Paragraf 219a

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Talron
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Paragraf 219a

Ungelesener Beitrag von Talron »

Erst war es für alle keine Frage, dass der Paragraph abgeschafft werden sollte, nun doch nicht mehr.

Ich kapiere ehrlich gesagt nicht, was der Paragraf soll?
Uns vor unseren Gefühle Verletztender Werbung schützen? Sorry, aber Werbung ist die Freiheit jedes Unternehmen sich ,verstärkt durch die Dummheit von ein paar Kommunikationsspezialisten, der Lächerlichkeit Preis zu geben. Das war so, ist so und wird immer so sein.

Ich kann mir ums verrecken keine "Werbung für Schwangerschaftsabbrüche vorstellen die auch nur in die Top 10 der dümmsten Werbefilme schaffen könnten. Und selbst wenn? Wenn sich Ärzte um ihre eigene Seriösität bringen wollen, ist das doch ihr gutes Recht. Und offensive Abtreibungswerbung halte ich da wirklich einen effektiven Weg. Aber was wäre der Effekt? Patienten wüssten zu welchen Ärzten man nicht gehen sollte...

Oder besteht das Frauen auf die Idee kommen würden mal einfach einen Schwangerschaftsabbruch auszuprobieren? Um ihn auf Facebook zu posten?
Nennt mich einen Eugenetiker, aber wenn so jemand keine Kinder bekommt, so lehne ich das wirklich nicht ab...

Fakt ist, dass dieses Verbot Ressourcen in der Rechtssprechung bindet und die Möglichkeit von Patientinnen beschneidet sich zu informieren.
Ich kann mir ehrlich kein Szenario vorstellen in dem ein Streichen von 219a überwiegend negative Auswirkungen hat.

Was übersehe ich hier? :???:

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Talasha
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Ungelesener Beitrag von Talasha »

Der ist doch ohnehin doppelt gemoppelt, wenn ich recht informiert bin. Da gibt es doch auch noch Standesrechtliche Regeln die dafür Sorgen das Ärzte nicht mit Unfug werben?
Sir Isaac Newton ist der tödlichste Bastard im ganzen Weltraum!

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Rhonda Eilwind
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Ungelesener Beitrag von Rhonda Eilwind »

Talron hat geschrieben: 18.03.2018 20:10Was übersehe ich hier? :???:
Dass die Historie der ganzen Abtreibungsgesetzgebung in Deutschland extrem stark von dem Gedanken geprägt ist, dass der Staat für das Leben jedes einzelnen Bürgers verantwortlich ist und das Leben des ungeborenen Kindes, das sich nicht selbst schützen kann, wenn die Mutter es nicht tut, besonders stark schützen muss.

Im Grunde ist die Diskussion seit den 1970er Jahren, als es kurz mal eine Fristenlösugn gab, geprägt davon, dass nichts getan werden soll, das dazu führt, dass Abtreibung als ein reich mechanischer Vorgang gesehen wird, und dass alles getan werden soll und muss, um die Mutter zu bewegen oder in die Lage zu versetzen, das Kind auszutragen.

In dieser Denkschiene darf der Staat im Umkehrschluss nichts tun, um den Frauen den Entschluss zum Schwangerschaftsabbruch zu erleichtern.

Offensive "Werbung" mit offen zugänglicher Information wäre aber nach dieser Lesart eine "Erleichterung", weil die Frau dafür den Arzt nicht aufsuchen muss, der beruchsrechtlich die Pflicht hat, sie positiv zu informieren (also, über Hilfsmöglichkeiten, finanzielle Unterstützung etc., oder auch die Möglichkeit der Adoptionsfreigabe), und, wo es geboten scheint, darauf hinzuwirken, dass sie das Kind nicht abtreibt.

Für diesen Zweck ist derzeit ein persönliches Gespräch vorgesehen - und eine Werbung oder Information im Internet untergräbt das Konzept eines persönlichen Gesprächs.

Wie sinnvoll dieser Ansatz ist, oder wie sehr das der Lebensrealität der Leute heute entspricht, soll hierbei von meiner Seite nicht das Thema der Diskussion sein. Oder anders: Da habe ich durchaus meine Zweifel. Dieser Schluss fußt, wenn ich es richtig verstanden habe, rein auf dem Grundsatz, dass der Staat und auch Mediziner das Leben schützen und nicht beenden sollen.

Tatsache ist: Viele Leute heute meinen, ein Schwangerschaftsabbruch bis zur 12. Woche und im Grunnde auch darüber hinaus sei heute legal "legal", bzw. "keine Straftat". Das stimmt aber in dem Sinne nicht, bzw, es entspricht nicht der juristischen Wirklichkeit.

Diese ist, wenn ich es richtig verstanden habe, keineswegs sauber und eindeutig... Derzeit ist es so, dass unter bestimmten Umständen (mediznische Indikation, psychologische Indikation) eine Strafverfolgung entfällt, und man es fast immer so drehen kann, dass ein Abbruch straflos auskommt. Es ist aber juristisch kein legaler Vorgang - das hat sich bei der letzten Gesetzesänderung (1995?) nicht durchgesetzen, weswegen auch die Gesetzlichen Krankenkassen die Kosten nicht übernehmen (es andererseits aber bei Krankschreibung zur Lohnfortzahlung kommt).

Da aber der Schwangerschaftsabbruch nach der 12. Woche juristisch an sich immer noch eine Straftat ist und als "nicht erstrebenswert" bzw. zu verhindern gilt, darf dafür also auch nicht "geworben" werden. Eben u.a. mit der oben angeführten Begründung.
... und auf ihrem Grabstein wird stehen: "Ich hab's dir ja gesagt!"

Eulenspiegel
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Ungelesener Beitrag von Eulenspiegel »

Rhonda Eilwind hat geschrieben: 18.03.2018 22:01Dass die Historie der ganzen Abtreibungsgesetzgebung in Deutschland extrem stark von dem Gedanken geprägt ist, dass der Staat für das Leben jedes einzelnen Bürgers verantwortlich ist und das Leben des ungeborenen Kindes, das sich nicht selbst schützen kann, wenn die Mutter es nicht tut, besonders stark schützen muss.
Aus Sicht eines Nicht-Juristen:
Von allen lebenden Menschen, sind ungeborene besonders schwach geschützt.

Bei anderen Menschen ist eine Tötung in Deutschland nur legal, wenn Notwehr bzw. Notstand vorliegen. (Und selbst dann nicht immer, sondern nur unter bestimmten Umständen.) Falls die Person einwilligt, darfst du auch passive Sterbehilfe leisten.

Bei ungeborenen Menschen ist das nicht der Fall. Das Leben von ungeborenen Menschen wird zwar auch geschützt, aber wesentlich schwächer als das von Geborenen. - Man vergleiche nur mal die Strafen für das illegale Töten eines geborenen Menschen vs. das illegale Töten eines ungeborenen Menschen.

Zum Rest deines Postes jedoch Zustimmung. Das beschreibt den aktuellen Status in Deutschland sehr gut.

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Rhonda Eilwind
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Ungelesener Beitrag von Rhonda Eilwind »

Ich bin ja auch keine Juristin. :)

(Weswegen es auch gut sein kann, dass ich mit dem einen oder anderen danebenliege.)

Mit "besonders" bezog ich mich darauf, dass - wieder, wenn ich es korrekt verstanden habe - "geringere" Beweggründe der Mutter, das Kind nicht zu bekommen, wie "Kein Kind gewollt, keine Veränderungen der Lebensumstände erwünscht" gegenüber dem Recht des Kindes auf Leben als gering eingeschätzt wurden/werden, und demgegenüber das Kind "besonders" geschützt werden soll.

(Was die Konsequenzen angeht, hast du natürlich Recht. Die sind im Vergleich zu Vergehen gegen geborene Menschen tatsächlich eher besonders gering.)

Bis 1974 war mW nicht einmal der Schwangerschaftsabbruch nach einer Vergewaltigung straffrei. (Begründung so etwa: Das Kind könne ja für seine Entstehung nichts und dürfe dafür nicht gestraft werden. - Ob es mit dem resultierenden Leben nicht mehr gestraft würde darüber hat man sich bis dahin offensichtlich keine Gedanken gemacht.)

Ich verkrümel mich mal wieder an meine Arbeit.
... und auf ihrem Grabstein wird stehen: "Ich hab's dir ja gesagt!"

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Talron
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Ungelesener Beitrag von Talron »

@Rhonda Eilwind
Dass die Historie der ganzen Abtreibungsgesetzgebung in Deutschland.....
Danke, das hatte ich so wirklich nicht auf dem Schirm und wäre darauf wohl ehrlich gesagt selbst eher nicht gekommen. Verzeihe mir wenn ich darauf nicht so schnell eingehe, brauch etwas Zeit um den Aspekt wirklich nachzuvollziehen.
Mir ist klar, dass du eine Einschätzung gegeben hast, die nicht deine Meinung darstellt. Möchte ich nur vorherschieben, damit ich dir nicht ausversehen eine Position unterstelle, die du nicht vertrittst.
Daher ist meine Aussage nur als vorläufige Einschätzung meiner Meinung zu verstehen und nicht als Widerspruch zu deiner Ausführung oder deiner Meinung (auf welche du noch nicht explizit eingegangen bist, wenn ich nicht irre)
Während ich die prinzipielle Herangehensweise(des deutschen Staates) verstehe und ihr auch eine gewisse Sympathie entgegen bringe, stellt sich mir natürlich ganz konkret die Frage ob die Zielsetzung hier wirklich am Besten durch den Paragraphen erreicht wird. Eine Ausdehung des Angebotes ans Hilfsmöglichkeiten bis hin zur Möglichkeit die Beratung von Seite des Arztes bei der Krankenkasse abzurechnen (unabhängig vom Ausgang) würde schon mehr bringen ohne die entsprechenden negativen Nebenwirkungen. Würde alles natürlich mehr kosten, wobei viele der Kosten so oder so anfallen so es nicht zu einem Schwangerschaftsabbruch kommt und bei fehlender Unterstütung gerade bei Frauen am anfang ihrer Beruflichen Karriere oder gar in Ausbildung/Studium einen nicht unwesentlichen Volkswirtschaftlichen Schaden nach sich ziehen dürften. Klar bin ich jetzt wieder nur auf der rein Rationalen ebene, was wohl von meiner Einstellung herrührt, dass die Gesetze der Gesellschaft dienen sollten und nicht umgekehrt.
(Begründung so etwa: Das Kind könne ja für seine Entstehung nichts und dürfe dafür nicht gestraft werden. - Ob es mit dem resultierenden Leben nicht mehr gestraft würde darüber hat man sich bis dahin offensichtlich keine Gedanken gemacht.)
Das kann ich ehrlich gesagt für die damalige Zeit sehr gut Nachvollziehen. 1970 war das dritte Reich noch nicht so lange vorbei und da wollte wohl kaum ein Jurist irgendetwas vertreten das nach "unwertem Leben" klang.
Wenn man sich überlegt, dass Peter Singer ja fast nur in der Emma Zuhörerinnen in Deutschland fand, und vom Rest naja sagen wir eher "eisig" aufgenommen wurde.

