Ich will dich ja ungern aus deiner Dankbarkeit für das Forum reißen,
@Sibylla, aber ich sehe hier eingiges anders als andere Poster.
Erstmal: Wenn du es nicht mit ihm aushälst beim Rollenspiel, dann solltest du dich von ihm trennen bzw. sollte die Gruppe das tun. Rollenspiel soll Spaß machen. Es soll uns einen Ausgleich vom stressigen Alltag mit Arbeit/Ausbildung/Kind/wasauchimmer geben. Ganz offensichtlich ist es das für dich gerade nicht. Wegen einem Siegelring so auszurasten... also bei uns haben alle Adligen immer einen Siegelring, egal ob der im Inventar steht oder nicht. Klar, wenn sie direkt aufgefordert wurden, aufzuschreiben, was sie bei sich haben... den Ring trägt man nicht immer am Finger. Aber ich hätte deswegen keine Diskussion angefangen. Ich schätze, du unter anderen Umständen auch nicht. Ich glaube, du stehst da gerade enorm unter Spannung. Das ist echt ne blöde Situation. Rollenspiel sollte Spaß machen. Es sollte dir Spaß machen! Aber es sollte auch diesem Spieler Spaß machen. Und ich glaube, hier habt ihr einfach im selben Hobby sehr verschiedene Aspekte, die euch Spaß machen.
Soweit ich das hier rauslese macht dir Spaß:
- Charentwicklung
- realistische Darstellung der Welt
Scheinbar macht das auch den anderen Spielern Spaß (mir auch). Ihr spielt das. Ihr habt Spaß.
Soweit ich hier rauslese macht ihm Spaß:
- King zu sein
Er ist unzufrieden, weil er das nicht sein darf.
Jetzt gibt es immer wieder Konflikte. Du versuchst diese Konflikte zu lösen, indem du ihm immer wieder erklärst, dass er jetzt nicht haben könne, was er haben will. Du vertröstest ihn auf später.
Im Prinzip... machst du Charentwicklungspläne mit bzw. für ihn - was dir Spaß macht, ihm ber nicht. Er hofft nur, dass diese Charentwicklung ihn irgendwann dahin bringt, den King raushängen lassen zu können. Er redet davon, Ritter sein zu wollen oder Geweihter oder sonst was. Eigentlich ist es aber doch wahrscheinlich egal, was sein Char ist. Er würde für immer glücklich einen Knappen spielen, wenn Aventurien sich vor seinem Knappen verneigt. Du verwehrst ihm das, was er will und bietest ihm dafür das, was du willst. Das klappt natürlich nicht.
Sicher versuchst du, die Konflikte zu lösen. Aber dabei behandelst du ihn wie ein Kind, willst ihn erziehen. Wie versuchst du das? Mit Zuckerbrot und Peitsche. Ich mag jetzt wie ein moderner und idealisierter Erziehungsratgeber klingen, aber versuch doch mal, seine Bedürfnisse zu respektieren. Nicht nur sie zu sehen, sondern sie auch zu respektieren. Das ist ein Unterschied.
Ich versuche mich mal an einer Analogie.
Stell dir vor, du liebst es zu wandern. Du bist gerne in der Natur, liebst die Ruhe in Wäldern und Bergen und die körperliche Anstrengung auch - halt das Gefühl, etwas geschafft zu haben.
Dein Kumpel findet Wanderungen öde und anstrengend. Er chillt lieber am Strand. Am liebsten mit vielen Freunden, lauter Mucke und n paar Bierchen.
Jetzt überredest du ihn, mit dir eine Wandertour zu machen Richtung Meer. Er will ans Meer, er kommt mit. Aber den ganzen Weg über jammert er rum, dass ihm langweilig sei und ihm die Füße weh tun und wann ihr denn endlich da seid. Das nervt dich. Natürlich. Du denkst: Der Weg ist doch das Ziel! Aber er will nur am Ziel sein.
Wie würdest du in so einer Situation vorgehen?
Würdest du
a) Beschließen, nie wieder mit diesem Kumpel Urlaub zu machen, weil ihr einfach zu verschiedene Dinge wollt?
b) Den nächsten Urlaub so planen, dass ihr nur kurze Etappen wandert und zwischendurch Badetage an Seen einlegt?
c) Den nächsten Urlaub am Meer planen und während er am Stand chillt ab und zu ohne ihn auf Wattwanderung gehen?
d) Ihn immer wieder auf Wandertour mitschleifen in der Hoffnung, dass er irgendwann lernt, richtig Urlaub zu machen... also auf deine Art?
Ich finde, wandern zu gehen und am Strad zu chillen sollten als gleichwertige Urlaubsgestaltung angesehen werden. Jedem das seine.
