Können Rollenspiele wie DSA Brücken schaffen?

Für alles, was uns sonst noch so interessiert.
Benutzeravatar
Lion88
Posts in topic: 2
Beiträge: 33
Registriert: 27.04.2015 18:50
Wohnort: Speyer
Geschlecht:

Errungenschaften

Können Rollenspiele wie DSA Brücken schaffen?

Ungelesener Beitrag von Lion88 »

Den Zwölfen zum Gruße liebes Forum,

mir ist in den letzten Tagen etwas aufgefallen und vllt. besteht sogar die Möglichkeit.

Auch wenn ich die Frage schon im Betreff formuliert habe fehlt ein kleiner Teil. Hier nochmal die komplette Frage:

Können Rollenspiele wie DSA Brücken zwischen den unterschiedlichen Kulturen schaffen?

Vorgestern hatte ich mir hier einen Thread (Novadi 99 Gesetze - Besonders Gesetz 62) teils durchgelesen wie es ist einen Novadi zu Spielen und wie komplex es zum Teil für den Spieler wird in dem er versucht den Charakter nach deren Gesetzte spielen zu wollen. Und gestern bin ich dann noch über einen Geburtstags Thread für Deutschland gestolpert in dem 145 Jahre Deutscher Geschichte nur Angeschnitten wurden. Als ich anfing über das gelesene Nachzudenken und auch über das aktuell nervige Thema "Flichtlingskrise" nachdachte, kam mir die oben gestellte Frage in den Kopf.

Ich habe für mich auf die Frage eine Antwort gefunden und die kann ich definitiv mit Ja beantworten. Rollenspiele wie DSA können Brücken zwischen den unterschiedlichen Kulturen schaffen. Sie fördern das Sozialverhalten innerhalb und außerhalb einer Spielgruppe, sowie das soziale Verständnis für andere Kulturen innerhalb und außerhalb des Spiels.

Ich bin gespannt was euch dazu noch einfällt und in den Sinn kommt. ;)
Den Zwölfen zum Gruße

Lion

Benutzeravatar
Talasha
Posts in topic: 1
Beiträge: 7916
Registriert: 03.02.2010 12:34

Errungenschaften

Re: Können Rollenspiele wie DSA Brücken schaffen?

Ungelesener Beitrag von Talasha »

Klar, wenn man das Konzept verklickert bekommt.
Sir Isaac Newton ist der tödlichste Bastard im ganzen Weltraum!

Benutzer 7553 gelöscht

Re: Können Rollenspiele wie DSA Brücken schaffen?

Ungelesener Beitrag von Benutzer 7553 gelöscht »

Hallo Lion88

Das ist ein ehrgeiziges Projekt das du da angerissen hast. Zunächst mal meine allgemeine Antwort: Ja, ich denke Rollenspiel kann Brücken bauen. Es gibt natürlich einige Punkt die du IMHO beachten solltest:

Sprachbarriere: Bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen, die für solche Projekte wohl die Hauptzielgruppe sind, sollten Englischkenntnisse vorhanden sein. Wenn aber zwei Leute die unterschiedliche Muttersprachen haben sich in einer dritten Sprache verständigen, die für Beide eine Fremdsprache ist, dann ist das nicht so einfach wie wenn ein Muttersprachler dabei ist.
Mit Amerikanern englisch reden ist in der Regel einfacher als mit Russen, Japanern oder eben Syrern.

Konzeptbeschreibung: Auch in Syrien sind Action-RPGs wie Skyrim bekannt. Entgegen der Meinung einiger AFD-Anhänger leben die Menschen in Syrien jedenfalls nicht in Lehmhütten ohne Elektrizität. Der Umstieg auf Pen&Paper fällt aber nicht jedem leicht der nur die actionreichen Computer-RPGs kennt. Ob Pen&Paper in dieser Region verbreitet ist weis ich nicht, wenn dann sicher überwiegend amerikanische Produkte wie D&D und Pathfinder.

Gewaltdarstellung: Ich hatte mal einen SL der eingefleischter Horror-Fan ist und auch im Rollenspiel gerne mal genauere Beschreibungen von Folterung und Verstümmelung eingebracht hat. Bei kriegstraumatisierten Flüchtlingen IMHO ein No-Go.

