Spoiler
Schatten jagen Asmandara durch ihre düsteren Träume. Sie hatte in Nostria Zuflucht gesucht nach ihrem letzten Abenteuer, doch zur Ruhe gekommen ist sie nicht. Sie rennt durch die Straßen Nostrias, überall nur schemenhafte, nebelhafte Gestalten die sie anstarren. Sie spürt, dass sie verfolgt wird, doch außer dunklem Nebel der immer dichter wird kann sie nichts sehen. Etwas streift ihre Wange...
Mit rasendem Herzen wacht die Magierin auf dem Waldboden auf. Dies ist nicht mehr die Stadt. Die Praiosscheibe steht hoch und lässt sich durch die dünne, geschlossene Wolkendecke gut erkennen. Ein Eichhörnchen raschelt über den Waldboden unweit von Asmandara und klettert einen der hohen Bäume hoch. Viele von ihnen haben schon Blätter gelassen als Antwort auf die Ankunft des Herbstes. Stimmen erklingen und in etwa 200 Schritt Entfernung erkennt die Magierin eine Siedlung, ein kleines Dorf. Asmandaras Stab liegt neben ihr auf dem Waldboden, ebenso wie all ihr Reisegepäck. Die Bewegungen lassen ihren Magen jedoch ein tiefes Grollen verlauten. Zu ihrem Glück hat das Dorf eine kleine Gaststätte. "Travia zum Gruße, junge Dame! Ihr seht hungrig aus! Setzt euch, ich werde euch sogleich etwas bringen."
Der stämmige Wirt bringt Asmandara ein Schüssel mit dampfendem Eintopf, der ihre vor Kälte zittrigen Glieder wieder auftaut. Komisch, so kalt ist es doch garnicht, dafür dass es Efferdmond ist... "Darf ich mich zu euch setzen, meine Teuerste?" erklingt die sanfte Stimme eines Mannes, dessen Alter schwer bestimmbar ist. Er ist zwischen 25 und 45 Götterläufen alt, hat einen kahlgeschorenen Schädel, ein verschlagenes Lächeln und wache, neugierige Augen. Er ist von eher drahtiger Natur, trägt ein senfgelbes Hemd, eine blaue Stoffhose und eine lederne Umhängetasche. Sein karamellfarbener Taint lässt auf tulamidische Abstammung schließen.
Der Alptraum steckt ihr noch tief in den Knochen, als sie das Wirtshaus betritt. Ihren Mantel hat sie eng um sich geschlungen, dass kaum etwas von ihrer Robe zu erkennen ist. Ihre Haare hängen ihr in verschwitzten Strähnen ins Gesicht und die sonst so wachen Augen wirken matt und scheinen ihr sonstiges Strahlen verloren zu haben. Zuerst schlingt sie nur die Hände um die dampfende Schüssel um diese zu erwärmen und hängt ihren eigenen Gedanken nach. schon wieder dieser Traum. Soll ich nach Nostria oder komm ich von dort? Was ist nur los mit mir? Seit diesem Friedhof... Als der Fremde sie anspricht schreckt sie hoch und mustert ihn kurz aus ihren müden Augen. Mit einem kurzen Nicken erlaubt sie ihm Platz zu nehmen und fängt dann langsam an ihre Suppe zu löffeln.
Das Lächeln des Fremden wird breiter und er setzt sich. "Das Privileg eines reisenden Händlers wie mir ist es, andere Reisende zu treffen und ihren Geschichten zu lauschen. Ich würde den Inhalt meiner Geldbörse darauf verwetten, dass ihr eine sehr interessante Geschichte zu erzählen habt! Wärt ihr bereit sie mir anzuvertrauen?"
Sie zieht eine Augenbraue hoch und schüttelt dann seufzend den Kopf. "Meine Geschichte ist nicht interessant. Und wie kommt Ihr auf die Idee, dass ich sie einem Fremden erzähle"
Der Fremde wirkt peinlich berührt. "Oh, wo hab ich nur meine Manieren! Rashim al'ankhra ist mein Name. Ich bin Spiegelhändler, in ganz Aventurien bekannt! Jetzt wo wir keine Fremden mehr sind..."
Er holt aus seinem Umhängebeutel einen Handspiegel mit Holzgriff, ein eher schlichtes Utensil, aber sauber verarbeitet. Er hält ihn der Magierin vor. "Seht in eure Augen. Bemerkt ihr den dünnen goldenen Ring um eure Iris?" Tatsächlich, bei näherer Betrachtung fällt Asmandra tatsächlich auf, dass dort um ihre Iris eine ringförmige, goldene Verfärbung zu sehen ist. "Ich habe in meinem Leben schon einmal so etwas gesehen, wenngleich das schon ein paar Winter her ist. Werdet ihr von Alpträumen geplagt? Der Mann, der von den Praioten verbrannt wurde, um seine Seele zu retten, hatte welche und auch er hatte solch goldene Augen."
