1 Euro Jobs - Wie läuft das genau ab?

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Denderan Marajain
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1 Euro Jobs - Wie läuft das genau ab?

Ungelesener Beitrag von Denderan Marajain »

Ich habe einige deutsche Kollegen die sich quasi täglich darüber aufregen allerdings konnte mir keiner von denen erklären wie genau das nun funktioniert (sind alle länger als 10 Jahre in Österreich)und ich habe anscheinend keine genaue Idee wie das konkret aussieht

Was genau muss man sich darunter vorstellen?
Fallen diese Jobs nicht unter den Mindestlohn?
Gibt es jemanden der aus der Praxis berichten kann?

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Grinder
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Re: 1 Euro Jobs - Wie läuft das genau ab?

Ungelesener Beitrag von Grinder »

These things are romanticized, but in the end they're only colorful lies.

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Feuer!
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Re: 1 Euro Jobs - Wie läuft das genau ab?

Ungelesener Beitrag von Feuer! »

Nicht aus eigener Praxis, und eventuell auch nicht mehr aktuell:

Die 1-€-Jobs sind (so zumindest vom Gesetz vorgesehen) zusätzliche Arbeitsmöglichkeiten, die keine richtigen Stellen ersetzen dürfen. Die Arbeitskräfte sind Arbeitsuchende, die ALG II beziehen und als Aufwandsentschädigung zusätzlich zu ihrem ALG II 1 € pro gearbeiteter Stunde erhalten.

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Horasischer Vagant
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Re: 1 Euro Jobs - Wie läuft das genau ab?

Ungelesener Beitrag von Horasischer Vagant »

Muss man diese Jobs dann machen oder kann man?
Besuche mit Deinem Helden das Shaya´al´Laila in Zorgan (offenes RP)

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Denderan Marajain
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Re: 1 Euro Jobs - Wie läuft das genau ab?

Ungelesener Beitrag von Denderan Marajain »

Feuer! hat geschrieben:Nicht aus eigener Praxis, und eventuell auch nicht mehr aktuell:

Die 1-€-Jobs sind (so zumindest vom Gesetz vorgesehen) zusätzliche Arbeitsmöglichkeiten, die keine richtigen Stellen ersetzen dürfen. Die Arbeitskräfte sind Arbeitsuchende, die ALG II beziehen und als Aufwandsentschädigung zusätzlich zu ihrem ALG II 1 € pro gearbeiteter Stunde erhalten.
Hebeln also den Mindestlohn aus?

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Mithrandir
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Re: 1 Euro Jobs - Wie läuft das genau ab?

Ungelesener Beitrag von Mithrandir »

In der Theorie nicht, da sie ja keine "echten Stellen ersetzen" dürfen.

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Feuer!
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Re: 1 Euro Jobs - Wie läuft das genau ab?

Ungelesener Beitrag von Feuer! »

Sie hebeln den Mindestlohn insofern nicht aus, dass diese 1 € nicht als Lohn, sondern als Aufwandsentschädigung gelten. Diese Tätigkeiten werden also im Prinzip wie ehrenamtliche Tätigkeiten behandelt (was die Bezahlung zumindest angeht), nur dass sie nicht abgelehnt werden dürfen, weil einem sonst das ALG II gekürzt werden kann.

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Oppi
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Re: 1 Euro Jobs - Wie läuft das genau ab?

Ungelesener Beitrag von Oppi »

Mithrandir hat geschrieben:In der Theorie nicht, da sie ja keine "echten Stellen ersetzen" dürfen.
In der Praxis allerdings schon, zumindest war das meine Beobachtung während meiner Zivi Zeit, in der ich auch neben 1€ Jobbern gearbeitet habe. Jede Arbeit die ein 1€ Jobber macht, würde ja nicht einfach liegen bleiben, wenn es keine 1€ Jobber gäbe (an meiner Zivi Stelle z.B. Wäsche- und Müllwagen im Krankenhaus rumfahren). Also würde dann selbstverständlich eine "richtige" Arbeitskraft dafür eingesetzt werden, auch wenn das dann nicht deren einzige Aufgabe wäre.