Politisierung: Das Projekt verführt gradezu politisch motivierte Abenteuer zu verwenden, zum Beispiel das einer der Helden als offensichtlich fremdländisch in einem Dorf im allerhintersten Bornland wegen Hexerei gelyncht werden soll weil die alte Oma Heydegger ihren Schnupfen nicht los wird, oder Organisationen wie PILGRIM (Praiotische ILuministen Gegen Rastullisierung Im Mittelreich) einzubauen. Ich denke aber von sowas sollte man absehen und einen einfachen, unschuldigen Spaß für alle Beteiligten daraus machen.

Stereotypen: Die Novadi und der Rastullah-Glaube sind sehr stark geprägt von 1001e Nacht und dem Islam. In vielen Werken ist die Prägung nicht nur überdeutlich, sondern auch schämenswert stereotyp. Sowas kann Personen aus dem entsprechenden Kulturbereich schon mal sauer aufstoßen. Daher sollte man da Vorsicht walten lassen und differenziert an die Sache ran gehen.

Es gibt wahrscheinlich noch ein paar mehr Punkte zu beachten, aber das war so weit alles was mir auf die Schnelle eingefallen ist. Ich hoffe du lässt dich davon nicht entmutigen. Das klingt nämlich jetzt alles recht negativ, aber ich denke von den positiven Aspekten eines solchen Projektes brauche ich dich nicht extra überzeugen.

Jadoran
Posts in topic: 1
Beiträge: 10920
Registriert: 14.11.2014 10:06

Auszeichnungen

Errungenschaften

Re: Können Rollenspiele wie DSA Brücken schaffen?

Ungelesener Beitrag von Jadoran »

Ich sehe das eher skeptisch - gemeinsam Breitensport, besonders Teamsport, zu betreiben ist da sicher einfacher und spricht den Menschen direkter an. Gemeinsame Anstrengungen und gemeinsame Erfolge gegen Widernisse, wo offensichtlich jeder zum Erfolg beiträgt bringen einen besser näher als mein schönes und geliebtes Hobby Tischrollenspiel, in dem ja auch viel Selbstdarstellung und eine ordentliche Prise Eskapismus mit drin steckt.
Dreck vorbeischwimmen lassen

Benutzeravatar
hexe
Posts in topic: 1
Beiträge: 8668
Registriert: 13.04.2005 11:57
Wohnort: Rashdul
Geschlecht:

Re: Können Rollenspiele wie DSA Brücken schaffen?

Ungelesener Beitrag von hexe »

@Lion88
Meinst Du jetzt, dass Rollenspiel ein gutes Hobby ist, um es mit Menschen aus anderen Kulturkreisen zu spielen oder dass Einem das Rollenspiel offener für andere Kulturkreise macht?

Für Erstes gibt es sicher genauso anderes. Wie der Muslim im Schützenverein, der Schützenkönig wurde und man dann festgestellt hat, dass in der Vereinssatzung steht, dass eigentlich alle Mitglieder Christen sein müssen. Weil ja, diese Vereine kamen auf, als die Türken vor Wien standen und man sich etwas Üben wollte um im Notfall schießen zu können.... aber Zeiten ändern sich.

Sehr leicht geht es mit Kleinkindern. Da reagiert kaum ein Erwachsener abweisend, wenn ein 1,5jähriger auf ihn zu schwankt und 'aaaalooo!' sagt. Egal wo beide eigentlich herkommen.


Bei Zweiten hängt es doch sehr davon ab, wie an das Hobby heran gegangen wird. Ich finde das Hobby schön, weil man sich plötzlich mit irgendwas beschäftigt mit dem man sonst vielleicht nicht in Berührung gekommen wäre. Eine Shadworun-Runde hat mir mal mitteilt, dass ich nicht mit machen könne, weil sie bei Shadowrun keine Mädchen dabei haben wollen. Da will man gar nicht wissen, welche Phantasien sie da ausgelebt haben...
Rollenspiele kann man also genauso nutzen um Vorurteile zu vertiefen und aus zu leben, statt aufzuheben.
Lieber UTC als CEST!

Benutzeravatar
Lion88
Posts in topic: 2
Beiträge: 33
Registriert: 27.04.2015 18:50
Wohnort: Speyer
Geschlecht:

Errungenschaften

Re: Können Rollenspiele wie DSA Brücken schaffen?

Ungelesener Beitrag von Lion88 »

Boah, dass sind für die paar Stunden echt tolle Antworten. In erster Linie ging es mir eigentlich darum ob es möglich, dass dadurch vllt. das eigene Denken und Verständnis für andere Kulturen beeinflusst wird. Ich merke gerade, dass das Thema doch viel tiefere Ausmaße nehmen kann als ursprünglich gedacht war.

