Sternenfaenger hat geschrieben: ↑08.07.2020 15:10
Weil es so schön ist macht doch mal folgendes Experiment: Erklärt doch jemandem, der möglichst kein DSA kennt und am besten keine oder wenig Erfahrung mit Rollenspielen (denen Mit Pen&Paper) hat die ganze Sache mit WdV,
Wenn es D&D-Spieler sind, dann dürften sie auch das berühmte D&D-Erotik-Buch kennen, das letztlich nichts anderes gemacht hat, auch wenn es ein inoffizielles Projekt war.
Ich finde ja ehrlich gesagt, WdV ist ein klassisches Beispiel für die Fallstricke von Abstimmungen und Bewertungen einer User-Gruppe. Man kann dem Buch verschiedene Dinge vorwerfen, es ist insgesamt auch sicherlich ein Lehrstück, was Verlagsprogrammpolitik angeht, aber "Da haben sich zwei Autoren zerstritten" ist halt für den Käufer als Kaufentscheidung komplett irrelevant. Es sagt auch nichts über das Produkt an sich aus.
Genauso ist es natürlich ein Irrglaube, dass ein Buch wie WdV einen Verlag daran hindert, gute Inhalte zu produzieren. Im Zweifelsfall kann das Gegenteil genauso stimmen: Wenn es sich gut verkauft, kann ein Verlag das Geld auch nutzen, um Dinge zu produzieren, die sich nicht so gut verkaufen werden. Nennt man Cross-Financing.
"Ich brauche keine Sex-Regeln" ist eine völlig valide und in vielen Fällen auch sehr nachvollziehbare Aussage, sie ist aber auch bei der Bewertung des Buchs eine zwiespältige Sache: Wenn man das Buch nicht braucht, ist es logischerweise für einen wertlos. Wer keine Outdoor-Abenteuer macht, der braucht kein "Wege der Entdecker". Wer nie im Bornland spielen will, braucht keine Bornland-Box. Und hoffentlich ist er auch so schlau, sich niemals eine Bornland-Box zu kaufen, nur weil diejenigen, die gerne im Bornland spielen, haufenweise 5 Sterne vergeben.
Es sei denn wiederum, vielleicht will er trotzdem einfach als Hintergrund-Fluff ein bisschen was zu Thema Bornland lesen. Das kann man aber auch sehr gut mit Wege der Vereinigung: Man kann tatsächlich, wenn man da Lust darauf hat, sich mal als Hintergrund mit dem Thema Sexualität beschäftigen, wie das vielleicht in verschiedenen Kulturen gesehen wird, was die Kirchen dazu sagen, wie das eigentlich so mit Fortpflanzung und Verhütung in Aventurien geregelt ist. Da bietet das Buch eine ganze Menge an Material, abseits von dem Regel-Teil. Rechtfertigt das den Preis? Muss jeder selbst entscheiden.
Davon abgesehen: Wer sagt denn eigentlich, dass Sex unbedingt am Tisch "erotisch" sein muss? Kämpfe bis auf den Tod sind in der Wirklichkeit auch höchst grausam und schrecklich, am Tisch werden sie in Regeln gegossenes Kräftemessen reduziert. Ich glaube, hier liegt ein Grundfehler an der ganzen Sache. Dass Leute ernsthaft erwarten, sie könnten mit Hilfe von Rollenspielregeln "Erotik" produzieren. Tatsächlich ist doch offenbar der Sinn von WdV und dessen Regeln ein ganz anderer, nämlich tatsächlich mal zu hinterfragen, wie Sex eigentlich abläuft: Worauf einigen zwei Partner? Wie läuft das ab? Etc. So habe ich zumindest einige der Stimmen der Autoren verstanden (mal abgesehen von dem Aprilscherz-Part).
Ich brauche das nicht, ich werde es so auch nicht spielen. Aber deswegen ist das Buch nicht automatisch schlecht.