Theoretisch sollen 1€ Jobber ja auch zum Ende des Arrangements möglichst übernommen werden (das ist zumindest die Rechtfertigung für ihre Existenz), in den Fällen die mir bekannt sind kam aber einfach immer der nächste 1€ Jobber.

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Iwanomi
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Re: 1 Euro Jobs - Wie läuft das genau ab?

Ungelesener Beitrag von Iwanomi »

Das smarte für den Gesetzgeber ist dabei noch,
dass diese Personen ja für die Dauer der Maßnahme dem regulären Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung stehen und somit in dieser Zeit nicht als Arbeitslos gelten.

=> Statistikfälschung

Thargunitoth
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Re: 1 Euro Jobs - Wie läuft das genau ab?

Ungelesener Beitrag von Thargunitoth »

Der 1€ Jobber müsste eigentlich für jede produktive Tätigkeit das Erwerbsgehalt einer regulären Arbeitskraft einfordern. Jetzt rate mal ob er das macht und ob die Stellen das so anbieten.

So wie das läuft ist das defakto die Schaffung eines Niedriglohnsektors ohne Mindestlohn.

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Leta
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Re: 1 Euro Jobs - Wie läuft das genau ab?

Ungelesener Beitrag von Leta »

Oppi hat geschrieben:Theoretisch sollen 1€ Jobber ja auch zum Ende des Arrangements möglichst übernommen werden (das ist zumindest die Rechtfertigung für ihre Existenz), in den Fällen die mir bekannt sind kam aber einfach immer der nächste 1€ Jobber.
Muss der 1 € Jobber eben klagen. Wenn es so eindeutig zu belegen ist sollte es kein Problem sein.

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Oppi
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Re: 1 Euro Jobs - Wie läuft das genau ab?

Ungelesener Beitrag von Oppi »

Das glaubst du doch selber nicht. Natürlich kann der AG sagen "hat halt keine gute Arbeit gemacht" oder was auch immer, und ihn einfach nicht übernehmen. Wer wird denn im Fall einer Verhandlung für den 1€ Jobber aussagen ? Die Kollegen bei dem betreffenden AG, deren Jobs selber nicht so sicher sind, wie sie es gerne hätten ? Wohl eher nicht.
Viele Dinge lassen sich in der Realität einfach nur schwer gerichtsfest nachweisen.

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Gubblinus
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Re: 1 Euro Jobs - Wie läuft das genau ab?

Ungelesener Beitrag von Gubblinus »

Ich nehme auch nicht an dass 1€-Jobber irgendeine Art von Kündigungsschutz haben (es ist ja keine Stelle ...)
Mal abgesehen davon dass man sich das als wehrhafter, gut gebildeter, mit gewissem Selbstwertgefühl und Selbstvertrauen leicht traut und zutraut. Als Mittelloser, ohne Selbstvertrauen den eventuelle Gerichtskosten in den Ruin treiben sieht die Sache anders aus ...

1€-Jobber ist in der Theorie erzwungene gemeinnützige Arbeit für den Austausch sozialer Sicherheit (in der Theorie keine allzu-schlechte Idee, obwohl ich persönlich dagegen bin), in der Praxis einfach Leute die gewzungen werden für 1€ zu schuften, weil man sie sonst aus ihrer Wohnung schmeißt ...
Selbst Organisationen tun sich schwer hier irgendwas zu beweisen dass der 1€-Jobber "unrechtmäßig" nicht übernommen wurde, weil es keinerlei rechtlichen Anspruch auf Übernahme durch den Arbeitgeber gibt.

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Leta
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Re: 1 Euro Jobs - Wie läuft das genau ab?

Ungelesener Beitrag von Leta »

Gubblinus hat geschrieben:Als Mittelloser, ohne Selbstvertrauen den eventuelle Gerichtskosten in den Ruin treiben sieht die Sache anders aus ...
Wenn ich kein Einkommen habe sondern von Stütze lebe muss ich für so was gar nichts bezahlen. Prozesskostenhilfe heißt das Zauberwort. Aber ja da müsste sich der Mittellose ohne Selbstvertrauen selber drum kümmern.

