Schauen wir uns doch einmal an, was Masi da auf die Beine gestellt hat. "Goldene Flügel" ist ein recht gelungenes Abenteuer, das sich mit Namenlosem Wirken auf Maraskan auseinandersetzt. Dass es dadurch zu recht vielen Abenteuern mit namenlosen Umtrieben kommt fällt zwar auf, ist dem Abenteuer aber nicht wirklich anzulasten. Allerdings merkt man dem Abenteuer recht deutlich an, dass es wohl für den Goldenen Becher 2006 gedacht war: Das Wirken des Rattenkindes in einem Kloster und die "überraschende Wendung" (tm by Goldener Becher) verweisen doch recht deutlich auf die Wettbewerbsbedingungen.
Der Plot ist in sich logisch und stimmig, die Motivationen der Figuren sind klar und die Integration der Heldengruppe funktioniert ebenfalls.
Nach dem sehr klassischen Einstieg über einen Auftraggeber - so etwas wirkt etwas einfallslos, aber zugleich auch wieder erfrischend – folgt mit dem ersten Akt die Seereise nach Maraskan. Dass Michael es hier schafft eine logische und stimmige Reise nach Maraskan mit viel Flair auszugestalten ist ihm hoch anzurechnen, auch wenn es mit dem nautischen Vokabular nicht immer so passt. Der Seekampf ist auch gut ausgearbeitet, leider spielt hier etwas zu viel Railroading herein, wenn nicht nur festgelegt ist, dass die Helden den Kampf nicht gewinnen können, sondern auch noch feststeht welche Figuren überleben dürfen und welche das Zeitliche segnen. Etwas mehr Flexibilität wäre hier wünschenswert.
Das maraskanische Flair im zweiten Akt kommt sehr gut herüber, auch weil der Autor einen sehr angenehmen, leicht maraskanisierten Schreibstil besitzt, der schon beim Lesen auf die besondere Atmosphäre der Insel vorbereitet. Die Figuren funktionieren und sind knapp, aber aussagekräftig, beschrieben.
Die Reise im Dschungel – Akt 3 – verdient allein wegen der Einführung des Marans Aufmerksamkeit, das gelingt nämlich recht gut. etwa ungünstig ist, dass die Expedition ganze 16 Figuren umfasst. Zwar hat man so recht viele redjackets zur Auswahl, für eine Entbehrungsreiche Expedition sind mir dies aber zu viele Figuren, die den Helden Arbeit abnehmen oder unpersönlich im Weg herumstehen. Hier wäre weniger mehr gewesen. Dafür gefällt mir das Zusammentreffen mit dem "alten Bekannten" Frumold (aus „Die Überlegenen) und seiner eigensinnigen Philosophie.
Der Dungeon im Dschungel ist auch recht gut beschrieben, der Kampf ist hart und bietet ein gutes kleines Finale.
Der Detektivplot in Kapitel 4 ist ordentlich aufgebaut und strukturiert, leider gibt es hier aber auch einige Fälle, die so nicht hätten sein müssen. Ob dies nun Figuren sind, die den Helden machtlos unter den Händen weggestohlen werden oder die Ankündigung eines Treffens, das dann mit Sicherheit nicht stattfindet, ein bisschen mehr Einflussnahem der Helden wäre hier schön. Dafür gelingt es dem Autor sehr gut falsche Fährten zu legen, ob es nun der Paktierer ist, den diesmal keine Schuld trifft oder auch die verstümmelte Priesterin ohne Bezug zum namenlosen - das hat Stil.
Das große Finale unter dem Tempel ist mit guten Regelvorschlägen ausgestatte und ist im Großen und Ganzen klassisch: Verhinderung eines Rituals. vielleicht auch etwas zu klassisch und mit zwei übermächtigen Gegner, die durch die Zerstörung von Artefakten getötet werden – eben das kleine und das große Finale – wiederholt sich in diesem Abenteuer einiges. Leider besteht Michael auch im Finale wieder darauf, dass gewisse Figuren überleben, was die Ausgestaltung schwieriger macht.
