Das ist auf jeden Fall ein Extrembeispiel und manche Autoren toben sich eben mehr aus als andere, denn letztendlich lässt jeder stets einen Teil seines Aventuriens einfließen. Ebenso wie auch so mancher Hintergrund- oder Regelband nur so von einseitiger Betrachtung trieft (z.B. war WDG reinste "Geweihte sind ja so super, besser und respektiert" Machwerk).Tilim hat geschrieben:[Edit] Im Abenteuer "Der Fluch von Burg Dragenstein" gibt es einen Andergaster Bürger dem die Zunge von einem Ritter heraus gerissen wurde alsDer Fluch von Burg Dragenstein, S.29 hat geschrieben: [...] ein vorüberziehender Ritter sich durch eine Bemerkung beleidigt fühlte, die gar nicht ihm gegolten hatte.
Ein solches Verhalten entspricht jedenfalls nicht dem gängigen aventurischen Recht (selbst das Recht der leichten Hand [also Bestrafung so lange kein Blut fließt] ist nur ein ungeschriebenes Recht des Adels also "als gängige Praxis weitgehend akzeptiert") und ist auch kein typisches Ritter verhalten.
Effektiv kann so ein armes Opfer natürlich nicht viel ausrichten, wenn es doch passiert. Allerdings reicht so eine Tat völlig, um den reisenden Ritter in Eisen zu legen und ab zu urteilen, wenn es dem lokalen Herrscher gefällt. Ob er wirklich eingreifen möchte, ist eine ganz andere Frage.
Die aktuelle Darstellung der streitenden Königreiche zeichnet jedenfalls kein Bild, in dem Adelige so durch die Lande ziehen und selbst bei den "beinahe göttlichen" Bronnjaren des Bornlandes wäre das eine absolute Ausnahme (insbesondere ein derartiges Vergreifen an fremden Untertanen)!
Das Helden meist nicht tatenlos zusehen, wenn ein Ritter Praios Gesetze derartig mit Füßen tritt ist verständlich (hätte aber natürlich dennoch ernste Konsequenzen für die Helden, so sie nicht ebenfalls von besonderer Stellung sind). Wobei es eben auch sehr auf die Helden und ihre Herkunft etc. ankommt, wie hoch ihre Toleranzschwelle bis hin zur Gleichgültigkeit und Normalität ist.
Das Problem "Helden und Autorität" (das sind ja nicht überall Adelige) sowie "Religion und Götter - nein Danke" kenne ich leider auch. Wenn hier unterschiedliche Meinungen in der Gruppe vorherrschen, sollte man unbedingt über sein Aventurienbild sprechen.
Käme bei mir ein kleiner Heldenritter an und würde aus Nichtigkeit eine Zunge herausreißen, würde er nicht weit kommen. Egal ob der Spieler dann auf so eine dubiose (wenn auch rechtmäßige, da offizielle) Quelle verweist. Das ist nicht das Aventurien das ich leite und auch nicht das was einem in anderen Werken präsentiert wird.
Ebenso wie der umgekehrte Fall (Helden respektlos gegen Obrigkeit) meist ernste Konsequenzen hätte. Schwierig wird es, wenn sich die Spieler nicht anpassen wollen und ihre Helden anpassungs- und lernresistent gespielt werden.
*Heldin ist respektlos gegenüber dem lokalen Baron, dessen Gast man ist* "Meine Thorwalerin ist halt so" "Du weißt schon, dass sie kurz vor langer Kerkerhaft und Folter steht?" "Die hat keine Angst!" *Spielerin zieht ihr Ding weiter durch*"
Bei uns trafen solche Spieler/Helden auch auf "Adelige Helden und Standesspielfreudige Spieler". Die Konsequenz war, dass einer der Spieler nach einiger Zeit sogar frustriert gegangen ist, da sich die Spielstile einfach nicht vereinen ließen.
Inzwischen lasse ich bei dieser Gruppe keine großen Standesunterschiede mehr zu und das Spiel klappt seit dem erheblich besser. Auch bei der Abenteuerauswahl bin ich dort inzwischen aufmerksamer und leite keine Abenteuer mehr, in denen die Stände eine wichtige Rolle spielen.
In meiner anderen Gruppe wird Standesspiel deutlich homogener akzeptiert und auch gefördert. Standesunterschiede wählt man dort mit allen Konsequenzen (z.B. in bestimmten Situationen nicht zu melden haben) bewusst. "Bereicherung und kein Grund für Reibereien".
Ähnliche Erfahrungen (vielleicht sogar noch schlechtere) habe ich mit Geweihten (besonders SC Geweihten) gemacht.
Unter dem Strich steht die Erkenntnis, dass man als Spieler entweder mit Kompromissen leben können muss (z.B. spielt man eben keinen Adeligen, Geweihten etc. wenn er nicht so respektiert wird, wie man das möchte) bzw. vermutete "Unstimmigkeiten" als SL im Vorfeld so weit wie möglich umgeht indem man z.B. ungleiche Stände, Geweihte, Barbaren (was auch immer nach Gruppenerfahrung zu Reibereien führt) ausschließt.
Früher oder später erreicht man dann den Punkt, an dem sich die Spieler nicht mehr weiter annähern möchten. Wenn man mit diesem Stand nicht leben kann, bleibt nur noch die Suche nach einer Gruppe, die dem eigenen Spielstil besser gerecht wird.
Da man als SL mehr Zeit und Mühe investieren muss, ist es meiner Meinung nach angebracht, wenn man diesem zugesteht überwiegend sein Aventurien präsentieren zu dürfen. Letztendlich muss das aber jede Gruppe für sich entscheiden.