R025: Steppenwind

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Thallion
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R025: Steppenwind

Ungelesener Beitrag von Thallion »

Dieser Thread dient zur Diskussion der Inhalte des im März 1997 erschienenen Romans Steppenwind von Niels Gaul.

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Steppenwind
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Hotzenplotz
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Re: R025: Steppenwind

Ungelesener Beitrag von Hotzenplotz »

Hohe aventurischer Stimmigkeit mit anspruchsvollem Erzählstil und wenig Geschichte.

Stil
Da der Stil schon sehr auffällig ist, kurz ein Wort vorweg dazu. Ich fand den Schreibstil toll, wenn auch anstrengender zu lesen als der normale "Fantasy-Durchschnitt". Verschachtelte, lange Sätze mit altertümlich klingender Wortwahl beschreiben detailverliebt Gedanken und Gegebenheiten.
Insgesamt ist das Aventurien des Romans sehr low-fantasy. Die Geweihten werfen nicht mit Liturgien um sich und die Protagonisten sind insgesamt nicht larger-than-life.

Charaktere
Die Charaktere sind - wenn man den geringen Platz bei ca. 220 Seiten bedenkt - gut ausgearbeitet. Man bekommt ein Gefühl dafür, wie welcher Charakter tickt. Hauptprotagonist ist Brin von Rhodenstein. Ich hatte gehofft, mehr über die Nivesin Hauka zu erfahren, aber das blieb aus. Gleiches gilt für den Weißen Mann.
Der Autor spielt mit unterschiedlichen Sichtweisen und bindet auch die regional gut eingefärbte Denkweise der Bjaldorner mit ein.

Story
Kurz und knapp: Zu wenig, zu kurz. Der Schreibstil geht eben zulasten der Story, wenn man seitenweise Details beschreibt. Das war so zu erwarten, ist aber dennoch schade und führt letztendlich zu u. g. nur durchschnittlichem Fazit.
Nicht, dass ich kurze oder knappe Storys nicht mag, ich habe z. b. "Heroes" von Abercrombie sehr gemocht, obwohl es dort auch nur um eine einzige Schlacht geht. Aber "Steppenwind" fehlt es einfach an Spannung und Tiefe.

Aventurische Stimmigkeit
Soweit ich das beurteilen kann: wirklich Klasse! Der aventurische Norden wird wirklich gut dargestellt. Immer wieser fließen aventurische Besonderheiten in die ausführlichen Beschreibungen ein.

Fazit
Obwohl ich den Schreibstil toll fand, musste ich mich durch das Buch quälen, weil einfach zu wenig Interessantes oder Spannendes passiert. Der Schreibstil hat die Längen teilweise trotzdem gut genießbar gemacht - ohne diesen Stil wäre es einfach ein sehr schlechtes Buch.

Bewertung
3 Punkte

Alrik Normalpaktierer
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R025: Steppenwind

Ungelesener Beitrag von Alrik Normalpaktierer »

Kurzfazit: Ein kurzes Spin-off zum "Zerbrochenen Rad", trotz einiger handwerklicher Schwächen etwas besser als dieses. 4/5 Punkten

Eine längere Rezension ergänze ich, wenn ich wieder etwas mehr Zeit habe.

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Hina
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R025: Steppenwind

Ungelesener Beitrag von Hina »

Niels Gauls Schreibstil bringt fuer mich einfach wie der kaum eines anderen Aventuriengefuehl auf. Dieser Roman war einer meiner ersten wirklich in Aventurien verankerten, und hat mein Interesse an der fortschreitenden Geschichte ueberhaupt erst geweckt. Am besten liest er sich sicher als Ergaenung zum Zerbrochenen Rad, doch ich finde durchaus, dass er auch auf eigenen Beinen stehen kann. Ich habe lieber wenig Handlung, diese aber absolut lesenswert beschrieben und von interessant skizzierten Protagonisten getragen als das x-te Fantasy-"Epos", das doch auf seinen vielen hundert Seiten nur Bekanntes wiederkaut.
SL: Königsmacher (seit 2021)
Hoc unum semper quaeris: superetne Sapientem Bethanicus? An maior sit Tharsonio Rohal? Nescio; verum illud belle scio, quod tibi nunquam est visus, Alrice, nec Rohal, nec Bethanicus.

