Nein heißt Nein, oder doch nicht? (Konkreter Fall!)

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sagista
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Re: Nein heißt Nein, oder doch nicht? (Konkreter Fall!)

Ungelesener Beitrag von sagista »

Zu 1.: Klar. Ob die Schöffen über ausreichend Fachkenntnis und Selbstbewusstsein verfügen, sich gegen Richter UND Staatsanwalt zu entscheiden, ist spekulativ.

Zu 2.: Unwahrscheinlich; es wäre schlechte journalistische Arbeit, hätte man dies verschwiegen.

Zu 3.: Noch unwahrscheinlicher als Punkt 2.

Zu 4.: Das kann natürlich durchaus sein. Wäre mir persönlich die liebste Variante. Ein Lokalblatt schreibt eine besonders empörende Geschichte und die Emma nimmt das ungeprüft auf. So ganz abwegig ist das nicht, so dass man das sicher nicht ausschließen kann.

Für wahrscheinlich halte ich jedoch das bizarre Urteil.

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Denderan Marajain
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Re: Nein heißt Nein, oder doch nicht? (Konkreter Fall!)

Ungelesener Beitrag von Denderan Marajain »

1. Es war nicht ein Richter, sondern 1 Richter + 2 Schöffen, die das entschieden haben. Insgesamt also drei Leute (1 Jurist + 2 Laien), von denen sich die Mehrheit für dieses Urteil entschieden hat.
Zumindest in Österreich ist das eher pro forma

Benutzer 7553 gelöscht

Re: Nein heißt Nein, oder doch nicht? (Konkreter Fall!)

Ungelesener Beitrag von Benutzer 7553 gelöscht »

sagista hat geschrieben:Zu 3.: Noch unwahrscheinlicher als Punkt 2.
Warum hältst du das für so unwahrscheinlich? Sex gegen Drogen ist verbreitet, und grade bei Dealern die so unprofessionell sind mit ihren Kunden gemeinsam zu konsumieren (siehe Artikel) durchaus vorstellbar. Drogen können Menschen auf mehr als eine Art zerstören.

Firnblut
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Re: Nein heißt Nein, oder doch nicht? (Konkreter Fall!)

Ungelesener Beitrag von Firnblut »

Aber wie gesagt, vielleicht werden in den Artikeln auch wesentliche Informationen vorenthalten, die das Ganze in einem anderen Licht erscheinen lassen, aber solange diese nicht vorliegen, mutet das Ganze sehr bizarr an
Die Information, die nicht vorenthalten, aber als solche nicht ausreichend gekennzeichnet wird, ist, dass der Ablauf des Abends kein Faktum ist, sondern der von der Klägerin beschriebene Hergang, der im besten Fall ihre Wahrnehmung des Abends beschreibt.
Aus diesem Grund ist der Tathergang alles andere als eindeutig.
Die Darstellung hingegen (zumindest die im ersten Post verlinkte) formuliert so, als spreche die Frau die Wahrheit (was sein kann, aber nicht muss) und ja, dann ist es natürlich vollkommen unverständlich, warum es einen Freispruch gab.
Aber auch wenn der Zeugin jedes Wort "geglaubt" wird, ist das kein juristischer Fakt und wenn sie selbst einräumt, dass der Angeklagte die Nacht anders hätte wahrnehmen können (das indirekte Zitat lässt auch gar nicht sicher bewerten, ob es nicht eine Verkürzung ist, bei der wesentliche Elemente der Aussage weggelassen wurden, um einen reißerischen Artikel zu haben) und der Angeklagte die Nacht anders beschreibt, dann ist das zumindest weiter auf den Prüfstand zu stellen.
Zuletzt geändert von Firnblut am 03.05.2017 09:37, insgesamt 1-mal geändert.

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BenjaminK
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Re: Nein heißt Nein, oder doch nicht? (Konkreter Fall!)

Ungelesener Beitrag von BenjaminK »

sagista hat geschrieben:
BenjaminK hat geschrieben:Aber so bleibt unterm Strich erstmal, dass da ein Opfer ist, dem auch geglaubt wird, dass es geschädigt wurde und ein Täter, dem man rechtlich glauben muss, dass er bei seiner Handlung von einer Nicht-Schädigung ausging.
Was natürlich ziemlich einfach wird, wenn ein Täter in seiner eigenen Welt der Meinung ist, dass auch eine Frau, die "nein" sagt, eigentlich "ja" meint.
Das ist ja genau nicht der Fall. Die Frau wurde gefragt, ob sie ein klares "nein" kommuniziert hat. Die Formulierung, ob es sein könnte, dass der Täter das "nein" nicht verstanden hat, ist genau diese Frage. Dass niemand Gedankenlesen kann und natürlich alles sein könnte, weil keiner die unumstößliche Wahrheit für sich gepachtet hat, ist trivial.
Für die Verteidigung über "nein-sagen-aber-ja-meinen" ist das was ganz anderes. Da steht dann nämlich ein Opfer, was sagt: "Ich habe nein gesagt" und ein Täter, der sagt "Und ich dachte, damit meinte sie 'ja'". Im vorliegenden Fall läuft es darauf hinaus, dass da ein Täter steht, der sagt "Die Frau hat nicht nein gesagt" und ein Opfer, was sagt "Ja, kann sein, dass ich gar nicht 'nein' gesagt habe". Daraus können Richter doch nur dem geschädigten Opfer glauben, dass sie nicht einverstanden war und daher schlimme Dinge widerfahren sind, aber gleichzeitig können sie niemanden dafür in den Knast bekommen, wenn das Opfer den Zweifel an dem Nein einräumt.

Und was die Urteilsfindung angeht: Also entschuldigt mal, da ist ein bizarrer Fall mit einem skurilen Hergang und einem unbefriedigenden Urteil in einer Frauenzeitschrift abgedruckt. Und sämtliche Instanzen der Rechtsfindung werden als irrelevant wegdiskutiert? Die Schöffen sind nicht selbstbewusst genug, gegen die Intrige des Staatsanwalts, der mit dem Richter gemeinsame Sache macht (hallo, Gewaltenteilung?) aufzustehen und noch nichtmal im Nachgang irgendwo zu Protokoll zu geben, dass sie das Urteil doof finden und nur durch den gefühlten Zwang nicht gegen Richter und Staatsanwalt vor gegangen sind.

Bei einer Urteilsfindung sind so viele Netze und doppelte Böden drin. Mehrere Leute bei der Entscheidung beteiligt, Rechtsmittel wie Berufung oder Revision etc. Ja, die können natürlich alle ins leere Laufen, aber wenn 2 Schöffen dem Urteil des Richters zustimmen, der Staatsanwalt auf eine Anfechtung des Urteils verzichtet, dann sind sich da 4 Leute einig, die den Prozess miterlebt haben, die jede Zeugenaussage gehört haben, jede emotionale Reaktion dabei mitbekommen haben. Unter dem Hintergrund finde ich ein Versagen der Rechtsprechung schon ziemlich weit her geholt.

Versteht mich nicht falsch, denn die Rechtsprechung ändert nichts daran, dass Leute, die sich anderen sexuell aufzwingen, in den Knast gehören. Aber es gehört zur Aufgabe der Rechtsprechung zu beurteilen, ob genau sowas auch vorliegt.
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Lajos
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Re: Nein heißt Nein, oder doch nicht? (Konkreter Fall!)

Ungelesener Beitrag von Lajos »

Genau darum dreht es sich doch seit zig Posts: Medienkompetenz.
Und ob man sachlich oder emotional an ein Thema herangeht.

Wir haben auf der einen Seite Magazine mit einer ganz klaren Agenda, auf der anderen Seite Richter und Schöffen mit Fachkompetenz und den uns nicht zugänglichen Informationen, die es benötigt, diesen Fall zu bewerten.
Sofern es diesen Fall überhaupt gegeben hat.

Wem wir jetzt glauben schenken sei mal dahingestellt. Allerdings bleibt es beim "glauben".


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Radames
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Re: Nein heißt Nein, oder doch nicht? (Konkreter Fall!)

Ungelesener Beitrag von Radames »

Denderan Marajain hat geschrieben:Zumindest in Österreich ist das eher pro forma
Nur bei den Laienrichtern am Arbeitsgericht.

Am Strafgericht sind die Schöffen üblicherweise mehr als nur schmückendes Beiwerk (manche eher, manche weniger), daher dauern deren Beratungen manchmal auch durchaus länger. Wobei in so einem Fall (Anklage der Vergewaltigung) der Schöffensenat in Österreich aus 2 Richtern und 2 Schöffen besteht, also noch eine Person mehr mit eigener Wahrnehmung der Zeugen und mit eigener Meinung.
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Andwari
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Re: Nein heißt Nein, oder doch nicht? (Konkreter Fall!)

Ungelesener Beitrag von Andwari »

@Schöffen
Die Schöffen müssen keine besondere Fachkompetenz haben - sondern nur ein Urteil fällen. Wenn der Berufsrichter mit Engelszungen für "unschuldig" plädiert und beide Schöffen sagen "schuldig", dann ist das in Deutschland so, fertig.
=> Das ist in Deutschland anders als in Österreich, wo genau die obige Konstellation nicht funktioniert.

@Beteiligte
Es sind nicht nur die 3 Richter (2 davon Schöffen) und der Staatsanwalt - auch der Anwalt des Angeklagten hat offensichtlich nix gesagt, nur einem Zeitungsvertreter war das hinterher eine Meldung wert, wie viel der am Prozess zugehört hat, ist auch unklar.
Wichtiger: Das vorgebliche Opfer ist entweder nicht als Nebenklägerin aufgetreten oder ihr Anwalt hat auch da völlig gepennt. Im Fall einer angeklagten Vergewaltigung kriegt in Deutschland das Opfer auf Antrag den Anwalt gestellt.

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Denderan Marajain
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Re: Nein heißt Nein, oder doch nicht? (Konkreter Fall!)