@Frater Tiberius
Klar, kommt es auf die Sprache, das Konzept und auch viele andere Faktoren an. Ein Spielleiter, der die grausamsten Szenarien versucht sie im Detail zu beschreiben ist auch fehl am Platz wenn er nicht merkt, dass es einen in der Runde ziemlich mitnimmt oder auf einen neuen Spieler, den er nicht kennt, in der Runde keine Rücksicht nimmt.

@Jadoran
Gut möglich, dass ein Teamsport wie Fußball auch Brücken schlägt zu anderen Kulturen, aber auch in Ländern wie Syrien spielt nicht jeder Fußball oder macht einen Teamsport. Nur weil es Menschen aus einem anderen Land oder einer anderen Kultur sind können sie auch gerne PnP´s spielen. Klar steckt auch ein Teil Realitätsflucht drin, aber man sollte schon unterscheiden können welche Handlung ins Spiel gehört und welche in die Realität.

@hexe
Deine Frage habe ich hoffe ich zumindest weites gehend schon oben beantwortet. Danke für das Aufzeigen des Vergleichs von Muslime und Christen in einem Breitensport, wo es auch anders sein kann als Brücken zu schaffen. Gerade das Beispiel sollte aufzeigen, dass wir alle nur Menschen sind und uns versuchen in der Gesellschaft zu integrieren und zu engagieren.
Den Zwölfen zum Gruße

Lion

Benutzeravatar
Gorbalad
Wiki Aventurica
Wiki Aventurica
Posts in topic: 1
Beiträge: 20596
Registriert: 08.03.2011 20:57
Wohnort: Wien
Geschlecht:

Auszeichnungen

Errungenschaften

Re: Können Rollenspiele wie DSA Brücken schaffen?

Ungelesener Beitrag von Gorbalad »

Ich glaube halt, dass z.B. Fußball schneller funktioniert, weil man keine Sprache bzw. gemeinsame Vorstellungen dazu braucht. Beim Rollenspiel funktioniert viel über Klischees aus Film, Literatur usw. - auch das Brechen der Klischees arbeitet ja mit ihnen. Wenn die Teilnehmer aber sehr unterschiedliche Filme und Literatur kennen, funktioniert viel nicht mehr so gut.
"Eigentlich wäre <X> sehr <Y>, nur man hat daraus nichts gemacht" ist glaube ich die Quintessenz von DSA.

Benutzeravatar
Salix Lowanger
Posts in topic: 1
Beiträge: 5283
Registriert: 21.04.2005 13:40
Geschlecht:
Kontaktdaten:

Auszeichnungen

Errungenschaften

Re: Können Rollenspiele wie DSA Brücken schaffen?

Ungelesener Beitrag von Salix Lowanger »

Wie wir aus diversen Rollenspieldiskussionen wissen, ist es auch eine Frage des (meistens informellen) Gruppenvertrags und der individuellen Spielweise, also wer woraus seinen Spielspaß zieht. Insofern kann der Ansatz funktionieren, sicher ist das aber keineswegs!
I can fight an opponent, but I cannot fight my biological clock.
- Garry Kasparov

Benutzeravatar
AngeliAter
Posts in topic: 1
Beiträge: 1963
Registriert: 29.05.2011 17:57

Errungenschaften

Re: Können Rollenspiele wie DSA Brücken schaffen?

Ungelesener Beitrag von AngeliAter »

Was sehr wichtig bei unterschiedlichen Kulturen ist, sind die unterschiedlichen Gegebenheiten.
Bei einen Chinesen würde ich jetzt keine Skelette auftauchen lassen, im arabischen Raum wird unter einen Dschin (Film Wishmaster) mitunter etwas anderes verstanden als wir hier darunter verstehen.
Also vieleicht vorher mal abklappern was in der entsprechenden Kultur ein absolutes no go darstellt.
Das Stockholm-Syndrom ist eine anerkannte Methode um neue Freundschaften zu schließen.

Benutzeravatar
Varana
Posts in topic: 1
Beiträge: 6840
Registriert: 19.08.2004 02:37

Errungenschaften

Re: Können Rollenspiele wie DSA Brücken schaffen?

Ungelesener Beitrag von Varana »

Verständnis für andere Kulturen kann Rollenspiel fördern - wie auch andere Medien, in denen man Einblick in die Denkweise fremder Kulturen erhält. Das würde also genauso Literatur, eine tiefergreifende Beschäftigung mit der Geschichte eines fremden Landes o.ä. betreffen. Rollenspiel hat dabei den Vorteil, daß man sich selbst in die Rolle eines Angehörigen dieser Kultur hineinversetzen muß und seine Handlungen halbwegs schlüssig begründen muß - und dabei vielleicht lernt, daß es mehrere Sichtweisen und Handlungsoptionen gibt und wie viele Selbstverständlichkeiten eigentlich kulturell bedingt sind.

