Fäden liegen gelassen wurden.
Der Tod der beiden wäre aus meiner Sicht eine Notiz im Boten wert... bestenfalls sogar mit einem kleinen Rückblick.
Ich möchte kurz klarstellen, dass ich gar keinen Grund dazu sehe, hier zu polarisieren und da aus meiner Sicht auch nicht mache.
Ich spitze gelegentlich Gedanken zu, um sie verständlicher zu machen, oder auch um verdeutlichen, was eine Idee in weitergedachter Konsequenz bedeutet. Und ich halte das in Diskussionen für ein sinnvolles und konstruktives Stilmittel, um sich gegenseitig zu verstehen und zu verständigen. Nicht um zu polarisieren.
Es ging mir darum, deutlich zu machen, dass wir in der Historie von DSA mit mittlerweile wirklich einer sehr großen Vielzahl an Personen zu tun haben. Wenn ich mir die drei blauen Akademie-Bände durchlese, dann stolpere ich an allen Ecken über Magier, die schon damals alt waren, und wo es durchaus eine interessante Randnotiz sein könnte, ob sie noch lehren und forschen oder mittlerweile gestorben sind. Als Mensch, als Spieler, der sich in Aventurien bewegt, fände ich das großartig. Ich fände eine ständige Fortschreibung des Metaplots in sämtlichen Regionen großartig, ich will jetzt und heute wissen, was gerade in Zorgan passiert oder in Angbar. Ich bin aber auch jemand, der im Alltag sehr viel Zeitung liest, ich will auch wissen, was gerade in Myanmar passiert oder in Irland. Der Unterschied ist halt: Es passieren aktuell real Dinge in Myanmar, und es gibt Journalisten, die das notieren können. Für Zorgan und Angbar müsste sich erstmal jemand ausdenken, was passiert, dann müsste er es niederschreiben, dann müsste es irgendwie produziert, gelayoutet und hergestellt werden und dann müsste es Leute geben, die das kaufen. Und diese Parameter sind nun einmal nicht gegeben, es gibt keine Ressourcen, Kapazitäten und keinen Markt für einen täglich erscheinenden Aventurischen Boten, sonst gäbe es ihn bestimmt.
Jetzt wirst du möglicherweise einwenden, dass ich wieder zuspitze, denn dir ging es ja nur um die "wichtigen Personen". Aber hier ist der Knackpunkt: Was für den einen oder anderen wichtig ist, ist sehr subjektiv. Dir wäre Fürst Cuanu wichtig, mir wäre vielleicht das Akademie-Kollegium von Brabak wichtiger.
Und hinter all dem steht immer noch die Frage, ob alle diese Figuren und ihre Schicksale tatsächlich einen sinnvollen, handhabbaren, verwendbaren Nutzen für die Spieler haben - oder ob es "nur" diejenigen befriedigt, welche diese Figuren vor 10 Jahren im Spiel erlebt haben und jetzt lesen wollen, wie es weitergeht. Ich glaube, es ist sehr viel wichtiger, sich darauf zu fokussieren, was man an spielbaren Erlebnissen erdenken und produzieren kann. Einer der Gründe, warum die Havena-Spielhilfe so viel gelobt wird: Weil dort an allen Ecken und Enden Plot-Hooks vorhanden sind. Für Plot-Hooks können sich alteingesessene Figuren eignen - manchmal sind sie aber auch eine Last, weil sie sich eben nicht so gut zum Spielen eignen, sondern, ähnlich wie Figuren in einer 10 Staffeln dauernden TV-Serie irgendwann einen unglaubwürdigen Wust an nicht mehr nachvollziehbaren Wendungen ansammeln und langweilig werden.
Das Ganze ist aber keine Schwarz-Weiß-Geschichte. Wir stehen ja nicht vor der Wahl, Figuren entweder zu ignorieren, oder erschöpfend zu behandeln. Und ich kann dir versichern, dass Autoren und Redaktion selbstverständlich sehr gerne bekannte Figuren aufgreifen. Aber ich bin eben auch der Überzeugung, dass die Welt zu groß, die Figuren zu vielfältig sind, als dass man tatsächlich alle ihre Schicksale konsequent verfolgen könnte. Ich glaube, das wirkt von außen einfacher, als es dann in der Umsetzung ist.
Übrigens hat sich Dschelef ibn Jafasser gerade jüngst zu Wort gemeldet, in der Sonderbeilage des Selemer Anzeigers zum Echsensümpfen-CF gab es ein kurzes Interview mit ihm über das Thema Bastrabuns Bann. Und ich kann an dieser Stelle anteasern, dass er einen Auftritt in der Anthologie "Vielfarbene Verderbnis" haben wird, im Abenteuer "Tor aller Pfade". Ich weiß das zufällig, weil ich ihn da reingeschrieben habe. Ich kann das aber auch hier sagen, weil das PDF bereits an die Vorbesteller verschickt wurde.