Ungelesener Beitrag von Denderan Marajain »

Radames hat geschrieben:
Denderan Marajain hat geschrieben:Zumindest in Österreich ist das eher pro forma
Nur bei den Laienrichtern am Arbeitsgericht.

Am Strafgericht sind die Schöffen üblicherweise mehr als nur schmückendes Beiwerk (manche eher, manche weniger), daher dauern deren Beratungen manchmal auch durchaus länger. Wobei in so einem Fall (Anklage der Vergewaltigung) der Schöffensenat in Österreich aus 2 Richtern und 2 Schöffen besteht, also noch eine Person mehr mit eigener Wahrnehmung der Zeugen und mit eigener Meinung.
Ich kenne das eher genau umgekehrt da die Laienrichter am ASG wenigstens aus den Bereichen kommen wobei die Auswahl am Strafgericht sich mir so nicht ganz erschließt

Und gerade bei 2 Richtern und 2 Schöffen kenne ich keine Schöffen die sich gegen die Richter "gestellt" hätten

Andwari
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Re: Nein heißt Nein, oder doch nicht? (Konkreter Fall!)

Ungelesener Beitrag von Andwari »

@Denderan
2 Schöffen + 2 Berufsrichter ist in Deutschland in dem Fall nicht gegeben - (in Strafsachen)
a) 2 Schöffen + 1 Berufsrichter am Amtsgericht = was hier vorlag, nur bei besonderem Umfang kommt hier evtl. ein zweiter Berufsrichter dazu.
b) 2 Schöffen + 1 Berufsrichter als Berufungsinstanz (am Landgericht, also nach a)
c) 2 Schöffen + 3 Berufsrichter als erstinstanzliche Strafkammer am Landgericht, die sich allerdings selbst per Beschluss auf 2+2 verkleinern kann und das üblicherweise tut, wenn nicht
d) 2 Schöffen + 3 Berufsrichter ein 'Schwurgericht' bilden, das für Mord usw. zuständig ist.

Hier war a) gegeben, was halt insofern bemerkenswert ist, als damit Urteile von >4 Jahre Gefängnis nicht möglich sind - denn dafür wäre eben ein Prozess am Landgericht nach c) notwendig. Bei einer Anklage zu der in den Zeitungen geschilderten Geschichte wäre hingegen eine Strafzumessung oberhalb dieser Grenze ziemlich gut vorstellbar - d.h. irgendwie sonderbar, die Kombination.

Wer sich in Urteilsberatungen wie positioniert hat, wirst Du hinterher nur selten erfahren.

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Radames
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Re: Nein heißt Nein, oder doch nicht? (Konkreter Fall!)

Ungelesener Beitrag von Radames »

Denderan Marajain hat geschrieben:Ich kenne das eher genau umgekehrt da die Laienrichter am ASG wenigstens aus den Bereichen kommen wobei die Auswahl am Strafgericht sich mir so nicht ganz erschließt
Die Auswahl am Strafgericht ist Zufall (quasi) und soll auch so sein. Es sollen Leute aus dem Volk miturteilen, und die bilden sich eben ihre eigene Meinung. Sollte es am Strafgericht zu eienr Vertagung und somit mehreren Verhandlungstagen kommen, wechseln die Schöffen auch nciht.

Am ASG sollen (ich muss "gerüchteweise" dazu schreiben, sonst könnte man mir das falsch auslegen) auch betrunkene Beisitzer vorkommen (immer wieder), und zwischen verschiedenen Tagsatzungen wechseln die Beisitzer. Die werden von der Kammer beschickt, und da richtet sich die Beisitzung nach einer Einteilung, die mit dem Verfahren nichts zu tun hat. Die Tagsatzungen setzt der Richter an, unabhängig davon, wann welche Beisitzer Zeit haben.
Der Wirtschaftskammerfunktionär ist fast immer für den Arbeitgeber, der Arbeiterkämmerer fast immer für den Arbeitnehmer (jeweils mit Ausnahmen, die dann meistens ziemlich krasse Fälle betreffen). Den Ausschlag gibt der Richter. Vor allem, wenn er ihnen vor der 2. oder 3. Tagsatzung erklärt, was bisher vorgekommen ist, kann er schön steuern, wie er was wiedergibt.
Denderan Marajain hat geschrieben:Und gerade bei 2 Richtern und 2 Schöffen kenne ich keine Schöffen die sich gegen die Richter "gestellt" hätten
Das stimmt zwar, aber die Richter sind sich untereinander schon nicht immer einig. Und wenn das im Endeffekt der Fall ist, haben 2 Berufsrichter, die beide das gleiche Verfahren miterlebt haben, beide Fachkompetenz haben, die gleichen Schlüsse gezogen. Da haben wir zumindest 4-Augen-Prinzip.

Und dann gibt es noch jeweils zumindest eine darüber sitzende Instanz.

@Andwari:
2/2 (Schöffen/Richter) war bis vor kurzem die Norm. Mit der letzten StPO-Reform wurde es zur Ausnahme, und 2/1 die Norm. Sexualdelikte (und ein paar andere) sind jedoch immer noch 2/2 zu bestücken (und bei Sexualdelikten zumindest 1 mit dem Geschlecht des Opfers idente Person).

Das deutsche große Schwurgericht ist immer ein Beispiel, wenn bei uns die Geschworenengerichtsbarkeit diskutiert wird (nur für schwere Straftaten), wo ein Senat aus 3 Richtern das Verfahren leitet, aber eine Geschworenenbank aus 8 Laien das Urteil fällen. Das hat seine Schwächen, vor allem fällt die Urteilsbegründung weg (bzw "gründet sich das Urteil auf dem Wahrspruch der Geschworenen", wie es dann so schön in den Urteilen heißt).
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Re: Nein heißt Nein, oder doch nicht? (Konkreter Fall!)

Ungelesener Beitrag von Andwari »

@Radames
und genau wegen der Reduzierung 2/2 -> 1/2 gibt es in Österreich die Klausel, dass die beiden Schöffen nicht gegen den einen Richter auf "schuldig" erkennen dürfen. Genau das ist in Deutschland eben nicht so.

Die 2+1-Konstellation ist in Deutschland eben eigentlich was für weniger gravierende Fälle.

In Deutschland gibt es aktuell keine Geschworengerichtsbarkeit (auch das Schwurgericht heißt nur so, hat aber keine Geschworenen) - die Schöffen sind immer voll berechtigte Richter und je höher das geht, um so mehr nimmt wieder der Anteil von Berufsrichtern zu. Deutsche Schöffen sind keine Geschworenen, wie aus US-Gerichtsfilmen bekannt.

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Radames
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Re: Nein heißt Nein, oder doch nicht? (Konkreter Fall!)

Ungelesener Beitrag von Radames »

Andwari hat geschrieben:@Radames
und genau wegen der Reduzierung 2/2 -> 1/2 gibt es in Österreich die Klausel, dass die beiden Schöffen nicht gegen den einen Richter auf "schuldig" erkennen dürfen. Genau das ist in Deutschland eben nicht so.
Ja, Schöffen werden halt auch als Emotionaler gesehen. Generell hat diese Bestimmung auch weniger Gewicht bei der Frage, ob die Feststellungen die Anklage ganz generell stützen, als viel eher bei der Beurteilung von Rechtsfertigungs- oder Entschuldigungsgründen (also in der Praxis). Aber auch im Geschworenenverfahren können die Richter (einstimmig) das Urteil der Geschworenen aufheben.

Und um ein mögliches Fehlurteil zu verhindern, kann die Staatsanwaltschaft immer noch eine Nichtigkeitsbeschwerde einbringen, wenn das Urteil laut ihrer Ansicht zweifelsfrei Unsinn ist. Es sind Überall Absicherungen eingebaut, das ist die generelle Systematik der Strafprozessordnung.

Aber klarerweise kann das alles hier nicht der Fall gewesen sein, da es sich um ein deutsches Verfahren handelt.
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sagista
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Re: Nein heißt Nein, oder doch nicht? (Konkreter Fall!)

Ungelesener Beitrag von sagista »