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Salix Lowanger
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Ungelesener Beitrag von Salix Lowanger »

Rhonda Eilwind hat geschrieben: 18.03.2018 22:01
Talron hat geschrieben: 18.03.2018 20:10Was übersehe ich hier? :???:
Dass die Historie der ganzen Abtreibungsgesetzgebung in Deutschland extrem stark von dem Gedanken geprägt ist, dass der Staat für das Leben jedes einzelnen Bürgers verantwortlich ist und das Leben des ungeborenen Kindes, das sich nicht selbst schützen kann, wenn die Mutter es nicht tut, besonders stark schützen muss.

Im Grunde ist die Diskussion seit den 1970er Jahren, als es kurz mal eine Fristenlösugn gab, geprägt davon, dass nichts getan werden soll, das dazu führt, dass Abtreibung als ein reich mechanischer Vorgang gesehen wird, und dass alles getan werden soll und muss, um die Mutter zu bewegen oder in die Lage zu versetzen, das Kind auszutragen.

In dieser Denkschiene darf der Staat im Umkehrschluss nichts tun, um den Frauen den Entschluss zum Schwangerschaftsabbruch zu erleichtern.
Das steht aber in krassem Widerspruch dazu, dass Kindern, die durch Alkoholmissbrauch in der Schwangerschaft geschädigt wurden, KEIN Anspruch gemäß Opferschutzgesetz zusteht (direkt nach dem Intro):

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Rhonda Eilwind
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Ungelesener Beitrag von Rhonda Eilwind »

@Salix Lowanger

Hab hier leider keinen Ton (immer noch nicht).

Mit der Frage einer Schädigung vor der Geburt beschäftigt sich das Gesetz zum Schwangerschaftsabbruch nicht.

Oder vielmehr: Der juristische Kommentar zum Thema, den ich kürzlich bearbeitet habe, tat das nicht.

(Aber: So viel zufällig relativ frisch erworbenes Wissen wollte geteilt werden... :ijw: )

Da ging es argumentationsrtechnisch nur um Leben oder Tod.

Sollte ich noch an ein Kapitel kommen, wo nicht tödliche Schäden an Ungeborenen Thema sind, gebe ich gerne Bescheid.

(Allerdings wurde aus der Sicht bzw. für Ärzte kommentiert, es ging also in erster Linie um die Rechte und Pflichten, die für sie aus der Rechtslage und der derzeit gültigen Rechtaufassung folgen. Falls da noch mal etwas über die Schädigung Ungeborener durch einen Behandlungsfehler oä kommen sollte, melde ich mich.)
... und auf ihrem Grabstein wird stehen: "Ich hab's dir ja gesagt!"

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Ungelesener Beitrag von Rhonda Eilwind »

Talron hat geschrieben: 19.03.2018 08:59. Eine Ausdehung des Angebotes ans Hilfsmöglichkeiten bis hin zur Möglichkeit die Beratung von Seite des Arztes bei der Krankenkasse abzurechnen (unabhängig vom Ausgang) würde schon mehr bringen ohne die entsprechenden negativen Nebenwirkungen.
Meines Wissens ist die Schwangerschaftskonfliktberatung, ob bei Arzt oder bei einer anerkannten Beratungsstelle, unabhängig vom Ausgang für die Schwangere kostenlos.

S. hier (Infoseite der BZgA)

https://www.familienplanung.de/faq/schw ... tberatung/

Den Abbruch muss die betroffene Frau selbst bezahlen, wenn keine medizinische, psychologische oder kriminologische Indikation vorlieg und sie oberhalb einer bestimmten Einkommensgrenze liegt.

https://www.familienplanung.de/faq/schw ... tsabbruch/
... und auf ihrem Grabstein wird stehen: "Ich hab's dir ja gesagt!"

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Ungelesener Beitrag von Salix Lowanger »

@Rhonda Eilwind: Das bezweifel ich gar nicht; aber diese Diskrepanz fiel mir gerade an dieser Stelle halt massiv auf.
Und dein Tonproblem kannst du insofern lösen, als dass Youtube Untertitel anbietet. Die stimmen zwar nicht immer zu 100%, aber den größten Teil kann man stattdessen auch lesen statt hören.
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Ungelesener Beitrag von Rhonda Eilwind »

Ok, das versuch ich gleich mal, Danke! :)

Edit: War sprachlich ein Abenteuer, aber gut zu wissen, dass man sich so notfalls behelfen kann! :)

Edit:2: Das, was der Mensch da ausgeführt hat, entspricht im Wesentlichen ja dem, was @Talron geschrieben hat - dass das ungeborene Leben im Vergleich zum geborenen verhältnismäßig schwach geschützt ist.

Ich denke ebenfalls, dass das objektiv gesehen stimmt.

Ich bezog mich mit dieser Formulierung aber tatsächlich nur darauf, dass juristisch das Leben des ungeborenen Kindes bis zu einem gewissen Grad dem Befinden und den Bedürfnissen der Mutter übergeordnet wird.
... und auf ihrem Grabstein wird stehen: "Ich hab's dir ja gesagt!"

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Ungelesener Beitrag von Thargunitoth »

Rhonda Eilwind hat geschrieben: Bis 1974 war mW nicht einmal der Schwangerschaftsabbruch nach einer Vergewaltigung straffrei. (Begründung so etwa: Das Kind könne ja für seine Entstehung nichts und dürfe dafür nicht gestraft werden. - Ob es mit dem resultierenden Leben nicht mehr gestraft würde darüber hat man sich bis dahin offensichtlich keine Gedanken gemacht.)
Solche Aussagen empfinde ich als menschenverachtend.

Soll man auch Behinderte erschlagen, weil man ihnen damit einen Gefallen tut?

Wenn jemand sein Leben nicht für lebenswert hält, dann soll er sich darum selber kümmern, aber absolut niemand hat das Recht jemanden in diesem Bereich zu bevormunden.

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Talron
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Ungelesener Beitrag von Talron »

@Thargunitoth
Ja, die Formolierung von Rhonda Eilwind war vielleicht etwas ungeschickt, aber können wir dennoch auf eine verbale Eskalation verzichten?
(Den Vorschlag irgendjemanden zu erschlagen hat sie definitiv nicht unterbreitet. )
Danke.

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Rhonda Eilwind
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Ungelesener Beitrag von Rhonda Eilwind »

@Thargunitoth

Es tut mir leid, wenn du meine Aussage in den falschen Hals gekriegt hast und dich darüber geärgert hast... die ist zugegebenermaßen stark verkürzt gewesen und man kann sie in der Tat missverstehen.

Was ich meinte, war folgendes - ich hoffe, ich kann es jetzt besser ausdrücken.

Man hat damals nicht differenziert und berücksichtigt, wie stark erstens die psychologische Belastung der Mutter durch ein solches Kind ist (und das obwohl das Leben zB als "ledige Mutter", wenn auch unverschuldet, damals viel schwieriger und gesellschaftlich geächteter war als heute), und zweitens, wie stark es sich auf das Kind auswirken könnte, wenn es von den Eltern innerlich abgelehnt wird.

Das ist historisch insofern nachvollziehbar, als sogar der Gebrauch der Antibabypille damals immer noch umstritten war und "nicht geplante" oder "ungewollte" Schwangerschaften irgendwo deutlich "normaler" im Sinne von "häufiger " waren als heute.

Ein juristisches Argument, das ich gelesen habe, war, dass Gründe gegen ein Kind, die in Umständen bestehen, die jeder Mutter normalerweise zuzumuten sind, keine sind, die als befürwortend für einen Schwangerschaftsabbruch aufgeführt werden dürfen. Unterbrechung der Arbeit, weniger persönliche Freiheiten, "hat von Kindern keine Ahnung und wollte nie welche" wären (heute) zB solche Argumente. Schwer wiegend für das Individuum. Nicht ausreichend für eine psychologische INdikation iS des ärztlichen Gutachtens.

Insofern gehörte auch 1970 oder 1974 "wollte generelll und besonders von einem bestimmten Mann kein Kind" (und "musste" dann doch heiraten) noch durchaus zum ganz normalen Lebensalltag vieler Frauen, auch wenn der Sex zuvor einvernehmlich gewesen war, und galt uU weniger als "Sonderfall". - Während man heute ganz selbstverständlich davon ausgeht, dass Pille, Spirale und Co sei Dank die Mehrzahl oder doch ein Großteil der Schwangerschaften "geplant" erfolgt.

(Ich denke außerdem, weiß es aber nicht sicher, dass heute auch der Umstand der Vergewaltigung ein stärkeres juristisches Gewicht besitzt als damals.)

Kann man nachvollziehen, worauf ich hinauswill? - Da "normalen" Müttern mehr zugemutet wurde als heute, galt das uU auch für Frauen, die nach einer Vergewaltigung schwanger wurden.

Zum THema "bevormunden" sollte man eventuell grundsätzlich differenzieren. (Also, abgesehen davon, dass sich das bei Fragen um Leben und Tod fast von selbst verbietet.)

"Bevormundet" werden Kinder und andere Menschen, die sich nicht um sich selbst kümmern können - weil sie sich nicht um sich selbst kümmern können.

Ein kleines Kind kann sich ebensowenig um sich selbst kümmern wie ein Ungeborenes, und beide sind besonders schutzbedürftig, was auch der Gesetzgeber so sieht.

Auch ein Kind, das von seiner Mutter -u.U. aus nicht einmal erklärten Gründen - innerlich abgelehnt wird, oder das damals im Heim aufwachsen musste, und dort evtl. sogar aus "erzieherischen Gründen" nach heutigen Maßstäben misshandelt wurde - das konnte sich nicht selbst drum kümmern, ob sein Leben bsser wird, das musste das ertragen.

