Das Wandelnde Bild ist bekanntlich das den Elfen gewidmete bzw. (angeblich) ursprünglich von ihnen stammende
(Zweite) Zeichen. Im Abenteuer soll es von Luzelin verliehen werden, weil die Hexen Weidens das Erbe der Elfen - als Wächter der Natur(-Zauberei) - angetreten hätten (und die Zeit der Elfen vorbei sei, also eine klare Anspielung auf den Zeitalterwechsel, ganz unabhängig von neueren Regelungen diesbezüglich in der HisAv). Das Zeichen habe die Einheit des (Hoch-)Elfenvolkes ein ums andere Mal ("oft") bewahrt und habe auch schon Menschen, Elfen und Zwerge zu einem Bund vereint, "wenn die Harmonie der Welt in Gefahr war": Nur wann und gegen wen war das (die Angaben bleiben ohne Beispiel, in der offiziellen Geschichte findet das Zeichen meines Wissens keine weitere Erwähnung, sodass man es als potentielles Addendum zu allen denkbaren Konflikten seit Elfengedenken betrachten kann)? Die Formulierung legt nahe, dass dies stets von elfischer Initiative getragen war. Und mir gefällt die Vorstellung, dass die Elfen in (u.a.) ihrem Zeitalter (u.a.) auf diese Art die Geschicke der Welt (stärker) bestimmt haben (als sie es später taten): Der subtile Einfluss von Naturkräften, weittragenden Melodien (die langfristig und unbewusst wirken mögen) sowie offenen Verhandlungen, die von langlebiger Weisheit getragen werden - gegenüber Menschen, die lange Zeit noch längst nicht auch nur ähnliche Kulturtechniken entwickelt haben (und Zwergen, die ganz anders drauf sind und sicher viel weniger mit den Elfen zu tun hatten). Auch wenn es eines der jüngsten Zeichen sein soll, das "erst mit dem Volk der Elfen auf[trat]" (also "erst" vor frühestens 10.000 v. BF?), ist der Zeitraum doch groß genug, um dem Zeichen eine breite - aber natürlich kaum (menschlich) überlieferte - Wirkungsgeschichte zuzuschreiben.
Nun ist die
Geschichte der Elfen mitnichten durchweg von Harmonie geprägt. In der Wirklichkeit der Dritten Sphäre sahen sie sich vielmehr dazu gezwungen, immer stärker sich den Gesetzen dieser Wirklichkeit zu unterwerfen. Erst diese Entfremdung führte zur - magisch beförderten - Evolution von den (nicht ganz wirklich gewordenen) Lichtelfen über die Alten Elfen (also jene Lichtelfen, die zuerst in die Wirklichkeit schritten: die ersten Sternenträger) bis zu den Hochelfen (die Abkömmlinge jener Sternenträger). Ich übergehe die Widersprüche im Hintergrund einfach, indem ich diesen Werdegang genau so betrachte (da es sehr sinnvoll erscheint).
Ebenso betrachte ich die Hochelfen (in einer Nussschale) wie folgt (ohne sämtliche Quellen oder gar Romane dazu zu kennen): Sie haben letztlich nicht unbedingt harmonisch mit der Natur zusammengelebt, sondern sie zunehmend - und unter verschiedenen Fremdeinflüssen (erst Pyrdakors, dann des Namenlosen) - magisch unterworfen und geprägt, eben kulturell überbaut und ihren eigenen Untergang befördert. Die Allegorie ist sehr deutlich die zur technischen Überformung der natürlichen Umwelt durch den modernen Menschen und dessen seinen eigenen Untergang befördernden Arroganz, sich über die Natur, deren Teil er bloß ist, zu erheben. Das zumindest ist kurz gefasst die einhellige Lehre der steppen-, au-, wald- und firnelfischen Nachwelt.
Nun spricht aus der Beschreibung des Wandelnden Bildes aus meiner Sicht jener Harmonie-Gedanke, den die ursprünglichen (Prä-Hoch-)Elfen geprägt haben und auf den sich die heutigen Elfenvölker rückbesinnen (die ja durchaus parallel zu ihren - im Wortsinne - abgehobenen Vettern lebten und quasi am lebenden und dann sterbenden Beispiel ihre Beobachtungen machen und ihre Schlüsse ziehen konnten). Da die aktuellen Elfen per se nicht gerade Wunderwerke der Zauberei vollbringen wollen oder können, würde ich das Wandelnde Bildnis als gar nicht so jung einordnen, sondern dessen Ursprünge auf alt- oder gar lichtelfisches Wirken zurückführen (der Unterschied von "nur" einer Generation, der in den Begriffen mitschwingt, kann bei tendenziell unsterblichen Wesen schier gewaltig sein): Ein Relikt, das sich die naturverbundenen Elfen von ihren ursprünglichsten Ahnen bewahrt haben und von dem die Hochelfen vielleicht nichts wissen wollten oder konnten, da sie mit der intuitiven Weise Zauberei zu wirken (also: die Welt zu deuten) nichts (mehr) zu tun hatten.
