Timonidas hat geschrieben: ↑09.08.2022 20:28Wie erklärst du dann den Aspekt Weiblichkeit bei Satuaria? Wie käme man darauf einer Gottheit einen Aspekt zuzuschreiben der für nichts weiteres als primäre Geschlechtsorgane stehen kann?
Satuarias Erwählte sind ausschließlich Frauen, Levthan-Geweihte, soweit wir wissen, nur Männer (ob das vom Kult oder von der Gottheit ausgeht, die der Weihe zustimmen muss, weiß ich gerade nicht zu sagen). Das wäre ein Argument. Ein anderes wäre, dass Levthan nicht bloß Männlichkeitsgottheit ist. Das ist lediglich ein Aspekt von vielen. Und wie wir wissen, liegt es mehrheitlich an den Kulten, die für sie zentralen Aspekte auszuwählen. In den DZ wäre eine Anrufung der Männlichkeit dergestalt denkbar, dass jemand kräftiger, bärtiger wird, eine tiefere Stimme oder sogar entsprechende Geschlechtsorgane entwickelt. Satuaria trägt die Aspekte Gift, Heilung, Tiere, Jagd, Krankheit und belebte Natur, die allesamt nichts (dezidiert oder überhaupt) mit Weiblichkeit zu tun haben. Und selbst bei Erde oder Jugend hätte man eher metaphorische Verbindungen. Einzig Gefühle greift ein Klischee weiblicher Rollenbilder auf. Auch Levthan weist mit Lust, Fruchtbarkeit, Zwang, Versuchung (wird sogar eher Frauen zugeschrieben; man denke an Eva), Vergnügen, Schönheit (als schönes Geschlecht gelten nicht die Männer), Ekstase, Betrug und Intrigen keine rein männlichen Attribute auf. Selbst unbeherrschte Emotionen werden z.T. eher Frauen (Hysterie) zugeordnet, während das männliche Stereotyp als kühl und emotionslos gilt.
Die genannten Aspekte
kann man mit Weiblichkeit oder Männlichkeit verknüpfen,
muss das aber nicht. In OiC 83 heißt es: "Auch verehrt kaum ein Kult alle Aspekte einer Gottheit." Und selbst wenn man verschiedene Aspekte mit Männlichkeit verknüpft, muss das keinen Kult ergeben, der Vergewaltigung gutheißt.
Zugespitzt gesagt: Wenn Praios diesseits des Ozeans als Magiefeind und jenseits als Gott der Magier verehrt wird, dann ist mindestens auch ein Levthanskult mit androgynem Männlichkeitsbild denkbar. Aber über die Gottheiten, die sehr viel dulden, ist ohnehin schwerer zu sprechen als über die Kulte. Diese sind allerdings vielgestaltig und wandelbar; ebenso wenig monolithisch wie Geschlechterbilder.
Timonidas hat geschrieben: ↑09.08.2022 20:28Irdische Geschlechterrollen sind kein Widerspruch dazu dass diese auch regelmäßig gebrochen werden oder Vertreter eines Geschlechts dem Typus mehr oder weniger entsprechen, der Beweis dafür ist.. naja die Erde. Es ist also völlig vereinbar miteinander zu glauben dass es archetypisch männliche und weibliche Eigenschaft gibt und gleichzeitig zu wissen dass diese für einen Großteil der Vertreter des jeweiligen Geschlechts nicht oder kaum zutreffen. Damit aber Levthan und Satuaria überhaupt Sinn ergeben braucht es meiner Meinung nach diese "Rollenbilder", andernfalls wäre eine geschlechtliche Exklusivität dauerhaft (also über jahrhunderte) nicht haltbar, weil jeder Beteiligte sich bewusst sein müsste dass die Unterscheidung arbiträr und bedeutungslos ist.
Die genannten Beispiele waren institutionell verankert in Kulten, in denen Männlichkeit und Weiblichkeit eine wichtige Rolle spielen. Das hat nichts damit zu tun, dass die Levthan-Geweihten besonders männlich und die Satu-Priester besonders weiblich wären. Dass man genau für die Bilder, was in dem Zusammenhang besonders weiblich oder männlich heißt, nicht schlicht auf irdische Klischeefolien zurückgreifen sollte, ist ja gerade mein Argument. Innerhalb der Kulte produzieren die Geschlechterunterschiede durch die soziale Praxis mit Sicherheit auch Rollenbilder. Aber mit der gleichen Sicherheit entsprechen diese nicht den typischen irdischen Rollenbildern. Möglicherweise stützen sich Anrufungen oder Liturgien, die sich auf den Aspekt Männlichkeit oder Weiblichkeit beziehen, auf die kulturell vorherrschenden Rollenbilder. Liturgien sind schließlich Menschenwerk.
Timonidas hat geschrieben: ↑09.08.2022 20:28Nur sekundär? Gibt es also auch männliche Eigeborene? Oder Männer die Eigeborene gebären? Ich finde schon dass die Weiblichkeit von Satuarias Auserwählten ein zentrales Element ist.
Eigeborene nehmen primär führende Positionen ein, weil sie besonders fähig, stark Magie begabt und tendenziell unsterblich sind; primär nicht, weil sie weiblich sind. Das ist der primäre Grund, warum Frauen auf Erasumu führende Positionen einnehmen. Darüber hinaus sind Eigeborene allesamt weiblich. Das wiederum schafft Rollenbilder, etwa dass Frauen tendenziell fähiger und magisch affiner wären. Gäbe es männliche Eigeborene, würde der primäre Aspekt - fähig, magiebegabt, langlebig - bestehen bleiben, der sekundäre der geschlechtlichen Exklusivität entfiele.
Hina hat geschrieben: ↑09.08.2022 20:25Im Zuge einer solchen aber, des damit einhergehenden Bevoelkerungswachstums, der Stratifikation von Besitzsstaenden, der Notwendigkeit der Verteidigung eben solcher gegen hungrige Nomaden, etc., scheinen es naheliegenderweise sehr wohl die biologischen Unterschiede (nicht nur Muskelmasse und Aggressivitaet, sondern vor allem Tragzeit) gewesen zu sein, die kulturell sanktionierten Geschlechterdimoprhismus bedingten.
Und in Aventurien gibt es eine gleichberechtigte Kultur weiblicher Krieger, eines geschlechtlich durchmischten bzw. indifferenten Kriegertums. Das ist ein Axiom, mit dem zu arbeiten ist. Es mag ja genügen, dass aventurische Böden fruchtbarer und die Luft heilsamer ist, um die irdisch hohe Kindersterblichkeit (die bspw. zum Mehr an Tragzeit führte) reduziert anzunehmen. Was auch immer man eben annehmen muss (oder es genauso gut lassen kann, weil sich darum niemand Gedanken gemacht hat).