Ich maße mir ganz bestimmt nicht an, auch nur in einem Fall vorher entscheiden zu können, was besser ist... - aber ich finde es wichtig, darauf hinzuweisen, dass "wir bewahren erstmal das Leben um jeden Preis" eventuell nicht immer die beste Lösung ist.

Ich wohne bei Mönchengladbach. Hier gab es in den letzten Jahren gleich zwei Fälle, wo Eltern ihre wenige Wochen alten Babys grausam umgebracht haben, weil sie nach eigenen Angaben "genervt" vom Aufwand uud der Veränderung waren, die so ein Kind bedeutet. Und mit "grausam" meine ich, nicht einfach erstickt, ausgesetzt oä, sondern so lange misshandelt, bis es tot war. Dann gab es den Fall einer ebenfalls vom Leben überfodertern allein erziehenden jungen Frau, die irgendwann das wenige Wochen alte Baby einfach in der Wohnung zurückließ und mehrere Tage Party machen fuhr, während das Baby verhungert ist. Das sind so Fälle, wo ich mir denke: Das hätte man allen Beteiligten besser erspart.

Denn um so zu handel, während man vorher nie auffällig war, muss man schon ziemlich neben die Spur geraten sein.

Kannst du das nachvollziehen oder findest du das auch menschenverachtend? - Das ist es eigentlich nicht.

Andererseits war es in beiden Flllen in MG so, dass zumindest die Mutter das Kind vorher wollte und der Vater "anscheinend" auch... dass sich die Eltern aber anscheinend falsche oder gar keine Vorstellung vom Leben mit Kind gemacht hatten, und mit der kompletten Situation überfordert waren - der Vater mit dem Kind und die Mutter mutmaßlich sowohl mit dem Kind als auch mit dem Umstand, dass ihr Partner in dieser Hinsicht ein Totalausfall war.

Das siehst du aber ja vorher nicht (also, bevor das Kind auf der Welt ist) und kannst den Eltern nur vor den Kopf gucken. Mir ist also absolut bewusst, dass es nicht einfach ist, sondern im Gegenteil fast unmöglich, so etwas vorher zu entscheiden.

Jedenfalls ist aber jetzt wohl die gängige juristische Auslegung, dass man ein ungeborenes Leben nur mit der Mutter schützen kann und nicht gegen sie - weswegen der Abbruch bis zur 12. Woche auch straflos bleibt.

Ich finde das insofern "besser", weil ich persönlich finde, dass auch die werdende Mutter ein Recht auf Anerkennnung ihrer Bedürfnisse hat. Und eben weil ich wie oben beschrieben meine, dass es tatsächlich Umstände geben kann, wo es für das Kind absehbar besser ist, nicht zur Welt zu kommen. Ob die vorliegen, ist wie geschrieben im Vorhinein schwer zu sagen - aber das juristisch schon grundsätzlich auszuschließen und zu sagen: "Leben ist immer besser als nicht Leben, und es muss immer in diesem Sinne entschieden werden" ist mE nicht korrekt. Oder: Nicht sinnvoll. Es beschreibt die Realität nicht. Darum sollte die Möglichkeit, anders zu entscheiden, gegeben sein. Das heißt nicht, dass ich finde, dass man sie dann auch nutzen muss.

Sie sollte nur da sein. Weil sie erforderlich sein könnte.

Weißt du, wie ich meine?

In dem Moment, wo es (überspitzt) heißt: "Ist das Kind gesund und sonst alles irgendwie normal, musst du es auch bekommen, auch wenn es nachts im Stadtpark im Gebüsch gezeugt wurde, nachdem der Kindsvater dich k.o. geschlagen hat!" bevormundet man ja auch die Mutter, indem man ihr in extremem Maße vorschreibt, was für sie zumutbar ist und was nicht.

Das kann es doch auch nicht sein!


Das ist ein ganz schwieriges Feld, klar. Und ja, das spielt auch in den Umgang mit Behinderten hinein - wo man im Umkehrschluss sieht, wohin so etwas führen kann, und das "besser" nicht immer "gut" sein muss.

Mein Sohn ist ein einer integrativen KiTa. Dort war bis letztes Jahr ein Kind in der Gruppe, das neben den Down-Syndrom noch mehrere weitere Behinderungen hat, u.a. Autismus. Was das Leben mit ihm doch recht schwierig macht.
Die Mutter erzählte mir, dass er in Irland geboren wurde. Dort sind ja ABtreibungen wirklich fast gar nicht möglich - auch in so einem Fall . Andererseits war auch kein Druck da, deswegen vielleicht eine Schwangerschaft beenden zu müssen. Das passiert nicht, kaum einer zieht es auch nur in Erwägung, und es gibt umfangreiche Betreuungs- und Fördermöglichkeiten für Betroffene, einfach weil es viele gibt. Die gehören irgendwo dazu.

Jetzt in Deutschland ist das völlig anders.

Was ich durchaus bestätigen kann.

Und das fängt in der Schwangerschaft schon an. Wir hatten bei unserem Jüngsten eine falsch positive Diagnose für Trisomie 21, sprich, der diagnostizierende Arzt hat nach dem ersten Feinultraschall sich im Grunde schon festgelegt - und bis zum (negativen) Ergebnis der Fruchtwasseruntersuchung dauerte es Wochen, weil meine Zellen extrem langsam wachsen. (Das wusste ich noch von früher, quasi von der Arbeit, es hatte sich aber nicht geändert). Alls waren verblüfft und hoch erfreut über das anderslautende Ergebnis, aber bis dahin hatte man uns im Grunde nahegelegt, davon auszugehen, dass das Kind ein Down-Snydrom haben würde, und entsprechend haben wir uns informiert und wurden wir beraten.

Hierzulande zwingt einen auch niemand, sich so oder so zu entscheiden. Man kann wählen .

Ich hatte beide Kinder spät und in weitem Abstand bekommen (nicht geplant, dass das so lange dauert, aber war halt so), war also schon relativ alt beim Großen bestand damals aktuell der Verdacht auf Asperger - man hätte also mühelos die "psychologische Indikation" konstruieren können. Das kann und tut man in ähnlichen Fällen ja schon bei wesentlich weniger belasteten Lebensumständen.

Es ist aber vielleicht für Nichtbetroffene schwer vorstellbar, wie stark der soziale Druck von Außen (nicht durch die Ärzte - oder Berater - die dürfen das nicht und tun es nach meiner Erfahrung auch nicht) ist, sich allein dadurch, dass die Möglichkeit der Wahl besteht, dafür entscheiden zu sollen oder zu "müssen", wie es für alle Beteiligten und vor allem einen selbst anscheinend am einfachsten ist.

"Frei" ist man in der Entscheidung tatsächlich nur, wenn man ein sehr dickes Fell hat. Ansonsten wird eigentlich allseits erwartet, dass man den leichteren Weg geht (und damit auch anderen nicht eventuell noch eine Belastung aufbürdet, und sei sie finanzieller Natur.)

Das Beste, was ich in diesem Zusammenhang mal gehört habe (zu mir, aber nicht über mich) war: "Das muss doch heute nicht mehr sein!"

Nein, muss es nicht. Aber kann.

Aber dass man dieses "kann" wollen kann, verstehen sehr viele Leute schon nicht - und werfen einem dann uU sogar "Egoismus" vor.

Wie ich schon schrieb: Es ist nicht einfach.

Und es gibt bei diesem Thema auch keine einfachen Lösungen, mit denen alle zufrieden sind, glaube ich.

Ich hoffe aber, ich konnte damit etwas klarer machen, wo ich persönlich in dieser Sache stehe. Und dass ich gar nicht so menschenverachtend bin.

Also, glaube zu sein. Kann ja sein, du findest das immer noch. Dann will ich dir selbstredend auch nichts anderes vorschreiben. ;)
... und auf ihrem Grabstein wird stehen: "Ich hab's dir ja gesagt!"

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Rhonda Eilwind hat geschrieben: 20.03.2018 11:02Ich wohne bei Mönchengladbach. Hier gab es in den letzten Jahren gleich zwei Fälle, wo Eltern ihre wenige Wochen alten Babys grausam umgebracht haben, weil sie nach eigenen Angaben "genervt" vom Aufwand uud der Veränderung waren, die so ein Kind bedeutet. Und mit "grausam" meine ich, nicht einfach erstickt, ausgesetzt oä, sondern so lange misshandelt, bis es tot war. Dann gab es den Fall einer ebenfalls vom Leben überfodertern allein erziehenden jungen Frau, die irgendwann das wenige Wochen alte Baby einfach in der Wohnung zurückließ und mehrere Tage Party machen fuhr, während das Baby verhungert ist. Das sind so Fälle, wo ich mir denke: Das hätte man allen Beteiligten besser erspart.
Ich denke, dass solche Fälle als Argumentationsgrundlage nicht wirklich taugen. Wenn man es mal ganz böse formulieren würde, wären diese Fälle eher Argumente für Zwangssterilisationen, aber die gibt es hier aus guten Gründen ja nicht. Aber für eine Diskussion über Abtreibung ja/nein taugt das nicht, weil man sich ja grundsätzlich nicht an Extrembeispielen orientieren sollte und ja auch, wie du ja auch bemerkst, garnicht klar ist, ob es sich um ungeplante Schwangerschaften handelte oder ob die "Eltern" schlicht nicht darüber nachgedacht haben, was ein Kind für Herausforderungen und Veränderungen mit sich bringt.
Rhonda Eilwind hat geschrieben: 20.03.2018 11:02In dem Moment, wo es (überspitzt) heißt: "Ist das Kind gesund und sonst alles irgendwie normal, musst du es auch bekommen, auch wenn es nachts im Stadtpark im Gebüsch gezeugt wurde, nachdem der Kindsvater dich k.o. geschlagen hat!" bevormundet man ja auch die Mutter, indem man ihr in extremem Maße vorschreibt, was für sie zumutbar ist und was nicht.

Das kann es doch auch nicht sein!
Ich stimme dir ausdrücklich zu.

Ich würde mir zwar grundsätzlich wünschen, dass es gar keine Abtreibungen gäbe, aber man muss konstatieren, dass das leider kaum realistisch ist. So gibt es Situationen, bei denen es für alle Beteiligten, naja, bis auf das ungeborene Kind natürlich, die weniger schlechte von zwei schlechten Lösungen ist. Das kann man bedauern, ändert aber nichts daran.