Alrik Normalpaktierer
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R025: Steppenwind

Ungelesener Beitrag von Alrik Normalpaktierer »

Heute komme ich endlich dazu, auch diesen Roman ausführlich zu rezensieren.

Handlung:
Wie oben schon angedeutet, ist es faktisch eine Nebenhandlung zum "Zerbrochenen Rad". Während dieser Zweiteiler auf die "Schlacht auf den Vallusanischen Weiden" 2021 zusteuert, schildert "Steppendwind" die Ereignisse vor und während der "Schlacht um Bjaldorn" ein halbes Jahr zuvor. Nachdem der Weiße Mann das Schwert der Schwerter um Hilfe bittet, reisen Brin von Rhodenstein und Hauka Wölfintochter nach Bjaldorn und versuchen, die Verteidigung zu organisieren, während Uriel von Notmark und seine Gefolgsleute sich auf den Angriff vorbereiten.
Es ist gut, dass das Buch so kurz ist, denn man wird den Eindruck nicht los, dass der Autor nicht allzu viele Ideen hatte, was eigentlich interessantes passieren könnte. Mit der Zerstörung der Kuppel zu Beginn und der Schlacht zum Ende hängt die Handlung zum Glück hoch genug, so dass keine Langeweile aufkommt. Sonst passiert aber auch nicht viel.
2/5 Punkten

Figuren:
Das Holzschnittartige ist sichtbar gewollt und an Heldensagen angelehnt. Es macht Spaß, die pauschalen Charakterisierungen etwa der Bjaldorner zu lesen. Die Bösewichte scheinen mir auch noch etwas perfider dargestellt als bei Kiesow, wo sie ja eher traurige Würstchen sind. Figuren wie Hauka verdanken sich in ihrer Exotik und der larger-than-life-Darstellung im Guten wie im Schlechten der DSA2 und 3-Zeit.
Dennoch bin ich der Meinung, dass bei aller Treue zum Heldensage-Konzept hier mehr drin gewesen wäre, wenn die Beziehungen mit etwas mehr Aufmerksamkeit ausgestaltet worden wären. Einzig zwischen Brin und Fjadir gibt es zu Beginn so etwas wie Spannung - aber als sie sich dann im Stroh balgen, wird das leider weder als Auftakt zu einer Romanze genommen, noch als interessanter Konflikt fortgeführt.
Warum Ayla in den ersten Kapiteln so eine große Rolle spielt, bleibt unklar. Sie verschwindet komplett aus dem Roman, da wäre erzählökonomisch entweder noch eine Rolle zum Ende hin oder eine Kürzung empfehlenswert gewesen.
3/5 Punkten

Aventurizität:
Braucht man jeden Holzsplitter der Bjalaburg beschrieben? Ich weiß es nicht, aber dieser Roman sagt ja und zieht dieses Konzept auch durch. Herrlich! Zudem als Spielhilfe für Bjaldorn zu empfehlen.
5/5 Punkten

Sprache:
Wie immer freue ich mich, wenn sich jemand etwas traut und mal etwas probiert. Das Konzept der ersten Kapitel, in jedem Satz mindestens eine Alliteration drin zu haben, wird nicht ganz durchgezogen. Und klar: wo man sich so große Mühe zu einer poetisierenden Sprache gibt - bis hin zu einer stabgereimten Ode aus Aylas Mund -, misslingt auch die ein oder andere Formulierung. Sehr gelungen fand ich die Sterbe-Sequenzen während der Schlacht.
Unterm Strich dürfte ich wegen der Fehler wahrscheinlich nur drei Punkte geben, aber allein um der Ambition Willen gebe ich gern
4/5 Punkten

Langes Fazit:
Mir ist unbegreiflich, warum irgendwelche Dutzendware immer wieder als Highlight unter den DSA-Romanen genannt wird und dieses Buch, das wirklich mal etwas versucht - und viel davon, wenn auch nicht alles, schafft -, anscheinend ein Geheimtipp geblieben ist- trotz fester Verankerung in der Borbarad-Invasion.
Ich habe dem Zerbrochenen Rad 4 Punkte gegeben. Das hier ist meiner Meinung nach der bessere Roman, vor allem weil es nicht so lang ist, dass seine Schwächen sich auswachsen könnten. Die hat es, also wären 5 auch nicht möglich. Es zeigt sich wieder, dass diese grobe Bewertungs-Skala zu ungenau ist :wink:

