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von Lorlilto
03.07.2018 01:35
Forum: Spielhilfenbewertungen
Thema: Wege der Vereinigungen
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Wege der Vereinigungen

chizuranjida hat geschrieben: 02.07.2018 02:17(Darf ich fragen, was in etwa so ein Levthan-Geweihter kann/macht/soll, zumal falls auch als Spielerheld möglich?)
Es gibt zwei Varianten, eine tulamidische die sich eher mit Rausch, Wildnis und Fruchtbarkeitsritualen beschäftigt (und bei den Ferkina gut ankommt), und eine westliche die weniger stark auf Sex ausgerichtet ist und deren Vertreter sich mit der Ausrichtung von Festen und der Herstellung von Wein beschäftigen (diese wenden den Fruchtbarkeitsaspekt ihres Gottes eher in der Tierzucht an), also insgesamt gesellschaftlich deutlich umgänglicher sind.
Die Liturgien haben (von den Namen her) vor allem mit Rausch, Erregung und Lust zu tun.
von Lorlilto
30.06.2018 15:46
Forum: Spielhilfenbewertungen
Thema: Wege der Vereinigungen
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Wege der Vereinigungen

Ich muss sagen, mich hat von vornherein gewundert, wie sehr die reine Ankündigung einer Spielhilfe über Sexualität polarisiert, obwohl es sich doch im Grundsatz um ein positives und für die Mehrheit sowohl der Spieler als auch Charaktere wichtiges Thema handeln sollte (immerhin dürfte im RL auf die meisten Spieler und ingame auf alle Charaktere zutreffen, dass ihre Existenz mit Sex angefangen hat ;) ).
Um so mehr freut es mich, dass die beteiligten Autoren den Versuch gestartet haben, mit Hilfe einer Mischung aus Feingefühl und Humor trotzdem eine solche Spielhilfe zu verfassen, die eben tatsächlich auch hilfreich ist. Und meiner Meinung nach ist ihnen dieser Versuch mehrheitlich gelungen.

Als DSA 4.1er hat mich natürlich primär der Fluffteil interessiert, also der Umgang der unterschiedlichen Kulturen und Religionen mit Sexualität. Was ich hier von einer Spielhilfe erwarte ist ein Ideenpool, bzw. eine Handreichung, um NSCs und/oder SCs mit einem entsprechenden "Hintergrund" zu versorgen. Dazu gab es bisher auf andere Spielhilfen verteilt zumeist recht knappe Informationen, die nun durch WdV ausführlicher und gebündelt präsentiert werden. In dieser Hinsicht erfüllt die Spielhilfe weitestgehend meine Erwartungen. Was ich persönlich eher anders gehandhabt hätte (und im von mir geleiteten Aventurien wohl auch werde), ist die allgemein sehr hohe Toleranzschwelle. Natürlich würde ich persönlich im RL gerne in einer Welt leben, in der Menschen weder nach Geschlecht noch sexueller Orientierung oder Identifikation beurteilt werden, aber für eine Rollenspielwelt fände ich ein paar mehr Grauschattierungen passend, beispielweise eine deutlichere Ablehnung von Homosexualität durch die Traviakirche ("der muss nur die passende Frau finden und eine Familie gründen, dann geht das auch vorbei") und entsprechend auch von anderen Kirchen und Strömungen innerhalb der Zwölfgötter (bspw. Praios: "die praiosgefällige Ordnung sieht die Verbindung von Mann und Frau vor, da es anders nicht zu Kindern kommen kann, da stimmen wir den Brüdern und Schwestern von der Traviakirche ganz zu."), um daraus ein gewisses Konfliktpotential mit der (mMn passenderweise) sehr toleranten Rahjahkirche zu schöpfen.
Aber das sind eher Details, und insgesamt finde ich den Fluffteil von WdV recht gut gelungen. Besonders positiv möchte ich noch hervorheben, dass auch eine ganze Reihe nicht-heteronormative Geschlechter, Vorlieben und Geschlechtsidentitäten abgedeckt wurden, es also Informationen zum Vorkommen (sehr selten) und kulturell unterschiedlichem Umgang mit diesen gibt.

