Mir platzt gleich die Hutschnur, ich muss hier einmal Dampf ablassen
Mein Mann hatte mich vor ein paar Wochen damit überrascht, dass er für meinen Geburtstag vor einer Woche etwas ganz Besonderes geplant hat, dafür aber mein Einverständnis und meine Meinung einholen will. Er dachte an zwei Kaninchen - meine Lieblingshaustiere. Ich hatte im Laufe der Zeit viele davon, bin seit einigen Jahren ohne Haustier und liege ihm seit einiger Zeit damit in den Ohren, dass ich gerne wieder Vierbeiner hätte. Da man den Erwerb eines Haustiers aber gut durchdenken sollte und diese vor allem kein Überraschungsgeschenk sein sollten, wollte er das mit mir gemeinsam angehen.
Soweit so gut. Ich hatte mich wie ein Plätzchen gefreut und tagelang nur ein seliges Grinsen zur Schau getragen.
Ein paar Tage später war es soweit. Die Wohnung war sicher - alle Kabel in unerreichbare Höhen oder hinter Regale gezogen, kostbare Bücher ebenfalls hoch gestellt, Schlafquartier aufgebaut, Equipment besorgt, Futter bereit gestellt und den Züchter meines Vertrauens kontaktiert, ob er denn Tiere zum Abgeben da hätte. Ja hatte er.
Ich habe mich für zwei junge Häsinnen entschieden, hübsche Zwergkaninchen. Eins 4 1/2 Monate, eins 3 Monate, beide von Anfang an vergesellschaftet, so dass keine Rangfolge geklärt werden muss. Beide kamen bei uns an, waren nach ein paar Tagen Freigänger in der Wohnung, handzahm. Meine dreijährige Tochter war zwar enttäuscht, dass Kaninchen nicht zum Knuddeln sind und nicht zum Toben wie der Hund ihrer Patentante, aber das F+ttern fand sie toll.
Aber dann kam die ältere Häsin auf die Idee, in die Geschlechtsreife zu kommen und berammelte zuerst ihre Freundin. Das ging ja noch, doch aus heiterem Himmel begannen die Rangfolgekämpfe. Sie rissen sich gegenseitig Fell aus, verwüsteten die Küche und den Wintergarten (ihr Freigehege war für die Zeit begrenzt). Leider soll man sich als Mensch nicht in diese Streitereien einmischen, die Vierbeiner müssen das unter scih ausmachen, sonst ist die Rangfolge nie geklärt.
Und das fürhte dazu, dass nach das kleinere Kaninchen schließlich tot in der Küche lag. Keine Wunden, keine schlimmen Kratzer, aber hinüber.....
Und dann mussten wir das traurige Gespräch mit unserer Tochter führen, das wir erst in acht Jahren befürchtet hatten...... das war echt mies.
Ein Karnickel darf man aber nicht alleine halten, das sind schließlich Herdentiere.
Daher:
Tiffi (die kleine agressive Kampfsau): 4 1/2 Monate, Weibchen, 1,3 kg schwer
Loki (per Ebay Kleinanzeigen dringend abzugeben): 2 1/2 Jahre, Männchen, frisch kastriert, 2facher Vater, 3 kg (Deutscher Riese-Mix)
Da sollte die Rangfolge eigentlich vom Alter, Geschlecht, Gewicht und Erfahrungshorizont geklärt sein, dachten wir.
Vergesellschaftungsgehege im Bad aufgebaut, damit er nicht in ein bestehendes Revier gesetzt wird und nicht als Eindringling gilt. Unser halbes Bad war also Karnickelstall und mein Mann tierisch angefressen, dass er nach dem Duschen die Füße voller Spähne hatte, weil das Zeug ja irgendwie überall hin fliegt.
Tiffi, die kleine Kampfsau, hat den großen Herrn zwei Tage lang durch das Gehege geprügelt und sich sogar auf ihn gestürzt, wenn er fressen wollte. Als er mit verdrehten Augen apathisch und schwer atmend da lag und vor Schmerzen geschrien hat, ist mein Mann mit ihm nachts in die Tierklinik gefahren. Er ist wieder gesund, keine Sorge.
Am nächsten Morgen habe ich beim Züchter angerufen, ich war ratlos. Die Fellnase war ja völlig friedlich, als wir sie von dort geholt hatten. Der Züchter hat zugegeben, dass sie auch dort schon Alfaweibchen war, trotz ihres zarten Alters. Peinlich berührt hat er angeboten, sie als nicht vermittelbar in die Zucht zu nehmen. Eine Kastration hätte ihr vielleicht geholfen, stellt für mich aber nur eine Belastung und unnötige Schmerzen mit unklarem Ausgang für ein Tier dar.
Gut - wir haben Lokis ehemalige Besitzer kontaktiert und seine Gefährtin von dort geholt, da sind ja noch mehr Kaninchen, die alle abgegeben werden sollen. Die Besitzer sind Kinder, deren Eltern die Nase voll von Tieren haben, zumal da noch Hunde, Katzen und Hühner im Garten rumlaufen.
Loki war glücklich, seine Siggi zu sehen, das chaotische Duo hat sich wie verrückt abgeleckt. Wir waren auch glücklich, friedliche Tiere zu sehen. Und jetzt fängt Siggi an, mich zu beißen und ihr neues Revier so zu verteidigen, dass sie sich auf uns stürzt, sobald wir ihr zu nahe kommen. Ein älteres Tier verkraftet einen Revierwechsel nicht immer, sie anscheined gar nicht gut. Er ist ruhig, gelassen, friedlich und freundlich. Sie fängt jetzt mit Nestbau an. Ich hoffe inständig, dass die Kastration von ihm auch erfolgreich war und sie sich nur wieder beruhigen muss. Aber irgendwie waren meine Fellnasen früher wesentlich unproblematischer.