Ungelesener Beitrag
von Skalde » 22.01.2023 12:33
Gestern haben wir das Abenteuer beendet - tja, was sagt man dazu? Fange ich mal mit dem Positiven an.
Die grundsätzliche Story ergibt größtenteils Sinn, nur im letzten Kapitel driftet sie ins absurde ab. Ein großes Plus, wie hier schon angesprochen wurde: Es ist fast für jeden Heldentypus was dabei. Sowohl Sozialcharaktere wie auch Kämpfer, Wildniskundige und Zauberlinge aller Art können an verschiedenen Stellen glänzen. Das Abenteuer führt die Helden an viele verschiedene Orte, die auch recht detailliert beschrieben werden. Die NSCs kriegen ausführliche Beschreibungenund teilweise sogar Porträts, fast alle haben nachvollziehbare Motivationen. Grundsätzlich macht Klar zum Entern viel richtig, der dafür bereitgestellte Soundtrack ist ein nettes Sahnehäubchen. Wir haben über ein Jahr daran gespielt und hatten viel Spaß, aber gegen Ende hat es sich sehr gezogen. Kommen wir also zu den Kritikpunkten.
Railroading: Und nicht zu wenig davon. Ich hab ja eine recht große Toleranz für Schienenabenteuer, aber dieses hat mich über weite Strecken bloß geärgert. Die Verfolgungsjagd mit der "Schwarzer Hanfla" - was für ein Witz. Die Verhandlungen in Kannemünde haben sich etwa dreimal so lang angefühlt, wie sie tatächlich gespielt wurden; El Harkir, den man nicht einfangen kann, dann die Geisteraustreibung, die auf unfassbar platte Weise später den Bruch der Allianz herbeiführt; und oben drauf das Sahnehäubchen: Der Tod Faviras. Als unser SL die Stelle vorgelesen hat, ist die ganze Tischgruppe spontan in Gelächter ausgebrochen, so klischeehaft-gezwungen kam das rüber.
Das letzte Kapitel: Ich weiß gar nicht, wo ich da anfangen soll. Zuerst: Obwohl die Helden von Stoerrebrandt als Söldner angeheuert wurden, ihm mindestens zweimal das Leben gerettet haben und (ja, gut bezahlt, aber dennoch) weit mehr als ursprünglich vereinbart für ihn geleistet haben, wird irgendwie erwartet, dass sie sich bedingungslos loyal auf seine Seite stellen, obwohl sie einem völlig aussichtslosen Kampf entgegensehen. Vielleicht sollte "blinde Loyalität zum Hause Stoerrebrandt" als Grundvoraussetzung für SC in diesem Abenteuer genannt werden, uns fiel jedenfalls kein Grund ein, warum wir uns nicht einfach verkrümeln sollten. Die ganze Geschichte um die Windsbraut kommentiere ich jetzt mal nicht, weiter hergeholt geht ja wohl kaum. Ein Tipp für Leute, die es in Zukunft leiten wollen: Lasst Favira einfach weit weg von den Helden in der Schlacht sterben, dann fallen die melodramatische Klischeeszene und das ätzende "Ihr könnt sie nicht mit Magie heilen weil ist so!" weg und der Konflikt kann durch gegenseitige Vorwürfe zwischen Siebenwind und Stoerrebrandt ausbrechen.
Siebenwind: Ich schätze mal, sein Verrat sollte die Helden schockieren, aber das klappt nur, wenn er vorher zuminest ein bisschen sympathisch rüberkommt. Und das tut er nicht: Er ist ein übler Schurke. Das einzige, was ihm etwas bedeutet, ist sein Schiff. Er zeigt sich nicht im mindesten dankbar für seine Rettung vor dem Muränenbecken, er bittet die Helden erst um Hilfe wegen eines Geistes und ist dann sauer, wenn sie ihn austreiben.
Unsere Version: Wir haben einiges in diesem Abenteuer anders gemacht. Der SL ist zwar ein Railroader vor dem Herrn, aber irgendwann hat er es auch eingesehen.
Die "Schwarzer Hanfla": Da keiner von uns auf die Idee mit dem Malmer kam, gab es ein spektakuläres, verzweifeltes Gefecht mit Auweichmanövern, Rammangriffen, Illusionen und Geschützfeuer. Hier wie auch im Rest des Abenteuers gilt: Wenn die Helden nicht zu reinen Statisen verkommen sollen, sollten ein paar gute Fernkämpfer und mindestens einer mit ein paar Punkten in Belagerungswaffen dabei sein. Mein Achaz-Pirat hat die Schwarzer Hanfla schließlich zerstört, indem er mit einer bestätigten 1 eine im Feuer glühend erhitzte Rotzenkugel in die Drachenzunge der Al'Anfaner geschossen und das Schiff dadurch in Brand gesetzt hat.
