Also: meine Frau und ich haben uns gestern über die Ausgestaltung eines thorwalschen Travia-Geweihten unterhalten und sind nicht ganz so schlau daraus geworden, was denn ein Travias-Diar nun darf oder auch nicht; meine Überlegungen und Fragen beziehen sich vor allem auf die Verhaltensweise während einer Heerfahrt.
Da der Post mit den langen Zitaten, nun ja, recht lang wurde, hier eine kurze, strukturelle Übersicht:
- Gedanken
- Fragen
- Quellzitate
- tl;dr
--- Gedanken---
- Der Travia-Glaube der Thorwaler entspricht nicht der mittelreichischen Kirche (UdW53, TV 100); es mag aber über die Jahrhunderte einen mittelreichischen Einfluss gegeben haben.
- Die Familie, die Sippe oder die Schiffsgemeinschaft und ihr Zusammenhalt ist zentrales Element der thorwalschen Travia-Interpretation (UdW 52, 53)
- Einige Elemente stehen bei den beiden Kulturen im Gegensatz zueinander (TV 100): so ist Treue im Mittelreich auch auf sexuelle Treue ausgeweitet (WdG 71), während Thorwal da weniger Anstoß dran nimmt (UdW 53).
- Tatkraft und Hilfsbereitschaft werden in Thorwal mehr geschätzt als (flammende) Predigten (UdW 100), wobei auch schon im Mittelreich eine gewisse Offenheit herrscht, zuallermindest, was Gebete und Zeremonien angeht (WdG 69).
- Gastfreundlichkeit und Frieden am heimischen(!) Herd spielen eine große, zentrale Rolle, wobei in Thorwal auch aktiver Heimschutz zu den Aspekten gezählt wird (UdW 52,53). Zudem ist Travia die Bewahrerin des Heims und gibt auf die Daheimgebliebenen acht (ebd.).
- Einem Menschen das Heim zu nehmen ist ein Frevel in den Augen der mittelreichischen Kirche (WdG 71), geschieht aber durch thorwalsche Hände nicht selten (TV 101).
--- Fragen ---
- Thorwaler rauben und plündern gerne Dörfer, wobei durchaus mal Heimstätten in Flammen aufgehen. Man weiß, dass traditionelle (und nicht kodifizierte) Gesetze der Thorwaler innerhalb Thorwals eine gewisse Bedeutung haben, die aber ohne zentrale Staatsmacht auch nicht immer zwangsläufig eingehalten werden können und in der Fremde ohnehin kaum Geltung besitzen. Im Vademecum wird genau das Plündern angeprangert (TV 101), was von der Kirche verurteilt wird. Die Kirche ist aber, wie eben festgehalten, nicht zwangsläufig identisch mit der Travia-Verehrung innerhalb Thorwals. Dort ist die Gemeinschaft das Wichtigste - wenn nun aber die Schiffseignergemeinschaft (lies: Ottajasko) plündert und raubt, wem ist dann die Treue zu halten? Der eigenen Kultur und dem Swafnirsglauben oder den Geboten der Travia?
- Plündert ein Traviageweihter in der Fremde ebenso fröhlich wie ein bärbeißiger "Seehändler" oder begleitet der Geweihte die Gruppe zwar, nimmt aber von Kampfhandlungen ab einem bestimmten Punkt (Eindringen in jemandes Heim) Abstand?
- Da der Aspekt der Heimbewahrung besonders betont wird (UdW 52), stellt sich zudem die Frage: Fährt ein Travias-Diar überhaupt mit hinaus oder muss er daheim warten? Oder ist die Heimat genau da, wo die Gemeinschaft ist - bei einer Sippe also im Dorf und bei einer Ottajasko unterwegs?
--- Quellzitate ---
UdW, S.53 hat geschrieben:Den Travia-Glauben haben die Thorwaler bereits aus dem Güldenland mitgebracht. Travia ist die Verkörperung der Mutter, die die frierende Familie bei ihrer Heimkehr zum warmen Herd erwartet. Sie steht für die Treue zur Gemeinschaft und zur Familie. Ihre Bedeutung als Hüterin der ehelichen Treue ist in Thorwal kaum verbreitet, und es ist unüblich, dass dem Tempel ein geweihtes Paar vorsteht.
Travia-Vademecum (TV), S. 100f. hat geschrieben:In vielem aber ist [der Glaube an Travia, Anm.] anders, als er dir im Raulschen Reich oder dem Horasreich begegnen wird. Die Familie, die Sippe oder ihre Schiffsgemeinschaften sind für die rauen Nordleute zentrale Werte.
[...]
Sie glauben gar, dass der Efferdsohn Swafnir, den sie vor allen anderen verehren, mit Travia Kinder habe, und selbst Blutopfer an die Heilige Mutter sind bei ihnen gebräuchlich! So sehr sie Travia und unsere Familie auch ehren, sie haben sich von der Verehrung der Zwölfgötter mehr und mehr abgewandt und verehren die göttliche Familie nicht so, wie es sein sollte. Auch frönen einige von ihnen dem Raub und schon viele Heime gingen in Rauch auf, wenn sie plünderten. Die können wir nicht gutheißen und müssen solchen barbarischen Bräuchen auch stets entschieden entgegentreten.