Das ändert aber nichts an der Tatsache, dass das eben nicht für jede der vielen Figuren funktioniert. Und nebenbei bemerkt einige Figuren schlichtweg aus rechtlichen Gründen nicht mehr verwendet werden dürfen.
ejurgal hat geschrieben: ↑13.01.2025 22:50
Eines möchte ich noch zu bedenken geben:
Das Argument, dass neue Kund*innen nicht das Gefühl haben sollen, dass ihnen Texte/Produkte fehlen und deshalb Verweise weggelassen werden, bedeutet im Umkehrschluss allerdings auch, dass man Kund*innen die schon viel Geld für DSA ausgegeben haben und es anscheinend auch weiterhin tun, sagt: "Deine teuer erstandenen Produkte sind jetzt übrigens weniger Wert, bzw. haben keine Relevanz mehr!"
Nein, das bedeutet es aus meiner Sicht nicht. Dass es keine Verweise auf nicht erhältliche Produkte gibt, bedeutet ja nicht, dass der Inhalt dieser Produkte nicht aufgegriffen werden kann. Ich kann dir versichern, dass Autoren, die sich um RSHs kümmern oder Abenteuer an Schauplatz XY stattfinden lassen, immer dazu recherchieren, was es da an Figuren, Historie und vorigen Ereignissen gibt. Das ist für viele Autoren auch Teil des Reizes und manchmal entstehen daraus auch total spannende Details und Plots. (Manchmal merkt man allerdings auch, was da in der Vergangenheit an Kraut & Rüben an einem Ort angesiedelt wurde.) Ich bin zum Beispiel als Mitautor der Wüstenreich-RSH im Nachgang von einem schon lange nicht mehr aktiven Autor angesprochen worden, der sich gewundert und gefreut hat, dass ich einen Gegenstand aus einer Kurzgeschichte von ihm aufgegriffen habe, die vor 20 Jahren entstanden ist.
Aber ich bleibe dabei, dass diese Dinge trotzdem begrenzt sind und begrenzt sein müssen. Es wurde in der Vergangenheit so viel publiziert, dass ansonsten jedes neue Abenteuer oder jede neue RSH eher lexikalische Abhandlungen wären - und dann würden sie keinen Spaß machen. Das heißt aber eben nicht, dass die alten Abenteuer dadurch an Wert verlieren. Entweder werden Details daraus aufgegriffen und weiter entwickelt, oder es wird zumindest bei den Neusetzungen darauf geachtet, dass sie anderen Dingen nicht komplett widersprechen und man kann sie als Besitzer dann trotzdem als Steinbruch für weitere Ideen nutzen. Tatsächlich ist eine komplett stringente fortlaufende Konsequenz manchmal auch schwierig. Weil dann irgend ein Autor einen Schauplatz vor 15 Jahren mal schnell brauchte für eine coole Abenteuer-Idee, die richtig schön geknallt hat, aber sich nie Gedanken gemacht hat (oder machen musste) wie man damit dann anschließend umgeht. Musste er auch nicht, ihm ging es ja nur um das aktuelle Abenteuer.
ejurgal hat geschrieben: ↑13.01.2025 22:50
Am Ende, so glaube ich, werden hier von beiden Seiten einige Dinge sehr hochgekocht. Ich glaube kaum, dass Kund*innen wegen zu geringer oder zu hoher Informationsdichte abwandern, wenn ihnen DSA ansonsten gut gefällt. Geht mir zumindest so...
Und es gibt auch eine Menge Leute die immer etwas zu meckern haben und trotzdem dabei bleiben.
Es geht aus meiner Sicht weniger darum, dass Menschen wütend das Abenteuer in die Ecke werfen und mit DSA aufhören, als um das schleichende Gefühl, dass Spieler sich unwohl und unter Druck gesetzt fühlen, wenn sie ständig damit konfrontiert werden, dass sie eigentlich noch andere Produkte kaufen müssten, die sie aber nur für Sammlerpreise bekommen. Das ist, so interpretiere ich das, eine Designentscheidung der Redaktion: Mit diesem Wespennest fangen wir gar nicht erst an.
Professionelle Produkte brauchen gewisse Richtlinien und Regeln und eine gewisse Konsistenz. Wenn in einem Produkt ganz viele Verweise stehen und im nächsten nicht, wirkt das unbefriedigend und erst recht verwirrend. Ich stimme dir aber zu, dass die Diskussion eventuell zu sehr Szenarien zwischen 1 und 20 abhandelt, aber zwischen Kritischer Erfolg und Kritischer Patzer eine etwas gelassenere Realität liegt, in der sehr viele Beteiligte eigentlich dasselbe wollen: Rollenspiel, das Spaß macht und eine lebendige Welt, die bereichert.