BenjaminK hat geschrieben:Das ist ja genau nicht der Fall. Die Frau wurde gefragt, ob sie ein klares "nein" kommuniziert hat. Die Formulierung, ob es sein könnte, dass der Täter das "nein" nicht verstanden hat, ist genau diese Frage. Dass niemand Gedankenlesen kann und natürlich alles sein könnte, weil keiner die unumstößliche Wahrheit für sich gepachtet hat, ist trivial.
Für die Verteidigung über "nein-sagen-aber-ja-meinen" ist das was ganz anderes. Da steht dann nämlich ein Opfer, was sagt: "Ich habe nein gesagt" und ein Täter, der sagt "Und ich dachte, damit meinte sie 'ja'". Im vorliegenden Fall läuft es darauf hinaus, dass da ein Täter steht, der sagt "Die Frau hat nicht nein gesagt" und ein Opfer, was sagt "Ja, kann sein, dass ich gar nicht 'nein' gesagt habe". Daraus können Richter doch nur dem geschädigten Opfer glauben, dass sie nicht einverstanden war und daher schlimme Dinge widerfahren sind, aber gleichzeitig können sie niemanden dafür in den Knast bekommen, wenn das Opfer den Zweifel an dem Nein einräumt.
Laut Artikel hat sie zumindest "Aufhören" geschrien, sich gewehrt und es schließlich über sich ergehen lassen. Wie man da ernsthaft auf den Gedanken kommen kann, der Täter habe das als freiwilligen wilden Sex interpretiert, wird es schwer haben, jemanden mit der Einstellung, "nein heißt eigentlich ja" das Unrecht seiner Tat so nachweisen zu können, dass er versteht, dass er Unrecht begangen hat.
BenjaminK hat geschrieben:Und was die Urteilsfindung angeht: Also entschuldigt mal, da ist ein bizarrer Fall mit einem skurilen Hergang und einem unbefriedigenden Urteil in einer Frauenzeitschrift abgedruckt. Und sämtliche Instanzen der Rechtsfindung werden als irrelevant wegdiskutiert? Die Schöffen sind nicht selbstbewusst genug, gegen die Intrige des Staatsanwalts, der mit dem Richter gemeinsame Sache macht (hallo, Gewaltenteilung?) aufzustehen und noch nichtmal im Nachgang irgendwo zu Protokoll zu geben, dass sie das Urteil doof finden und nur durch den gefühlten Zwang nicht gegen Richter und Staatsanwalt vor gegangen sind.
Nicht von dem, was du hier geschrieben hast, steht im Zusammenhang mit dem, was ich meinte oder geschrieben habe, sonst ist nur eine übertriebene und lächerlich machende Wiedergabe. Was soll das?
BenjaminK hat geschrieben:Versteht mich nicht falsch, denn die Rechtsprechung ändert nichts daran, dass Leute, die sich anderen sexuell aufzwingen, in den Knast gehören. Aber es gehört zur Aufgabe der Rechtsprechung zu beurteilen, ob genau sowas auch vorliegt.
Ich bin durchaus dankbar für die Versuche der Diskutanten hier, möglichst "sachlich" an die Sache heranzugehen. Tatsächlich bin ich gerade bei Sexualstraftaten sehr schnell wütend auf die Justiz, wenn sie so agiert wie in diesem Fall oder auch in vielen anderen, wie z. B. die Gruppenvergewaltigung in Hamburg. Aber ich bin ja kein Richter, muss also nicht fachlich geschliffen oder juristisch einwandfrei korrekt argumentieren sondern darf auch sagen, "hey, das mag formaljuristisch vielleicht korrekt sein, aber gerecht ist das noch lange nicht". Man kann allerdings auch sowohl sachlich als auch emotional an eine Sache herangehen. Ich wiederhole es gern, Kritik ist auch an der Justiz erlaubt.

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Re: Nein heißt Nein, oder doch nicht? (Konkreter Fall!)

Ungelesener Beitrag von Lajos »

... und damit ist genau das passiert, was ich letzte Woche angekündigt habe. Du bittest um eine sachliche, fachliche Diskussion. Das ist bei diesem Thema sehr schwierig und ich habe Hochachtung vor allen Diskutanten, die versucht haben, dir die Komplexität des Falls und dir das offensichtliche Problem - Quellenauswahl "Propagandablättchen" - darzulegen.

Nachdem dies stattgefunden hat und man eigentlich nur zum Schluss kommen kann, dass die uns aus der Emma gelieferte Information entweder falsch und zumindest unvollständig ist, nimmst du die Diskussion persönlich und bringst die "ich seh das aber anders, weil ich generell schnell sauer auf die Justiz bin"-Keule.

Aber warum dann überhaupt noch auf eine sachliche Fachdiskussion pochen, wenn dein Ergebnis schon feststeht? Die Diskussion erinnert mich ein wenig an solche mit Verschwörungstheoretikern (nein, ich bezeichne dich explizit nicht als solche/r) und anderen Fanatikern. Ergebnis steht fest, Argumente werden angehört, dann aber entweder persönlich genommen oder wenn sie gut sind spielt man Taube und sagt "ich seh das aber anders".

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Zuletzt geändert von Lajos am 04.05.2017 08:15, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Nein heißt Nein, oder doch nicht? (Konkreter Fall!)

Ungelesener Beitrag von Jewel Blue »

Ich habe bisher nur mitgelesen und werde nach diesem Post auch weiterhin nur noch mitlesen. *ganz fest vornehm*
sagista hat geschrieben:Laut Artikel hat sie zumindest "Aufhören" geschrien, sich gewehrt und es schließlich über sich ergehen lassen.
Genau das ist aber bereits in früheren Urteilen (vor der Gesetzesänderung) in vielen Urteilen als nicht eindeutige Willensbekundung gewertet worden.
"Aufhören" ist eben nicht "Nein" und sich erst wehren, dann "fügen" sei keine eindeutige Willensbekundung. Begründung in früheren Urteilen war dabei (laut Berichterstattung), dass auch bei einvernehmlichem Geschlechtsakt ein Vorspiel mit entsprechenden Handlungen verbunden sein könne und das "ruhig Geschehenlassen" dann sowohl als Willensänderung als auch als Zustimmung und Charakterisierung des Widerstandes als "Vorspiel" fehlverstanden werden könne.

Kannst du jetzt von halten, was du möchtest und ich sehe es ziemlich kritisch.

Aber vermutlich sollte das damals vorbeugen, dass nicht jeder, der ein härteres vielleicht rollenspielerisches (aber eigentlich einvernehmliches) Vorspiel schätzt, oder bei dem es nach einem anfänglichen Nein dann doch noch zum freiwilligem und einvernehmlichem Geschlechtsakt kam, im Anschluss mit einer Anklage wegen Vergewaltigung rechnen musste.
Zumindest wurde vor der Gesetzesänderung die Urteilsfindung eines ähnlichen Falles mal von einem Richter in einer TV-Sendung erklärt.
Damals hieß es, für die klare Erkennung einer Vergewaltigung müsse sich das Opfer bis zur Erschöpfung oder Unfähigkeit wehren. Diese Gesetzesauslegung (die dem Grundsatz "im Zweifel für den Angeklagten" folgt) war ja einer der Ausgangspunkte für die ganze "Nein bedeutet Nein"-Gesetzesänderung.

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BenjaminK
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Re: Nein heißt Nein, oder doch nicht? (Konkreter Fall!)

Ungelesener Beitrag von BenjaminK »

@Sagista
Ich habe die Wiedergabe etwas lächerlich angesetzt, weil ich es genau so empfinde. Es ist eben nicht, dass an einer Stelle ein einzelner Entscheidungsträger daneben hätte liegen können, sondern ein Konglomerat von vielen Beteiligten, die alle zu dem selben Schluss gekommen sind. Anstatt den vielen Beteiligten dann an einer Stelle einfach mal zu glauben, dass nicht "alle" ihren Job miserabel gemacht haben, weil es ausgereicht hätte, wenn nur "einer" abgewichen wäre, wird jede Instanz als unfähig oder gezwungen wegdiskutiert.

Nein-heißt-ja liegt immer noch nicht vor. Das Opfer hat dem Richter sinngemäß gesagt, dass es sein könnte, dass sie gar nicht nein gesagt habe. Der Täter sagt dem Richter, er habe kein nein gehört. Was bleibt dem Richter anderes übrig, als zu sagen, dass nein eineindeutig nein heißt, aber wohl kein nein im Raum stand?

Ich will gar nicht mutmaßen, wieso weshalb und warum die beiden Junkies intim geworden sind, wie sie es gerne mögen oder was sie vorher schon miteinander vereinbart haben.
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sagista
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Re: Nein heißt Nein, oder doch nicht? (Konkreter Fall!)

Ungelesener Beitrag von sagista »

@ Lajos:

Ich dachte, du wolltest nur noch stumm mitlesen.

Soll ich dir jetzt ernsthaft noch den Unterschied zwischen einer sachlichen und einer Fachdiskussion erklären? Ich bin kein Jurist, ich kann keine juristische Fachdiskussion führen, die über mehr als etwas angelesenes Wissen hinausgeht führen, was du und viele andere ebenfalls nicht können, wenn sie keine Juristen sind. Dennoch kann ich eine sachliche Diskussion führen, zumindest mit Leuten, die daran interessiert sind.

Aber wenn du schon so drauf bestehst, lies noch mal mein erstens Posting zu diesem Thema. Bereits da habe ich gesagt, dass uns wahrscheinlich nicht alle Informationen vorliegen. Wörtlich habe ich geschrieben: "zumindest wenn die verlinkten Artikel den Tatsachen entsprechen und nichts Wesentliches ausgelassen wurde." Das kannst auch du ruhig einmal zur Kenntnis nehmen, ohne zu meinen, mich bei jeder sich bietenden Gelegenheit angehen zu müssen.

Und warum die Märkische Allgemeine ein Propagandablättchen ist und für wen, musst du mir noch erklären.


@ Jewel Blue:

Ah ok, so war das dann wohl vor der Gesetzesänderung. Möglicherweise ist die Frage ja viel mehr die, ob die Gesetzesänderung in diesem Fall überhaupt schon greift. Der Emma-Artikel ist da etwas widersprüchlich, da er zum einen sagt, seit November 2016 hieße nein endlich nein, während weiter unten steht etwas vom 01. Juli. Da die Tat am 18. August 2016 stattfand, ist ja schon entscheidend, ob die Gesetzesänderung da schon in Kraft war oder nicht. Ich lese das so, als wäre die Gesetzesänderung erst ab November 2016 in Kraft, womit der Angeklagte wohl Glück gehabt hat, denn dass man nur nach den Gesetzen urteilen darf, die zum Tatzeitpunkt bestanden, weiß selbst ich.


@ BenjaminK:

Das Einzige, was ich zum Ausdruck bringen wollte war, dass möglicherweise die Schöffen, die ja ganz normale Bürger sind, Schwierigkeiten haben, von der Einschätzung sowohl des Richters als auch des Staatswanwalts abzuweichen, eben weil diese mutmaßlich besser wissen, dass formaljuristisch korrekt nicht zwingend auch gerecht sein muss. Das, was du da alles reininterpretierst, was ich damit hätte sagen können oder wollen, geht schlicht dran vorbei.

Aber deinen letzten Satz verstehe ich nicht. Richter und Staatswanwalt sind doch vollkommen davon überzeugt, dass der Frau Unrecht getan wurde, dass sie vergewaltigt wurde. Das ist anscheinend unstrittig, also nix mit "wieso weshalb und warum die beiden Junkies intim geworden sind, wie sie es gerne mögen oder was sie vorher schon miteinander vereinbart haben". Unsicher war man doch nur, ob der Angeklagter wirklich wusste, dass er ein Verbrechen begeht und eben nicht freiwlligen wilden Sex hat.

