Ich würde mit Ilaris 4-5 Punkten bewerten, wenn es ein professionelles, kostenpflichtiges Produkt wäre. Die Tatsache, dass es ein kostenloses Fanprojekt ist, führt dazu, dass ich die positivere Entscheidung getroffen habe und 5 Punkte gegeben habe.
Das Regelwerk ist anspruchsvoll, der Aufbau erweckt nicht den Eindruck, irgendwie anfängerfreundlich zu sein, man muss häufiger mal hin- und herblättern um alles zu begreifen, aber dafür vermeidet das Regelwerk Dopplungen und sinnlose Bescheibungen.
Ich persönlich mag diesen Stil, in dem nur das Wesentliche drin steht.
Einer meiner Favoriten findet sich in genau diesem Stil bei den Kampfmanövern:
Wuchtschlag(AT-X):
Der Angriff richtet X Trefferpunkte mehr an.
Zum Vergleich: Ich habe im WdS nachgeschlagen und gezählt, da wird der Wuchtschlag als Manöver über 51(!!!) Zeilen beschrieben, zusätzlich nochmal 15 Zeilen für die Bescheibung der SF, und in WdH steht er auch nochmal drin.
Dadurch ist das System sicher nicht an Gruppen gerichtet, bei denen niemand Spaß daran hat, sich etwas intensiver mit dem Regelwerk auseinanderzusetzen. Wenn aber nur einer in der Runde das System "durchschaut", fällt es aufgrund der starken inneren Systematik und der Vermeidung von Ausnahmeregeln leicht, unerfahrene Spieler "mitzunehmen".
Gut gefällt mir das Würfelsystem, auch wenn es für DSA-Spieler eine Umgewöhnung ist. Durch die Vergleichsprobe funktioniert der Kampf auf dem Niveau Probenwert 10 gegen Probenwert 10 genau so wie auf dem Niveau 20 gegen 20. Bei DSA 4 und 5 hat man immer einen Bereich, da lohnen Manöver gar nicht, weil die Erfolgschance zu gering wird und einen Bereich, in dem es "broken" wird, weil die Werte so hoch werden, dass ein Erfolg fast sicher ist. Bei Ilaris kann es solche Bereiche bereits logisch nicht geben. Statt dessen kommt es nur darauf an, wie gut der Gegner bzw wie hoch die angesetzte Schwierigkeit ist. Gleichzeitig wird die z.B. bei Splittermond auftretende "Übermenschlichkeit" auf höheren Leveln durch die massiv ansteigenden Schwierigkeiten bei Mehrfachparaden und das Wundensystem vermieden.
Das Wundensystem finde ich gut und durchdacht. Wobei ich persönlich das Gefühl habe, dass es etwas "riskanter" als das LE-System aus DSA 4 oder 5 ist, vor allem für "starke" Kämpfer. Die kaum verwundbare "Dose" gibt es nicht mehr. Ich habe noch keine Simulationen gemacht, aber mein Eindruck ist, dass -auch aufgrund der deutlich erhöhten TP der meisten Waffen- selbst die maximal erreichbare Wundschwelle mit ungefähr 12 relativ niedrig ist. Muss man in der Praxis testen, kann man aber mittels Systems-Tweaks im Zweifel relativ einfach anpassen. Außerdem gibts es Schicksalspunkte zur Vermeidung von würfelproduzierten Heldentoden.
Charaktere haben keine "Nachteile" im Sinne von DSA 4 und 5, sondern narrative, individuelle Eingeheiten: Gefällt mir, Eigenheiten rocken. Nachteile waren fast immer entweder sowieso Teil des Charakterkonzepts (Goldgier beim Dieb, Prinzipientreue beim Ritter) oder rein gamistische Punktelieferanten ohne große Auswirkung (Unfähigkeit waren teils sehr beliebt bei uns). Nicht ganz so gut gefallen mir die fixen Lebenshaltungskosten(Warum soll z.B. der Elf 16-64 Dukaten im Monat benötigen?), das kann man aber je nach Spielstil jedoch eh problemlos ignorieren.
Wie die Vorteile und Talente funktionieren, muss man in der Praxis sehen, ich sehe die Einteilung als gelungen an. Gut, gefällt mir, dass das grundlegende System überall gleich ist, egal ob profan, magisch, Kampftechnik oder Geweiht. Das Sozial-Konflikt system ist im Prinzip gut, setzt die Ansprüche des Systems (Einheitlichkeit, Enstscheidungen) um aber ist an manchen stelle etwas gewöhnungsbedürftig(Man kann z.B. Feinde leichter anlügen als LEute, die dem Charakter vertrauen). Muss ich sehen, ob wir da diese Regel einfach ignorieren.
Die Zauber und Liturgien sind super. Quasi alle DSA4 Spruchzauber sind vorhanden, bei den Geweihten auch über 50%. Kaum Sonderregeln für jeden Zauber, statt dessen ist alles sehr systematisch und eingängig. Ansonsten glaube ich, dass ein guter Mittelweg aus der DSA4-Überlgenheit aller Zauberer und der massiven Schwächung aus DSA5 gefunden wurde. Auch das aus Splittermond bekannte Prinzig der "Zauberschulen" statt Einzelzauber mag ich sehr.
Ein paar Ideen sind in meiner Wahrnehmung einfach genial, z.B.das ein Pferd als Waffe gilt, das Prinzip der "gebundenen AsP" und die Beschwörungsregeln.
Charakterbau finde ich anstrengend, man ist ja durch die Helden-Software bzw den DSA5-selbbstrechnenden Charakterbogen etwas verwöhnt. Aber so wie ich das verstanden habe soll ja bald eine Software dazu kommen.
Insgesamt werde ich mit mindestens einer meiner Gruppen sehr bald von DSA4.1(mit vielen Hausregeln) auf Ilaris umsteigen. Der Eindruck, dass ein Systemwechsel Vorteile bringt wurde dieser Gruppe von DSA5 nicht erweckt, bei Ilaris kam die Begeisterung und Bereitschaft extrem schnell auf.
Meine zweite Gruppe wird vorläufig nur deswegen nicht wechseln, weil einer der Charaktere (Aves-Geweihte) bislang noch nicht umgesetzt ist.
Für den bisherigen Service der Designer und Mithelfer würde ich, wenn ich nicht bereits die Höchstpunktzahl gegeben hätte, noch einen Extrapunkt geben. Sehr schnell werden derzeit alle Fragen qualifiziert, geduldig freundlich geklärt.