Der Regelteil hat mich entsprechend mehr aus Neugier interessiert, und aus der Überlegung heraus, ob Elemente auch in DSA4 nutzbar wären. Hier scheint aber eher der Humor bei den Autoren überhand gewonnen zu haben, und anstelle von am Spieltisch flüssig nutzbaren Regeln wurde ein kleines Minigame zum Abhandeln des Liebesspiels entworfen (a.k.a. "Sex nachdem man sich gut fühlt"?, der "gewöhnliche Beischlaf" wird jedenfalls mit einer einzigen Talentprobe abgehandelt). Dieses Minigame ist in der Ausführung womöglich sogar recht lustig (hab ich noch nicht ausprobiert), aber in Zusammenhang mit den DSA5-Regelmechaniken, die mir sehr kleinteilig und unübersichtlich erscheinen, fand ich diesen Part sehr anstrengend zu lesen. Gefühlt handelt es sich um dutzende Seiten voll mit Detailregeln (die natürlich alle optional sind, aber wenn jeder beteiligte eine andere Option für seinen Charakater passend findet sind halt doch alle mit drin), die auf einzelne Proben Erschwernisse oder Erleichterungen von jeweils 1 geben. Für jeden der bis zu zwölf Liebesspiel-Durchgänge muss also jede/r Beteiligte nachgucken, welche Boni und Mali sein Charakter bei der jeweiligen Technik mit reinbringt und ob die Verwendung von Spielzeug xy nicht von Vorteil wäre um von passiv auf aktiv zu wechseln (was wieder andere Boni und Mali auslösen kann) und so weiter. Ich kann mir jedenfalls nicht vorstellen, dass sich damit eine stimmungsvolle Erotikszene entwickeln lässt, die bei den Spielern das Gefühl hinterlässt, dass ihr Charakter soeben eine tolle Liebesnacht hatte. Eher scheint diese Variante auf Spieler zugeschnitten zu sein, denen es schwer fällt, Emotionen ihrer Charaktere darzustellen (vor allem persönliche/intime Emotionen), und eine starke regelseitige Abstraktion benötigen, um sich mit dem Thema zu beschäftigen. Ich hätte mir stattdessen ein Mittelding gewünscht, das mit wenigen Proben und einer Handvoll Modifikatoren auskommt und ansonsten SL und Spielern überlässt das Geschehen mehr oder weniger detailliert zu beschreiben.
Des weiteren seltsam anmutend fand ich den Umstand, dass aufgrund der DSA5-Entscheidung, alle Menschen regeltechnisch als eine einheitliche Spezies zu betrachten, Boni und Mali auf Körperteilgrößen von den Kulturen abhängen (und somit nicht von genetischen Ursachen ausgegangen werden kann). Abgesehen davon, dass man sich hier dem (nicht völlig von der Hand zu weisenden) Vorwurf des (vermutlich nicht bewussten und sicher nicht böswilligen) Rassismus aussetzt, finde ich es schlicht unplausibel, warum der in Brabak aufgewachsene Waldmensch den Bonus beim Auswürfeln nicht bekommt, sein eineiiger Zwilling, der im Dschungel aufgewachsen ist aber schon. Andererseits muss ich auch hier wieder sagen, dass es sich um Kritik an Details handelt, auch (oder grade) der Regelteil hätte sicherlich noch deutlich schlechter ausfallen können.

Der letzte inhaltliche Punkt, der mich stört, ist (beispielhaft) das unvermittelte Auftauchen von Levthangeweihten inklusive Karmaenergie und Liturgien und allem, was sonstige Kirchen sich mühsam entwickeln und bewahren mussten, das alles begründet mit dem Totschlagargument "das liegt am Sternenfall". Ich gebe zu, in der Materie des Sternenfalls (noch) nicht besonders belesen zu sein, aber ich finde, es gibt elegantere Wege. Was hätte denn gegen einen Auserwählten des Levthan gesprochen, der eine kleine Anhängerschar zu Akoluthen ausbildet und demnächst (oder kürzlich) die Primärliturgie entwickelt (hat)? Aber das scheint mir auch ein allgemeines DSA5-Thema zu sein, dass viele verschiedene Professionen ermöglicht werden sollen, die alle identischen Regelmechaniken folgen und dafür der Hintergrund sich anpassen soll, anstatt Regeln zu entwickeln, die den Hintergrund wiedergeben. Und dann werden eben Konzepte wie die Primärliturgie über Bord geworfen, die zuvor auch retrospektiv für Jahrhunderte der ingame-Geschichte entscheidend und zentrales Thema mancher Plots waren. Wie auch immer, ich bin ein wenig unschlüssig, ob ich diesen Kritikpunkt der Spielhilfe anlasten kann, oder die D&D-isierung von DSA5 dafür "verantwortlich" ist.

Zum Abschluss habe ich noch einen allgemeinen Kritikpunkt: Zumindest in dem Vorab-pdf bin ich alle paar Seiten über Rechtschreibfehler und/oder Setzfehler gestolpert. Ich dachte, das Problem hätte Ulisses in den Griff bekommen, aber hier war es doch auffällig viel. Ich hoffe, dass diese Fehler bis zum Druck korrigiert sind, denn zumindest ich würde ein Werk mit solcher Fehlerquote nicht veröffentlichen wollen.

Zusammenfassend komme ich zu dem Schluss, dass WdV zwar nicht das Glanzlicht geworden ist, dass das Thema meiner persönlichen Meinung nach verdient hätte, aber definitiv noch weiter weg ist von dem Totalausfall, den manche direkt bei Ankündigung herbeiorakelt haben. Ich habe das Crowdfunding zwar auch wegen der Bonus-Inhalte gebackt, aber allein anhand des Hauptwerks bereue ich es nicht, und bin sicher manche Inhalte auch am Spieltisch (bzw. in meiner Onlinerunde) früher oder später nutzen zu können. Den Unterschied zwischen einer Bewertung mit drei oder vier Sternen macht für mich im Moment die Fehlerquote aus, die hoffentlich bis zur Drucklegung spürbar reduziert ist, bis dahin warte ich mit der Abgabe meiner Bewertung.