Lajos
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Re: Nein heißt Nein, oder doch nicht? (Konkreter Fall!)

Ungelesener Beitrag von Lajos »

sagista hat geschrieben:@ Lajos:
Ich dachte, du wolltest nur noch stumm mitlesen.
Wollte ich, allerdings fällt es mir bei der Diskussion zugegebenermaßen schwer.
sagista hat geschrieben: Soll ich dir jetzt ernsthaft noch den Unterschied zwischen einer sachlichen und einer Fachdiskussion erklären? Ich bin kein Jurist, ich kann keine juristische Fachdiskussion führen, die über mehr als etwas angelesenes Wissen hinausgeht führen, was du und viele andere ebenfalls nicht können, wenn sie keine Juristen sind. Dennoch kann ich eine sachliche Diskussion führen, zumindest mit Leuten, die daran interessiert sind.
Musst du nicht. Ich bin lediglich der Meinung, dass man Fachleuten auch durchaus mal glauben schenken, ja sogar seine Meinung revidieren darf, wenn diese einem glaubhaft erklären, dass die eigene Meinung vielleicht nicht ganz so fundiert ist. Das unterscheidet einen Aufklärer von einem Fanatiker. Und genau das vermisse ich bei dir zum wiederholten Mal.
Denn warum sollte ich diese sonst zu Rate ziehen?
sagista hat geschrieben:Aber wenn du schon so drauf bestehst, lies noch mal mein erstens Posting zu diesem Thema. Bereits da habe ich gesagt, dass uns wahrscheinlich nicht alle Informationen vorliegen. Wörtlich habe ich geschrieben: "zumindest wenn die verlinkten Artikel den Tatsachen entsprechen und nichts Wesentliches ausgelassen wurde." Das kannst auch du ruhig einmal zur Kenntnis nehmen, ohne zu meinen, mich bei jeder sich bietenden Gelegenheit angehen zu müssen.

Und warum die Märkische Allgemeine ein Propagandablättchen ist und für wen, musst du mir noch erklären.
Genau das ist ja der Punkt. Du basierst deine Meinung (neben einer gewissen Grundhaltung) auf einer sehr spärlichen, zumal auch noch potentiell verfälschten, Informationslage. Diese erlaubt nur eine sehr eingeschränkte Diskussion mit vielen Fragezeichen. Diese Fragezeichen werden von Fachleuten in Ausrufezeichen umgewandelt, was du konsequent ignorierst.

Ich gehe dich nicht bei jeder Gelegenheit an, habe sogar diverse davon ungenutzt verstreichen lassen.
Wo habe ich etwas über die Märkische Allgemeine geschrieben? Propagandablättchen bezog sich auf die ("femi-faschistische") Emma und (rechtsextreme) Junge Freiheit. Dass Zeitungen häufig voneinander abschreiben sollte bekannt sein. Ist kein Zufall, dass die Bild-Zeitung gerade diverse Medien aufgrund genau dieses Tatbestandes verklagt (u.a. den Spiegel wenn ich mich nicht irre).
Viel wichtiger ist die Tatsache, dass diese Urteil nicht auch von anderen seriösen Medien aufgegriffen wurde. Woran mag das wohl liegen? Lügenpresse? Oder haben diese eben durchschaut, was dir offensichtlich nicht gelingt. Dass es sich bei dem Artikel eben nicht um eine realitätsnahe Darlegung der Ereignisse handelt.


Jetzt mal alle Anfeindungen beiseite: Wir haben hier Juristen, die dir ziemlich sachlich und anscheinend fachlich korrekt die Gründe für das Urteil genannt haben. Es wurde dargelegt, dass und weshalb ein "nein" eben nicht "immer nein" bedeutet. Jetzt würde ich gerne wissen: Reicht dir das als Begründung oder bleibst du bei deiner Hypothese, dass die Justiz - wohlmöglich auf Druck der Politik - unsauber gearbeitet hat?
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sagista
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Ungelesener Beitrag von sagista »

Lajos hat geschrieben:Musst du nicht. Ich bin lediglich der Meinung, dass man Fachleuten auch durchaus mal glauben schenken, ja sogar seine Meinung revidieren darf, wenn diese einem glaubhaft erklären, dass die eigene Meinung vielleicht nicht ganz so fundiert ist. Das unterscheidet einen Aufklärer von einem Fanatiker. Und genau das vermisse ich bei dir zum wiederholten Mal.
Denn warum sollte ich diese sonst zu Rate ziehen?
Cool, jetzt bin ich schon ein Fanatiker, weil ich nicht so reagiere wie du es für richtig hältst (ja, ich überinterpretiere dich jetzt absichtlich).
Was du anscheinend nicht verstehst ist, dass ich für das Recht herausnehme, Urteile auch dann zu kritisieren, selbst wenn sie möglicherweise formaljuristisch in Ordnung sein mögen. Halt der alte Unterschied zwischen Recht und Gerechtigkeit. Den Zwiespalt zwischen diesen beiden Aspekten habe ich nicht erfunden. Ich lasse mir durchaus erklären, warum das Urteil korrekt gewesen sein mag; ich nehme an, du hast z. B. auch meine Antwort auf Jewel Blue gelesen. Ich frage mich als Laie, ob dem Grundsatz "in dubio pro reo" nicht vielleicht zu schnell entsprochen wurde.
Lajos hat geschrieben:Genau das ist ja der Punkt. Du basierst deine Meinung (neben einer gewissen Grundhaltung) auf einer sehr spärlichen, zumal auch noch potentiell verfälschten, Informationslage. Diese erlaubt nur eine sehr eingeschränkte Diskussion mit vielen Fragezeichen. Diese Fragezeichen werden von Fachleuten in Ausrufezeichen umgewandelt, was du konsequent ignorierst.
Das ist Blödsinn.
Es wird gesagt, was vielleicht hätte sein können, dabei war niemand.
Die Fragezeichen bleiben, weil auch Fachleute, die nicht dabei waren, genauso spekulieren wie Nichtfachleute.
Aber wenn du schon unterstellst, die Informationslage sei potentiell verfälscht, dann hau mal Belege raus.
Lajos hat geschrieben:Ich gehe dich nicht bei jeder Gelegenheit an, habe sogar diverse davon ungenutzt verstreichen lassen.
Ich lasse das einfach mal so stehen.
Lajos hat geschrieben:Wo habe ich etwas über die Märkische Allgemeine geschrieben? Propagandablättchen bezog sich auf die ("femi-faschistische") Emma und (rechtsextreme) Junge Freiheit. Dass Zeitungen häufig voneinander abschreiben sollte bekannt sein. Ist kein Zufall, dass die Bild-Zeitung gerade diverse Medien aufgrund genau dieses Tatbestandes verklagt (u.a. den Spiegel wenn ich mich nicht irre).
Was redest du eigentlich die ganze Zeit über die Junge Freiheit?
Ich beziehe mich grundsätzlich nie auf die Junge Freiheit, ich will doch meine Argumentation nicht schon im Ansatz der Lächerlichkeit preisgeben.
Was bleibt ist, du unterstellst mir, mich auf die Junge Freiheit zu beziehen, was ich nachweislich nicht getan habe.
Und dass du die Emma als "femi-faschistisch" bezeichnest sagt auch mehr über dich als über die Emma.
Lajos hat geschrieben:Viel wichtiger ist die Tatsache, dass diese Urteil nicht auch von anderen seriösen Medien aufgegriffen wurde. Woran mag das wohl liegen? Lügenpresse? Oder haben diese eben durchschaut, was dir offensichtlich nicht gelingt. Dass es sich bei dem Artikel eben nicht um eine realitätsnahe Darlegung der Ereignisse handelt.
Das behauptest du weil?
Woher soll ich das wissen?
Wenn du mir den Nachweis erbringst, dass diese ganze Geschichte eine Ente ist, dann stimme ich dir zu. Ansonsten bleibt es eine unbewiesene Behauptung von dir.
Lajos hat geschrieben:Jetzt mal alle Anfeindungen beiseite: Wir haben hier Juristen, die dir ziemlich sachlich und anscheinend fachlich korrekt die Gründe für das Urteil genannt haben. Es wurde dargelegt, dass und weshalb ein "nein" eben nicht "immer nein" bedeutet. Jetzt würde ich gerne wissen: Reicht dir das als Begründung oder bleibst du bei deiner Hypothese, dass die Justiz - wohlmöglich auf Druck der Politik - unsauber gearbeitet hat?
Du versuchst es weiter.
Auf Druck der Politik?
Habe ich nie behauptet.
Wurde dargelegt, dass nein nicht immer nein heißt?
Natürlich nicht, zumindest nicht nach aktueller Gesetzeslage. Ansonsten verweise ich auf meine Erwiderung zu Jewel Blue.
Ansonsten, bevor du mir großspurige Fragen stellst, lies meine Postings genauer, dann ersparst du dir auch Peinlichkeiten wie oben dargestellt.

Firnblut
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Re: Nein heißt Nein, oder doch nicht? (Konkreter Fall!)

Ungelesener Beitrag von Firnblut »

Laut Artikel hat sie zumindest "Aufhören" geschrien, sich gewehrt und es schließlich über sich ergehen lassen.
Können wir hier bitte angemessen differenzieren? Laut Artikel hat sie ausgesagt, dass es so passiert sei - wie sie halt auch ausgesagt hat, dass es eventuell nicht eindeutig gewesen sein könnte.
Beide Aussagen kennen wir nur aus der indirekten Wiedergabe eines eindeutig vorverurteilenden gerichteten Artikel.
Bitte formuliere und argumentiere nicht so, als wäre die Aussage der Frau gleichbedeutend mit der Wahrheit. Wenn das wirklich deine Annahme sein sollte, dann hast du natürlich ein Problem mit unserer Justiz: Die nimmt nämlich keine Vorverurteilung vor und gesteht erstmal den Aussagen aller Parteien das gleiche Gewicht zu, das dann nach inneren Widersprüchen oder äußeren Formalien neu bewertet wird - nicht nach einem Bauchgefühl, weil es gerade um einen emotional aufwühlenden Fall geht.