Auch ich als Mann unterstütze die grundsätzliche Aussage der Frauen "Mein Bauch gehört mir!" vollumfänglich. Und da ich überzeugt bin, dass der absolut überwiegende Großteil der Frauen Abtreibungen nicht als eine Art Verhütungsmittel sieht - diese Unterstellung wird ja auch bisweilen geäußert - sondern diesen schwierigen Schritt sehr genau prüft und abwägt. Eine mir sehr nahestehende Frau hatte sich vor fast 20 Jahren schweren Herzens für eine Abtreibung entschieden und leidet da gelegentlich heute noch drunter, insbesondere wenn der traurige "Jahrestag" ansteht. Und ich vermute, dass es so vielen Frauen geht, die eine Abtreibung hinter sich haben, so dass ich die bisweilen leider zu hören Unterstellung, Frauen würden dies aus egoistischen Motiven tun, unverschämt und menschenverachtend finde.
Rhonda Eilwind hat geschrieben: 20.03.2018 11:02Und das fängt in der Schwangerschaft schon an. Wir hatten bei unserem Jüngsten eine falsch positive Diagnose für Trisomie 21, sprich, der diagnostizierende Arzt hat nach dem ersten Feinultraschall sich im Grunde schon festgelegt - und bis zum (negativen) Ergebnis der Fruchtwasseruntersuchung dauerte es Wochen, weil meine Zellen extrem langsam wachsen. (Das wusste ich noch von früher, quasi von der Arbeit, es hatte sich aber nicht geändert). Alls waren verblüfft und hoch erfreut über das anderslautende Ergebnis, aber bis dahin hatte man uns im Grunde nahegelegt, davon auszugehen, dass das Kind ein Down-Snydrom haben würde, und entsprechend haben wir uns informiert und wurden wir beraten.
Gut, dass ihr abgewartet habt.
Ich hoffe nie in die Situation zu kommen, dies entscheiden zu müssen. Ich weiß tatsächlich nicht, ob ich mich für ein Kind entscheiden würde, das mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit mit Trisomie 21 auf die Welt kommen würde. Natürlich würde ich keine übereilte Entscheidung treffen - der erste Feinultraschall scheint mir etwas zu früh zu sein, um darauf eine so weitreichende Entscheidung zu treffen - aber wenn der Befund mehr oder weniger eindeutig ist, nun ja, wäre das tatsächlich eine sehr schwere Entscheidung und ich kann nicht sagen, dass ich mich auf jeden Fall für das Kind entscheiden würde (natürlich in enger Abstimmung mit der Mutter).
Rhonda Eilwind hat geschrieben: 20.03.2018 11:02Es ist aber vielleicht für Nichtbetroffene schwer vorstellbar, wie stark der soziale Druck von Außen (nicht durch die Ärzte - oder Berater - die dürfen das nicht und tun es nach meiner Erfahrung auch nicht) ist, sich allein dadurch, dass die Möglichkeit der Wahl besteht, dafür entscheiden zu sollen oder zu "müssen", wie es für alle Beteiligten und vor allem einen selbst anscheinend am einfachsten ist.
Als Außenstehender, und das schließt in solchen Fällen Verwandte und Freunde des betroffenes Paares mit ein, sollte man die Betroffenen nach Kräften unterstützen, ohne zusätzlichen Druck aufzubauen. Druck ist ja schon genug da. Manchmal kann man seine Überzeugungen auch hinten anstellen, wenn sie nicht gerade hilfreich sind.

Ich muss zugeben, dass ich die Diskussion um die Abschaffung des § 219a weder wirklich verfolgt noch überhaupt verstanden habe, worum es den Gegnern der Abschaffung dieses Paragraphen überhaupt geht. Allerdings weiß ich auch nicht, warum man diesen Paragraphen abschaffen sollte. Was steht drin?
§ 219a StGB hat geschrieben:(1) Wer öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften (§ 11 Abs. 3) seines Vermögensvorteils wegen oder in grob anstößiger Weise
1. eigene oder fremde Dienste zur Vornahme oder Förderung eines Schwangerschaftsabbruchs oder
2. Mittel, Gegenstände oder Verfahren, die zum Abbruch der Schwangerschaft geeignet sind, unter Hinweis auf diese Eignung
anbietet, ankündigt, anpreist oder Erklärungen solchen Inhalts bekanntgibt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) Absatz 1 Nr. 1 gilt nicht, wenn Ärzte oder auf Grund Gesetzes anerkannte Beratungsstellen darüber unterrichtet werden, welche Ärzte, Krankenhäuser oder Einrichtungen bereit sind, einen Schwangerschaftsabbruch unter den Voraussetzungen des § 218a Abs. 1 bis 3 vorzunehmen.
(3) Absatz 1 Nr. 2 gilt nicht, wenn die Tat gegenüber Ärzten oder Personen, die zum Handel mit den in Absatz 1 Nr. 2 erwähnten Mitteln oder Gegenständen befugt sind, oder durch eine Veröffentlichung in ärztlichen oder pharmazeutischen Fachblättern begangen wird.
So wie ich das verstanden habe, war Anlass, eine Abschaffung zu erwägen, dass eine Ärztin verklagt wurde, weil sie auf ihre Homepage stehen hatte, dass sie Schwangerschaftsabbrüche durchführt. Das erscheint mir doch einigermaßen abwegig. Irgendwie müssen sich Betroffene doch informieren können. Wenn die bloße Ankündigung, Schwangerschaftsabbrüche durchzuführen, für eine Verurteilung ausreicht, dann sollte man die Sinnhaftigkeit dieses Paragraphen tatsächlich grundsätzlich überdenken. Zumindest kann ich daran nichts "grob anstößiges" entdecken. Schwammig ist die Sache mit dem "Vermögensvorteil", wobei das ja durch den 2. Absatz relativiert wird. Allerdings steht da jetzt nichts darüber, wie sich Betroffene informieren können. Was wahrscheinlich niemand will, ist Leuchtreklame für Abtreibungen. Aber das scheint mir auch nicht wirklich zur Debatte zu stehen.

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Lorlilto
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Das Problem an dem Paragraphen ist, dass er von Abtreibungsgegnern genutzt wird, Ärzte zu verklagen, die über Schwangerschaftsabbrüche informieren. Und diese Klagen sind erfolgreich, weil die Ärzte die ärztliche Leistung, wenn sie sie dann entsprechend der Entscheidung der Patientin erbringen, natürlich in Rechnung stellen (dazu sind die Ärzte nach Gebührenordnung verpflichtet). Die Krankenkassen bezahlen Schwangerschaftsabbrüche ausserdem nicht (mWn weil die nicht legal im eigentlichen Sinne sind, sondern nur in bestimmten Fällen nicht geahndet werden) und die Patientin muss daher selbst dafür aufkommen, was die Sichtweise mancher Leute nochmal beeinflusst (In Richtung "Die Ärzte morden das Kind und verlangen dann noch hunderte € dafür!!11!"). Der entscheidende Punkt ist also der Vermögensvorteil.

Im Fall der Gießener Ärztin (durch den das ganze in die öffentliche Wahrnehmung gedrungen ist) hatte sie auf ihrer Homepage wohl auch über die verschiedenen Möglichkeiten des Schwangerschaftsabbruchs informiert. Das waren wohl Informationen die auf einer nicht-ärztlichen Seite ohne weiteres platziert werden können, aber die Ärzte, an die sich eine Frau als erstes wendet, wenn sie über einen Abbruch nachdenkt, dürfen diese Informationen nicht bereitstellen? Daran hakt das ganze eigentlich. Das Problem an dem Paragraphen ist nicht, dass Ärzte keine Werbung für Abtreibungen machen dürfen (sie dürfen standesrechtlich sowieso quasi keine Werbung für sich machen), sondern dass er dazu führt, dass Ärzte nicht informieren können, und zwar führt das wohl soweit, dass es für schwangere Frauen extrem schwierig ist, überhaupt herauszufinden, an welche Ärzte sie sich für einen Abbruch wenden können.

Diese Kolumne beschäftigt sich im mittleren Teil vor allem damit, warum dieser Paragraph und seine aktuelle Anwendung eher schadet als nutzt. Ob man der Autorin ansonsten auch in aller Konsequenz zustimmt bleibt ja jedem selbst überlassen, aber diesen Part hat sie meiner Meinung nach sehr gut ausgearbeitet.

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sagista
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Gut, dann scheine ich die ganze Debatte ja doch richtig verstanden zu haben.
Zumindest scheint mir eine Überarbeitung des Paragraphen erforderlich zu sein, da es absurd ist, Ärzte zu bestrafen, die über die Möglichkeiten des Schwangerschaftsabbruchs informieren. Betroffenen muss die Möglichkeit gelassen bzw. gegeben werden, sich umfassend zu informieren. Dazu gehört natürlich auch die Information darüber, wo man Abtreibungen vornehmen lassen kann.
Ein Werbeverbot halte ich allerdings dennoch für durchaus sinnvoll. Wobei ich mir, wie schon erwähnt, irgendwie nicht so richtig vorstellen kann, wie Werbung für Abtreibungen aussehen soll, die nicht unerträglich zynisch ist.

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Talron
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Ungelesener Beitrag von Talron »

Ich glaube der von Lorlilto verlinkte Artikel zeigt so etwas unfreiwillig, was das Problem in Deutschland ist.
Es findet sich kaum jemand der den Satz "eine Frau kann entscheiden, was ihn ihrem Körper heranwächst oder nicht", wirklich voll unterschreiben möchte.
Denn da kommt genau das """Problem""" auf, dass sie ja aus völlig eigenen Motiven entscheiden kann. Einfach Nö. Und jenseits der Emma finden sich wenige, die das wirklich akzeptieren können oder wollen. Schlicht und ergreifend, weil man sich damit auch mit Frauen solidarisieren müsste, die aus Gründen abtreiben, die man selbst nicht einsieht. Und sei es, dass das Kind die falsche Augenfarbe hat. Jetzt kann man sagen was solls? Es muss ja keine Extremposition sein, die man einnimmt. Ja, das ist richtig, nur gilt eben in dieser Frage: Wenn der Großteil nur zu glücklich darüber ist mal eine Einschränkung auf die Möglichkeit zur Abtreibung hinzunehmen, damit man das eigene Gewissen beruhigen kann bzw sich unangenehmen Fragen entzieht, wie effektiv ist damit jede Debatte über eine liberalisierung der Abtreibungsgesetzgebung. Das Designerbaby ist ja hier ein immer gern benutztes Schlagwort.
Und ich denke darum wird diese Debatte in Deutschland auch eher gemieden. Man macht sich vielleicht über den Jens Spahn lustig. Aber am Ende möchte keiner einen Schritt hin zu einer Liberalisierung gehen, da sich dann möglicherweise unangenehme Fragen stellen könnten, die in nahezu jeder Partei ein gewisses Spaltungspotential haben.