Er winkt dem Wirt zu. "Was haltet ihr davon, wenn ich euch ein starkes Getränk spendiere und ihr mir erzählt was passiert ist?"
Nun ist doch ihre Neugier geweckt und sie blickt in den Spiegel, tatsächlich ein goldener Ring, der vorher sicher nicht dort war. Als er weiter spricht, beginnt sie erneut zu zittern und blickt mit panikerfüllten Augen zu ihm. "Von den Praioten verbrannt? Aber ich hab doch gar nichts getan, ich..ich weiß nicht was hier los ist. Und was diese Alpträume bedeuten." Ihre Stimme bricht und erste Tränen sammeln sich in ihren Augen. Zu seinem Vorschlag aber schüttelt sie dann den Kopf. "Keinen Alkohol. Ich habe die Nase der Elfen, nur etwas heiße Milch." Wie ein Häuflein Elend sitzt sie auf ihrem Stuhl und starrt weiterhin in den Spiegel, wie um den Ring durch pure Willenskraft entfernen zu wollen.
Beschwichtigend legt Rashim eine Hand auf die Schulter der Magierin. "Dann eben eine heiße Milch, mit einem Löffel Honig bitte" sagt er zum Wirt. Dann wendet er sich wieder Asmandara zu. Er beginnt jedoch erst wieder zu sprechen, als der Wirt ihr einen Krug mit heißer Milch und einem süßlichen Geruch - dem Duft von Honig - gebracht hat. "Nun, die Praioskirche ist in der Hinsicht manchmal engstirnig. Die Seele des Mannes war in Gefahr. Böse Mächte hatten Besitz von ihm genommen und sich immer weiter in ihm manifestiert. Das reinigende Feuer konnte seine Seele vor dem schützen, was ihm drohte, oder er hätte eine lange und sehr gefährliche Reise unternehmen müssen. Sehr unschöne Sache, man ließ ihm wenig Wahl. Bei ihm war das Phänomen aber schon viel weiter vorangeschritten als bei euch, ihr habt also noch genug Zeit. Sofern meine Vermutung denn stimmt. Woran könnt ihr euch erinnern?"
Asamandra umschließt nun den Krug heiße Milch mit beiden Händen, wie um sich daran festzuhalten. "An nicht mehr viel. Ich..ich hab wirklich nichts getan." Sie schluchzt einmal auf. "Ich wollte doch nur die Welt sehen und jetzt soll ich besessen sein? Was ist das für ein Weg?" Sie schüttelt kurz den Kopf. "Da war so ein Friedhof. Ich wachte eines Nachts auf einem Friedhof auf...und war an einen Stein gekettet. Eine Frau in schwarzer Robe gab mir etwas seltsames zu trinken. Mehr weiß ich nicht mehr, es ist so verschwommen"
Rashim beißt die Lippen zusammen und nickt langsam. "Sowas in der Art habe ich mir Gedacht. Ich habe gute und schlechte Neuigkeiten für euch. Die schlechte ist, dass in euch etwas Böses heranwächst, und sollte ein Praiot davon Wind bekommen, wird man vermutlich als einzigen Ausweg sehen, dich dem Bannstrahl Praios' oder dem reinigenden Feuer zu überlassen. Wenn das nicht passiert, werdet der Parasit euch töten, sobald er stark genug ist, und frei sein. Das ist in vielerlei Hinsicht noch schlechter. Die Gute Nachricht ist jedoch, dass ich zufällig einen Ausweg weiß. Es ist gefährlich und ihr könntet dabei euer Leben verlieren, ich an eure Stelle würde es aber dennoch versuchen."
Er nimmt einen Schluck aus seinem Becher aus dem Dampf aufsteigt. Der Geruch von Pfefferminze steigt Asmandara in die Nase. "Ich habe von den Leuten hier in der Umgebung Geschichten gehört. Östlich von hier, ein paar Tagesreisen entfernt, liegt das Dorf Nibquell. Ein unscheinbares Hundertseelendorf. Ich denke nicht, dass ihr dort Praioten in die Arme laufen werdet. 50 Meilen südlich von, tief im Wald, soll es einen uralten Baum geben, der von einer Dryade geschützt wird. Die Einwohner erzählten, dass diese Dryade böse Geister bekämpft und das Dorf selbst sogar in ihrem Schutzbereich liegt. Bringt ein Geschenk zu diesem Baum und die Dryade wird den Parasit in euch austreiben, ohne euch zu schaden." Erwartungsvoll schaut er Asmandara an.