Aber das ist beileibe kein Automatismus. Rollenspiel bietet genauso die Möglichkeit, vorhandene Klischees und Vorurteile zu verstärken und z.B. rassistische oder sexistische Ansichten viel ungehemmter auszudrücken, als man das in der Realität (außer Internet-Kommentare ;)) tun würde. Rollenspiel schützt nicht davor; es bietet Möglichkeiten in beide Richtungen.

Rollenspiel als völkerverbindende Aktivität funktioniert so gut oder schlecht wie andere Aktivitäten auch - mit der Einschränkung, daß Rollenspiel stark sprachlastig ist (anders als z.B. viele Sportarten) und nicht auf Anhieb allen geläufig. Klassische Fantasy an sich ist inzwischen ziemlich kosmopolitisch, sobald man auf moderne Medien Zugriff hat.

Wovon ich aber unbedingt absehen würde, ist, die DSA-Novadis einem Rollenspielneuling aus dem Nahen Osten vorzusetzen. ;) Novadis sind viel mehr Karl-May-Romantik und (Hollywood-)Sindbad-Filme als tatsächlicher Naher Osten. Das ist ungefähr so, als würde man uns erklären "guck mal, hier kannst du sowas wie deine Kultur spielen", und dann einen biertrinkenden Lederhosenträger vorsetzen, der bevorzugt in alten Märchenschlössern lebt, zur Begrüßung den rechten Arm hebt und im zackigen Wehrmacht-Tonfall ein wildes Gemisch aus verzerrtem Deutsch, Polnisch und Skandinavisch brüllt. :lol:

Es gibt genug Leute aus dem Nahen Osten, die sich mit den europäisch-amerikanischen Klischees ihrer Heimatregion gut genug auskennen, um sowas einordnen zu können. Aber das sollte man vorher abgeklärt haben. ;)

Benutzeravatar
Alecto
Posts in topic: 1
Beiträge: 12999
Registriert: 27.08.2003 16:16

Re: Können Rollenspiele wie DSA Brücken schaffen?

Ungelesener Beitrag von Alecto »

Können Rollenspiele wie DSA Brücken zwischen den unterschiedlichen Kulturen schaffen?

Theoretisch ja, praktisch dürfte man IMHO mit Dingen wie Sport, Musik und künstlerischer Betätigung deutlich besser fahren.
Wie von anderer Seite schon angesprochen wurde kann ein Rollenspiel nur dann wirklich funktionieren wenn man sich halbwegs fließend auch über komplexere bzw abstraktere Sachverhalte verständigen kann - Und daran scheitert der Ansatz Rollenspiel meist. Wer etwas mehr mit Flüchtlingen zu tun hat kennt die Verständigungsprobleme: Wenige beherrschen eine passende Fremdsprache fließend, mit dem größten Teil kann man sich radebrechend auf französisch (Nordafrikaner) oder englisch (eher arabischer Raum) über einfache, alltägliche Sachverhalte unterhalten und mit einem ordentlichen Teil ohne einen Dolmetscher praktisch überhaupt nicht. Geht man nun auch noch davon aus daß der Löwenanteil P&P-Rollenspiele bisher nicht kennt, dann kann man erst einmal sehr lange Erklären - Ob der Betreffende dann mit seinen Sprachkenntnissen Regelwerke und Spielinhalte überhaupt meistern kann ist dann mehr als fraglich.
Daher meiner Meinung nach: Will man Brücken schlagen, dann sollte man zu etwas greifen wofür man nicht viel Worte braucht und wo die Flüchtlinge schon Vorkenntnisse mitbringen und an denen sich auch mehr Personen beteiligen können als die typische Rollenspielrunde, z.B.:
  • Sport: Kenntnis von Spielen wie Fußball, Volleyball, Basketball, etc sind weit verbreitet. In den Camps wird das auch z.T. mit großem Erfolg praktiziert.
  • Gemeinsames Kochen/Backen: Das geht ohne viel Gerede und das ist etwas mit dem viele Flüchtlinge meist schon bestens vertraut sind. Auch dieses Konzept ist schon erfolgserprobt.
  • Gemeinsames Musizieren: Ob Jam-Session, gemeinsames Singen oder auch klassische Musik - die "Weltsprache der Herzen" kann bestens verbinden
  • Gemeinsames Malen/Dekorieren/Töpfern: Auch kann man auf die Vorkenntnisse bauen
All das halte ich für deutlich erfolgsversprechendere Ansätze als P&P-Rollenspiele.
祇園精舎の鐘の聲、
諸行無常の響あり。
娑羅雙樹の花の色、
盛者必衰のことわりをあらはす。
おごれる人も久しからず、
唯春の夜の夢のごとし。
たけき者も遂にほろびぬ、
偏に風の前の塵に同じ