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sagista
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Ungelesener Beitrag von sagista »

Naja, Designerbabys und Abtreibung hat ja jetzt erstmal nicht so viel miteinander zu tun. Man könnte sogar argumentieren, dass Designerbabys Abtreibungen verhindern. Bei Designerbabys geht es ja um wesentlich mehr als die passende Augenfarbe. Vielmehr sollen ja z. B. Erbkrankheiten so eliminiert werden. Ich denke, bei der Diskussion rund um Designerbabys wird auch wieder das Problem deutlich, dass man immer das Schlimmste, was daraus entstehen könnte, in den Vordergrund stellt und die Chancen und Potentiale eher vernachlässigt.

Ich für meinen Teil würde schon sagen wollen, dass eine Frau selbst entscheiden können soll, was in ihrem Körper heranwächst oder nicht. Die Gebärmutter ist kein Allgemeingut, über das die Gesellschaft verfügen kann. Je mehr ich darüber nachdenke komme ich zu dem Schluss, dass eine Liberalisierung der Abtreibungsgesetzgebung erforderlich ist. Eine Frau zu zwingen, ein Kind auszutragen, halte ich für ethisch fragwürdig.

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Rhonda Eilwind
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sagista hat geschrieben: 24.03.2018 14:28Ich würde mir zwar grundsätzlich wünschen, dass es gar keine Abtreibungen gäbe, aber man muss konstatieren, dass das leider kaum realistisch ist. So gibt es Situationen, bei denen es für alle Beteiligten, naja, bis auf das ungeborene Kind natürlich, die weniger schlechte von zwei schlechten Lösungen ist. Das kann man bedauern, ändert aber nichts daran.

Danke, dass du das so schreibst. Genau so sehe ich das auch. "Gut" ist das für mich eigentlich nie.

Dass Ärzte nicht öffentlich - also, potenzielle Betroffene - darüber informieren dürfen, dass sie selbst einen Schwangerschaftsabbruch durchführen, stammt mW aus den 1930er oder sogar aus den 1920er Jahren, und ich finde diesen Teil des Paragraphen angesichts des Umstandes, dass eben die Abtreibung bis zur 12. Woche straffrei (wenn auch genau genommen nicht legal) ist, und danach bei entsprechender Indikation bis kurz vor Ultimo durchgeführt werden darf, nicht mehr zeitgemäß.

Aber ansonsten dürfen und müssen sich Frauen selbstverständlich auch über einen Schwangerschaftsabbruch informieren - das ist ihnen ja sogar vorgeschrieben, wenn sie bis zur 12. Woche abtreiben wollen.

Ich versuche gerade mal, das zu rekonstruieren, auch wenn das noch sehr viel länger zurückliegt.

Ich bin vor Jahren unerwartet, wenn auch nicht grundsätzlich unerwünscht, schwanger geworden, und zwar in einer recht ungünstigen Situation. Also, das klassische: "Ich wollte ja immer Kinder, aber wieso gerade jetzt???" :ups:

Und alles, was ich wusste, war, dass sich in Sachen Familienrecht gerade sehr viel änderte (das Elterngeld wurde eingeführt usw usf etc pp). Ich habe mir also, noch bevor ich meinem Mann Bescheid gesagt habe (der gerade für mehrere Jahre beruflich sonstwohin gewechsel war und nur am Wochenende daheim war), habe ich mir so einen Beratungstermin geholt, den ich auch sofort am nächsten Tag bekommen habe. Nicht nur für den Fall einer Abtreibung, sondern weil ich wissen wollte, was für Möglichkeiten ich hatte (auch finanziell), und nicht wusste, wo mir der Kopf stand.
Die Adresse hatte ich glaube ich von meiner Frauenärztin, oder sie mir sogar selbst im Internet rausgesucht - das war die Familienberatungsstelle von unserem Landkreis.

Naja. Unglücklicherweise wussten die Mitarbeiter über das, was dann zum Zeitpunkt der Geburt in sachen Elternzeit usw. gelten sollte, genauso wenig wie ich, aber sie bemühten sich nach Kräften und konnten mir schon immerhin sagen, in welcher Hinsicht die neue Regelung besser werden sollte und in welcher schlechter - für mich als frischgebackene Selbstständige war sie absehbar sogar besser als vorher.

Im Endeffekt bekam ich dann entweder bei meiner Frauenärztin oder bei der Beratungsstelle (ich weiß das gar nicht mehr so genau, obwohl ich den Zettel selbst noch genau vor Augen habe) eine Broschüre einer Klinik in Düsseldorf in die Hand gedrückt, die Abtreibungen vornimmt, wo auch im Detail schon alles draufstand, was man beachten musste, also, wo man sich anmelden sollte, was man mitbringen sollte, wie lange das dauert, was gemacht wird usw usf etc.

Diese Art von Information im konkreten Fall, nach erfolgtem Beratungsgespräch, war und ist erlaubt. Aber sie ist eben an ein persönliches Gespräch gekoppelt, in der der werdenden Mutter lt. Gesetz alle Möglichkeiten auseinandergesetzt werden sollen, die ihr helfen sollen, das Kind zu behalten. Wenn sie dann immer noch nicht will, darf sie die entsprechenden. nötigen Informationen erhalten und bekommt sie auch. (In meinem Fall übrigens, obwohl ich schon gleich gesagt hatte, dass ich mich wirklich nur beraten lassen will. - Aber ja mit meinem Mann auch noch gar nicht näher sprechen konnte und den natürlich auch noch fragen musste.)

Erfolgt das Beratungsgespräch bei einem Arzt, darf es übrigens nicht derselbe sein, der nachher den Eingriff vornimmt. Der Arzt, der berät, "wirbt" also nicht für sich selbst. Er vermittelt - oder überweist, im Fall einer medizinischen, psychologischen oder kriminologischen Indikation (in dem Fall bezahlt das auch die Kasse) - an den Kollegen, der den Eingriff vornimmt.
Welcher auch nicht für sich wirbt, sondern nur empfohlen wird.

So war bislang der gängige Ablauf. Und der war auch von Abtreibungsgegnern nicht zu beanstanden.

Allerdings berücksichtigt dieses Verfahren nicht, dass sich heute immer mehr Leute erst online informieren wollen. UNd dafür, wie man das machen kann, müssen jetzt eben neue Regelungen gefunden werden.

Das Problem beim Thema "Werbung" ist ein rein juristisches... "Werbung" für Schwangerschaftsabbrüche ist in dem Fall schon, dass man sagt, dass man selbst sie macht. Als "Werbung" wurde im Fall der Gießener Ärztin auch gewertet, dass sie zumindest Anfangs Preise für den Eingriff aufgeführt hat. Da die Schwangeren, wenn sie bis zur 12. Woche abtreiben, den Eingriff selbst bezahlen müssen, sind "im Vergleich niedrige Preise" ein Argument, den Eingriff eben in Praxis x und nicht in Praxis Y durchzuführen... argumentierte das Gericht. Damit ist jede Nennung von Preisen "Werbung".

Um nun noch zu verraten, wie diese erste Geschichte bei mir ausging: Ich habe mich (mit dem Mann) gegen eine Abtreibung entschieden, hatte aber wenige Wochen später eine sog. "missed Abortion" (verhaltene Fehlgeburt), und musste trotzdem "unters Messer", weil "das alles" ja irgendwie rausmusste, aber nicht rauswollte. Das wurde allerdings in keiner speziellen Praxis, sondern (ebenfalls ambulant) in einem hiesigen Krankenhaus in der Gynäkologie gemacht.

(Und ja - ich war tatsächlich genauso unglücklich, dieses Kind so früh zu verlieren, wie ich es vorher gewesen war, schwanger geworden zu sein. Innerhalb weniger Wochen. Das geht. Auch wenn man sich das vorher vielleicht so gar nicht vorstellen kann.)

Das Gemeine daran war, dass wir dann tatsächlich bewusst gesagt haben, wir wollen ein Kind - und es dann jahrelang nicht mehr klappte. Sodass ich bei beiden Kindern - die auch noch recht weit auseinander sind - dann schon deutlich älter war als ich je hätte sein wollen.
sagista hat geschrieben: 24.03.2018 14:28Gut, dass ihr abgewartet habt.
Ich hoffe nie in die Situation zu kommen, dies entscheiden zu müssen. Ich weiß tatsächlich nicht, ob ich mich für ein Kind entscheiden würde, das mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit mit Trisomie 21 auf die Welt kommen würde. Natürlich würde ich keine übereilte Entscheidung treffen - der erste Feinultraschall scheint mir etwas zu früh zu sein, um darauf eine so weitreichende Entscheidung zu treffen -
Jaja, das war viel zu früh. Und es hat uns auch niemand - wirklich niemand - geraten, uns nur aufgrund dieser Blickdiagnose zu entscheiden. Was uns allerdings dringend geraten wurde, falls wir es vorher wirklich sicher wissen wollten, war eine Fruchtwasseruntersuchung - oder der damals noch neue PCR-Test, der aber irre teuer war und eben von der Diagnostik her damals noch nicht so sicher.

Und man hat eben - und das ist wohl nicht unbedingt der Normalfall - uns versucht, darauf vorzubereiten, dass das Ergebnis der FWU positiv ist und tatsächlich eine Trisomie vorliegen könnte - und dass wir uns spätestens dann eben entscheiden müssten.

Wenn man es ganz genau nimmt, war es eigentlich auch für den Arzt zu früh, sich dermaßen festzulegen... Ganz sicher wissen konnte ja auch er es nur nach Ultraschallansicht selbstverständlich nicht. (Ich denke, der Umstand, dass ich beim 2. Kind schon 40 war, hat auch dazu beigetragen, auch wenn er es bewusst nur am Ultraschallbild festgemacht hat.)

Er hat es mir nachher - bis dahin wusste er auch, dass ich quasi wenigstens ein bisschen vom Fach war - an mehreren Vergleichsbildern "mein Kind", "gesundes Kind", "Kind mit Down Syndrom" gezeigt, wie er zu seiner Diagnose gekommen war, und wahrlich, mit freiem Kopf und entlastet, weil der Befund ja negativ war, konnte ich es nachvollziehen. Der Verdacht war nicht aus der Luft gegriffen, und wenn man mal davon ausgeht, dass dieser Mann den ganzen Tag wenig anderes macht und bestimmt schon Tausende Embryonen mit den verschiedensten Auffälligkeiten (oder auch nicht) gesehen hat, kann man auch davon ausgehen, dass er das nicht voreilig und leichtfertig, sondern besten Gewissens gesagt hat.