Siebenwinds Befreiung: Statt dem Unfug mit dem Gouverneurspalast haben sich zwei unserer Helden ins Gefängnis werfen lassen, im Schutz eines Silentium sich selbst, dann ein paar Piraten und schließlich Siebenwind befreit, dann haben wir eine im Hafen liegende Trireme geentert, die Rudersklaven mit dem Versprechen auf Freiheit zu Höchstleistungen angestachelt und uns dünne gemacht. Vom Turm aus haben zwei Helden die Kette straff gezogen und die Mechanik zerstört, sodass unsere Verfolger uns erst mal nicht hinterher kamen.
Die Schlacht um Port Stoerrebrandt: Lief bei uns etwas anders ab. Die Kommandoaktion hat soweit funktioniert. Wir haben einen al'anfanischen Offizier mittels magischer Gehirnwäsche davon überzeugt, dass die Leute in der Hafenfestung Verräter sind, woraufhin er mit seiner Einheit versucht hat, die Festung zu stürmen. Es gab also ein Gefecht am Tor, währenddessen sind wir plus ein paar befreite Seewölfe mit Seilen auf die Türme geklettert und haben die Besatzung ausgeschaltet. Und dann kam es anders als im Abenteuer. Unsere Flotte lief in den Hafen ein, wir identifizierten die Golgari als größte Bedrohung und haben sie von der Hafenfestung aus an Bug und Heck in Brand geschossen. Eine weitere Salve hat das Ruder zerstört, woraufhin sie brennend und manövrierunfähig am Ufer liegenblieb. Die Magierin und der Achaz sind zur Golgari geschwommen, haben die Rudersklaven durch ein mit Desintegratus geschaffenes Loch in der Bordwand befreit und im Schiff schnell noch die Tür zur Munitionskammer geöffnet und ein bisschen Brandöl ausgegossen - kurze Zeit später, wir und die Sklaven waren gerade am Ufer, ist die Golgari dann auch folgerichtig explodiert. Unser Meister hat mehrfach mit leichter Panik gemeint, dass die eigentlich entkommen sollte, aber spätestens nach dem Volltreffer (war glaub ich wieder eine bestätigte 1) in die Ruderanlage des ohnehin lichterloh brennenden Schiffes wäre das einfach nicht mehr glaubwürdig gewesen.
Die Idee mit den Zweikämpfen in verschiedenen Stilen während der Schlacht ist ja ganz nett, aber unsere Helden waren alle so derartig angeschlagen von der Kommandoaktion, das wir uns mit der Gouverneursfamilie in einem Gewürzfeld versteckt und den Truppen der Allianz das Kämpfen überlassen haben. Von Selbstmord stand nichts in unserem Vertrag mit Stoerrebrandt.
Das Ende: Nachdem unglaublich klischeehaften Tod von Favira und Siebenwinds Befehl: "Plündert Port Stoerrebrandt!" wollten wir erst ein bisschen mitplündern, dann kam uns spontan die Idee: "Hey, wollen wir Siebenwinds Schiff klauen?" Gesagt, getan, seine Piraten waren alle mit Plündern beschäftigt, wir haben zusammen mit ein paar Dutzend der befreiten Rudersklaven die Jadedame geentert und sind aus dem Hafen gesegelt, während Siebenwinds verzweifelte Wutschreie hinter uns herklangen. Der blöde Arsch hatte es, da waren wir uns einig, nicht besser verdient. Wer aber etwas besseres verdient hat war die arme Mascha (die Gouverneurstochter), also haben wir sie gefragt, ob sie mitkommen will, und sie hat sich spontan entschieden, lieber Piratin zu sein als Spielball ehrgeiziger Heiratspläne. Das letzte Kapitel ist bei uns also ausgefallen und als unser SL uns eine Kurzfassung des Inhalts gegeben hat, haben wir das nicht bedauert.
Das Abenteuer hat Potential und ich würde ich eigentlich gerne eine bessere Bewertung geben, aber wegen des fiesen Railroadings und vieler wirklich nerviger und gezwungen wirkender Handlungselemente habe ich zwischen zwei und drei Punkten geschwankt und mich letztendlich für zwei entschieden. Mit der Anmerkung, dass man deutlich mehr daraus machen kann, wenn man es offener gestaltet.
"Bringt das Schiff in Position! Stellt es senkrecht!"
Dariyon, Avesgeweihter
"Auf die Zwölf und für die Zwölf!"