Ungelesener Beitrag
von Bergbewohner » 14.03.2023 01:34
Der Totenpilz oder auch: Angroschs Gedächtnis
Das Schürfen im Berg ist gefährlich, und auch der Berg selbst ist gefährlich. Zwerge haben Unfälle in Stollen, Tote können manchmal geborgen werden, manchmal nicht. Siedlungen müssen aufgegeben werden weil Veränderungen im Gestein das bewohnen zu unsicher machen. Ein Zwergenleben zu führen bedeutet manchmal, auch einen Zwergentod zu sterben, und den Willen des Bergs zu respektieren.
Aufgegebene Stollen und Höhlen liegen brach und werden (nachdem alle Reichtümer herausgebracht wurden natürlich) als Grab für die Toten in Frieden gelassen. Wer trotzdem in die Höhlen steigt, der begegnet im Lauf der Zeit manchmal kleinen Asseln, Ratten, Flechten und anderes Gewächs, das hier im Berg leben kann. Ein Gewächs davon ist der Totenpilz, oder auch Angroschs Gedächtnis.
"Unsere Expedition führte uns den alten Stollen entlang. Der Boden war voller Geröll, die Decken besonders niedrig. Immer wieder waren einzelne Seitengänge eingestürzt, und wir fanden eines Tages die Knochen eines lange verstorbenen Zwerges am Boden eines Erdspalts. Manchmal habe ich das Gefühl, das mich jemand beobachtet. Kann es sein, dass die Toten hier Augen haben und unseren Weg verfolgen? Korrona sagte, sie könnte keine Geister sehen, aber auch sie ließ das Gefühl nicht los - das Gefühl einer Hexe täuscht sich selten. Und Bradadoch hält Messer und Axt seit geraumer Zeit besonders oft kampfbereit in seinen Händen, auch wenn uns der letzte Gegner vor Wochen heimgesucht hatte [...] wir betraten die Höhle, und sie war schwach erleuchtet durch die Pilze, die hier und da wuchsen. Zuerst dachte ich mir nichts besonderes und wollte sie für Meister Medraut näher untersuchen, als mir etwas seltsames auffiel. Die Haut des Pilzkopf schien fast transparent zu sein, oder zumindest ein kleines bisschen, und das Leuchten kam aus dem Inneren. Als ich genauer hinsah erblickte ich einen schattenhaften Schemen im Inneren, fast wie eine kleine Person, und sie schien sich zu bewegen. Ich wollte den Pilz ziehen, aber mein erzzwergischer Begleiter schlug mir das Messer aus der Hand. Er sagte, dies sei Angroschs Gedächtnis der Toten, seine Ehrung derjenigen, die hier verstorben sind in seinem Dienste, und sie blieben so lange hier, wie Angrosch sie ehren wollte. Ich ließ es dabei vorerst bewenden, aber Meister Medraut würde sich sicher für diese Pflanze interessieren ...
Der Pilz dient als schwache Lichtquelle im Dunkeln und wächst in verlassenen Stollen und Bingen bevorzugt in der Nähe der Orte, zu denen verstorbene Zwerge eine Bindung haben (oder wo sie ihr Leben ausgehaucht haben). Sie geben schwach Licht, und wer genauer hinsieht, der hat den Eindruck, das im Inneren ein menschen- oder zwergenähnlicher Schatten im Licht sich langsam bewegt. Manche tanzen, andere gehen arbeiten nach - aber ob das wirklich so ist oder das Auge dem Beobachter einen Streich spielt, darüber streiten sich die Gelehrten. Zwerge sehen es gar nicht gerne wenn so ein Pilz ausgerissen wird. Muss er bewegt werden wird in der Regel extra ein Geweihter des Angrosch gerufen, der die Pflanze dann vorsichtig nach eingehender Konsultation umpflanzt (manchmal lässt er sie auch stehen, dann müssen die Zwerge drum herum bauen).