Warum gestehst du den zuständigen Personen einerseits die Kompetenz zu, zu beurteilen, ob der Frau Unrecht widerfahren ist, aber auf der anderen Seite nicht, ob der Mann zweifelsfrei feststellen konnte, dass es ein Unrecht gab.
Entweder akzeptierst du die Kompetenz der Urteilenden oder nicht.

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sagista
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Re: Nein heißt Nein, oder doch nicht? (Konkreter Fall!)

Ungelesener Beitrag von sagista »

Firnblut hat geschrieben:Können wir hier bitte angemessen differenzieren? Laut Artikel hat sie ausgesagt, dass es so passiert sei - wie sie halt auch ausgesagt hat, dass es eventuell nicht eindeutig gewesen sein könnte.
Beide Aussagen kennen wir nur aus der indirekten Wiedergabe eines eindeutig vorverurteilenden gerichteten Artikel.
Bitte formuliere und argumentiere nicht so, als wäre die Aussage der Frau gleichbedeutend mit der Wahrheit. Wenn das wirklich deine Annahme sein sollte, dann hast du natürlich ein Problem mit unserer Justiz: Die nimmt nämlich keine Vorverurteilung vor und gesteht erstmal den Aussagen aller Parteien das gleiche Gewicht zu, das dann nach inneren Widersprüchen oder äußeren Formalien neu bewertet wird - nicht nach einem Bauchgefühl, weil es gerade um einen emotional aufwühlenden Fall geht.
Anscheinend habe ich eher ein Problem mit der deutschen Sprache, wenn ich dauernd mißverstanden werde. Wenn ich schreibe "Laut des Artikels..." dann beziehe ich mich auf den Artikel. Ich weiß nicht, was die Wahrheit ist. Behaupte ich auch nicht, ich sage, laut des Artikels, die einzige wirkliche Quelle, die wir haben. Wenn der Artikel falsch ist, muss ich meine Argumentation revidieren, da ich mich auf diesen als Quelle beziehe, ist er das nicht, muss ich das nicht. Ich dachte eigentlich, dass sowas klar wäre.
Firnblut hat geschrieben:Warum gestehst du den zuständigen Personen einerseits die Kompetenz zu, zu beurteilen, ob der Frau Unrecht widerfahren ist, aber auf der anderen Seite nicht, ob der Mann zweifelsfrei feststellen konnte, dass es ein Unrecht gab.
Entweder akzeptierst du die Kompetenz der Urteilenden oder nicht.
Was soll denn das heißen?
Entscheidet die zuständige Person einmal falsch, hat sie immer Unrecht oder was?
Ich interpretiere folgende Passage aus dem Artikel
MAZ hat geschrieben:Staatsanwalt und Gericht haben keinen Zweifel daran, dass die sexuellen Handlungen jener Nacht nicht im Sinne des Opfers waren und dass er sie mit Gewalt genommen hat.

so:
Wir wissen, dass der Angeklagte die Frau vergewaltigt hat, können aber den Vorsatz nicht vollständig zweifelsfrei beweisen.
Halt Recht vs. Gerechtigkeit.

Hier wird ja gerade so getan, als stünde die Vergewaltigung als solche ernsthaft in Zweifel. Dass dies so ist, würde ich gern mal belegt sehen. Kann ich dem Artikel nicht entnehmen.

Firnblut
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Re: Nein heißt Nein, oder doch nicht? (Konkreter Fall!)

Ungelesener Beitrag von Firnblut »

Natürlich nicht. Der Artikel ist ja auch mit den Aussagen der Klägerin als angenommene Wahrheit geschrieben.

Also, Fakten aufgeschlüsselt, in der Hoffnung nichts zu vergessen.

1 die beiden hatten Sex.
2 der Sex war wild und hat Blutergüsse und Kratzspuren hinterlassen.
3 die Frau sagt aus, der Sex sei nicht einvernehmlich gewesen und erzwungen.
4 der Mann sagt aus, der Sex sei rauh aber einvernehmlich gewesen.
5 die Frau sagt aus, dass der Mann es eventuell für einvernehmlich hätte halten können.
6 Richterin und Staatsanwalt glauben der Frau, dass sie keinen Sex mit dem Mann haben wollte, aber auch, dass der Mann das eventuell nicht gemerkt haben könnte.
7 da der Mann selbst aussagt von Einvernehmlichkeit ausgegangen zu sein und das Gericht die Möglichkeit für gegeben sieht, dass dies der Fall gewesen sein könnte, kommt es zu keiner Verurteilung.

Also:
Schlimme Situation für die Frau? Ja, wenn ihre Aussage stimmt!
Straftat der Vergewaltigung? Wir wissen es nicht und haben lediglich Zeugenaussagen, die in ihrer Summe die Möglichkeit offen lassen, dass es in Ermangelung eines Vorsatzes keine Straftat gab.
Da im Zweifel für den Angeklagten entschieden wird, gibt es keine Verurteilung.


Klar kann sich jemand mal irren und mal nicht, ich finde es nur verwunderlich, wenn man zwei Entscheidungen der gleichen Person, deren Richtigkeit man an keinem weiteren Kriterien überprüfen kann, einmal als abwegig einstuft und einmal als so gesichert wahr, dass man sogar die Falschheit der ersten damit zu untermauern versucht.
Vielleicht übersehe ich da auch einfach was (in dem Fall: Sag es einfach, damit ich das nachvollziehen kann), aber das erscheint mir sehr subjektiv nach "das unterstützt meine Meinung, jenes nicht" abzulaufen.

"Nach dem Artikel war es so und so" ist etwas anderes als "nach dem Artikel hat die Frau ausgesagt, dass es so und so gewesen sei" ist ein großer Unterschied, gerade, wenn man dann eine Argumentation auf dieser Darstellung aufbaut.

Lajos
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Re: Nein heißt Nein, oder doch nicht? (Konkreter Fall!)

Ungelesener Beitrag von Lajos »

sagista hat geschrieben: Was du anscheinend nicht verstehst ist, dass ich für das Recht herausnehme, Urteile auch dann zu kritisieren, selbst wenn sie möglicherweise formaljuristisch in Ordnung sein mögen. Halt der alte Unterschied zwischen Recht und Gerechtigkeit. Den Zwiespalt zwischen diesen beiden Aspekten habe ich nicht erfunden. Ich lasse mir durchaus erklären, warum das Urteil korrekt gewesen sein mag; ich nehme an, du hast z. B. auch meine Antwort auf Jewel Blue gelesen. Ich frage mich als Laie, ob dem Grundsatz "in dubio pro reo" nicht vielleicht zu schnell entsprochen wurde. .
Vielleicht. Und genau dabei wird es bleiben. Nichts was hier irgendeiner sagt wird Licht ins Dunkle bringen. Oder siehst du das anders?
sagista hat geschrieben: Das ist Blödsinn.
Es wird gesagt, was vielleicht hätte sein können, dabei war niemand.
Die Fragezeichen bleiben, weil auch Fachleute, die nicht dabei waren, genauso spekulieren wie Nichtfachleute.
Aber wenn du schon unterstellst, die Informationslage sei potentiell verfälscht, dann hau mal Belege raus.
Ich sagte bewusst "potentiell" verfälscht. Weil die Emma bekanntlich eine sehr extreme Grundposition einnimmt und das Urteil von anderen Medien meines Wissens nach nicht aufgegriffen wurde. Die Fragezeichen bleiben, weil die Interpretation des Tathergangs laut den hier anwesenden Fachleuten durchaus einige Unstimmigkeiten offenbart. Diese wurde genügend dargelegt.

sagista hat geschrieben:Was redest du eigentlich die ganze Zeit über die Junge Freiheit?
Ich beziehe mich grundsätzlich nie auf die Junge Freiheit, ich will doch meine Argumentation nicht schon im Ansatz der Lächerlichkeit preisgeben.
Was bleibt ist, du unterstellst mir, mich auf die Junge Freiheit zu beziehen, was ich nachweislich nicht getan habe.
Und dass du die Emma als "femi-faschistisch" bezeichnest sagt auch mehr über dich als über die Emma.
Wenn die Junge Freiheit und die Emma beide einen Artikel auf dünner Faktenbasis, aber mit klarer Aussage und Agenda schreiben, spricht es eigentlich für sich.
Und ja, ich bezeichne die Emma als femi-faschistisch. Feministisch wäre ja ein Kompliment, die schießen leider oft über das Ziel hinaus. Die Emma hat sich in der Vergangenheit insbesondere dadurch hervorgetan, dass sie Meinung über Fakten stellt. Ich würde nicht behaupten, alles aus der Zeitung sei Käse, aber zumindest würde ich deren Aussagen sehr, sehr kritisch beäugen und ggf. in anderen Medien ohne klare Agenda nachsehen.
sagista hat geschrieben: Das behauptest du weil?
Woher soll ich das wissen?
Wenn du mir den Nachweis erbringst, dass diese ganze Geschichte eine Ente ist, dann stimme ich dir zu. Ansonsten bleibt es eine unbewiesene Behauptung von dir.?
Das behaupte ich, weil ich Geschichten, die wenig Sinn ergeben und aus gefärbten Medien stammen, kritisch hinterfrage.
Ich glaube z.B. eher unseren Richtern, als einem derartigen Artikel. Das magst du anders sehen.

sagista hat geschrieben:Du versuchst es weiter.
Auf Druck der Politik?
Habe ich nie behauptet.
Wurde dargelegt, dass nein nicht immer nein heißt?
Natürlich nicht, zumindest nicht nach aktueller Gesetzeslage. Ansonsten verweise ich auf meine Erwiderung zu Jewel Blue.
Ansonsten, bevor du mir großspurige Fragen stellst, lies meine Postings genauer, dann ersparst du dir auch Peinlichkeiten wie oben dargestellt.
Ich habe deine Posts gelesen. Aber süß wie du wieder auf die persönliche Ebene abdriftest. Soviel zum Thema "Peinlichkeiten". Du hättest auch einfach meine Frage beantworten können.