Ich finde, Charakterentwicklung bei realistischem Hintergrund und das Bedürfnis, King zu sein, sollten als gleichwertige Rollenspielmotivation angesehen werden. Jedem das seine.
Es gibt viele Rollenspieler, die auch oder v.a. darum Rollenspiel betreiben, weil sie in dieser imaginären Welt halt mal die geilsten und größten und coolsten und schönsten und stärksten und was auch immer alles im Superlativ sein können. Das ist ein völlig legitimer Wunsch. Ich kenne einige solcher Spieler, habe lange mit solchen gespielt und fand das oft sehr sehr anstrengend - weil es eben nicht meine Motivation ist. Ich denke mir gerne Charaktere aus, entwickle sie weiter, spiele am liebsten Startcharaktere ohne extra AP über lange Zeit hoch - oder immer wieder neue Startcharaktere die quasi nichts können und nur banalen Scheiß erleben (weil sie Kämpfe gegen Orks nicht überleben würden, geschweigedenn einen Drachenangriff). Es gab eine Zeit, in der ich mich erhaben fühlte über andere Spieler, die mehr aufs Ausmaxen ihrer Werte bzw. die krassesten Wertekombinationen fixiert waren und erst recht über die, die nur Gegner schnetzeln wollten. Ich war eine gute Rollenspielerin und die anderen haben es halt nicht richtig gemacht. Die haben den wahren Geist des Rollenspiels nicht begriffen.
Das ist aber Humbug. Inzischen weiß ich: Es gibt einfach verschiedene Motivationen, Rollenspiel zu betreiben und keine ist besser als die andere. Diese Motivationen beeinflussen unser Spielverhalten. Es gibt verschiedene Spielertypen: Ich bin Method Actor oder auch Role-Player. Du vermutlich auch, vielleicht auch mehr Storyteller. Beides geht meist gut Hand in Hand. Aber es gibt eben auch Powergamer und Buttkicker (
https://de.wikipedia.org/wiki/Rollenspieltheorie). Das sind genauso "gute" Rollenspieler wie wir. Sie passen nur nicht immer gut zu uns.
Wenn sich in einer Gruppe zeigt, dass Spieler verschiedene Wünsche haben, dann bringt es nichts, abweichende Spieler umzuerziehen. Dann sollte man schauen, ob man alle Wünsche vereinen kann oder nicht. Ja, viele Pen-and-Paper-Rollenspieler fangen als Buttkicker und/oder Powergamer an, weil sie vorher eher PC-Rollenspiele gespielt haben, wo das Kämpfen und Leveln im Vorderund steht und man halt der größte Held von allen ist. Einige lernen irgendwann, dass Pen-and-Paper mehr zu bieten hat und stellen fest, dass sie das auch toll finden, vielleicht sogar noch toller. Andere nicht. Dein Freund spielt schon so lange mit euch und eurem Spielstil. Der wird sich nicht mehr ändern. Nicht in seinen Wünschen. Aber vielleicht in seinem Verhalten, wenn er seine Wünsche erfüllt bekommt.
Wenn du und/oder der Rest der Gruppe es nicht mit eurem Bedürfnis nach einer stimmigen Hintergrundwelt vereinen könnt, diesem Spieler regelmäßig die Möglichkeit zu geben, der coolste/stärkste/angesehenste Dude im Raum zu sein, dann werft ihn raus. Am besten mit der ehrlich lieb gemeinten Empfehlung, sich eine Gruppe zu suchen, die mehr seinen Wünschen nach spielt.
Wenn du damit leben könntest, dass ein stimmiger Hintergrund nicht das oberste Kredo eurer Gruppe sein muss oder dir eine Möglichkeit einfällt, ihn innerhalb deines stimmigen Hintergrundes regelmäßig der coolste/stärkste/angesehenste Dude im Raum sein zu lassen, dann könnt ihr vielleicht zusammen weiter spielen und habt beide Spaß dabei. Das wäre doch eigentlich der optimalste Fall, oder?
Probier es doch mal. Was hast du zu verlieren? Gib ihm das Lehen, oder erstmal nur einen Diener/Knappen oder halt irgendwas unter ihm. Streichle sein Ego durch NSC-Reaktionen von NSC, die halt ganz klar unter ihm stehen. Bei einem Ritter sollte es genug NSC geben, die völlig realistisch und sehr deutlich Unterwürfigkeit demonstrieren. Vielleicht befriedigt das seine Wünsche. Vielleicht wird er euch dann auch alle viel weniger mit seinem Drang nach Aufmerksamkeit und daraus resultierend unangebrachtem Verhalten nerven - weil der Drang dann nicht mehr so stark ist, der Wunsch schon befriedigt.