mhd hat geschrieben: ↑12.09.2022 11:33
Aventurien skalieren lässt sich ja ganz gut hausregeln, das als Standard zu machen wäre halt ein harter Break. Und ich denke die Community ist da jetzt nicht wirklich dazu bereit.
Unterschiedliche Varianten anbieten ist natürlich immer eine Möglichkeit, gerade wenn man die Anzahl derselben klein hält und von Anfang an präsentiert. Dann stände halt in einem Abenteuer ein weiterer NSC Wert wenn man "Low-Magic DSA" will (gut, will ausser mir keiner) oder eben anderer Reiseparameter für "Aventurien XL".
Das wäre allgemein ein harter Break, nicht nur jetzt (mal abgesehen davon, dass das Setting fast 40 Jahre alt ist - unter diesen Umständen wirft das auch die Frage auf, ob dafür
jemals der richtige Zeitpunkt ist
Ich denke wirklich, dass der goldene Weg dafür tatsächlich wäre, dass man das über das Anbieten verschiedener Varianten abhandeln würde. Denn, seien wir ehrlich - der Spielraum dafür, Aventurien zu "modden", war bisher immer wenig bis gar nicht vorhanden. Oder, um es anders auszudrücken: Man hatte diese Option zwar, aber sie wurde nie
unterstützt.
Das wäre übrigens eine Spielhilfe, die durchaus Sinn ergeben würde: Eine, in der einem SL das entsprechende Werkzeug in die Hand gegeben wird, Aventurien nach den eigenen Umständen umzubauen. Dann startet man mit einem Disclaimer, in dem klargemacht wird, dass es so etwas wie ein "Goldstandard-Aventurien" gibt, an dem sich alle offiziellen Publikationen orientieren, und macht dann lang und breit alle möglichen Vorschläge, wie die Spieler das Setting für den eigenen Spieltisch anpassen können, ohne mit dem offiziellen Aventurien und seinem Metaplot ins Gehege zu bekommen; bzw. wie man dort, wo es nicht vermeidbar ist, den Fallout zu minimieren, sodass man trotzdem möglichst alle Abenteuer spielen kann.
Aryador hat geschrieben: ↑12.09.2022 10:01Insofern weiß ich gar nicht, ob das jetzt einer meiner größten Schmerzpunkte wäre, zumal mit der anschließenden Frage, was man dafür alles ändern müsste. Es wären ja tatsächlich auf einen Schlag sämtliche alten Karten und Materialien obsolet, alles müsste neu berechnet werden, viele Städte müssten (in ihrer dann vermutlich doppelten bis mehrfachen Größe) neu erdacht werden, dazu kämen dann neue Städte, etc. Das klingt auf den ersten Blick aufregend, aber es wäre ein noch krasserer Bruch, als zum Beispiel ein "Zeitsprung 100 Jahre nach vorne" oder "Zeitsprung auf 1000 BF zurück".
Der
Aufwand an sich wäre im Grunde sogar noch überschaubar: Wenn Aventurien um den Faktor 2 in alle Dimensionen vergrößert wird, dann braucht man als Spieler ja keine neue Karte, sondern kann einfach die existierenden Entfernungen verdoppeln. Und was die Bevölkerungsgröße angeht - wenn man ehrlich ist, hat die am Spieltisch letztlich doch nie wirklich sooooo eine Rolle gespielt. Oder macht es für irgendjemanden ingame einen großen Unterschied, ob Gareth 100.000 oder 300.000 Einwohner hätte (unter der Voraussetzung, dass die anderen Bevölkerungszahlen vergleichbar skaliert werden)?
Das Problem, das ich eher sehe, ist, dass damit das Setting gewissermaßen durch ein anderes ausgetauscht würde. Andere Bevölkerungsgrößen kann man ja irgendwie noch handwedeln (falsch gezählt, schnell gewachsen o.ä.), andere Götterhimmel a la Historia Aventurica ebenfalls. Aber das plötzlich alle Entfernungen doppelt so groß sind, würde ganz neue Fragen aufwerfen. Eine Ortschaft beispielsweise, bei der es von elementarer Bedeutung ist, dass man innerhalb einer Tagesreise in Gareth ist, würde plötzlich im Nirgendwo stehen. Eine Reise, die Stoerrebrandts Schiffe innerhalb von zwölf Tagen bewältigen können müssen, dauern plötzlich fast einen Monat. Mal abgesehen davon, dass alle Erfahrungen der Vergangenheit Makulatur sind - die Helden, die vor dem Retcon in drei Tagen von A nach B kamen, brauchen nun eine Woche. Mein Problem ist letztlich, dass eine solche Änderung - obwohl sie für das Setting durchaus eine Bereicherung wäre - die Suspension of Disbelief überstrapazieren würde, da sie noch weniger Sinn machen würde als die Entstehung dutzender Städte aus dem Nichts.
Was ich eigentlich viel mehr bedauere, ist die Tatsache, wie gewöhnlich letztlich fast alle Städte und Orte Aventuriens sind. Gerade vergangene Woche habe ich wieder einen Fantasy-Roman gelesen, da war eine Stadt in eine Klippe hinein gebaut. Es gäbe da so viele Möglichkeiten, auch tatsächlich mit dem Genre "Phantastik" stärker zu spielen und mehr "Sense of Wonder" / Gefühl des Staunens zu erzeugen.
Ich weiß, was du meinst - ich habe so ein Gefühl immer, wenn ich exotischere Fantasy-Bilder sehe, die mehr Elemente haben, die es in der realen Welt nicht gibt.
Das ist letztlich eine Grundsatzentscheidung für Aventurien, deren Weichen nur wenige Jahre nach der Entstehung des Spiels gestellt worden sind. Um 1985, als die Städte nur Namen auf der Karte waren und es nur vage Vorstellungen davon gab, wie die verschiedenen Völker und Kulturen aussehen, da wäre sowas noch drin gewesen - da gab es auch noch so Locations wie den Eispalast von Frigorn oder das Schloss Zizirie. Aber je konkreter und besser ausgearbeitet wurde, desto mehr sind solche fantastischen Orte verschwunden: Wenn es die in Aventurien heute noch gibt, dann sind es Zwergen- oder untergegangene Elfenstädte, oder eben die Heptarchien - ansonsten ist das Markenzeichen des Settings eher, dass die Gegenden, die du aufsuchst, sich relativ eng an der realen Historie orientieren. Wer DSA spielt, der
will heute eine mittelalterliche Burg besichtigen, morgen einen abbasidischen Palast und übermorgen ein skandinavisches Fischerdorf während des Wikingerzeitalters.
Und dann eben der fehlende Platz für Völker und Kulturen, die zentralasiatisch, südostasiatisch, südasiatisch oder ostasiatisch geprägt wären, oder eben nordafrikanisch oder Subsahara, mehr Zentralamerika, für mehr diverse und unterschiedliche Dschungel- und Wüsten-Zivilisationen. Dazu bräuchtest du aber nicht eine größere Wüste, sondern eben mehr Wüsten. Spricht, du müsstest tatsächlich die Karte komplett neu denken. Warum sollte man das tun und Aventurien damit letztlich abschaffen?
Jepp, so siehts aus. Hier ist es auch schade, dass sie in Myranor mit "abgefahrener Fantasy" so in die vollen gegangen sind anstatt das Setting so zu gestalten, dass es mehr einen Aventurien-ähnlichen Weg einschlägt; halt nur mit anderen Kulturkreisen (und weniger Tiermenschen).