Jetzt noch ein Versuch der objektiven Gesprächsführung:

Letztendlich haben wir doch folgendes Szenario:
1. Es gibt einen Artikel, dessen Interpretation des Sachverhalts laut den hier Anwesenden Juristen fragwürdig ist.
2. Wirklich wissen wir über den Tathergang eigentlich gar nichts.
3. Es gibt eine subjektiv wahrgenommene Schere zwischen Recht und Gerechtigkeit, insbesondere was das Sexualstrafrecht betrifft.

Über 1 und 2 erübrigt sich eigentlich jede weitere Diskussion. Nicht, dass ich sie untersagen wollen würde. Aber wir bohren hier dicke Bretter auf einem sehr dünnen Fundament (wenn, falls, möglicherweise, eigentlich...).

Über 3 kann man durchaus diskutieren, da hier auch Emotionen durchaus valide Argumente sind/sein können. Inwieweit die Diskussion zu einem Meinungswechsel führt, wage ich allerdings stark zu bezweifeln.

Mir persönlich war bei der ganzen "Nein heißt Nein" Debatte immer zu viel Polemik im Spiel. Anekdotisch kann ich nur sagen, dass auch die "vermeintliche Umstimmung" beim Sex durchaus Teil des Spiels sein kann (ich sage bewusst "kann"). Sonst wären per Definition sehr, sehr viele Geschlechtsakte Vergewaltigungen, auch wenn sich nachher keiner der Beteiligten so fühlt. Natürlich muss man hier den Spagat zwischen "sich zieren" und "es wirklich so meinen" irgendwie hinbekommen, ein Problem sowohl juristischer als auch moralischer Natur.
Wenn du hier einen probaten Lösungsvorschlag hast, dann lass krachen.

Ein weiteres, meiner Meinung nach völlig unbeachtetes Problem ist die Tatsache, dass es immer nur um Übergriffe auf Frauen geht. Von den statistisch durchaus relevanten Übergriffe auf Männer redet komischerweise niemand; was natürlich auch an der fehlenden Lobby (a la Emma, Gleichstellungsbeauftrage) liegen wird. (#mimimi)
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Re: Nein heißt Nein, oder doch nicht? (Konkreter Fall!)

Ungelesener Beitrag von sagista »

Ich denke, bei der Aufzählung der Fakten solltest du folgendes nicht vergessen:
Der junge Drogenverkäufer machte seiner Kundin dann noch Komplimente, zerrte sie am Arm, warf sie aufs Bett und zog sie aus. Ihre Schultern drückte er fest gegen die Metallstäbe am Kopfende seines Bettes, ihren Kopf klemmte er ein zwischen zwei dieser Stäbe. Die Frau schrie zwar „Aufhören“ und wehrte sich, indem sie den Angeklagten am Rücken kratzte. Doch irgendwann gab sie auf und ließ „es über sich ergehen, wie sie es ausdrückte.
Es ist ja nicht so, als sei es etwas heftiger zu Sache gegangen und ihr wäre es im Nachhinein etwas zu heftig gewesen.
Im Weiteren folgendes:
Doch die entscheidende Frage für den Ausgang des Strafprozesses war an die Zeugin, das Opfer, gerichtet: „Könnte es sein, dass der Angeklagte dachte, Sie seien einverstanden?“ Das könnte sein, ließ die Zeugin das Gericht wissen. Sie könne nicht beurteilen, ob er mit der Mentalität des türkischen Kulturkreises das Geschehen, das sie als Vergewaltigung erlebte, vielleicht für wilden Sex gehalten hat. Der Staatsanwalt räumte ein, dass der Freispruch ein „schwerer Schlag“ für die Geschädigte sein müsse. Andererseits sei eine Verurteilung nicht möglich, weil kein Vorsatz nachweisbar sei.
Wie soll das Opfer zu hundert Prozent ausschließen können, ob der drogenberauschte Vergewaltiger sich möglicherweise einbildet, möglicherweise wegen seines Kulturkreises, sein Opfer sei einverstanden, obwohl es sich wehrt, schreit und kratzt?

Das ist doch das eigentliche Problem an der Sache, wie ja immer gerade bei Vergewaltigungen. Es gibt Gründen, warum Vergewaltigung eher selten angezeigt und dann auch zu Verurteilungen führen.

Ich habe doch versucht deutlich zu machen, wahrscheinlich ging das etwas durcheinander, dass ich es aus formaljuristischen Gründen durchaus nachvollziehen kann, dass man den Vorsatz nicht zu 100 % gesichert bewiesen hält. Wie schon mehrfach gesagt, Recht vs. Gerechtigkeit. Ist natürlich nicht immer ein Widerspruch, aber kommt leider vor, wie in diesem Fall, wenn die Berichterstattung stimmt.

Ich tue mich einfach schwer damit zu verstehen, wie man einen Vorsatz für nicht nachgewiesen halten kann, bei dieser Sachlage. Ich finde auch die Frage an sich, deren Antwort dann zu dem Freispruch geführt hat, merkwürdig. Woher soll die Frau wissen, was der Angeklagte gedacht hat oder nicht oder gedacht haben könnte? Ist das überhaupt ihre Aufgabe, das einschätzen zu können?
Firnblut hat geschrieben:Vielleicht übersehe ich da auch einfach was (in dem Fall: Sag es einfach, damit ich das nachvollziehen kann), aber das erscheint mir sehr subjektiv nach "das unterstützt meine Meinung, jenes nicht" abzulaufen.
Was verstehst du denn nicht?
Hältst du meine Interpretation: "Wir wissen, dass der Angeklagte die Frau vergewaltigt hat, können aber den Vorsatz nicht vollständig zweifelsfrei beweisen." für fehlerhaft oder worauf möchtest du hinaus.
Die Unterstellung "das unterstützt meine Meinung, jenes nicht" find ich ziemlich blöd, können wir sowas nicht einfach mal lassen? Ich haue doch auch nicht ständig irgendwelche unfairen Unterstellungen raus.

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Re: Nein heißt Nein, oder doch nicht? (Konkreter Fall!)

Ungelesener Beitrag von Gubblinus »

Es ist ja nicht so, als sei es etwas heftiger zu Sache gegangen und ihr wäre es im Nachhinein etwas zu heftig gewesen.
Ist das eine faktische Darstellung, die Darstellung durch das Opfer oder die Darstellung durch den Täter?
Oder die Darstellung durch eine/n Zeitungsjournalisten/in?
Wie soll das Opfer zu hundert Prozent ausschließen können, ob der drogenberauschte Vergewaltiger sich möglicherweise einbildet, möglicherweise wegen seines Kulturkreises, sein Opfer sei einverstanden, obwohl es sich wehrt, schreit und kratzt?
Diese Darstellung ist aus einem Medium, besser noch, deine Interpretation einer Darstellung aus einem Medium (weder die direkte Wiedergabe einer Opfer-Aussage, noch die direkte Wiedergabe des Gerichts). Fakt ist nur dass mehrere Personen, juristisch ausgebildete und Laien, zu der Überzeugung gekommen sind dass die Situation nicht derartig klar war, dass davon ausgegangen werden muss dass die Nicht-Zustimmung des Opfers klar und deutlich kommuniziert war.
Das ist Fakt ... alles andere ist Spekulation.

Jetzt kannst du natürlich die Interpretation eines Journalisten übernehmen, oder dir eine eigene auf Basis der Interpretation eines Journalisten bauen, aber das ist eben auch (ohne die wirklichen Opfer- und Täteraussagen zu haben) die Anmaßung mehr zu wissen als Richter und Laienrichten.

Eine Formaljuristisch richtige Verurteilung (oder nicht-Verurteilung) ist nicht nur formal-juristisch richtig, sie ist darüber hinaus rechtsstaatlich und moralisch richtig, wenn sie sich auf "in-dubio-pro-reo" bezieht, weil das ein richtiger, wichtiger, und in jedem Fall umzusetzender Grundpfeiler der Rechtsstaatlichkeit ist. Wenn man sich nicht an "in dubio-pro-reo" haltet (oder sie untergriffig als "formaljuristisch richtig, aber eigentlich falsch" bezeichnet) begeht man nur Lynchjustiz als wütender Mob ...
Ob jemand schuldig ist oder nicht bestimmt das Gericht, nicht irgendwer sonst, das ist wichtige Grundlage der Rechtsstaatlichkeit, "in dubio pro reo" ist nicht nur Recht, sondern auch Gerecht !!
Woher soll die Frau wissen, was der Angeklagte gedacht hat oder nicht oder gedacht haben könnte? Ist das überhaupt ihre Aufgabe, das einschätzen zu können?
Das schätzt nicht sie ein, sondern das Gericht.

Per se verstehe ich nicht warum du, Sagista, einer Berichterstattung eines klar gefärbten Mediums mehr Glauben schenkst als vielen im Prozess involvierten Personen. Du glaubst auf Basis von ein paar Sätzen die Faktenlage komplett zu wissen und darauf basierend ein (persönliches) Urteil fällen zu können.
Ich finde einfach falsch anzunehmen man wisse alles über den Fall (oder auch, man wisse ausreichend viel über den Fall). Und zu deiner Begründung "ich bilde mir ein Urteil aufgrund der Lage von der ich weiß" ist zwar nett, aber dann redest du über einen hypothetischen Fall dens gar nicht gibt ! Das einzige Urteil dass man sich (selbt aufgrund der "bekannten Fakten") hier meiner Meinung nach bilden kann über diesem Fall ist: "Ich weiß es nicht".
Ich weiß es nicht ist ein vollkommen valides Urteil, und manchmal das einzig mögliche. Darüber hinaus kann man der Meinung eines anderen folgen, der mehr Informationen hat als man selbst, weil man demjenigen und seiner Urteilsfähigkeit vertraut. Du scheinst hier eben einer Zeitung zu vertrauen, andere eben eher dem Gericht.

