Ich habe das Abenteuer als Spieler erlebt und inzwischen auch gelesen und muss sagen, dass es mich nicht wirklich überzeugt.
Das hier schon mehrfach gepriesene Flair Havenas wird vom Abenteuer eigentlich gar nicht transportiert - das ist dann offenbar jedesmal die Eigenleistung der jeweiligen SL gewesen. Gerade das 'Fehlen' von Havena (das Abenteuer bindet kaum einen der vielen interessanten Orte Havenas oder der Unterstadt in die Handlung ein) ist aber mMn ein sehr großes Minus für ein Abenteuer wenn es für den Antho-Band zur RSH 'Am großen Fluss' geschrieben wurde.
Weiterhin finde ich die Darstellung der Unterstadt als einem der gruseligsten und mysteriösesten Orte an der Westküste reichlich unspektakulär. Auch hier fehlt wieder die Einbindung der vielen interessanten Örtlichkeiten, die die RSH für die Unterstadt beschreibt und die Handlung im Abenteuer beschränkt sich auf übliche 'Sumpf-Ereignisse'. Es gibt halt aggressive Flora und Fauna, hier und da treibt gefährliches Gerümpel im Wasser und wenn man nicht aufpasst, wird man von Sumpfgas umgemördert.
Die Handlung an sich ist sehr geradlinig und ohne großartige Verwicklungen - was zwar einfach zu meistern ist aber ein ganz schlechtes Licht auf die Havener Obrigkeit wirft: Stichwort 'dämliche NSCs'. Da gibt es offenbar seit über 20 Jahren einen finsteren Dämonenkult in der Unterstadt - dessen Existenz spätestens seit 'Reise zum Horizont sowohl König Cuano als auch dessen Bruder, dem Meister der Brandung Efferdan, bekannt ist - und kein Schwein versucht den auszuräuchern! Und das ist, wie uns das Abenteuer zeigt gar nicht so schwer, immerhin muss man ja nur einen der drei abgewrackten Unterstadtführer engagieren und schon findet man den geheimen Unterschlupf der Bande bei einer Nachmittags-Kaffeefahrt. Hier hätte man wesentlich besser damit spielen müssen, dass der Unterschlupf nur dadurch zu finden ist, dass Vilai will das er gefunden wird.
Insgesamt ist allerdings die Unterstadt ein Setting, dem man die DSA-Altlast voll anmerkt: Seit 300 Jahren hat offenbar niemand versucht, mal die vielen Geister zur Ruhe zu bringen, die Toten zu bestatten oder den dämonischen Riesenkraken zu beseitigen - man hat halt einen Damm und wenn doch was drüber kommt, versteckt man sich zuhause.
Das Setting kann man allerdings dem Abenteuer nicht anlasten, da es eben eine Altlast ist, die sich nur schwerlich streichen lässt. Auch dass es vom Abenteuer benutzt wird, ist hier kein Minus, da Havena und die Unterstadt eben unbedingt in die Antho zur Region reingehört.
Was man dem Abenteuer dagegen ohne Probleme vorwerfen kann, ist die mangelnde Anwendung der DSA-Regeln. Gerade Vilai ni Vecushmar ist wieder mal so ein Stahlschienen-NSC: vergleichende Proben - geht nicht; Werte - gibts nicht. Magischen Untersuchungen setzt sie ihre 'eiserne Selbstbeherrschung entgegen' - das wird mein Thorwaler in Zukunft auch so halten, davon hat er nämlich, im Gegensatz zur Magieresistenz, jede Menge. Wenn dann noch in der RSH einige Werte für Vilai angegeben sind (die übrigens Selbstbeherrschung gerade nicht als eines ihrer Spitzentalente listen), dann gehören die auch ins Abenteuer. Hier hätten sich die Autoren eher mal Gedanken darum machen müssen, wie Vilai etwaige Verdachtsmomente zerstreut - von denen mit ihren Werten garantiert einige aufkämen - als einfach zu sagen: geht halt nicht.
Daneben nimmt sich dann der Kleinkram wie falscher Sturzschaden etc. pp. eher gering aus.
Das im Endkampf die Seeschlange auftaucht, finde ich weniger verwerflich, immerhin wurde die schon durch ältere Abenteuer gesetzt. Dass das Abenteuer aber irgendwie erwartet, dass die Helden gegen den Ömmel kämpfen und ihn so stark verwunden, dass er flüchtet, ist irgendwie fehl am Platze. Da hätte man sich vielleicht den angegebenen Wertekasten auch mal ansehen sollen.
Naja, insgesamt schwanke ich zwischen 2 und 3 Punkten (weil das 5 Punkte-System einfach zu wenige Abstufungen zulässt).
Ich gebe mal 3 Punkte mit einer sehr starken Tendenz in Richtung 2 Punkte.