Benutzeravatar
Madalena
Posts in topic: 1
Beiträge: 8844
Registriert: 06.04.2011 14:58
Geschlecht:

Auszeichnungen

Errungenschaften

Re: Können Rollenspiele wie DSA Brücken schaffen?

Ungelesener Beitrag von Madalena »

Bis weit in DSA3-Zeiten hinein hat man sich da ein paar Leichen in den Keller gelegt. Positiv betrachtet hat man die Dinge damals nicht so ernst genommen - kritisch betrachtet hat man fremde Kulturen vor allem als Möglichkeit gesehen, Gags und Klischees an den Mann zu bringen.

Im Falle der Novadis besonders heikel, da man ein unverhohlenes Zerrbild eines real und gegenwärtig noch existierenden Kulturkreises hat. Die Beschreibung in "Götter des Schwarzen Auges" könnte ungefähr das Islambild eines AfD-Wählers beschreiben (aber natürlich mit einem humoristischen, nicht hasserfüllten Unterton). Weniger brisante Beispiele sind Thorwaler, Al'Anfaner oder Maraskaner.

Inzwischen ist DSA erwachsener geworden, aber so ganz hinter sich gelassen hat man die Jugendsünden noch nicht.

Wie Varana schon sagt, kommt es vor allem drauf an, wie man damit umgeht. Im pubertären Alter habe ich mit großer Freude schrullige, unsinnige Figuren aus exotischen Kulturen gespielt, und bin den offiziellen Vorgaben voller Freude gefolgt. Inzwischen liegt mein Hauptaugenmerk darauf, jeder Figur eine nachvollziehbare Agenda, Weltsicht und Lebensweise zu geben. Das finde ich oft sehr erhellend, auch und gerade dann, wenn meine Charaktere eher extreme, ausgefallene Seiten haben. Wichtig dabei ist zu verstehen, dass unterschiedliche oberflächliche Einstellungen oft auf tiefgreifenden Unterschieden im Denken zurück gehen, wobei jede Logik im Kern verständlich ist (auch wenn man sie nicht unbedingt teilen muss).

Da wäre die Al'Anfaner Boroni, die Novadis hasst, dem Leid Unschuldiger recht gleichgültig gegenübersteht, aber trotzdem ein ausgeprägtes Gewissen hat. Oder die Säbeltänzerin, die Götter für zutiefst egoistisch und grausam hält, sie aber nichtsdestotrotz mit aufopferungsvoller Inbrunst verehrt. Oder der Elf, der zerrissen ist elfischem Misstrauen der Welt und den Menschen gegenüber und der Verlockung, die die Welt auf ihn ausübt. Solche Charaktere spiele ich nicht, um eine Farce aufzubauen, sondern um mich in solche Figuren hineinzudenken, um das jeweilige Weltbild auch vor anderen vertreten zu können, ohne sofort einräumen zu müssen, dass seine Einstellung Schwachsinn ist. Das finde ich sehr bereichernd, und natürlich beinhaltet es auch, sich der Denkfehler und Prioritäten des eigenen Helden bewusst zu werden. Mit Blick auf die wirkliche Welt ist das ein ganz anderes Gefühl für Unterschiede. Wer andere Überzeugungen hat, ist nicht einfach blöd, sondern hat vor allem einfach einen anderen Hintergrund.

Insofern hat Rollenspiel mir persönlich sehr viel geholfen. Aber nicht jeder hat den gleichen Ansatz an Rollenspiel. Wer vor allen Metzeln will, und sich freut wenn sein Gegenüber unmissverständlich der Böse ist, oder wer einfach das Parodieren mag, wird das vermutlich anders erleben (was natürlich nicht heißt, dass er falsches Rollenspiel betreibt ;)).
Jede kann maskierte Superheld*in sein. Ihr müsst gar nicht 24/7 bereit stehen oder euer Leben in die Waagschale werfen. Die Maske reicht schon!

Antworten