Es gibt kein Recht auf Freihandelsabkommen (weder ein demokratisches, noch ein Gleichbehandlungsrecht). Man kann es fair finden wenn sie eins bekommen, aber das ist alles. Anrecht, oder Recht darauf gibts keins (ich zB würde von EU Seite her argumentieren: Wir haben hier jemanden der erpressbar ist, warum sollten wir nicht vorteilhaft für die EU, für unsere Bürger verhandeln, so vorteilhaft wie nur möglich. GBs Politiker werden auf ihrer Seite nichts anderes tun, aber da würden dann schlechtere Bedingungen rausschauen als für die Schweiz und Norwegen. Immerhin hat sich GB in der Vergangenheit nicht sonderlich kooperativ benommen, warum sollte man dass denn jetzt ihnen gegenüber sein?). Also die Frage ist nicht: Warum sollte die EU jetzt böse auf GB sein. Die Frage ist: Warum sollte die EU den Briten irgendein Entgegenkommen zeigen (noch dazu weil jegliches Entgegenkommen über das Niveau von Norwegen hinaus - und das ist etwas dass die Briten im Moment erwarten - die gesamte EU als solches gefährdet).
Abgesehen davon dass den Briten so ein Abkommen in ihren geforderten Positionen nichts bringt (ich frage mich sowieso was Brexit, mit Assoziierungsabkommen ändert). Main points der Brexit Kampagne waren:
- wir wollen weniger Geld bezahlen
- wir wollen uns nicht an EU Regeln halten.
Beide Staaten (die Schweiz und Norwegen) zahlen fast genausoviel wie als Vollmitglied (die Schweiz ein bisschen weniger), und müssen sich an alle Regularien der EU halten, ohne diese mitgestalten zu können. (in meinen Augen geben beide das Mitspracherecht in der EU auf, nur um ihrer eigenen Bevölkerung nicht sagen zu müssen dass sie eigentlich in der EU sind. Ohne EU-Wirtschaftsraum überlebt man als europäischer Staat nicht mehr, und die EU ist ja nicht doof, die lassen sich das bezahlen)
Ich glaube nicht dass ein Votum für einen Gerxit (German exit) Erfolg haben würde. Ich denke aber auch, sollten sich in Meinungsumfragen mehr als 40% für einen Ausstieg Deutschlands aussprechen, kann man auch hier ein Referendum machen. Solange wir allerdings nicht an diesem Punkt sind, ist ein Referendum ohne Aussicht aus Erfolg keine Demokratieerrungenschaft, sondern rausgeschmissenes Geld (genauso wie kein so ein Referendum abzuhalten, kein Demokratiedefizit ist).
Ich bin aber froh dass wir jetzt einen Fall haben wo ein Staat austritt, so kann man sich mal anschaun was für Auswirkungen das wirklich hat, bis jetzt gab es ja nur Spekulationen. GB sei es gegönnt, die Entscheidung des Souverän ist zu akzeptieren. Ihnen aber absichtlich dabei helfen muss man als EU einem Drittstaat der etwas von der EU will nicht (noch dazu einem mit krassen Demokratiedefiziten
).
Das was du als letzte Position ansprichst, ist genau das was jetzt gemacht wird: Schneller Austritt GBs wird gefordert, die sollen so schnell wie möglich schaun dass sie allein zurecht kommen, aber überbordendes Entgegenkommen ist genauso unangebracht wie zB ein Handelsembargo (denn das wäre die beleidigte Reaktion, die ebenfalls möglich und denkbar wäre, und GB eher in Monaten als in Jahren an den Rand des Abgrunds bringen würde). Ein Streichelweich-Kurs GB gegenüber hilft der EU nicht, und die EU ist ihren Wählern und Einwohnern verpflichtet, also nicht mehr den Einwohnern GBs. Damit wird ihnen wohl alles was sie durch de facto Erpressung bis jetzt an Sonderkonditionen in der EU herausschlagen konnten, jetzt wieder entgegenschwappen wo ihre Erpressungsmöglichkeit wegfällt.
Ich erwarte harte Verhandlungen, nicht weil man "böse" auf GB ist, sondern weil das die EU erhält, und das Interesse der EU an dem Wohlergehen GBs enden wollend ist, jetzt wo sie nicht mehr dabei sind (und zwar zu Recht, genauso wie GBs Regierung seinen Einwohnern verpflichtet ist, und keinen anderen Einwohnern gegenüber, sollte die EU ihren Einwohnern verpflichtet sein).