Das ist nämlich ein schönes Beispiel. In Deutschland wäre das vermutlich so. 1950 wäre es sicherlich in Deutschland noch durchweg so gewesen. Die Frage ist aber, warum?Quintian hat geschrieben: ↑16.06.2020 12:21 Doch, es geht durchaus anders, nämlich mit einem persönlichkeitsorientierten Mittelweg.
Es gibt Charaktereigenschaften, die als "typisch Frau" und als "typisch Mann" empfunden werden. Als Beispiel würde eine Frau in einem typischen Bild ein frisch verwaistes Kind eher in den Arm nehmen und mit persönlichem Einsatz trösten als ein Mann, der durch Stärke und den Appell an die Tapferkeit des Kindes Trost zu spenden versucht.
Weil Frauen irgendwann mal schwanger werden können, und deswegen es im biologischen Gefühl haben, Kinder fest in den Arm zu nehmen?
Oder vielleicht viel eher, weil die Kindererziehung in Deutschland traditionell den Frauen überlassen wurde, bis hin zu den Geschwisterkindern, wo eher den Mädchen zugetraut wurde, sich um jüngere Geschwister zu kümmern, die Mehrzahl der Frauen also Erfahrung und Routine damit haben, Kindern in den Arm zu nehmen, sie durch Körperkontakt zu trösten, und deswegen auch in einer entsprechenden Situation reflexartig zu diesem Mittel greifen? Und im Gegensatz dazu den Männern über Jahrzehnte hinweg eingetrichtert wurde, dass "Tapferkeit und Stärke" etwas männliches ist, Tränen und Einfühlsamkeit hingegen Gefühlsduselei und weibisch, die Männer also von vorneherein routiniert und reflexartig zum Mittel "Appell an die Tapferkeit" greifen, weil sie das gewohnt sind?
Ich glaube nämlich, dass voll und ganz Letzteres zutrifft und diese "typischen" Verhaltensweisen in diesem speziellen Fall absolut gar nichts mit dem biologischen Geschlecht zu tun haben, sondern ganz viel mit dem kulturell konstruierten. Und deswegen glaube ich auch, dass zum Beispiel bei einer Stichprobe auf einem deutschen Kinderspielplatz im Jahr 2020, wo sich sehr viele junge Väter tummeln, die im Gegensatz zu ihren Vätern deutlich routinierter sind, Windeln zu wechseln und Kinder in den Arm zu nehmen, in einem entsprechenden Fall ("verwaistes Kind... okay, vielleicht nicht wirklich verwaist, sondern einfach nur hingefallen und gerade alleine") deutlich mehr Männer das Kind in den Arm nehmen würden, um es zu trösten. Weil sie aus eigener Erfahrung wissen, dass Körperkontakt in so einem Fall vermutlich gerade mehr hilft, als irgendwelche Appelle an den Intellekt und die Tapferkeit.
Da ist aber selbst in Deutschland 2020 noch viel Luft nach oben. Die Prozentzahlen, wie aventurische Armeen, Schiffsbesatzungen und Krieger-Akademien sie an Frauen erreichen, hat Deutschland nämlich bei Soldaten, Matrosen oder Ingenieuren nicht. Dementsprechend können wir das "typisch Frau" eines imaginären Aventuriens eben nicht aus unserer aktuellen Realität ableiten.