Es war aber auch tatsächlich so , dass sich Kopfform und Proportionen und weitere Indizien im weiteren Verlauf der Schwangerschaft bei jedem Kontrollultraschall mehr normalisiert haben - allerdings hat das liebe Kind noch heute einen Kopf, auf dem nur wenige Mützen wirklich gut halten... ansonsten ist aber alles in Ordnung damit. Soweit ich das beurteilen kann, funktioniert er auch gut. Manchmal vielleicht ein bisschen zu gut... :borbi: :)
aber wenn der Befund mehr oder weniger eindeutig ist, nun ja, wäre das tatsächlich eine sehr schwere Entscheidung und ich kann nicht sagen, dass ich mich auf jeden Fall für das Kind entscheiden würde (natürlich in enger Abstimmung mit der Mutter).
Da spielt so vieles mit hinein. Die familiäre Situation. Die finanzielle. Religiöse. Persönlicher Hintergrund. Und beides natürlich auch noch vom Partner...

Diese Frage kann man tatsächlich erst eindeutig beantworten, wenn sie sich konkret stellt. Zu den Bedingungen in dem Moment. Vorher nicht.

Ich hatte meine Gründe für meine Entscheidung, und du würdest deine haben - und für dich wären sie hoffentlich richtig und gut so, wie sie ausfallen, und für deine Partnerin auch.

---

Grade noch gelesen:

Das Wort "Designerbaby" wird im Moment so ausgelegt, dass man nur Kinder austrägt, die einem bestimmten Design entsprechen. Bzw. eben so und so viele Embryonen erzeugt, und nur die einpflanzt, die eben die "Wunschgene" in sich tragen.
Das ist laut Embryonenschutzgesetz verboten bzw. im Fall der Präimplantationsdiagnostik auf einige wenige schwere Erbkrankheiten beschränkt, wenn bereits klar ist, dass die in der Familie vorkommen.

In dieser Auslegung ist es auch Mord, die erzeugten Embryonen zu vernichten, nur weil sie nicht dem erwünschten Schema entsprechen. (Ärzte sind übrigens auch angehalten, bei der künstlichen Befruchtung im Reagenzglas nicht mehr Embryonen zu erzeugen, als unbedingt nötig, um zu verhindern, dass irgendwo überzählige potenzielle Lebewesen vernichtet werden müssen,weil keiner sie austragen will oder kann. Streng genommen nicht mehr als 3 pro Durchgang. Das ist aber nicht unumstritten, weil man statistisch gesehen mehr bräuchte, um eine normale Schwangerschaft mit einem Kind zu gewährleisten.)

Es würde also nicht so gesehen, dass die Zahl der Abbrüche zurückgeht... die nicht erwünschten, aussortierten Embryonen werden ja quasi auch getötet, ohne je Bestandteil einer Schwangerschaft gewesen zu sein.
... und auf ihrem Grabstein wird stehen: "Ich hab's dir ja gesagt!"

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sagista hat geschrieben: 24.03.2018 14:28Auch ich als Mann unterstütze die grundsätzliche Aussage der Frauen "Mein Bauch gehört mir!" vollumfänglich.
Bis zu welcher Woche sollte der Bauch der Mutter gehören? Ab welcher Woche gehört der Bauch dem Fötus?

Juristisch darf die Frau den Fötus bis zur 12. Woche töten und danach hat der Fötus ein Recht auf Leben. (Außer in einigen Ausnahmefällen.)

Aber wieso ausgerechnet die 12. Woche? Ich bin nicht komplett gegen Abtreibung. Allerdings denke ich, sollte man überdenken, was der geeignete Zeitpunkt ist und ab wann man sagen kann, dass das Recht des Fötus auf Leben überwiegt.
Irgendwie müssen sich Betroffene doch informieren können.
Normalerweise erfolgt die Information über die Beratungsstellen: Wenn jemand abtreiben will, muss die Person zuvor eine Beratungsstelle aufsuchen. Will die Person trotz der Beratung den Fötus töten, informiert die Beratungsstelle darüber, wo dies möglich ist.

Erfährt die Person außerhalb der Beratungsstellen von Möglichkeiten, den Fötus zu töten, besteht die Möglichkeit, dass die Person direkt dorthin geht, ohne eine Beratungsstelle aufzusuchen. (Soweit ich weiß, wäre das zwar illegal, aber der Person wird so die Möglichkeit eröffnet, diese illegale Möglichkeit durchzuführen.)
Eine Frau zu zwingen, ein Kind auszutragen, halte ich für ethisch fragwürdig.
Was ist damit, wenn die Frau bereits im 8. Monat schwanger ist?

Ich denke, keiner hat ein Problem damit, eine befruchtete Eizelle vor der Nidation zu töten.
Und ich denke, jeder hat ein Problem damit, ein neugeborenes Baby zu töten.

Die Frage ist: Was ist ein Fötus? Ist ein Fötus eher so etwas wie eine Eizelle vor der Nidation? Oder ist ein Fötus eher wie ein neugeborenes Baby?

Befürworter der Abtreibung stellen sich den Fötus eher als Eizelle vor. Gegner der Abtreibung stellen sich den Fötus eher als Baby vor. - Die Wahrheit liegt irgendwo dazwischen.

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Eulenspiegel hat geschrieben: 25.03.2018 01:57Bis zu welcher Woche sollte der Bauch der Mutter gehören? Ab welcher Woche gehört der Bauch dem Fötus?
Zu keinem Zeitpunkt "gehört" der Bauch dem Fötus. Er gehört immer der Frau und sonst niemanden. Wenn man meint, fiktive Besitzansprüche zu verteilen, so würde ich mich allenfalls auf "der Fötus wohnt zur Miete" einlassen, wobei das eigentlich ziemlich albern ist.
Eulenspiegel hat geschrieben: 25.03.2018 01:57Juristisch darf die Frau den Fötus bis zur 14. Woche töten und danach hat der Fötus ein Recht auf Leben. (Außer das Leben der Mutter steht auf dem Spiel.)

Aber wieso ausgerechnet die 14. Woche? Ich bin nicht komplett gegen Abtreibung. Allerdings denke ich, sollte man überdenken, was der geeignete Zeitpunkt ist und ab wann man sagen kann, dass das Recht des Fötus auf Leben überwiegt.
Darum geht es ja letztendlich in der ganzen Diskussion über Abtreibung: Die Abwägung zwischen den Belangen der Frau und denen des Fötus. Warum nun 14. Woche? Naja, ist halt mehr oder weniger willkürlich festgelegt.
Eulenspiegel hat geschrieben: 25.03.2018 01:57Normalerweise erfolgt die Information über die Beratungsstellen: Wenn jemand abtreiben will, muss die Person zuvor eine Beratungsstelle aufsuchen. Will die Person trotz der Beratung den Fötus töten, informiert die Beratungsstelle darüber, wo dies möglich ist.

Erfährt die Person außerhalb der Beratungsstellen von Möglichkeiten, den Fötus zu töten, besteht die Möglichkeit, dass die Person direkt dorthin geht, ohne eine Beratungsstelle aufzusuchen. (Soweit ich weiß, wäre das zwar illegal, aber der Person wird so die Möglichkeit eröffnet, diese illegale Möglichkeit durchzuführen.)
Und deswegen soll es strafbar sein bzw. bleiben, wenn Ärzte auf ihrer Homepage angeben, dass sie Abtreibungen durchführen?
Eulenspiegel hat geschrieben: 25.03.2018 01:57Was ist damit, wenn die Frau bereits im 8. Monat schwanger ist?
Dann stellt sich erst einmal die Frage, warum eine Frau im 8. Monat plötzlich abtreiben möchte oder ob sie sich dann nicht doch besser mit einer Adoption arrangieren könnte.
Eulenspiegel hat geschrieben: 25.03.2018 01:57Ich denke, keiner hat ein Problem damit, eine befruchtete Eizelle vor der Nidation zu töten.
Und ich denke, jeder hat ein Problem damit, ein neugeborenes Baby zu töten.

Die Frage ist: Was ist ein Fötus? Ist ein Fötus eher so etwas wie eine EIzelle vor der Nidation? Oder ist ein Fötus eher wie ein neugeborenes Baby?

Befürworter der Abtreibung stellen sich den Fötus eher als Eizelle vor. Gegner der Abtreibung stellen sich den Fötus eher als Baby vor. - Die Wahrheit liegt irgendwo dazwischen.
Ein Fötus ist kein neugeborenes Baby. Es ist auch keine Eizelle, sondern ein Entwicklungsschritt zwischen Eizelle und neugeborenen Baby. Je näher der Geburtstermin rückt, desto eher ähnelt der Fötus einem neugeborenen Baby. Diese Fragestellung ist jetzt in meinen Augen eher akademischer Natur.

Gleichwohl verstehe ich durchaus, worauf du hinausmöchtest. Tatsächlich ist die Frage schwierig zu beantworten, wenn es um die bereits oben erwähnte Abwägung geht. Ich halte es für grundsätzlich schwierig, wenn man einem Menschen untersagt, mit seinem Körper zu tun, was man möchte. Auf der anderen Seite ist es natürlich auch ethisch schwierig zu rechtfertigen, im 8. Monat abzutreiben, wobei das natürlich maßgeblich von den Gründen anhängt, warum man das tun möchte. Wobei ich unterstelle, dass die wenigsten Frauen wirklich abtreiben wollen, sondern sich von den Umständen dazu gezwungen sehen. Aus Spaß treibt sicherlich niemand ab! Nicht im ersten Monat und auch nicht im neunten.

Und das ist das, was mich an Abtreibungsdebatten immer stört: Die implizite oder durchaus auch explizit geäußerte Unterstellung, die Frauen würden es sich einfach machen oder aus egoistischen Motiven handeln. Gerade als Mann sollte man sich da stets tunlichst zurückhalten, solche Unterstellungen zu äußern. Das gilt auch für die sogenannten "Lebensschützer", die in ihrer selbstgefälligen und arroganten Art und Weise versuchen, den Frauen ihr Weltbild auf zu oktroyieren. Frauen, die sich mit dem Gedanken an Abtreibung plagen haben es wahrlich schon schwer genug; sie brauchen Unterstützung und Rat, aber sicher keinen moralischen Zeigefinger.