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Re: Nein heißt Nein, oder doch nicht? (Konkreter Fall!)

Ungelesener Beitrag von sagista »

Lajos hat geschrieben:Vielleicht. Und genau dabei wird es bleiben. Nichts was hier irgendeiner sagt wird Licht ins Dunkle bringen. Oder siehst du das anders?
Manche Dinge finde ich schon erhellend.
Lajos hat geschrieben:Ich sagte bewusst "potentiell" verfälscht. Weil die Emma bekanntlich eine sehr extreme Grundposition einnimmt und das Urteil von anderen Medien meines Wissens nach nicht aufgegriffen wurde. Die Fragezeichen bleiben, weil die Interpretation des Tathergangs laut den hier anwesenden Fachleuten durchaus einige Unstimmigkeiten offenbart. Diese wurde genügend dargelegt.
Ursprungsquelle ist und war immer noch die Märkische Zeitung, ein brandenburger Lokalblatt. Der Tathergang als solcher wurde hier im Forum jedoch nicht irgendwie interpretiert, es wurde über das Thema "Tatbestandsirrtum" geredet. Und wie dir vielleicht aufgefallen sein könnte, habe ich diese, im Gegensatz zu deiner unterschwelligen Unterstellung, ich sei fakten- und argumentationsresistent, sehr wohl aufgenommen und auch nicht in Frage gestellt.
Lajos hat geschrieben:Wenn die Junge Freiheit und die Emma beide einen Artikel auf dünner Faktenbasis, aber mit klarer Aussage und Agenda schreiben, spricht es eigentlich für sich.
Emma bezog sich auf den Artikel in der Märkischen Zeitung, den ominösen Artikel aus der Jungen Freiheit habe ich nicht einmal gelesen. Umso unverschämter ist es von dir, mir schon die ganze Zeit unterschwellig zu unterstellen, ich würde mich auf diesen beziehen, was natürlich ein durchschaubares Manöver von dir ist.
Lajos hat geschrieben:Und ja, ich bezeichne die Emma als femi-faschistisch. Feministisch wäre ja ein Kompliment, die schießen leider oft über das Ziel hinaus. Die Emma hat sich in der Vergangenheit insbesondere dadurch hervorgetan, dass sie Meinung über Fakten stellt. Ich würde nicht behaupten, alles aus der Zeitung sei Käse, aber zumindest würde ich deren Aussagen sehr, sehr kritisch beäugen und ggf. in anderen Medien ohne klare Agenda nachsehen.
Deine Kritik an der Emma in Ehren, aber hier von (femi-)faschistisch zu reden, offenbart viel über dich und deine Einstellung zu Leuten, deren Meinung du ablehnst. Ich finde es widerlich, sowas zu unterstellen. Entweder hast du keine Ahnung, was Faschisten sind oder du siehst Beleidigungen dieser Art als legitime Diskussionskultur.
Lajos hat geschrieben:Das behaupte ich, weil ich Geschichten, die wenig Sinn ergeben und aus gefärbten Medien stammen, kritisch hinterfrage.
Ich glaube z.B. eher unseren Richtern, als einem derartigen Artikel. Das magst du anders sehen.
Wenn du dich auf einen Artikel beziehen würdest, der ausschließlich in der Emma oder der Jungen Freiheit erschienen wäre, könnte ich es nachvollziehen, da diese sich aber auf den MAZ-Artikel beziehen, auf den ich mich auch hauptsächlich beziehe, frage ich dich noch mal, in wiefern ist die MAZ eine wie gefärbte Zeitung?
Lajos hat geschrieben:Ich habe deine Posts gelesen. Aber süß wie du wieder auf die persönliche Ebene abdriftest. Soviel zum Thema "Peinlichkeiten". Du hättest auch einfach meine Frage beantworten können.
Ich drifte nicht persönlich ab, ich unterstelle dir schlicht Unredlichkeit. U. a. auch deshalb, weil du mir eine Hypothese als meine unterschieben willst, obwohl sie durch dich geändert wurde und ich dann diese noch verteidigen soll.
Lajos hat geschrieben:Jetzt noch ein Versuch der objektiven Gesprächsführung:
Ich bin gespannt...
Lajos hat geschrieben:Letztendlich haben wir doch folgendes Szenario:
1. Es gibt einen Artikel, dessen Interpretation des Sachverhalts laut den hier Anwesenden Juristen fragwürdig ist.
2. Wirklich wissen wir über den Tathergang eigentlich gar nichts.
3. Es gibt eine subjektiv wahrgenommene Schere zwischen Recht und Gerechtigkeit, insbesondere was das Sexualstrafrecht betrifft.

Über 1 und 2 erübrigt sich eigentlich jede weitere Diskussion. Nicht, dass ich sie untersagen wollen würde. Aber wir bohren hier dicke Bretter auf einem sehr dünnen Fundament (wenn, falls, möglicherweise, eigentlich...).
OK.
Lajos hat geschrieben:Über 3 kann man durchaus diskutieren, da hier auch Emotionen durchaus valide Argumente sind/sein können. Inwieweit die Diskussion zu einem Meinungswechsel führt, wage ich allerdings stark zu bezweifeln.
Das glaube ich nicht.
Ich weiß ja nicht, wie es dir so geht, aber ich neige dazu, in Diskussionen meine eigene Meinung immer wieder zu prüfen, wenn ich neue Argumente höre.
Lajos hat geschrieben:Mir persönlich war bei der ganzen "Nein heißt Nein" Debatte immer zu viel Polemik im Spiel. Anekdotisch kann ich nur sagen, dass auch die "vermeintliche Umstimmung" beim Sex durchaus Teil des Spiels sein kann (ich sage bewusst "kann"). Sonst wären per Definition sehr, sehr viele Geschlechtsakte Vergewaltigungen, auch wenn sich nachher keiner der Beteiligten so fühlt. Natürlich muss man hier den Spagat zwischen "sich zieren" und "es wirklich so meinen" irgendwie hinbekommen, ein Problem sowohl juristischer als auch moralischer Natur.
Wenn du hier einen probaten Lösungsvorschlag hast, dann lass krachen.
Bei Unsicherheit einfach mal fragen und vorsichtig sein, gerade wenn es um eine Konstellation geht, wo man sich noch nicht so gut kennt. Es einfach auch mal lassen, wenn man sich unsicher ist. Und wenn es dann die Stimmung kaputt macht, weil es sich tatsächlich um ein "gespieltes Zieren" handelte, mein Gott, besser als anders herum. Ich weiß ja nicht wie du das siehst, aber ich persönlich kann mir keine Situation vorstellen, in der ich das sich Wehren oder "Aufhören"-Schreien als Teil des Spiels ansehen würde, wenn ich das nicht vorher mit meiner Partnerin besprochen hätte. Und ja, auch wenn du voll dabei bist aber die Frau, warum auch immer plötzlich die Lust verliert, auch dann musst du aufhören. Das sollte eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein.
Lajos hat geschrieben:Ein weiteres, meiner Meinung nach völlig unbeachtetes Problem ist die Tatsache, dass es immer nur um Übergriffe auf Frauen geht. Von den statistisch durchaus relevanten Übergriffe auf Männer redet komischerweise niemand; was natürlich auch an der fehlenden Lobby (a la Emma, Gleichstellungsbeauftrage) liegen wird. (#mimimi)
Diese Diskussion hatten wir auch nun schon mehr als einmal, erstens stimmt es nicht, dass es völlig unbeachtet ist und niemand darüber redet. und zweitens ist der Anteil an Frauen als Opfer deutlichst höher. Die statistische Gefahr, Opfer einer Sexualstraftat zu werden, ist für eine Frau deutlich höher als für Männer, was den Einzelfall weder bagatellisiert noch ins Lächerliche zieht.
Gubblinus hat geschrieben:Ist das eine faktische Darstellung, die Darstellung durch das Opfer oder die Darstellung durch den Täter?
Oder die Darstellung durch eine/n Zeitungsjournalisten/in?
Lass mich mal überlegen, hmmm, da es aus einer Online-Zeitung kommt, ist es wahrscheinlich wohl die Darstellung eines Zeitungsjournalisten. Was völlig überraschend ist, bei einer Online-Zeitung. Wenn du nun der Meinung bist, der Journalist hätte schlampig gearbeitet oder wissentlich falsche Dinge verbreitet (Lügenpresse!) kannst du das natürlich machen, ist dann aber auch nur eine Meinung.
Gubblinus hat geschrieben:Jetzt kannst du natürlich die Interpretation eines Journalisten übernehmen, oder dir eine eigene auf Basis der Interpretation eines Journalisten bauen, aber das ist eben auch (ohne die wirklichen Opfer- und Täteraussagen zu haben) die Anmaßung mehr zu wissen als Richter und Laienrichten.
Glaubst du, die MAZ hat die Aussagen von Richterin und Staatsanwalt falsch wiedergegeben?
Gubblinus hat geschrieben:Eine Formaljuristisch richtige Verurteilung (oder nicht-Verurteilung) ist nicht nur formal-juristisch richtig, sie ist darüber hinaus rechtsstaatlich und moralisch richtig, wenn sie sich auf "in-dubio-pro-reo" bezieht, weil das ein richtiger, wichtiger, und in jedem Fall umzusetzender Grundpfeiler der Rechtsstaatlichkeit ist. Wenn man sich nicht an "in dubio-pro-reo" haltet (oder sie untergriffig als "formaljuristisch richtig, aber eigentlich falsch" bezeichnet) begeht man nur Lynchjustiz als wütender Mob ...
Ob jemand schuldig ist oder nicht bestimmt das Gericht, nicht irgendwer sonst, das ist wichtige Grundlage der Rechtsstaatlichkeit, "in dubio pro reo" ist nicht nur Recht, sondern auch Gerecht !!
Dass Recht nicht immer Gerechtigkeit heißt, habe ich demnach erfunden?
Gubblinus hat geschrieben:Per se verstehe ich nicht warum du, Sagista, einer Berichterstattung eines klar gefärbten Mediums mehr Glauben schenkst als vielen im Prozess involvierten Personen. Du glaubst auf Basis von ein paar Sätzen die Faktenlage komplett zu wissen und darauf basierend ein (persönliches) Urteil fällen zu können.
Die MAZ ist ein wie "klar gefärbtes Medium"?
Wo behaupte ich, die Faktenlage komplett zu wissen?
Wo fälle ich ein Urteil?
Gubblinus hat geschrieben:Du scheinst hier eben einer Zeitung zu vertrauen, andere eben eher dem Gericht.
Das eine steht doch nicht im Widerspruch zum anderen.
Im Übrigen, selbst Gerichte sind nicht fehlerfrei. Ich werde hier so dargestellt, als zweifelte ich die Allwissenheit des lieben Herrngotts an.