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rillenmanni
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R025: Steppenwind

Ungelesener Beitrag von rillenmanni »

Alrik Normalpaktierer hat geschrieben: 26.09.2020 09:07 Langes Fazit:
Mir ist unbegreiflich, warum irgendwelche Dutzendware immer wieder als Highlight unter den DSA-Romanen genannt wird und dieses Buch, das wirklich mal etwas versucht - und viel davon, wenn auch nicht alles, schafft -, anscheinend ein Geheimtipp geblieben ist- trotz fester Verankerung in der Borbarad-Invasion.
Ich habe dem Zerbrochenen Rad 4 Punkte gegeben. Das hier ist meiner Meinung nach der bessere Roman, vor allem weil es nicht so lang ist, dass seine Schwächen sich auswachsen könnten. Die hat es, also wären 5 auch nicht möglich. Es zeigt sich wieder, dass diese grobe Bewertungs-Skala zu ungenau ist :wink:
(Wo ist denn dieses Fazit lang? :))
(Und ja, ganz mein Sermon: Wir benötigen ein 10-Punkte-Skala! :))

Du bekommst nen Dank von mir und ich mag Dir auch nicht widersprechen. Aber ich wage mal eine Betrachtung zu Deinem Unbegreiflichkeitspassus, weil Du Dir die Antwort mE bereits selbst gibst. Steppenwind ist ein spezieller, ein sprachlich sehr spezieller Roman, geschrieben von einem speziellen Geist (und wenn ich so etwas über Niels sage, dann meine ich das positiv, er hat stets einen Platz in meinem Herzen). Und damit zielt der Roman wahrscheinlich schon ein wenig am Zielpublikum vorbei. Ich selbst war 1997 auch nicht wirklich begeistert - wobei das zum Teil auch etwas Persönliches ist: Ich bin bei den meisten Romanen unterbegeistert - weil der Roman für mich zu wenig Handlung und zu viel Sprache hatte. Ich stehe Nielsens schwierigem und oft überschäumenden Duktus ambivalent ggü, obschon (oh je, dieses Wort habe ich wahrscheinlich auch von ihm!) ich damals oft beeindruckt gewesen bin. Andere Personen mögen andere Färbungen für die von mir verwandten Adjektive finden. Ähnliches gilt für die Detailverliebtheit. Ich habe den Roman vor 23 Jahren gelesen, das ist jetzt genau zur Hälfte meines Lebens gewesen. Vielleicht kann ich ihm mal wieder eine Chance geben. Davon abgesehen kann ich mir die Frage stellen: Was wäre geworden, wenn Niels nicht 1997 das Handttuch geworfen, sondern weitere Romane (etc pp) geschrieben hätte? Steppenwind war das Erstlingswerk (es unterlag übrigens entsprechend einer Seitenbeschränkung - ich denke zumindest, dass diese Klausel 1997 schon bestand),und es gibt in dem Metier eine Menge zu lernen. Das merkt man mE selbst dem ersten der x DSA-Karli-Romane an. Und Niels war ja wirklich noch jung, sogar jünger als ich, und entsprechend ungestüm. :) Was also wäre gewesen, wenn Niels weitere Romane geschrieben und dabei sein Gleichgewicht gefunden hätte? Ich glaube, mir hätte das gefallen.

:rohal: :Maske: :borbi:
RoiFirdayon: "... völlig egal, nachdem ich schon DSA 1 ohne seelische Schäden überstanden habe." - Diese Aussage rahme ich mir als DSA1-Liebhaber ein. :)

Alrik Normalpaktierer
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R025: Steppenwind