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Mithrandir
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Re: 1 Euro Jobs - Wie läuft das genau ab?

Ungelesener Beitrag von Mithrandir »

Wobei gerade im Arbeitsrecht, wenn ich das richtig noch weiß, nur bei "hinreichender Gewinnwahrscheinlichkeit" PKH beantragt werden kann... und viele Anwälte nehmen schonmal eine mandatsunabhängige Beratungsgebühr um sich den Fall erstmal anzuhören.

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Leta
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Re: 1 Euro Jobs - Wie läuft das genau ab?

Ungelesener Beitrag von Leta »

Mithrandir hat geschrieben:Wobei gerade im Arbeitsrecht, wenn ich das richtig noch weiß, nur bei "hinreichender Gewinnwahrscheinlichkeit" PKH beantragt werden kann... und viele Anwälte nehmen schonmal eine mandatsunabhängige Beratungsgebühr um sich den Fall erstmal anzuhören.
Dafür gibt es dann Beratungshilfe...

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Denderan Marajain
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Re: 1 Euro Jobs - Wie läuft das genau ab?

Ungelesener Beitrag von Denderan Marajain »

Leta hat geschrieben:
Gubblinus hat geschrieben:Als Mittelloser, ohne Selbstvertrauen den eventuelle Gerichtskosten in den Ruin treiben sieht die Sache anders aus ...
Wenn ich kein Einkommen habe sondern von Stütze lebe muss ich für so was gar nichts bezahlen. Prozesskostenhilfe heißt das Zauberwort. Aber ja da müsste sich der Mittellose ohne Selbstvertrauen selber drum kümmern.



Höre ich da ein wenig Kritik heraus ;)

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Leta
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Re: 1 Euro Jobs - Wie läuft das genau ab?

Ungelesener Beitrag von Leta »

Denderan Marajain hat geschrieben:
Leta hat geschrieben:
Gubblinus hat geschrieben:Als Mittelloser, ohne Selbstvertrauen den eventuelle Gerichtskosten in den Ruin treiben sieht die Sache anders aus ...
Wenn ich kein Einkommen habe sondern von Stütze lebe muss ich für so was gar nichts bezahlen. Prozesskostenhilfe heißt das Zauberwort. Aber ja da müsste sich der Mittellose ohne Selbstvertrauen selber drum kümmern.

Höre ich da ein wenig Kritik heraus ;)
Es ist in sofern Kritik das es eben Dinge gibt um die man sich kümmern muss und die nicht "von alleine" besser werden. Ich hatte gerade ein paar Diskussionen mit ein paar Individuen die darauf hoffen das "der Staat" (o.Ä.) ihre Probleme behebt.

Meine Kritik bezog sich nicht auf die Mittellosen sondern auf die Vorstellung das einige Dinge "einfach so", von einer übergeordneten Stelle, erledigt werden müssten. Diese Vorstellung ist bei einigen Gruppen sehr verbreitet.

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Denderan Marajain
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Re: 1 Euro Jobs - Wie läuft das genau ab?

Ungelesener Beitrag von Denderan Marajain »

Das war keine Kritik an deiner Aussage
Ich bin da völlig deiner Ansicht

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Gubblinus
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Re: 1 Euro Jobs - Wie läuft das genau ab?

Ungelesener Beitrag von Gubblinus »

Prinzipiell ja, nur wenn sich jemand geistig, körperlich oder psychisch nicht dazu in der Lage ist sieht die Sache halt auch mal anders aus.
Der Staat behebt ja auch andere Probleme "einfach so" weil er der Meinung ist dass man in gewissen Situationen quasi hilflos ist.

Dass es Angebote vom Staat dazu gibt ist lobenswert, was nicht heißt dass man die Situation nicht verbessern könnte indem man zB eine Anstellung nach dem 1€-Job verpflichtend macht, ansonsten hilft dem 1€-Jobber die ganze Möglichkeit Anzeige zu erstatten sowieso nicht, weil die Aussichtschancen marginal sind.

Eulenspiegel
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Re: 1 Euro Jobs - Wie läuft das genau ab?

