Towe hat geschrieben: ↑18.05.2022 16:52
Ich kann dir nicht ganz zustimmen, denn deine Argumentation erscheint mir sehr einseitig.
Es ist ein Erfahrungsbericht aus den 1980er und frühjen 1990er Jahren, vom platten Land. Ich habe beschrieben, wie ich und meine damaligen Mitspieler die Frühzeit des Rollenspiels in West-Deutschland erlebt haben.
Towe hat geschrieben: ↑18.05.2022 16:52
Aber du ignorierst dass man damals keine große Fan-Base über 20 hatte die jede Menge Geld zur Verfügung hat,
Ich ignoriere das nicht. Ich berichte, wie es bei uns aussah, was begründet, wie ich zu meiner Meinung gekommen bin.
Die ersten Spieler, die ich kannte, waren übrigens erwachsene Geschwister und Angehörige eines Klassenkameraden. Die Schüler zogen dann später nach.
Was du nicht in Betracht ziehst, ist, dass
- es damals auch für Schüler weit weniger Möglichkeiten gab, ihr Geld auszugeben, als heute
- auch die Konkurrenzprodukte (bei mir zB Bücher) nicht so einfach zu erhalten waren wie heute - auch die waren nicht online zu kriegen und man musste für spezielle Bücher spezielle Geschäfte aufsuchen.
(Ich erinnere mich, dass, als wir Nordlichter mal auf Durchreise in München waren, die ganze Familie einen Umweg und einen längeren Aufenthalt einplanen musste, weil es dort eine Fachbuchhandlung für Ingenieurbücher gab, die man in Norddeutschland nur sehr mühsam bekam, weswegen mein Vater da unbedingt vorbei wollte oder "musste".)
- und dass es gar nicht so viel Material gab, was man kaufen
konnte - sodass man eben - nach und nach, wie es auf den Markt kam -
alles gekauft hat, was herauskam. Weil das einfach nicht viel war. Hier mal ne Box, da mal eine, dann die Abenteuer ... irgendwann wurde es zu viel und zu teuer, aber am Anfang klappte das sehr gut.
Die Auflagen waren auch damals schon nicht groß, aber die Produktionskosten für Gedrucktes waren wesentlich niedriger als heute. Ich denke, zumindest am Anfang wurde das, was produziert wurde, auch verkauft.
An Ideen hat es den Autoren damals nicht gemangelt - es war ja für Deutschland alles neu, man musste gar nicht so drauf schauen, ob es etwas Bestimmtes vielleicht schon gab. Wir waren in meinem Bekanntenkreis mangels Vergleich und mangels Konkurrenz auch ein unkritisches Publikum, wir haben erst nach und nach herausgefunden, was uns gefallen hat und was eher schlecht war.
"Nur schwerer geworden" ist in der neueren Zeit nicht alles. Natürlich nicht. Wie du schreibst: Von den Vertriebs- und Werbemöglichkeiten heute konnten die Verlage und Händler damals nur träumen. Versand gab es natürlich, aber gerade so Spezialversandhändler bei ihrem verstreuten Publikum bekannt zu machen, war wieder eine Schwierigkeit für sich.
Du hast gedanklich nur eine Stufe übersprungen.
Mein Bericht aus der Prä-Internet-Zeit endet so etwa bei DSA 3. DSA 4 kam irgendwie so Mitte/Ende der 1990er Jahre heraus, meine ich, und
zeitgleich nahm gerade die Internetversorgung und der Online-Handel massiv zu, letzterer auch international.
Auf einmal
musste man nicht mehr nur das kaufen, was im Laden stand oder der Händler des eigenen Vertrauens empfohlen hat, man konnte auch selbst bestellen, auch im Ausland und das kam dann alles mit der Post.
Und in dem Moment -
damals - wurde es für FanPro, als mit DSA 4 ein sehr einsteiger-unfreundliches Werk herauskam - erstmal
schwerer, nicht leichter, weil sie zeitgleich die Umstellung auf das heutige Verkaufsverhalten und neue Produktionsformen und die Einführung eines neuen Produkts wuppen mussten, das tatsächlich zumindest in meinem Umfeld viele treue Stammkunden verprellt hat.
Es kam dann durch den Online-Handel mehr, auch internationale Konkurrenz in den Handel, was denke ich die Abkehr des einen oder anderen von DSA noch beschleunigt hat.
Towe hat geschrieben: ↑18.05.2022 16:52
Du schreibst dass es im heutigen Markt notwendig ist durch CopyPaste Content künstlich aufzublähen, ist das der Fall?
Nein, genau genommen hatte ich das nicht ganz so konkret gemeint. Ich kann nur für DSA3 sagen, dass es damals nicht nötig war, so etwas zu machen - und auch noch so vieles offen war, dass wie gesagt kein Ideenmangel herrschte, eher im Gegenteil.
Bei DSA 4 fing es dann schon an zu kippen: Es wurde das Layout verändert - teils verbessert, teils nicht - aber ich meine, es wurden schon damals die großformatigen bunten "ungarischen" Illustrationen kritisiert, die "von "Inhaltsleere" oder "vermurksten Inhalten" ablenken sollten.
Was ich tatsächlich gemeint habe, ist, dass es für Verlage trotz oder gerade wegen des immens großen Büchermarkts (erschwert durch gestiegene Produktionskosten (Rohstoffe, Energie) ) heute tatsächlich schwieriger ist, Produkte profitabel am Markt zu positionieren. Die Zahl der Leute, die lesen, ist ja ungefähr gleich geblieben, es gibt aber mehr Bücher, und man kriegt sie auch frei Haus. Dass man sein Buch im Buchhandel positioniert, ist kein Garant mehr dafür. dass es Käufer findet. Bei Amazon schon eher, aber die nehmen direkt auch nochmal nen höheren Anteil vom Erlös für den Verkauf.
Und darum denke ich, dass heute in vielen Verlagen getrickst wird, um die Kosten zu drücken. Nicht unbedingt immer durch aufgeblähten Content. Mal sind es größere Schriftsätze, mal dünnere Seiten, mal einfach schlechter bezahlte freie MItarbeiter oder die Mehrfach-Verwurstung von gekauften Titelbildern.
Was nun DSA5 angeht, so denke ich, dass es durchaus das Konzept der redundanten Regeln
gibt, die die Bücher einsteigerfreundlich machen sollen oder mal sollten. Andererseits gebe ich dir Recht darin, dass sich so sehr leicht Seiten füllen lassen, ohne dass man noch allzu viel Arbeit dahinein investieren muss, vor allem, weil es mittlerweile ja auch wieder sehr viele Regeln gibt. Und das wiederum kommt dem Verlag auch finanziell zugute und wird sicher gern mitgenommen.
Meiner Meinung nach stehen beide "Gründe" für die redundanten Regeln nebeneinander, denn sie schließen einander nicht aus.
... und auf ihrem Grabstein wird stehen: "Ich hab's dir ja gesagt!"