Der Pilz selbst ist nicht magisch. Ausgerissen leuchtet er noch etwa einen Tag, wobei er nicht viel mehr Licht als eine Kerze abgibt. Man kann ihn kochen, richtig angerichtet (Kochenprobe erschwert um 5 (DSA 4.1) ) kann er in der Nacht einen Bonus von +1 auf die Regeneration geben (sowohl LE als auch Asp). Zwerge werden durch so etwas allerdings verärgert.
Übernatürliches: Manchmal kann man in der Nähe von Pilzen zwergische Geister finden. Sie sind kein Garant dafür, dass sich vor Ort ein Geist aufhält, aber die Wahrscheinlichkeit ist höher als an anderen Orten. Oft handelt es sich um Seelen, die Hilfe brauchen um Frieden zu finden.
Die Lichtassel
Ebenfalls tief unter der Erde in Stollen der Zwerge findet sich die Lichtassel. Sie ist klein, kaum größer als ein Daumennagel, und ungenießbar für Menschen (aber essbar für Zwerge). Die Lichtassel ist ein Nützling, der von Zwergen gerne gesehen wird. Zum einen nagt sie Schimmel weg, isst Unrat und angeblich erfrischt sie die Luft (unabhängige Gelehrte konnten das bisher noch nicht bestätigen). Vor allem mögen sie kein Grubengas. Die Asseln rennen panisch weg wenn sie welches riechen, wodurch wachsame Zwerge rechtzeitig gewarnt werden bevor es zu spät ist.
Die Frucht des Güldenen
Eine unscheinbare Pflanze, die oft mit einem ganz normalen Brombeerbusch verwechselt wird. Die Früchte sind bekömmlich und süß, eine Leckerei die auch aussieht und schmeckt wie eine ganz gewöhnliche Brombeere. Wer allerdings wiederholt von der Pflanze nascht, der bekommt manchmal seltsame Träume. Ab und an träumt man von Ratten, die geduldig in der Kanalisation auf die ersten Sonnenstrahlen durch die Gullideckel warten, oder von einem Mann, der voller Qual an eine alte mit Dornen bewehrte Mauern festgekettet von zwölf gesichtslosen Schurken beraubt wird. Von Reichtum, Sex und Ruhm, während man auf einem goldenen Thron sitzt und die Lieblingskurtisane mit einer goldenen Maske spielt. Von einem langen Leben, in dem man dabei zusieht wie die eigenen Nachfahren ihr Leben leben, und man sich noch jugendlich um die eigenen Urururgroßenkel kümmern kann. Die Träume sind nicht direkt verstörend, rufen aber Gefühle von Trauer, Ungerechtigkeit, Stolz oder Lust hervor. Oft bleibt es dann dabei - alle paar Wochen hat man seltsame Träume während man den Brombeerbusch erntet. Am nächsten Jahr zur Ernte passiert dasselbe, aber es ist so selten, dass 99 von 100 Leuten die Sache einfach als Seltsamkeit abtun.
Aber der Hunderste, an dem geht die Sache nicht spurlos vorbei. Er denkt immer häufiger über die Träume nach, über die zwölf Gestalten, wie sie den Angeketteten quälen. Über die Macht, die die goldene Maske versprüht, über die Ratten mit dem glänzenden Fell, die sehnsüchtig auf die Sonnenstrahlen warten. Über die Nachfahren, die man gerne treffen und beim aufwachsen zusehen würde. Und all die anderen Dinge, die er so in der Nacht gesehen hat. Und die Träume kommen wieder, immer intensiver. Man geht nicht mehr so gerne in die Tempel, nimmt die Dinge, die die Geweihten sagen, nicht mehr so einfach für bare Münze, und wird immer kritischer dem eigenen Fürsten gegenüber - aber die Gedanken behält man für sich, denn man weiß irgendwoher, dass sie den anderen nicht gefallen werden. Schließlich bemerken die Analphabeten eines Tages, dass sie langsam Schrift entziffern können. Und Ideen machen sich im Kopf breit, ganz langsam über Wochen und Monate hinweg, die zu Papier gebracht werden müssen. Thesen über den Kosmos, die Götter, den Lauf der Dinge ... irgendwann ist ein Buch beisammen, aber man fühlt, das man es nur Auserwählten zeigen kann. Nur Leuten, denen man vertraut. Nicht mal dem eigenen Ehepartner darf man die Wahrheit anvertrauen, die man gelernt hat. Die Thesen haben sich in Lobpreisungen verwandelt, und dreizehnmal bejubeln sie den Gott ohne Namen, den einzig wahren Herrscher und Retter der Welt ...