Ungelesener Beitrag von Eulenspiegel »

Gubblinus hat geschrieben:1€-Jobber ist in der Theorie erzwungene gemeinnützige Arbeit für den Austausch sozialer Sicherheit (in der Theorie keine allzu-schlechte Idee, obwohl ich persönlich dagegen bin), in der Praxis einfach Leute die gewzungen werden für 1€ zu schuften, weil man sie sonst aus ihrer Wohnung schmeißt ...
Die Leute schuften nicht für 1€. Sie schuften für ALG 2.

Das nicht nur der 1€/h, sondern ALG 2 die Gegenleistung für die Arbeit ist, sieht man auch daran, was passiert, wenn nachgewiesen wird, dass das kein 1€ Job, sondern ein regulärer Job ist:
In diesem Fall hat die Person ein Anrecht darauf, rückwirkend so bezahlt zu werden, als ob sie den Job reguläre gemacht hätte. Also den marktüblichen Lohn für diese Tätigkeit.
Da sie damit auch rückwirkend nicht arbeitslos war, muss sie das ALG 2 zurückzahlen.

Wenn man sich also vergegenwärtigt, dass die Gegenleistung für die Arbeit das ALG 2 ist, wird auch klar, dass die Leute durchaus den Mindestlohn erhalten.
Selbst Organisationen tun sich schwer hier irgendwas zu beweisen dass der 1€-Jobber "unrechtmäßig" nicht übernommen wurde, weil es keinerlei rechtlichen Anspruch auf Übernahme durch den Arbeitgeber gibt.
1€-Jobber dürfen in ihrem Job ja auch nicht übernommen werden: Denn das würde ja beweisen, dass der 1€-Job nicht zusätzlich war und damit kein gültiger 1€-Job.

1€-Jobs dürfen nur Jobs sein, die zusätzlich angeboten werden. Das heißt, für die man niemand Reguläres einstellen würde.

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Leta
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Re: 1 Euro Jobs - Wie läuft das genau ab?

Ungelesener Beitrag von Leta »

Gubblinus hat geschrieben:Der Staat behebt ja auch andere Probleme "einfach so" weil er der Meinung ist dass man in gewissen Situationen quasi hilflos ist.
Das ist aber durchaus eine Einstellung von gewissen Gruppen von Menschen. Also das der Staat (den man an anderer Stelle auch rigoros ablehnen kann) sich um alle Probleme der Büger persöhnlich automatisch kümmert. Im allgemeinen ist deren Selbstbezeichnung eher auf der falschen Straßenseite.
Gubblinus hat geschrieben: ansonsten hilft dem 1€-Jobber die ganze Möglichkeit Anzeige zu erstatten sowieso nicht, weil die Aussichtschancen marginal sind.
Wenn wie oben genannt die 1€ Jobber für "normale reguläre" Arbeiten eingesetzt werden und es Leute (wie in diesem Fall Zivis) gibt die das belegen können sollte das Problem es vor Gericht zu belegen nicht s groß sein.

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Gubblinus
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Re: 1 Euro Jobs - Wie läuft das genau ab?

Ungelesener Beitrag von Gubblinus »

Sie schuften nur dann für ALG2, wenn die Streichung des ALG2 wirklich eine Option in einem humanen Sozialstaat wäre, was es nicht ist, weil ALG2 ja eigentlich laut Definition das Existenzminimum ist.

Richtig, 1€-Jobs sind, in der Theorie, Jobs die nicht mit "richtigen" Jobs konkurrieren dürfen, die Praxis sieht anders aus ...

Genau die Argumentation der Integration in den Arbeitsmarkt ist aber die einzige wirkliche Begründung die man anführen kann für 1€-Jobber, wenn man voraussetzt dass ein Sozialstaat zumindest das Existenzminimum zu sichern hat (siehe oben).

"Sollte das Problem nicht zu groß sein" gibts dafür schon durchexerzierte Gerichtsurteile? ansonsten ist das Problem groß, auch wenn es das nicht sein sollte (genauso wie 1€ Jobs nicht mit "richtigen" Jobs konkurrieren sollten, obwohl sie es in der Praxis tun).

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Varana
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Re: 1 Euro Jobs - Wie läuft das genau ab?

