Satinavian hat geschrieben: ↑22.04.2021 15:45Ich meine, Zeitsprünge sind nichts Neues. D&D mach es in den vergessenen Reichen ständig, Shadowrun bei jeder Edition um ein paar Jahre, Batteltech hat es auch getan.
Für DSA wären sie allerdings ein Novum; denn kein anderes System hat eine vergleichbare "lebendige Geschichte" und ein vergleichbar ausgearbeitetes Setting.
Auf der anderen Seite - wenn man bedenkt, dass Ulisses sich ohnehin auf eine neue Zielgruppe eingeschossen hat, hätten sie es hier fast machen können: Je weiter das "alte Aventurien" entfernt ist, desto mehr Freiraum hätten sie beim Überarbeiten des Settings gehabt und desto weniger wäre ein neuer Spieler im Nachteil gewesen, weil er die letzten 30-40 Jahre nicht kennt.
Das größte Problem, was für mich gegen einen Zeitsprung zum Beginn von DSA 5 gesprochen hätte, wären die schwarzen Lande und der Sternenfall gewesen: Bei der lebendigen Geschichte mittendrin einen Cut zu setzen, so lange diese Themen noch ziemlich aktuell sind - das wäre irgendwie seltsam gekommen, wenn dann plötzlich 20, 50 oder 100 Jahre verstrichen sind dabei quasi offscreen massive Umwälzungen geschehen sind, die eigentlich hervorragendes Spielmaterial gewesen wären.
Wenn ich einen Zeitsprung gestalten müsste, würde ich den erst dann einsetzen lassen, wenn alle TNBT-Themen abgehakt wurden: Die Schlachten gegen die schwarzen Lande sind geschlagen, die Heptarchen sind erledigt (oder sollen dauerhafte Einrichtungen bleiben), die einschneidendsten Ereignisse des Karmakorthäons, wo die Helden eingreifen können, sind geschehen (Sternenfall, Zerstörung von Arivor etc.). Dann könnte man sich auch an eine Überarbeitung des Settings machen, die ein neues, anderes Aventurien zeigen, das aber trotzdem noch Sinn ergeben würde.
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(einige Ideen, die am besten nach einem Zeitsprung passen würden)
- das Karmakorthäon hat einen ganzen Rutsch Götter nach Alveran gespült, die vorher abwesend waren - Raschtul, Satuaria, Brazoragh etc.
- der Aikar Brazoragh hat die Primärliturgie gefunden
- das Kalifat hat die Oberherrschaft über die Tulamidenlande erlangt und eine novadisch-tulamdische Synthese hervorgebracht
- der halbdrachische Archäer-Horas lebt (natürlich) immer noch und wird quasi als absolutistischer, möglicherweise cäsaropapistischer Sonnenkönig verehrt; das Horasreich hat sich massiv auf Kosten des Mittelreichs ausgebreitet, ist aber auch nicht mehr so liberal und modern wie einst, sondern unterdrückerisch und myranisch-imperial - mehr Rom und weniger Renaissance (wer Witcher 3 kennt - Nilfgaard wäre ein passendes Beispiel, das Imperialismus und frühneeuzeitliches Flair verbindet).
- die kontinentalen Schwarzen Lande sind gefallen und nach einigen Jahrzehnten als von Warlords und Dämonenpaktierern traktiertes Niemandsland zu weiten Teilen zu einem "failed state" geworden - ein düsterer, gesetzesloser Landstrich mit einigen Sanktuarien wie Beilunk.
- Maraskan ist von der Skrechu erobert worden und ist nun ein "Asfaloth-Wahjad über dem Meeresgrund", die Maraskaner sind in Scharen über das Meer geflohen und stellen nun massive Minderheiten in den mittelländischen und tulamidischen Landen.
- das Mittelreich ist zerfallen in verschiedene unabhängige und einander teilweise bekriegende Mittelstaaten; und man trauert dem alten Kaiserreich hinterher, das aber nach dem Ende der Almadanerdynastie vom Tisch ist (nicht vergessen: Reto selbst war Begründer seines Hauses, und bisher hat er in direkter Linie keinen legitimen Erben nach Rohaja, wenn ich mich nicht irre - im Zweifelsfall kann man alle anderen Aspiranten irgendwie umkommen oder verschwinden lassen - was umgekehrt aber auch einen Plot Hook für ein Abenteuer anbieten würde, wenn man den Sohn oder Enkel oder Urenkel von Rohaja auftreiben kann, und den dann dabei unterstützt, das Reich neu zu begründen)
- Glorania ist ein mythisch verklärtes Reich im Norden geworden, das von einer bösen Eiskönigin beherrscht wird, die mit Dämonen im Bunde steht (also quasi das, was bereits der Fall ist).
- die schwarze Allianz ist in einen Konflikt mit uthurischen Invasoren verwickelt, die weite Teile der Waldinseln, Sümpfe und Dschungel erobert und sich dort festgesetzt haben.
(ich hab ja hier schon was dazu geschrieben:
DnD-Flüchtling @ Aventurien 1066 BF)
Das große Problem bei der lebendigen Geschichte ist, dass sie den Helden Erfolgserlebnisse gönnen muss - und das macht negative Veränderungen schwieriger, weil man die ja immer noch irgendwie als Sieg verkaufen können muss. Bei Borbarad ging das, da Aventurien nach dem Eroberungsversuch des Bethaniers zwar ziemlich am Boden lag, aber die Spieler sich auf die Schulter klopfen und sagen konnten "hey, wir haben 90% dessen, was hätte sein können, verhindert". Aber solche Sachen wie, sagen wir, die Eroberung des Tulamidenlandes durch die Novadis oder die Erlangung von Brazoraghs Primärliturgie funktionieren am besten off screen.