WdG, S.69 hat geschrieben:Travia zu folgen, heißt, ihre Gebote zu leben und anderen beizustehen, auf dem Pfade der Göttin zu wandeln. Hilfsbereitschaft, Gastfreundschaft, Wohltätigkeit und Tugendhaftigkeit sind dabei die wichtigsten Pfeiler, auf die sich ein traviagefälliges Leben stütz. Die Anhänger Travias schätzen die Gemeinschaft, dennoch finden die meisten der Göttin wohlgefälligen Taten nicht in den Mauern eines Tempels statt. Tatkräftige Hilfe bringt den Gläubigen seiner Göttin nicht minder nahe als das gemeinsame Gebet im Tempel. Die Gebete im Tempel folgen selten einer festgelegten Form und sind - wie auch viele Zeremonien - regional höchst unterschiedlich, denn eingeübte Riten können ehrliche Worte des Dankes, des Vertrauens und der Liebe nicht ersetzen. Wann immer man ein Lagerfeuer in der Wildnis entzündet oder mit einem Gefährten das Brot teilt, wann immer man die Herzenswärme seiner Sippe oder die Fürsorge seines Ehepartners verspürt, ist Travia zugegen.
UdW, S.52)[b hat geschrieben:Travia [/b]wacht über die daheim Gebliebenen. Die Gütige heißt man sie, Hüterin des Feuers, Bewahrerin des Heimes. Wie ein Schiff ohne Küste ist ein Mensch ohne Heimat. Der Mensch braucht ein Haus, um sich auszuruhen und die Schätze, die ihm das Meer gibt, zu genießen, und Travia gibt ihm dieses Geschenk. Selbst der Stärkste unter den Starken, der Mutigste unter den Mutigen braucht eine Sippe, sein Herz zu erwärmen und seinem Tun einen Sinn zu geben und Beistand zu finden in einer unerbittlichen Welt. Und auch das schenkt uns Travia. Ohne Familie, ohne Feuer sind wir nichts, sie gibt uns Kraft, sich den Herausforderungen des Schicksals zu stellen.
Dazu eine Beschreibung aus der Praxis des Olporter Tempels:WdG, S. 71 hat geschrieben:Gebote, Verbote, Ideale
Bescheidenheit, Friedfertigkeit, Gastfreundschaft, Großzügigkeit, Hilfsbereitschaft, Sittsamkeit und Treue sollen die Geweihten üben, wobei Treue Zuverlässigkeit einschließt. Binded sind die Gebote und Verbote der Travia-Kirche, zu deren Einhaltung auch andere angeleitet werden sollen.
Gastfreundschaft: Niemand darf einem anderen ohne zwingenden Grund Aufnahme und Bewirtung verwehren. Gast und Gastgeber dürfen einander nicht schaden. Sie sollen einander achten, schützen und nach Kräften unterstützen wie liebe Verwandte. Das Gastrecht soll nicht unnötig in Anspruch genommen werden, der Gast dem Gastgeber nicht unzumutbar lange zur Last fallen.
Herdfrieden: Im Umkreis von 12 Schritt um den häuslichen Herd oder auch ein Lagerfeuer in der Wildnis dürfen keine Kampfhandlungen stattfinden. Einem Menschen das Heim zu rauben (z.B. durch Brandstiftung), gilt als schlimmer Frevel.
Mäßigung und Wahrung von Sitte und Anstand: Alles, was das friedliche Zusammenleben stört, soll man unterlassen. Das betrifft allgemein Treue- und Vertrauensbrüche, Unzuverlässigkeit und Unehrlichkeit, aber auch "Aufforderung zum Ehebruch" durch aufreizendes Verhalten oder Kleidung. Auch Prasserei und Prunksucht werden nicht gerne gesehen, schürt die Zurschaustellung doch Neid und Unzufriedenheit und damit Unfrieden. Daraus resultieren in manchen Städten Kleider- und Festordnungen, die es den Bürgern untersagen, sich für ihren Stand unangemessen prunkvoll zu kleiden oder allzu ausschweifend zu feiern.
Treue: In jeder Lebenslage ist das Band, das Familien und Freunde zusammenhält, aus Treue und Verlässlichkeit gewoben. Einen Freundschaftsschwur oder den Eheschwur zu berechen ist nichts anderes, als die Göttin selbst zu hintergehen.
--- tl;dr ---UdW S. 100 hat geschrieben:Rorlif folgt der Überzeugung, dass warme Mahlzeiten, mitfühlende Worte und tatkräftige Hilfe mehr einbringen als eine flammende Predigt. Die Gottesdienste ähneln folglich mehr einem familiären Beisammensein als der Abfolge eines strengen Rituals: man speist, trinkt und lacht zusammen, man erzählt sich Geschichten, nicht anders als in den Jolskrimi ringsum[...].
Kann 'n thorwalscher Traviageweihter mit auf Heerfahrt oder ist das 'n No-Go?