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sagista hat geschrieben: 25.03.2018 03:38Darum geht es ja letztendlich in der ganzen Diskussion über Abtreibung: Die Abwägung zwischen den Belangen der Frau und denen des Fötus.
[...]
Und das ist das, was mich an Abtreibungsdebatten immer stört: Die implizite oder durchaus auch explizit geäußerte Unterstellung, die Frauen würden es sich einfach machen oder aus egoistischen Motiven handeln.
Widersprichst du dir hier nicht selber? Zum einen sagst du, dass es um die Belange der Frau geht (in Abwägung zu den Belangen des Fötus). Und dann sagst du, dass es keine egoistischen Motive sind. Was denn nun?

Du hattest weiterhin geschrieben, dass die Festlegung auf die 14. Woche rein willkürlich ist. Wenn es um Leben und Tod geht, halte ich es für ziemlich gefährlich, willkürlich festzulegen, welches Lebewesen das Recht auf Leben hat und welches nicht.
Ein Fötus ist kein neugeborenes Baby. Es ist auch keine Eizelle, sondern ein Entwicklungsschritt zwischen Eizelle und neugeborenen Baby. Je näher der Geburtstermin rückt, desto eher ähnelt der Fötus einem neugeborenen Baby. Diese Fragestellung ist jetzt in meinen Augen eher akademischer Natur.
Leider nein. Es wäre schön, wenn es eher akademischer Natur wäre. Leider hat das aber extrem große praktische Auswirkungen.

Jeder Mensch hat eine Vorstellung von "Fötus". Wenn diese Vorstellung eher in Richtung "Zellhaufen" geht, dann findet man Abtreibung in Ordnung. Wenn diese Vorstellung jedoch in Richtung "Baby" geht, dann ist Abtreibung eine zutiefst unethische Sache. Diese Entscheidung wird häufig eben nicht auf akademischer Ebene heraus getroffen, sondern aus dem Bauch heraus, wie sehr man das Recht der Mutter im Vergleich zum Recht des Fötus sieht. Und wie schwerwiegend man das Recht des Fötus sieht, hängt extrem davon ab, was man sich (ganz unakademisch) unter einem Fötus vorstellt.

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Eulenspiegel hat geschrieben: 25.03.2018 17:36Widersprichst du dir hier nicht selber? Zum einen sagst du, dass es um die Belange der Frau geht (in Abwägung zu den Belangen des Fötus). Und dann sagst du, dass es keine egoistischen Motive sind. Was denn nun?
Die Verfügungsgewalt über den eigenen Körper kann nicht egoistisch sein. Frauen, die sich dazu entscheiden, abzutreiben, Egoismus zu unterstellen, finde ich halt wenig angemessen.
Eulenspiegel hat geschrieben: 25.03.2018 17:36Du hattest weiterhin geschrieben, dass die Festlegung auf die 14. Woche rein willkürlich ist. Wenn es um Leben und Tod geht, halte ich es für ziemlich gefährlich, willkürlich festzulegen, welches Lebewesen das Recht auf Leben hat und welches nicht.
Ich habe diese willkürliche Entscheidung nicht getroffen. Ob man sich nun auf die 10., 14. oder 20. Woche einigt, halte ich jetzt für nicht so relevant, bzw. das ist keine Diskussion, die es sich jetzt hier zu führen lohnt, weil sie höchstwahrscheinlich kein Ergebnis einbringen wird.
Eulenspiegel hat geschrieben: 25.03.2018 17:36Leider nein. Es wäre schön, wenn es eher akademischer Natur wäre. Leider hat das aber extrem große praktische Auswirkungen.

Jeder Mensch hat eine Vorstellung von "Fötus". Wenn diese Vorstellung eher in Richtung "Zellhaufen" geht, dann findet man Abtreibung in Ordnung. Wenn diese Vorstellung jedoch in Richtung "Baby" geht, dann ist Abtreibung eine zutiefst unethische Sache. Diese Entscheidung wird häufig eben nicht auf akademischer Ebene heraus getroffen, sondern aus dem Bauch heraus, wie sehr man das Recht der Mutter im Vergleich zum Recht des Fötus sieht. Und wie schwerwiegend man das Recht des Fötus sieht, hängt extrem davon ab, was man sich (ganz unakademisch) unter einem Fötus vorstellt.
Ich halte nichts davon, von einem "Zellhaufen" zu reden. Das ist letztendlich der Versuch, die unangenehme Wahrheit auszuklammern, dass es sich um einen werdenen Menschen handelt. Aber wenn du Abtreibungen unethisch findest, was wäre dein Alternativvorschlag? Wer soll wann abtreiben dürfen?

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Die Festlegung ist nicht einfach willkürlich:
Wikipedia hat geschrieben:Ein Fötus oder Fetus (nach lateinisch fetus, „die Brut, Nachkommenschaft“) ist während der Schwangerschaft ein Kind in der Gebärmutter nach Ausbildung der inneren Organe. Davor spricht man von einem Embryo. Die Fetalperiode beginnt beim Menschen in der 9. Schwangerschaftswoche
[...]
15. Woche: Der Fötus gewinnt zunehmend „menschliche Gestalt“.
Dies Angaben beziehen sich auf die Zeit nach der Befruchtung, bei der Zählung der Schwangerschaftswochen wird meist aber ab der letzten Menstruation gerechnet, der Abbruch ist also bis zur 3. Woche der Fetalperiode möglich (=12. Woche ab Befruchtung = 14. Woche p.m.).
Dieser Zeitpunkt wurde mEn gewählt, weil man i.A. davon ausgeht, dass der Fötus zu diesem Zeitpunkt noch über kein Bewusstsein und über keine (oder höchstens sehr limitierte) Sinneswahrnehmungen verfügt.
Diese beiden Punkte finde ich bei der Abwägung eines Schwangerschaftsabbruchs auch deutlich wichtiger als die Frage, wie der Fötus denn grade aussieht.

Ansonsten stimme ich sagista zu, dass es nicht angemessen ist, Frauen, die sich für einen Abbruch entscheiden, Egoismus vorzuwerfen. Ich finde das von Aussenstehenden sogar ziemlich vermessen, da sich mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit niemand zu 100% in die spezifische Situation der Frau hineinversetzen kann.
Maßnahmen wie eine vorgeschriebene Beratung und Bedenkfrist finde ich angemessen, da so auch eine psychische Hilfestellung möglich ist, aber letztlich sollte (zumindest in der genannten frühen Schwangerschaftsphase) die Entscheidung voll und ganz bei der betreffenden Frau und nicht bei jemand anderem liegen (egal ob Gesetzgeber, "die Gesellschaft" oder sonstwer), denn sie ist diejenige, die den Rest ihres Lebens mit dem Ergebnis der Entscheidung klarkommen muss.

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Rhonda Eilwind
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Ich denke, ein wichtiger Punkt bei der Setzung der Frist in der 12. Woche war, dass bis zur 12. Woche ein gar nicht so kleiner Anteil Schwangerschaften von selbst endet, sei es, weil mit dem Embryo etwas nicht gestimmt hat, sei es, weil die Einnistung so ungünstig erfolgt ist, dass der wachsende Embryo nicht mehr versorgt werden kann und abstirbt.

Je nach Literatur und Einschlusskriterien heißt es, dass jede zweite bis jede fünfte zustande gekommene Schwangerschaft bis zum Ende dieser 12. Woche endet. Allerdings zählen bie "jede zweite" auch Befruchtungen vor der Einnistung mit, die uU nur mich hochsensitiven RTests überhaupt erkannt werden und sie nie realisieren.

Dann spielt auch das Alter der Schwangeren eine Rolle - nicht nur, weil die Wahrscheinlichkeit steigt, dass es zu Chromosomenanomalien kommt, sondern weil je nach Hormonstatus auch die Einnistung erschwert sein kann. Bei Älteren ist die Quote dieser Fehlgeburten also höher als bei jüngeren... irgendwo habe ich mal gelesen, dass von tatsächlcih eingenisteten Eizellen je nach Altersgruppe 2-20% in der Entwicklung nicht über die 12. Woche hinauskommen.
Das ist jetzt nicht viel, aber: Da es bis zur 12. Woche noch am wahrscheinlichsten ist, dass der Körper die Schwangerschaft selbst beendet, "pfuscht" man da der Natur noch "am wenigsten ins Handwerk." - Da kann es durchaus je nach Alter der Mutter sein, dass der Abbruch nur etwas vorgreift, was ohnehin geschehen wäre. Ab Woche 13 (+2) sinkt die Wahrscheinlichkeit einer Fehlgeburt dagegen drastisch und man kann eher davon ausgehen, dass, was dann noch da ist, auch bis zum Ende bleibt.
... und auf ihrem Grabstein wird stehen: "Ich hab's dir ja gesagt!"

Eulenspiegel
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sagista hat geschrieben: 25.03.2018 20:06Die Verfügungsgewalt über den eigenen Körper kann nicht egoistisch sein.
Warum nicht? Ich würde sogar vermuten, dass man in über 99% aller Fälle die Verfügungsgewalt über den eigenen Körper aus egoistischen Gründen haben will.

Mir fällt jetzt spontan kein einziger Grund ein, wo man aus nicht-egoistischen Gründen die Verfügungsgewalt über seinen Körper haben möchte.

Zur willkürlichen Entscheidung: Stimmt, du hast die Entscheidung nicht getroffen. Aber inwiefern ist das relevant? Ich würde dich bitten, die Posts etwas weniger persönlich zu nehmen. Ich kritisiere nicht dich, ich kritisiere das Gesetz. "Hat der Gesetzgeber die Entscheidung willkürlich getroffen?" ist eine interessante Frage. Ob sagista die Entscheidung willkürlich getroffen hat, interessiert mich nicht.

Ansonsten ist es extrem relevant, wann jemand das Recht zu leben hat und wann nicht. Gerade für das betroffene Lebewesen ist es extrem relevant. Aber auch für das Lebewesen, das die Tötung durchführen will, ist das relevant.
Aber wenn du Abtreibungen unethisch findest, was wäre dein Alternativvorschlag? Wer soll wann abtreiben dürfen?
Wie kommst du darauf, dass ich Abtreibung unethisch finde? Ich bin in dieser Hinsicht extrem zwiegespalten.