Ungelesener Beitrag von Alrik Normalpaktierer »

rillenmanni hat geschrieben: 27.09.2020 12:08 Und damit zielt der Roman wahrscheinlich schon ein wenig am Zielpublikum vorbei.
Was ja voraussetzt, dass man a.) ein Zielpublikum abgrenzen kann und b.) dass es einen relativ vorhersagbaren Geschmack hat.
Gegen a.) spricht, dass die DSA-Roman-Reihe konzeptuell ja wirklich eine Wundertüte ist/war. Aus dem Erscheinen in der Reihe (und der Aufmachung) lässt sich nichts darüber ableiten, was einen zwischen den Buchdeckeln formal und inhaltlich erwartet. Hätte man damals vorgegeben "wir wollen nur Abenteuergeschichten, wie sie auch Spielgruppen erleben könnten", wäre die Thalionmel-Biographie genausowenig drin gewesen wie die Khunchomer-Pfeffer-Krimis.
Gegen b.) spricht, dass die ebenfalls sehr eigenwilligen Witzko-Romane nach wie vor gelobt werden - in der Auswertung der hiesigen Abstimmung landet "Westwärts, Geschuppte!" bei vergleichbarer Stimmenanzahl vor dem "Zerbrochenen Rad".

Es ist ja auch nicht so, als ob es zu Steppenwind zahlreiche Verrisse gäbe wie zu den Romanen von Barbara Büchner oder Dietmar Preuß, also ein Konsens, dass er eben misslungen wäre. Es wirkt eher, als wäre der Roman mehr oder weniger ignoriert worden - was bei Romanen mit Borbarad-Bezug sonst doch eher nicht passiert; "Und Altaia brannte" hat mehr als das Doppelte der Stimmenzahl.
Das finde ich merkwürdig. Warum er nicht wenigstens spaltet.
Davon abgesehen kann ich mir die Frage stellen: Was wäre geworden, wenn Niels nicht 1997 das Handttuch geworfen, sondern weitere Romane (etc pp) geschrieben hätte? Steppenwind war das Erstlingswerk (es unterlag übrigens entsprechend einer Seitenbeschränkung - ich denke zumindest, dass diese Klausel 1997 schon bestand),und es gibt in dem Metier eine Menge zu lernen.
Das stimmt. Simone Meier hat mal in einem sehr schönen Text darauf aufmerksam gemacht, dass es mit 18 vergleichsweise einfach ist, einen Stil zu imitieren, von dem man vergleichsweise viel gelesen hat. ("Man kann eine Pose so lange und so betörend reproduzieren, bis es zu viel wird und man sie automatisch wieder erbricht.", ihre Rezension zu Axolotl Roadkill in irgendeiner Schweizer Zeitung)
Dagegen gibt es wahrscheinlich relativ wenig 18jährige, die Figurenentwicklung und Plot strategisch ins Verhältnis setzen können. In dem Alter habe ich auch so geschrieben, dass ich mir von jedem Komma zu 100% sicher war, dass es genau da stehen muss, aber nicht hätte sagen können, wieso. Heute könnte ich solche Texte sehr gut auf ein breiteres Publikum lektorieren, aber wahrscheinlich nicht mehr schreiben :lol:

Ich bleibe dabei: wenn ich bis zu 30 Jahre alte DSA-Romane lese, dann ist mir ein formales Experiment (wie kürzlich Aldarin) allemal lieber als die umpfzichste "Ein paar Helden legen einem Dämonenbeschwörer das Handwerk".

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Rhonda Eilwind
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R025: Steppenwind

Ungelesener Beitrag von Rhonda Eilwind »

Ich habe das Buch mit etwa 25 gelesen (u.a. weil ich den Autor flüchtig kannte) und fand es total langweilig... :dunkelheit:

Stilistisch ist mir damals nichts aufgefallen. Außer, dass es schwer zu lesen war. Und nichts passierte.

Ich sollte vielleicht mal wieder reinschauen. :)
... und auf ihrem Grabstein wird stehen: "Ich hab's dir ja gesagt!"

Alrik Normalpaktierer
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Ungelesener Beitrag von Alrik Normalpaktierer »

Ich sag mal so: wenn man sie wegen der Handlung liest, sind wahrscheinlich 99% der DSA-Romane langweilig. (Mit einem unerwarteten Twist oder einem nie dagewesenen Plot-Device kann vielleicht allenfalls die Dajin-Trilogie aufwarten. Sonst fiele mir nichts mehr ein.) Ich würde nicht sagen, dass "Steppenwind" eine spannende Handlung hätte.

