Vorneweg erstmal: Ich hatte viel Spaß beim Vorbereiten und Leiten des Abenteuers. Meine Spieler*innen sind auch mit einem positivem Eindruck aus dem Abenteuer gegangen, auch wenn zwischendurch ein wenig Frustration zu spüren war. Hier sind noch ein paar detailiertere Anmerkungen, aufgeteilt in drei Blöcke:
Zeichnungen & Pläne:
Positiv: Alle Bilder haben eine hohe Qualität und helfen die Stimmung des Ortes zu transportieren. Insbesondere die ausführlichen Pläne der Außenanlage machen das Schloss greifbar und geben gute Ansätze für weitere Erkundungen. Viele Bilder glänzen außerdem mit einem hohen Detailreichtum, z. B. durch Gemälde an den Wänden oder des eingeritzten Hinweises in der Bibliothek.
Negativ: Leider sind viele Zeichnungen nicht untereinander konsistent und führen so zu Irritationen. Fast alle Illustrationen aus dem Schloss stimmen in irgendeiner Form nicht mit dem Bodenplan oder der Textbeschreibung überein. Beispiele hierfür sind der fehlende Balkon in der Außenansicht des Schlosses oder die falsche Seite der Fenster im Speisesaal. Generell transportieren die Bilder der Innenräume kaum den heruntergekommenen Zustand des Schlosses, der im Text beschrieben wird und realistischerweise zu erwarten ist. Ich habe versucht alle Fehler zu sammeln (
Schloss_Strobanoff/Inoffizielle_Errata).
Diese Unterschiede waren besonders ärgerlich, da sie scheinbar nur an einer fehlenden Absprache unter den Zeichner*innen liegen.
Ich kann verstehen, dass eine Karte der Katakomben absichtlich weggelassen wurde, um Spielleiter*innen maximale Freiheit zu geben und diesen Teil evtl. auch eher erzählerisch abzuhandeln. Allerdings wäre für die Verfolgung durch eine rollende Kugel ein Plan sehr hilfreich, um die Abstände darzustellen. Auch für das Bodenplatten-Rätsel hätte ich mir ein Handout gewünscht, da die Spieler*innen dadurch besser ihre Optionen sehen können.
Rätsel:
Hierzu wurde schon vieles gesagt, ich versuche nur die wichtigsten Punkte anzugeben.
Positiv: Es wurde hier ein glaubhaftes Setting geschaffen, um ein paar Rätsel unterzubringen. Strobanoff hat mit seiner Erfahrung als ehemaliger Abenteurer und einem Schloss zwei perfekte Voraussetzungen, um einen Rätselparcour umzusetzen. Die Rätsel sind so aufgebaut, dass sie parallel lösbar sind, wodurch Spieler*innen an verschiedenen Stellen gleichzeitig rätseln können. Außerdem wurde auf Abwechslung geachtet, sodass auch Spieler*innen, die weniger Lust auf Decodieren oder Zahlenrätsel haben, andere Möglichkeiten zur Mithilfe gestellt bekommen.
Negativ: Abgesehen vom Schwierigkeitsgrad machen leider auch eine suboptimale Umsetzung (z. B. Gedicht oder Dreieck-Rätsel mit Teleskop) die Rätsel zu einer Frustrationsquelle. Meiner Gruppe war das Gedicht auch mit Vereinfachungen noch zu schwierig. Auch weise ich hier auf die guten
Anmerkungen von Nandurion hin, dass die Verschlüsselung nicht der Vigenère-Chiffre entspricht, sondern um 1 verschoben ist.
Ein weiteres Problem ist die Belohnung, die man durch das Lösen des Rätselpfads erhält. Meine Spieler*innen wollten direkt in den Irrgarten und erst recht nachdem sie das Bild mit Raidri gesehen haben. Als sie dann nach einer aufwendigen Schnitzeljagd nur dorthin geführt wurden, wo sie ohnehin hingehen wollten, war das nicht besonders befriedigend. Leider ist mir hierfür keine bessere Lösung eingefallen.
Ausführlichkeit und Vorbereitungsaufwand:
Positiv: Einer der größten Pluspunkte dieses Abenteuers sind mit Sicherheit die ausgearbeiteten Regeln. Hier werden nicht nur gute Verweise auf existierende Regeln gegeben (Informationssuche, Sprungweite, etc.) sondern auch neue Ansätze wie Ausrüstungs-Level vorgestellt.
Mir persönlich hätten auch ein (beispielhafter) Zeitablauf und mehr Szenen, die vorkommen könnten viel geholfen, aber ich gehe davon aus, dass diese Ausführungen nicht eingeplant waren und bewusst nur ein möglichst freier Sandkasten zur Verfügung gestellt wurde.
Negativ: Die Recherche in Festum erschien mir schon im Vorhinein relativ aufwendig und ohne einen großen Mehrwert für die Helden. Hier fehlte mir leider die Belohnung und der Anreiz für die Helden. Sie konnten zwar viel über den Hintergrund herausfinden, aber ohne lohnenswerte Vorteile dadurch zu erhalten. Das ist sehr schade, da dieser Teil auch wieder sehr gut ausgearbeitet wurde. Es werden Regeln für die Recherche zur Verfügung gestellt, Informationen gut dargestellt und interessante Meisterpersonen beschrieben. Wenn die Helden allerdings schon wissen, dass sie sich eigentlich auf die Reise machen sollten, ist es schwer sie noch zum Sammeln von Informationen zu bewegen.
Fazit:
Das Abenteuer bietet ein solides Grundgerüst mit vielen kreativen Ideen und gut ausgearbeiteten Regeln. Es ist hier gelungen ein klassisches Konzept von Rätseln und Fallen in ein glaubhaftes Setting einzubetten und spannende Optionen zu entwickeln.
Allerdings kommen diese leider durch einen hohen Schwierigkeitsgrad nicht so leicht bei den Spieler*innen an. Auch war für mich persönlich die Flexibilität des Abenteuers kein besonders großer Vorteil und ich hätte mir weniger Optionen und dafür mehr konkrete Situationen zwischen den Parteien gewünscht.