Asamandra schluckt. Das Ganze klang alles andere als gut. "Eine Dryade? Was für ein Geschenk? Und was wenn ihr nicht gefällt, was ich ihr bringe? Warum ich?" Voll Verzweiflung schlägt sie die Hände über dem Kopf zusammen und schaut erst nach einer Weile wieder auf. "Was für ein Parasit? Wird er der Welt schaden? Ja vermutlich wird er das, wenn die Praioten einen sofort verbrennen"
Der Händler setzt ein gequältes Lächeln auf. "Ich bin nur ein einfacher, reisender Händler, meine Liebe. Ich habe nicht alle Antworten, ich kenne nur viele Geschichten. So hab ich gehört, dass die Dryade bei Nibquell wohl glänzende Dinge mag. Einen hübschen Handspiegel zum Beispiel." Er holt aus seiner Tasche einen weiteren Spiegel, dieser hat einen dünneren Griff und ist komplett aus makellosem Silber gefertigt. Um den ovalen Spiegel winden sich Blumenranken aus silber und sogar einige Rosenblüten zieren gleichmäßig den Rahmen. "Betrachtet es als meinen Beitrag zu eurer Rettung. Ich schenke ihn euch, damit ihr ihn weitergeben könnt."
Asamandra nimmt den Spiegel entgegen und streicht leicht über die Verzierungen. "Wie schön. Er muss ihr gefallen. Vielen Dank....für alles" Wie verzaubert blickt sie eine Zeit wieder in den Spiegel, fast ungläubig, dass dies nun ihr Gesicht sein soll. Der fremde goldenen Ring um ihre Augen und die dunklen Augenringe. Ruckartig dreht sie den Spiegel dann um, um dies nicht länger sehen zu müssen. Nachdenklich blickt sie dann aus dem Fenster. "Es ist wohl schon zu spät heute noch aufzubrechen"
"Keine Ursache, ich helfe gerne. Hoffentlich ist eure Queste erfolgreich. Wenn dem so ist, freue ich mich auf ein Wiedersehen, meine Teuerste" sagt Rashim und erhebt sich. Er verneigt sich huldvoll, schultert seine Umhängetasche und geht hinaus. Als die Tür wieder zufällt, ist Asmandara wieder alleine, doch hat sie nun ein Ziel vor Augen! Das Dorf Nibquell...
Es ist mildes Wetter im sonst so nassen 'Regenmond' Efferd. Graue Wolken ziehen über den Himmel und auch der Wind zeigt sich nicht von seiner gnädigsten Seite, doch sind die Temperaturen einigermaßen angenehm und von Regen fehlt jede Spur. Bäume haben angefangen sich golden zu färben, sich darauf vorbereitend, dass sie ihr Blätterkleid abwerfen werden. Eichhörnchen sind schwer damit beschäftigt ihre Vorräte für den Winter zu verstecken und vielerlei Wild ist auf Wanderschaft um etwas Essbares zu finden.
Frinja Bersen
Die Sehne ist gespannt, der Pfeil aufs Ziel gerichtet. Das ahnungslose Reh stupst gerade ein Blatt auf dem Waldboden um, vielleicht verbirgt sich darunter ja ein Grashalm. Das Wildfleisch wird eine willkommene Mahlzeit sein, auf der langen Reise die Frinja hinter sich hat. Der Händler, der sie als Geleitschutz angeheuert hat um sicher quer durch die Wildnis bis nach Nostria zu kommen war nicht allzu großzügig gewesen was Proviant anbelangte. Trockenes Brot für Wochen. Nur die Jagdbeute, die sie auf dem Weg erlegte, gaben Anlass zur Freude. Nun, das war ein Kapitel das hinter ihr lag, es war Zeit für den Heimweg. Und eine Mahlzeit. Das Dorf Nibquell war das nächste auf dem Weg, welches Frinja nach einem stärkenden Mahl ansteuern wollte.
So wie Frinja in Gedanken versunken ist, zuckt das Reh plötzlich mit einem Ohr, schaut auf, und springt panisch davon. Seufzend senkt die Jägerin den Bogen und schaut sich um. Etwas in der Nähe hat das Reh aufgeschreckt.