Ungelesener Beitrag von Varana »

Integration in den Arbeitsmarkt heißt aber nicht (zwangsläufig), daß das genau auf dieser Stelle oder in dieser Firma passieren muß. Der Gedanke dahinter ist allgemeiner: Langzeitarbeitslose haben häufig ein Problem damit, sich wieder in die Bedingungen des Arbeitsmarktes einzufinden, während 1€-Jobber immerhin einer irgendwie geregelten Arbeit nachgehen.
Das soll nichts darüber aussagen, wie ge- oder mißlungen das ist; nur die Integration in den Arbeitsmarkt war nie als Übernahme (schon gar nicht eine einklagbare) gedacht.

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Re: 1 Euro Jobs - Wie läuft das genau ab?

Ungelesener Beitrag von Eulenspiegel »

Gubblinus hat geschrieben:Sie schuften nur dann für ALG2, wenn die Streichung des ALG2 wirklich eine Option in einem humanen Sozialstaat wäre, was es nicht ist, weil ALG2 ja eigentlich laut Definition das Existenzminimum ist.
Nein, es gibt Leute, die bekommen das ALG2 geschenkt. Und es gibt Leute, die arbeiten für das ALG2.

1€-Jobber sind Leute, die für ihr Geld arbeiten.
Genau die Argumentation der Integration in den Arbeitsmarkt ist aber die einzige wirkliche Begründung die man anführen kann für 1€-Jobber, wenn man voraussetzt dass ein Sozialstaat zumindest das Existenzminimum zu sichern hat (siehe oben).
Nein, man kann auch als Begründung anführen, dass es besser ist, wenn möglichst wenige Leute Geld geschenkt bekommen und möglichst viele Leute für ihr erhaltenes Geld eine Gegenleistung erbringen.

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Feuer!
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Re: 1 Euro Jobs - Wie läuft das genau ab?

Ungelesener Beitrag von Feuer! »

Eulenspiegel hat geschrieben:
Gubblinus hat geschrieben:Sie schuften nur dann für ALG2, wenn die Streichung des ALG2 wirklich eine Option in einem humanen Sozialstaat wäre, was es nicht ist, weil ALG2 ja eigentlich laut Definition das Existenzminimum ist.
Nein, es gibt Leute, die bekommen das ALG2 geschenkt. Und es gibt Leute, die arbeiten für das ALG2.

1€-Jobber sind Leute, die für ihr Geld arbeiten.
Genau die Argumentation der Integration in den Arbeitsmarkt ist aber die einzige wirkliche Begründung die man anführen kann für 1€-Jobber, wenn man voraussetzt dass ein Sozialstaat zumindest das Existenzminimum zu sichern hat (siehe oben).
Nein, man kann auch als Begründung anführen, dass es besser ist, wenn möglichst wenige Leute Geld geschenkt bekommen und möglichst viele Leute für ihr erhaltenes Geld eine Gegenleistung erbringen.
Dann sollen sie den Leuten aber anständige Arbeitsverträge geben und ihnen den Lohn (ALG II plus Aufwandsentschädigung) eben auch als Lohn auszahlen, daran wären nämlich weniger Bedingungen und weniger Scham geknüpft ...

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BenjaminK
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Re: 1 Euro Jobs - Wie läuft das genau ab?

Ungelesener Beitrag von BenjaminK »

Immer dieser Sprengstoff :)

Wenn ich das richtig zusammen bekomme, ergibt sich der 1€-Stundenlohn auch nicht aus einer echten Lohnsituation.

Iirc kann bei ALG2 ein Zuverdienst von bis zu 160€ dazu kommen für kleinere Jobs, die eigentlich nicht wirklich etwas an der Arbeitslosigkeit ändern. Bei einer 1€-Job-Tätigkeit erhält der ALG2-Empfänger am Monatsende 160€ mehr, also genau den Betrag, durch den ALG2 noch nicht geschrumpft wird. Bei über den Daumen gepeilten 160 Stunden pro Monat in einer Vollzeitbeschäftigung ergibt sich dann eben ein 'Mehr' von 1€ pro Stunde.