Nochmal, ich interpretiere das so:
Wir (also das Gericht) wissen, dass der Angeklagte die Frau vergewaltigt hat, können aber den Vorsatz nicht vollständig zweifelsfrei beweisen.

Wie wärs, wenn wir mal dabei bleiben könnten. Interpretiere ich das richtig oder falsch? Ok, ein "weiß nicht" ist auch ok, wenn man sich nicht festlegen will, weil man dem Artikelschreiber unterstellt, nicht korrekt oder nicht vollständig berichtet zu haben. Aber dass man so fast jede Diskussion abwürgen kann, ist dir schon auch klar, oder?

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Re: Nein heißt Nein, oder doch nicht? (Konkreter Fall!)

Ungelesener Beitrag von BenjaminK »

@Sagista
Mal abseits vom Kleinkrieg...

Genau darum geht es doch; Die Frau hat ein Unrecht erlebt, was aber erst dadurch vor dem Gericht zu einem Unrecht wird, wenn sie es auch so gegenüber ihrem Sexualpartner kommuniziert. Auf due Frage, ob SIE das getan hat und er dadurch zum Unrecht-Tuer geworden ist, oder ob es auch eine 'irgendwie' geartete Form von einvernehmlicher Geschichte gewesen sein könnte, stellt SIE ihr gegebenes 'nein' in Frage.

Die Mutmaßung bezieht sich darauf, dass du deine Maßstäbe (die ich übrigens für meine Libido ähnlich sehe!) für den Vorfall anlegst. Es gibt Praktiken, wenn ich daran beteiligt wäre, ich würde schreiende Ungerechtigkeit raushauen. Dennoch gibt es Leute, die mögen diese Praktiken, weswegen ich nicht mit meinen Maßstäben messen will im vorliegenden Fall.

Und wenn sich Verteidiger, Staatsanwalt und Berufsrichter, die alle samt beim Prozess anwesend waren, sich über den Freispruch einig sind, weil ein niederes Gericht angerufen wurde, weil ein Urteil gesprochen wurde und weil der Staatsanwalt auf weitere Rechtsmittel verzichtet hat, dann vermute ich, dass die Schöffen sich nicht gegen den Richter gestellt haben, weil sie auch davon überzeugt waren und nicht etwa, weil sie als Laien Angst davor hatten, aus der Rolle zu fallen. Du stellst alle diese Instanzen in Frage. Der Staatsanwalt muss mindestens am Ende des Verfahrens eine Forderung nach einem Freispruch gegeben haben, damit die Schöffen sich nicht gegen "alle anderen" stellen wollten. Du stellst den Richter in Frage, der ein falsches Urteil vorgeschlagen hat, weil sonst auch da die Schöffen nicht hätten daran gehindert werden können, gegen den Strom zu schwimmen. Und du stellst die Schöffen selbst in Frage, die nicht selbstbewusst genug gewesen sind, ihre Meinung im Gericht zu sagen und auch keine journalistische Plattform im Nachgang dazu genutzt haben.
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Gubblinus
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Re: Nein heißt Nein, oder doch nicht? (Konkreter Fall!)

Ungelesener Beitrag von Gubblinus »

Richtig, es ist die Darstellung eines Journalisten. Sagst du zumindest oben, während du unten wieder sagst "Wir (also das Gericht) wissen, dass der Angeklagte die Frau vergewaltigt hat, können aber den Vorsatz nicht vollständig zweifelsfrei beweisen.".
Eine Vergewaltigung benötigt Vorsatz, ansonsten ist es keine Vergewaltigung, das Gericht ist damit zur Ansicht gekommen dass eine Vergewaltigung nicht auf dem Niveau nachgewiesen werden konnte die unser Rechtsstaat verlangt.

Du fällst ein persönliches Urteil, all das was du schreibst klingt nach "er ist schuldig, aber wir könnens ihm nur nicht beweisen" - das ist nicht wie "in dubio pro reo" funktioniert, deswegen ist ein Urteil auf Basis "in dubio pro reo" auch nicht nur formal-juristisch rechtens, sondern auch gerecht. (es mag andere Urteile geben die rechtens, aber nicht gerecht erscheinen. Urteile auf Basis "in dubio pro reo" gehören allerdings meiner Meinung nach niemals dazu)

Du willst dass wir dabei bleiben können dass es eine Vergewaltigung gab, diese aber nur nicht nachweisbar ist. Das ist aber nicht die Schlussfolgerung des Gerichts, die Schlussfolgerung des Gerichts ist dass es zu viele Zweifel daran gibt, ob eine Vergewaltigung (im Sinne der Vergewaltigungs-Definition des Gesetzes) stattgefunden hat, das ist ein fundamentaler Unterschied zu deiner Interpretation! Und deswegen möchte ich auch nicht "dabei bleiben".
Deine Interpretation beinhaltet die Schuld des Angeklagten, die nur nicht nachgewiesen werden kann, die Interpretation des Gerichts beinhaltet keine Schuld des Angeklagten (weswegen er freizusprechen ist). Der Unterschied liegt darin wie man dann gedanklich mit dem Freigesprochenen umgeht. Beim einen Fall ist er schuldig, das System hat aber versagt (und vielleicht kommen dann Leute auf die Idee das System in die eigene Hand zu nehmen. Nicht du, aber es wäre nicht das erste Mal dass sowas passiert), und beim zweiten ist der Angeklagte frei (und eigentlich die Anklage falsch).
Niemandem darf ein Freispruch zur Last gelegt werden.

(du versuchst auch jede Argumentation auf der Gegenseite damit abzuwürgen dass du dem Gericht unterstellst von Unfähigkeit geprägt zu sein ... ich finde dann braucht man sich auch nicht aufregen wenn die Basis der eigenen Argumentation ebenso in Zweifel gezogen wird. Wenn du schon derartige Kritik am Gericht übst, musst du finde ich konsequenterweise an allen Quellen derartige Kritik üben, und kannst ebenfalls zu keinem anderen Schluss kommen als "ich weiß es nicht" ... tust du aber nicht, du kommst du dem Schluss dass der Beschuldigte schuldhaft gehandelt hat, wir es ihm nur nicht nachweisen können)

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sagista
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Re: Nein heißt Nein, oder doch nicht? (Konkreter Fall!)

Ungelesener Beitrag von sagista »

@ BenjaminK:

Ich stelle nicht die Personen und Instanzen als solche in Frage, höchstens das Urteil und selbst nicht einmal das unbedingt, weil ja auch ich zumindest unter formaljuristischen Gesichtspunkten das Urteil inzwischen für durchaus nachvollziehbar halte. Warum schreibe ich wohl nun schon seit einigen Postings über das Thema Recht und Gerechtigkeit und werde nicht müde, zu zitieren, dass Staatsanwalt und Gericht keinen Zweifel daran haben, dass die sexuellen Handlungen jener Nacht nicht im Sinne des Opfers waren und dass er sie mit Gewalt genommen hat.

Ich denke inzwischen vielmehr, dass dieser Fall ein besonderes gutes, also eigentlich schlechtes, Beispiel für die grundsätzliche Problematik bei Vergewaltigung zeigt und wenn Gericht und Staatsanwalt überzeugt sind, dass sich der Angeklagte das Opfer mit Gewalt genommen hat, dann stellt sich die Frage, ob nicht auch ein anderes Urteil möglich gewesen wäre und wenn nicht, warum nicht, Thema Tatbestandsirrtum.


@ Gubblinus:

Wenn man sich mit Gewalt eine Frau nimmt, dann kann man das schon eine Vergewaltigung nennen, vielleicht nicht im juristischen Sinne, aber sehr wohl im moralischen Sinne. Also das Gericht sagt, dass der Angeklagte die Frau zwar gegen ihren Willen und mit Gewalt genommen hat, aber dass es dennoch keine Vergewaltigung im juristischen Sinne ist, weil der Vorsatz nicht zweifelsfrei nachgewiesen werden konnte. Insofern ja, sehe ich das so, dass der Angeklagte schuldig ist und das System es nicht geschafft hat, ihn aus dem Verkehr zu ziehen. Auch der Rechtsstaat hat seine Grenzen.

Aber gut, können wir uns vielleicht zumindest darauf einigen, dass der Frau Unrecht widerfahren ist, dass leider ungesühnt bleibt? Dass es Unrecht gab, was leider nicht mit allerletzter Sicherheit bewiesen werden konnte?

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