Und vielleicht eines Tages kommt ein Mann vorbei. Ein freundlicher Herr mit feiner Kleidung, oder ein einfacher Reisender mit der bescheidenen Kluft eines Mönchs. Und er erzählt einem im Vertrauen, das er von seinem Meister hierher geschickt wurde, um ein verlorenes Kind mit seiner Familie zu vereinen - der Kirche des Güldenen. Und das Herz des Hundersten springt in die Luft, denn endlich hat er seine wahre Heimat gefunden.
Spieltechnisches: Die Pflanze ist nur wenigen Menschen in Aventurien bekannt. Sie ist selten und nur unter sehr schweren Bedingungen (bei DSA 4.1: Abzug auf Pflanzenkundewürfe von 8) zu identifizieren. Der vermeintliche Brombeerstrauch beginnt sein Werk erst nach der dreizehnten Brombeere zu wirken, die jemand gegessen hat. Dann wird gewürfelt (W20). Bei einer 19 oder 20 beginnt jemand, nachts diese seltsamen Träume zu haben (dies wirkt sich nicht auf die Nachtruhe aus). Danach muss der- oder diejenige weiter jede Woche mindestens eine Brombeere essen, um einmal in der Woche wieder seltsame Träume zu haben. Nach dem dritten seltsamen Traum wird eine Probe auf Selbstbeherrschung (DSA 4.1, erleichtert um 3) nötig. Wird diese nicht bestanden, beginnt das Opfer, nach und nach auch tagsüber die Träume nachzudenken. Dann beginnt langsam die Gehirnwäsche. In unregelmäßigen Abständen kann man Würfe auf Philosophie ablegen (oder Götter und Kulte), die, wenn sie nicht bestanden werden, immer schwieriger werden. Nach einigen Wochen oder Monaten schließlich hat sich das Innenleben des Opfers komplett verändert. Es führt ein Doppelleben - nach außen noch immer der freundliche Alrik vom Nachbarshof, baut er irgendwann heimlich einen kleinen Altar für die Ratten und schreibt im Verlauf von über einem Jahr die dreizehn Lobpreisungen auf zusammengesuchten Papier auf, die er aber immer gut und sicher vor den Augen Uneingeweihter versteckt. Das Opfer ist dem Namenlosen in die Hände gelaufen, und ob es zu einem Bauernopfer oder einem Hochgeweihten wird, das wird die Zeit zeigen.
Wegen dem Versteckspiel des Opfers ist es schwierig, einen Betroffenen zu finden. Oft handelt es sich um eher arme und ungebildete Arbeiter oder Bauern, die den Einflüsterungen der Pflanze erlegen - Leute, die nicht ein Netz aus Magiern, Geweihten, Ammen oder Dienstboten um sich herum haben und deren Gehirnwäsche darum eher unbemerkt abläuft.
Zur Pflanze selbst: Die Herkunft der Pflanze selbst ist unbekannt. Da sie erst vor Kurzem von einem Gelehrten identifiziert wurde (und oft als Hirngespinst abgetan wird, denn der fragliche Gelehrte hat so manche eindeutig falsche These schon in der Vergangenheit vertreten und ist für seinen schlechten Charakter berüchtigt) könnte es sein, dass sie erst vor wenigen Jahren von einem Kult gezüchtet wurde, oder eine der ersten Agenten des Namenlosen ist und schon auf die Welt kam kurz nachdem der finstere Gott an die Sternenleere gekettet wurde.