Kurzum: Das Wandelnde Bild überstand die Zeiten eher trotz als wegen der Hochelfen und ich würde den Satz aus der Beschreibung streichen: "Oft festigte es die Einheit des Volkes der Hochelfen" und dadurch ersetzen, dass es die Einheit der Elfen (1) untereinander, (2) gegen die Hybris der Hochelfen und (3) ggf. auch zu anderen Völkern (v.a. zu den Menschen) stärkte. Alle drei Punkte treffen nur dann zu, wenn etwas oder jemand die Harmonie der Welt (auch im Sinne eines Einklangs der Lebewesen mit ihrer natürlichen Umwelt) dergestalt zu stören drohte, dass vereinzelte Maßnahmen nicht Elfen (und in der Hinsicht waren die Hochelfen zeitweise, jedenfalls am Ende ihrer Geschichte, eher Störenfriede als denkbare Verbündete oder Nutznießer des Bildnisses).
Das Bildnis symbolisiert somit ein Mahnmal der steten Gespaltenheit zwischen so etwas wie der Fügung in (naturphilosophisch gesprochen) göttliches Recht einerseits und die Weiterungen aller Vernunft andererseits. Im Konflikt zwischen den Nandussöhnen steht Rohal für die (Selbst-)Beschränkung durch höhere Gesetze, für das, was verborgen bleiben muss, weil dessen Enthüllung zwar Freiheit bedeutet, aber die Entgrenzung einer absoluten Freiheit die Gefahr des Chaos in sich birgt, denn Grenzenlos sind nur die Niederhöllen. Borbarad hingegen glaubt an die absolute Macht einer Vernunft, die jedes Chaos in Ordnung zwingen kann, wenn sie nur stets über sich hinauswächst. Die Denkweise Rohals steht der Sichtweise der ursprünglichen und der heutigen Elfen näher, die Borbarads der Hochelfenhybris. Die Kipppunkte ähneln sich in beiden Fällen: einmal Namenlose Verführung, die Untergang gipfelt, auf der anderen Seite die iribaar'sche Schlussfolgerung, dass Magie für alle ohne Preis möglich sei; gewissermaßen der (Irr[!]-)Glaube der Möglichkeit grenzenlosen Wachstums.
Was heißt das für die Kampagne?
Ich will nicht, dass Luzelin das Zeichen übermittelt. Das sollen die Spieler gerne glauben, die die Kampagne bereits kennen. Vielleicht nutze ich das für einen Überraschungscoup der Gegenseite: Die Hexen des Blautanns sind im Überlebenskampf gegen die vampirisch-namenlose Bedrohung begriffen. Selbst Gwynna ahnt nur, was genau dort vor sich geht (im Ahnen und ungefähren Wissen sind Hexen ja super) und kann die SC entsprechend warnen. Die vampirische Bedrohung als Überraschung funktioniert bei Kennern sowieso nicht, außer eben in den denkbaren Ausmaßen (die quasi epidemische Verbreitung des Vampirismus entfaltet sich in einem dichter bevölkerten Aventurien schon aus Plausibilitätsgründen besser). Luzelin kann aber - in der vom Abenteuer vorgesehenen tragischen Rolle - bleiben (zur Kontrolle von Vampiren haben NL Geweihte bei mir eine Liturgie:
Bindung der Blutknechte des Herrn), verweist eben auf die Elfen. Diese mögen ihr Wissen um das Bildnis mit den "Hexen Nordaventuriens" durchaus geteilt (aber nicht gleich ihr Erbe angetreten) haben, jedenfalls hinreichend, um die Bedeutung des Zeichens sowie Kontakt zu vermitteln.
Wenn festzustellen ist, dass das Wandelnde Bildnis Bindeglied zwischen den ersten und den letzten Elfenvölkern ist, die harmonische Klammer ihres Weltwirkens, wer wäre besser geeignet, es zu überreichen als
Athavar Friedenslied? Der Lichtelf der späteren Generation hat als diesseitig Geborener eine besondere Beziehung zur Welt (vlt. mache ich ihn auch zum Sternenträger, was er, glaube ich, offiziell nicht ist; eigentlich spielt das aber auch keine so große Rolle), er ahnt (wohl gemerkt: nicht weiß) um seine Bestimmung (also: sein Ende) und die des Volkes der Elfen. Borbarad ist sein Schicksal (und womöglich nicht zufällig in jenem Moment, in dem der Zeitalterwechsel im Konflikt um das Ur-Ei (des Allvogels, den ich im Übrigen metaphorischer verstanden wissen möchte) auf dem Spiel steht, auch wenn Fuldigor sicherlich das größere Wort mitzureden hat; die Lichtelfen brillieren ja gerade durch ihre Freiheit von göttlicher Bestimmung, was durchaus als eine gewisse Freiheit kosmisch-karmaler Verbindungen und Zwänge verstanden werden kann). Doch er kann auch erneut und zum (vorerst?) letzten Mal (aus der Perspektive der Elfen) das Bündnis zwar nicht schmieden, aber die Fähigkeit dazu überreichen.