Der Ausklang um "Die Kindliche" und das Rätsel um den Draijsch wissen zu gefallen, vor allem da das Rätsel zwar maraskanisch ist, aber nicht unbedingt zur Lösung des Abenteuers nötig. So wirkt es nicht wie ein dämlicher plot device wie Rätsel in "Schlacht in den Wolken", sondern als ein geschickt eingesetztes Mittel neben anderen.
Die Struktur des Abenteuers ist recht gelungen, auch wenn man wegen der Karten im Anhang und den verteilten Figurenbeschreibungen manchmal etwas viel Blättern muss. Dass sich die Beschreibung der Schurken aber am Anfang des Abenteuers befindet begrüße ich, da der Charakter der Geschwister eben auch zum Hintergrund des Abenteuers gehört.
Die Vorlesetexte sind meist stimmungsvoll und gelungen, leider schriebt Michael den Helden aber hier manchmal Empfindungen und Aktionen vor, im Vergleich mit anderen DSA-Abenteuern hält sich dies aber in Grenzen.
Der Plan der Geschwister und die dahinter stehende Philosophie wissen sehr zu gefallen, das passt alles zur Marakan-Beschreibung und ist zudem intelligent. Da ist es fast schade, dass es dann am ende doch nur ein böses Ritual(tm) und eben keine Bewährungsmöglichkeit für das Rattenkind ist. Auch haben mir dämonische Artefakte und Paktierer – auch wenn nur im Hintergrund – noch etwas zu viel Einfluss auf dieses Abenteuer. ich hatte darauf gehofft, dass es auf Maraskan auch einmal ohne geht, da hätte der Asfaloth-Bezug im Ritual kleiner sein können. An den Geschwistern als Schurken sehe ich nur wenige Schwächen, denn diese Schwesternsekte ist sehr schön ausgearbeitet. Mich stört nur der frühe und recht arglose Verweis auf den Namenlosen bzw. "Wir wollen dem Namenlosen eine Chance geben" durch die Geschwister, die dann auch noch gold-purpurne Ornate tragen, in dieser Kombination war mir das beim lesen zu viel, beim Spielen kommt man aber wohl nur schwer auf diesen Zusammenhang.
Leider gibt es ein paar regeltechnische Krücken, so st es mir unverständlich, dass ein Held, der Ruuz spricht sich lange mit der Entschlüsselung von Frumolds Aufzeichnungen, die ja eben in Ruuz gehalten sind, herumschlagen soll. Das wirkt eher so, als sollten den Spielern dise Informationen nicht zu früh zugänglich gemacht werden.
Die maraskansichen Texte und Zitate im Abenteuer sind allesamt atmosphärisch dicht, werden aber zum Glück so sparsam eingesetzt, dass sie wirklich die Lesefreude erhöhen und nicht nerven. Insbesondere schön ist, dass auch Michaels alter Ego Keideran zu Wort kommt.
Die Zeichnungen von Mia sind richtig schön und passend, meines Erachtens eines der am besten illustrierten Abenteuer. Aber leider sind einige der Bilder etwas zu dunkel gedruckt.
Zum Fazit: Ein logisches und stimmiges Abenteuer, das wirklich maraskanisch ist und nur einige wenige Schwächen hat. Verzichtet der Autor auf einige Regelkrücken und zu viele Vorschriften so steht der perfekten Punktzahl fast nur noch die zu hohe Teilnehmerzahl der Expedition entgegen. Wegen der kleineren Macken ziehe ich einen Punkt ab und komme auf 4 Punkte für die heiligen vier Kapitel des Abenteuers - wie das Theater der vier regeln oder die vier Akte der Honinger Geschichten. Maraskan-Abenteuern kann man ja auch wegen der Zahlenmystik kaum fünf Punkte geben
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