Milena Herbsthonig
Milena hatte ebenfalls einen weiten Weg hinter sich. Weit weg von ihrer Heimat war sie auf der Suche nach einer sellerieähnlichen Pflanze, der Joruga. Ihr Lehrmeister Bulgur von Tiefwasser hatte von einem Reisenden gehört, dass diese Pflanze in diesem Götterlauf förmlich wuchern soll, zumindest nördlich des Farindelwaldes beim kleinen Dörfchen Nibquell. Wie so oft schickte er daher natürlich Milena los, um seine Vorräte großzügig aufzufüllen. Bisher war die Reise jedoch so erfolglos wie frustrierend. Nicht nur, dass sie bisher keine einzige Jarugawurzel gefunden hat, aufgrund eines Missgeschicks ist ihr Reiseproviant verdorben und sie müsste ihre Suche bald unterbrechen um im Dorf ihre Vorräte aufzufüllen.
Sie sucht den Waldboden weiter ab, da springt aus dem Gebüsch plötzlich auf ein aufgeschrecktes Reh. Als es Milena sieht, schlägt es einen Hacken und sprintet in den Wald.
Laila al-Jamila
Die Zeit im kalten Gefängnis liegt nun schon einige Monde zurück. Es gab viel Gelegenheit die Natur zu genießen auf der Reise und so die Erinnerungen an das kalte Gemäuer zu verdrängen. Zusammen mit ihrem Freund Faldor ist die Tulamidin quer über den Kontinent gereist um Abstand von den jüngsten Ereignissen zu kriegen. So weit weg von Zorgan war das Ziel, wie möglich, und am besten irgendwohin, wo sie unbehelligt wäre. Bei Albenhus wurden sie von einem Druidenzirkel empfangen. Doch schon kurz darauf wurde der neugewonnene Frieden getrübt. Eines morgens kam ein Fuchs zu Laila und legte ihr eine Schriftrolle hin. Irgendwie hatte die Graue Gilde es geschafft, ihr eine Nachricht zukommen zu lassen.
"An Laila al-Jamila,
Die Magierin Asmandara von der Schule des direkten Weges zu Gerasim wird seit einiger Zeit vermisst. Für die Magier von dort ist es nicht ungewöhnlich längere Zeit zu verschwinden, doch hatte ich letzte Nacht eine Vision von ihr. Wenn mich nicht alles täuscht, schwebt sie in großer Gefahr. Eure Fähigkeiten wären von unschätzbarem Wert und daher bitte ich euch, Asmandara ausfindig zu machen. Sie soll zuletzt im Wald zwischen Nostria und Andergast gesehen worden sein.
Sie ist Mitglied der grauen Gilde und Bishdariel schickt mir nicht ohne Grund eine Botschaft. Ich bin zuversichtlich, dass Ihr dieser armen Frau helfen könnt.
Gezeichnet,
Shulam
P.S.: Ich hoffe die Nachricht erreicht euch, ich habe keine Zeit auf den aventurischen Boten zu warten und muss kreativ werden..."
Nun hatte Laila die Gegend nordöstlich von Nostria weiträumig abgesucht, wobei sie den Farindelwald aufgrund der Warnungen der Anwohner tunlichst vermieden hat. Ihr nächster Halt war das Dorf Nibquell, vielleicht hatte dort jemand die Magierin gesehen. Sie mied die Straße und wanderte durch den schönen Wald, welcher sich über ihre Anwesenheit zu freuen schien. Da hört Laila auf einmal das Knacken von Ästen und sieht in einiger Entfernung ein Reh davonrennen. Die Quelle des Knackens war jedoch nicht weit weg und sie meint auch aus der Richtung, aus der das Reh kam, einige Gestalten zu erkennen.
Havel von Salzbruck
Hoch zu Ross ritt Havel von Salzbruck den Weg entlang. Das Turnier in Andergast war enttäuschend gewesen. Der Ritter hatte einen schlechten Tag gehabt und war nicht ganz bei der Sache, was sicherlich nichts mit dem Wein des Vorabends zu tun gehabt hat. Das nächste Turnier würde aber schon auf ihn warten. Das große schwarze Ross unter ihm schritt gemächlich den Weg entlang. Die letzte Rast lag schon ein wenig zurück, wobei Havel sich sicher war, auf dem Hinweg am Dorf Nibquell vorbeigekommen zu sein. Sicherlich würde es ihn bald wieder dorthin bringen.
Da springt mit einem Mal ein Reh über den Weg. Havels Ross schrickt kurz hoch, bäumt sich als geübtes Schlachtross aber natürlich nicht auf. Der Ritter spürt, wie das Pferd sich kampfbereit macht, doch ist das Reh schon verschwunden und weitere Gefahren scheint es nicht zu geben. Aus dem Wald erklingen jedoch knackende Laute, ob wohl jemand - oder etwas - dort umherwanderte?