Wie und wo er auftaucht oder gefunden wird, weiß ich noch nicht. Aber sicherlich wird die Gegenseite Bemühungen unternehmen, das zu unterminieren. Denn Pardona weiß (und ahnt nicht) um diese Bedrohung, um die Macht des Zeichens, das dem Volk, das sie zu verführen half, so fremd war. Wenn ich sage, dass sie es weiß, aber nicht ahnt, dann soll das keine Höherqualifizierung gegenüber Athavar Friedenslied darstellen, sondern im Gegenteil: Gerade weil das Zeichen für Intuition und Ahnung steht, ist es mit fixierten Konzepten wie Wissen oder Herrschaft nicht zu fassen. Als lichtelfisches Extrakt entzieht es sich in einer ur-magische Weise den kosmischen Gegebenheiten, denn Magie ist gewissermaßen die Wildcard der Schöpfung (und als solche wiederum in die kosmische Ordnung eingeschrieben, nur eben nicht unbedingt von den karmalen Wesenheiten gelenkt). Pardona selbst ist natürlich zu beschäftigt, um sich darum zu kümmern. Und im Prinzip genügt es, die SC auszuschalten, da der Lichtelf für sie unfassbar bleibt. Aber vielleicht kann er dazu verleitet werden, sich (hier schon) zu opfern, um die SC aus einer misslichen Lage zu retten? Am Ende entscheidet deren Handeln und Erfolg also sehr wohl über den Verlauf der Dinge. Denn wer weiß, was geschehen wird, wenn Ahtavar Friedenslied hier schon seine Bestimmung erfährt oder jedenfalls dergestalt in die Wirklichkeit eingreifen muss, dass ihm später die Kraft fehlt (genaue Auswirkungen überlege ich mir später ausgehend vom Ergebnis des Szenarios).
Was kann das Zeichen?
Ich würde mich hierfür schlicht an elfischer Zauberei, insbesondere den Elfenliedern orientieren - und die Wirkung (d.h. passende Lieder) an den Charakter des Trägers anpassen. Für den Hobby-Barde passt das soweit ganz gut. Und ich weiß auch nicht, wie sich der SC bis dato noch entwickeln wird. Das Zeichen könnte als Ritualgegenstand ähnlich dem
Iama verhalten. Harmonie soll zwar das Sujet des Zeichens bleiben, aber im Wesentlich durch den SC definiert werden, denn meines Erachtens werden die Zeichen mindestens so sehr von ihren Trägern bestimmt wie umgekehrt (was sowohl spielerisch als auch dramaturgisch und vom Hintergrund der Zeichen als freie Radikale und Zünglein auf der Schicksalswaage im göttlichen Widerstreit passt). So bleibt immer die Option der anderen Entscheidung offen (z.B. in irgendeiner Art: [wenigstens partiell] für Borbarad); bei jedem Zeichen (auch wenn die Tendenz beim Zweiten Zeichen klar ist, ebenso beim SC, soweit ich das vom Konzept ausgehend antizipieren kann). Nur ein Weltfremdeln und Verelfen soll es nicht werden. Das wäre auch das Gegenteil dessen, was das Zeichen prinzipiell intendiert. Das Risiko eines Missbrauchs und der Geist der Veränderung sind Athavar Friedenslied bewusst. Schließlich ist Veränderung das Wesen der kurzlebigen Völker, wohingegen das Bewahrende der Elfen zu schwinden droht. U.a. deshalb ist die (perspektivische) Selbstaufgabe als die initiale Veränderung sein notwendiger Schritt.
Nepolemo ya Dolvaran hat geschrieben: ↑07.12.2019 11:30
Finde ich super! Vielleicht kannst Du nach einiger Benutzung dieser Elfenlieder einbauen, dass der Held langsam den Vorteil Zweistimmiger Gesang erhält - fände ich ganz passend.
Das ist ganz ohne Probleme machbar: Das Bild selbst kann mitsingen (was man durchaus sehen und hören kann).
Eine (Aranier-)Katze passt im Übrigen auch - das kann ich schon mit einiger Sicherheit sagen - zum Seelentier des SC (ohne damit sagen oder ausschließen zu wollen, dass das Zeichen immer dem Seelentier des Trägers entspräche).