Wie immer der Disclaimer: ich versuche Produkte im Rahmen ihres Konzeptes - bzw. dessen, was ich nach der Lektüre für ihr Konzept halte - zu bewerten. Wenn jemand ein "langweiliges" Buch schreiben will, beispielsweise eine 1:1-Fassung des Codex Albyricus, dann bemühe ich mich, zu bewerten, wie gut das gelungen ist - und nicht, ob ich persönlich lieber einen Action-Kracher gelesen hätte. (Und umgekehrt: wenn ein Fließtext ohne Handlungsmöglichkeiten als Abenteuer vertickt wird, wird das von mir verrissen, auch wenn es vielleicht eine gute Novelle gewesen wäre.) Die 4 Punkte sind relativ unabhängig davon, wie gut das Buch mir persönlich gefallen hat. Ich habe mit so altertümelndem Zeug und groben Schablonen auch wenig am Hut. Aber was mir dann doch gefällt, ist: wenn was ungewöhnliches probiert wird.

Anyamir
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R025: Steppenwind

Ungelesener Beitrag von Anyamir »

Der Autor hatte bei mir vor einem halben Jahrhundert Begeisterungsstürme entfacht, ich war süchtig nach seinem Stil. Kann mich noch ziemlich genau an den Erstkontakt im Königskomplott erinnern, das mich völlig umgehauen hatte. Ähnlich ging es mir mit der alten Weiden-Spielhilfe und auch ein wenig mit diesem Roman hier, der jedoch das für mich so reizvolle Artifizielle nicht mehr ganz so stark bot. Dennoch hatte ich damals tatsächlich das Gefühl, ähnlich den Witzko-Sachen, endlich auch im DSA-Bereich etwas Originelles, Einzigartiges (OK, bei Witzko die falsche Vokabel) und damit genuin Literarisches mit deutlichem emanzipatorischem Formwillen rezipieren zu dürfen.

Da war ich wohl die Zielgruppe. Eigentlich mehr noch, Gauls Stil hat mich schon auch ein wenig in meiner Kunstauffassung geprägt. (Ich war auch ziemlich enttäuscht, als der Autor aufgehörte.)

Zum Roman selbst: Nach dem Königskomplott-Solo, der Stadt-des-Lichts-Beschreibung, der Aarenstein-Kampagne und der Weiden-Spielhilfe war ich bei Steppenwind etwas ernüchtert - es erschien mir damals, als hätten die Romankonventionen dem Stil nicht gut getan; vielleicht hätte der Autor sogar noch mutiger sein können. Dennoch überrragte der Roman für mich die meisten anderen.

Also 4 Punkte. Allerdings speisen sich diese auf eine Lektüre von vor über 20 Jahren und sind wegen der biographischen Bedeutung für mich ziemlich subjektiv. Vielleicht sollte ich das Buch (und dabei auch gleich die anderen Texte des Autors) nochmals zur Hand nehmen und mit dem heutigen Blick prüfen. Oder ich lasse es und zerstöre nicht den Gründungsmythos meines kunstrezeptorischen Erwachens ...

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Rhonda Eilwind
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Ungelesener Beitrag von Rhonda Eilwind »

Anyamir hat geschrieben: 28.09.2020 11:14 Ähnlich ging es mir mit der alten Weiden-Spielhilfe
Die zB hat mir auch sehr gut gefallen. :)

Witzig, dass du das Gefühl hattest, bei dir erwache beim Lesen der Kunstsinn - bei mir erwachte etwa zeitgleich die Erkenntnis, dass anspruchsvolle Literatur nicht für mich geschaffen wurde - oder ich nicht für diese Art von Literatur. :ijw:
... und auf ihrem Grabstein wird stehen: "Ich hab's dir ja gesagt!"

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Irike
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Ungelesener Beitrag von Irike »

Mir persönlich war der Schreibstil zu zäh. Zu viel Beschreibung, zu wenig Handlung. Wobei ich denke, dass das keine allgemeingültige Beurteilung ist, sondern nur meine persönliche Meinung. Gewiss mag es Leute geben, die das super finden. Den die Sprache ist durchaus anspruchsvoll.

Aber von mir nur 2 Punkte, da nicht mein Geschmack.
Neugier bringt den Magier um.
... ach ja: Und Hochmut kommt vor dem Pakt.

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