Ich kenne keine Antworten. Ich stelle Fragen, weil ich selber auf der Suche nach der Antwort bin. - Und weil ich mich nicht mit einer Antwort aus einem Bauchgefühl heraus zufrieden gebe, sondern erstmal alle pro und contra abwägen will, bevor ich zu einer Antwort gelange.
Lorlilto hat geschrieben: 25.03.2018 21:21Diese beiden Punkte finde ich bei der Abwägung eines Schwangerschaftsabbruchs auch deutlich wichtiger als die Frage, wie der Fötus denn grade aussieht.
Das denke ich auch.

Zum Thema Egoismus:
1. Ich habe nicht Egoismus vorgeworfen, ich habe sagista darauf aufmerksam gemacht, dass er widersprüchlich argumentiert. Einen Widerspruch kann man in beide Richtungen auflösen.

2. Für wen macht die Frau denn dann die Abtreibung? (Sag jetzt bitte nicht "Für den Fötus".)
Klar, ich denke durchaus, dass viele Abtreibende dies für ihren Partner machen. Aber es gibt auch viele Frauen, die das nicht für Ihren Partner tun, sondern für sich selber.

Zum Thema "Rest des Lebens":
Nein, der Fötus ist derjenige, der für den Rest des Lebens mit der Entscheidung klarkommen muss. Die Frau muss nur bis zur Geburt mit der Entscheidung klarkommen. Danach kann sie es zur Adoption freigeben.

@Rhonda Eilwind
Wieviele Schwangerschaften wann enden, hängt von der medizinischen Versorgungslage ab. Je nach Gebiet, Reichtum der Person etc. verändern sich die Zahlen extrem. (Alter hattest du ja bereits genannt.)

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Ich möchte mich bzw. die Diskussion jetzt nicht mit ausufernden Wortdefinitionen aufhalten. Ich biete daher um des Friedens Willen folgenden Vorschlag an: Der Wunsch nach Verfügungsgewalt über den eigenen Körper mag vielleicht egoistischsein, ist aber sicherlich kein Egoismus, der zu kritisieren ist. Ob man das nun Egoismus nennen will oder nicht - Egoismus ist nun einmal ein stark negativ konnotierte Begriff - ändert ja nichts daran, dass niemand der Frau vorschreiben dürfen sollte, was sie mit ihrem Körper macht und was nicht.

Ich finde auch, dass die Fragestellung, für wen eine Frau eine Abtreibung vornehmen lässt, unangemessen ist. Das schwingt ein wenig der Vorwurf mit, die Frau würde einen Abbruch aus Berechnung, mit Hintergedanken, zum eigenen Vorteil machen lassen. In der weit überwiegenden Zahl der Fälle dürfte jedoch in erster Linie Verzweifelung und Auswegslosigkeit das Motiv für eine Abtreibung sein. Da finde ich die Unterstellung des Egoismus tatsächlich anmaßend und wenig zielführend.

Was nun den Zeitpunkt der Abtreibung betrifft, nun, offensichtlich habe ich mich geirrt und der Zeitpunkt mit den 14 Wochen wurde nicht willkürlich festgelegt, was mich auch ein Stück weit erleichtert. Ich finde Lorlitos und Rhondas Beiträge dazu zu erhellend und die gelieferten Begründungen wirken auf mich plausibel. Eulenspiegel, was kritisierst du denn konkret an dem Gesetz?

Dass du Abtreibungen unethisch findest, habe ich aus deinem vorletzten Posting interpretiert. Offenbar habe ich das nicht richtig interpretiert. Mir gehts ja ähnlich wie dir. Ich bin auch zwiegespalten in dieser Frage, wie wahrscheinlich die meisten, die Argumenten der Gegenseite zumindest erst einmal offen gegenüberstehen. Was ich aber in jedem Fall problematisch finde ist, wenn man einer Schwangeren sagt: "Du musst dein Kind austragen, ob du willst oder nicht!" Das hat es wirklich viel zu lange gegeben und gibt es ja in vielen Teilen der Welt bis heute.

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Richtig, dass man die Verfügungsgewalt über seinen eigenen Körper haben will, ist nicht zu kritisieren. Das ist vollkommen natürlich.

Deswegen ja die Interessenabwägung: Auf der einen Seite das legitime Interesse der Frau, nicht mehr schwanger zu sein. Auf der anderen Seite das legitime Interesse des Fötus, am Leben zu bleiben.

Ich kritisiere am Gesetz, dass nicht klar ersichtlich ist, wieso es ausgerechnet die 12. Schwangerschaftswoche ist. Bewusstsein bzw. Sinneswahrnehmung sind mir gute Schwellen, um zu sagen: Das Lebewesen darf getötet werden, solange es nicht darüber verfügt.

Jetzt bin ich selber zu wenig Mediziner, um sagen zu können, wann diese Schwelle erreicht ist.
Bei einer Lektüre von Wikipedia käme ich zu folgenden Möglichkeiten:
- Nach 5-8 Wochen hat der Fötus evtl. Wahrnehmung und/oder Emotionen.
- Nach der 18. Woche hat der Fötus definitiv Geschmackswahrnehmung.
- Nach der 20. Woche kann der Fötus Erinnerungen speichern. Auch ein Zeichen für Bewusstsein?

Aber ich habe nirgendwo gefunden, dass in der 12. Woche ein einschneidendes Ereignis stattfindet, das eine Schutzänderung des Fötus rechtfertigt.

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Eulenspiegel hat geschrieben: 25.03.2018 22:25Nein, der Fötus ist derjenige, der für den Rest des Lebens mit der Entscheidung klarkommen muss. Die Frau muss nur bis zur Geburt mit der Entscheidung klarkommen. Danach kann sie es zur Adoption freigeben.
Das ist aber auch sehr kurz und einfach gedacht.

Erstens ist das mit der Adoption nicht ganz so einfach machbar. "Direkt nach der Geburt" geht das schonmal gar nicht, es geht frühestens 8 Wochen nach der Geburt. Und beide Elternteile müssen zustimmen, zumindest, wenn sie verheiratet sind. (Bei minderjährigen Eltern zumindest früher auch die Erziehungsberechtigten, wie es heute ist, weiß ich gar nicht). Es gibt Ausnahmen, aber bis die festgestellt sind, muss auch erstmal ein Familiengericht den Fall beurteilen... "einfach mal eben schnell" geht eigentlich gar nichts.

Es sei denn, frau entbindet anonym und gibt das Kind in einer Babyklappe ab. Diese Möglichkeit gibt es immerhin tatsächlich. Zumindest in vielen Gegenden.

Aber wer sagt: "Das kann Frau ja dann halt eben mal machen... sie muss das Kind ja "nur "austragen und dann abgeben", verkennt, was für ein massiver Eingriff in den Organismus eine Schwangerschaft unter Umständen ist.

Klar gibt es Frauen, die empfangen ein Kind, kriegen einen sittsam maßvoll gerundeten Bauch, ohne dass ihnen jemals übel ist, können problemlos bis Anfang Mutterschutz voll ihren Job ausfüllen, gehen 3 Stunden nach der Entbindung nach Hause - und könnten dann theoretisch auch locker ihr Kind in der Babyklappe abgeben, das sie ohnehin die vergangenen 10 Monate kaum tangiert oder gestört hat.

Meist läuft es doch aber irgendwie nicht ganz so glatt. Und damit wird dann aus der Schwangerschaft ein massiver Eingriff ins Leben der Frau, die evtl. - das wäre dann ausdrücklich das andere Extrem - ihren Job und ihren Partner verliert (der nicht bereit ist, den "Affenzirkus" einer Schwangerschaft mitzumachen, auch nicht für das Kind, das er sowieso nicht haben will), im Grunde ein halbes Jahr wegen irgendwelcher Schwangerschaften außer Gefecht ist und wenn sie Pech hat auch nach der Entbindung noch monatelang an den körperlichen Folgen zu tragen hat - ohne ein Kind und irgendwelche Umstände zu haben, die dann dazu führen, dass ihr Umfeld wenigstens minimal darauf Rücksicht nimmt, denn - das kind ist ja weg. Gibt ja keinen Grund mehr für Rücksichtnahme.

(Abgesehen davon, dass es allein durch die hormonelle Situation nach der Geburt durchaus nicht einfach ist, das Baby abzugeben, auch wenn man es gar nicht haben wollte und will. - Was, denke ich, der Grund für die 8-Wochen-Frist ist... was aber unter Umständen wiederum für die völlig Verzweifelten zu lang ist...

Eine Schwangerschaft kann (muss nicht - nur um das klar zu betonen) wirklich hart sein. Wenn man das für das eigene Kind auf sich nimmt, auf das man sich freut und das man sich wünscht, ist das eine Sache - dann hilft einem die Aussicht darauf auch durch die schwierigeren Phasen. Wenn's nur darum geht, ein Kind am Leben zu erhalten, das dann eh möglichst schnell aus dem Haus soll und das niemand im Umfeld haben möchte - hilft einem keiner.

Sich dann mit Schwangerschaftsthemen auseinanderzusetzen, die hier in Deutschland massiv über die "Glückliche-Mütter"-Schiene abgehandelt werden, mit "Freude auf der Kind" usw., kann sogar dann hart sein, wenn man das Kind eigentlich will, aber daheim Sorgen hat bis unters Dach, und das eigene Leben gerade so gar nicht dieser Modellvorstellung entspricht. (Letzteres sage ich jetzt ausdrücklich aus eigener Erfahrung). Ich fand das massiv belastend, und wenn ich mir vorstellen würde, das passiert, obwohl schon klar ist, das Kind wird nur ausgebrütet und dann weggegeben, würde ich das sicher als noch deprimierender empfinden.

In anderen Worten: Eine Schwangerschaft ist kein Spaziergang mit einer kurzen Unterbrechung des sonstigen Lebens von etwa 9 Monaten. Ich denke, das verändert einen massiv, ob man das Kind nun behalt oder nicht. Unter Umständen muss man da schon sehr idealistisch und reflektiert sein, um das auf sich zu nehmen. Und sehr viele Frauen, die ungeplant schwanger werden, sind das nach meiner Beobachtung eher nicht. Die werden dann davon genauso überfallen wie vom Kind selbst, kommen ins Schwimmen und kriegen keinen Fuß mehr auf den Grund.

Oder sie können wirklich nichts dazu. Und selbst wenn doch - ist halt trotzdem die Frage, ob sie diese Last wirklich ganz allein tragen können müssen, egal was kommt.
... und auf ihrem Grabstein wird stehen: "Ich hab's dir ja gesagt!"

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