Würde aber eine höhere Entlohnung stattfinden, würde ALG2 gekürzt. Wer also für 2€ die Stunde arbeitet, hat auch nur 160€ 'Mehr', weil für die anderen 160€ das ALG2 um 160€ gekürzt wird. Wenn ich das richtig zusammen bekomme, gibt es bei 6€ pro Stunde ungefähr einen Break-Even-Point, bei dem dann die zusätzliche Bezahlung auch zu zusätzlichem 'Mehr' führen würde.
Das kann man aber auch nicht so einfach sagen, weil sich Berechnungen mit Bedarfsgemeinschaften, Skaleneffekten usw. da ein bisschen weniger Schlagwort-artig beantworten lassen.
Leitet gerade;
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Denderan Marajain
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Re: 1 Euro Jobs - Wie läuft das genau ab?

Ungelesener Beitrag von Denderan Marajain »

BenjaminK hat geschrieben:Immer dieser Sprengstoff :)

Wenn ich das richtig zusammen bekomme, ergibt sich der 1€-Stundenlohn auch nicht aus einer echten Lohnsituation.

Iirc kann bei ALG2 ein Zuverdienst von bis zu 160€ dazu kommen für kleinere Jobs, die eigentlich nicht wirklich etwas an der Arbeitslosigkeit ändern. Bei einer 1€-Job-Tätigkeit erhält der ALG2-Empfänger am Monatsende 160€ mehr, also genau den Betrag, durch den ALG2 noch nicht geschrumpft wird. Bei über den Daumen gepeilten 160 Stunden pro Monat in einer Vollzeitbeschäftigung ergibt sich dann eben ein 'Mehr' von 1€ pro Stunde.

Würde aber eine höhere Entlohnung stattfinden, würde ALG2 gekürzt. Wer also für 2€ die Stunde arbeitet, hat auch nur 160€ 'Mehr', weil für die anderen 160€ das ALG2 um 160€ gekürzt wird. Wenn ich das richtig zusammen bekomme, gibt es bei 6€ pro Stunde ungefähr einen Break-Even-Point, bei dem dann die zusätzliche Bezahlung auch zu zusätzlichem 'Mehr' führen würde.
Das kann man aber auch nicht so einfach sagen, weil sich Berechnungen mit Bedarfsgemeinschaften, Skaleneffekten usw. da ein bisschen weniger Schlagwort-artig beantworten lassen.

Wie kommst du auf EUR 6/Stunde?

Andwari
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Re: 1 Euro Jobs - Wie läuft das genau ab?

Ungelesener Beitrag von Andwari »

Eine Person z.B.
- 404 € Regelsatz
- Wohnung 50 m² * 8 €/m² KM = 400 €
- dito 2,19 €/m² NK = 109,50 €
- 160 € durch Nebenjob mehr
= 1073,50 €
= 6,70 €/h bei 160 h/mtl.

Damit sind wir quasi direkt in der Mindestlohndebatte - alles, was unter dem aktuellen Mindestlohn liegt ist in Großstädten selbst für 1-Personen-Haushalte finanziell etwa gleichbedeutend mit Hartz4-Leistungen.

Vermieter orientieren sich natürlich am jeweiligen, vom Sozialamt übernommenen Höchstsatz, dem Leistungsempfänger kann es egal sein, wie viel da gezahlt wird, solange die KM darunter ist und die NK (außer Strom) werden auch gezahlt, solange sie nicht utopisch hoch sind. Oben angesetzt: Durchschnitt aus Zahlen des Mieterbundes 2013, dürften üblicherweise höher sein, weil nach unten orientierte Kaltmieten halt oft mit höheren NK korrelieren.

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BenjaminK
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Re: 1 Euro Jobs - Wie läuft das genau ab?

Ungelesener Beitrag von BenjaminK »

Danke für die kurz eingeschobene Rechnung :)

Ja, so in etwa komme ich auf einen Break-Even-Punkt bei um die 6€ pro Stunde. Lass mal die Wohnung etwas kleiner sein oder eine zweier-Gemeinschaft als Basis sein und schon ändert sich an dem genauen Punkt etwas.

Und ja, das leitet unweigerlich in die Mindestlohndebatte
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