Sahib hat geschrieben: ↑05.06.2018 14:22Warum müssen DSA Spieler so oft so komische Helden bauen?
Hat jemand anderer Erfahrungen damit?
In einem Satz: Der Reiz des Unbekannten.
Längere Ausführung:
Niemand will eine realistische Darstellung des Mittelalters oder einer weitestgehend vergleichbaren Spielwelt spielen. Wirklich niemand, denn das würde Hunger und Tod einschliessen, praktisch nicht vorhandene sanitäre Bedingungen, Willkür seitens der Mächtigen.
In einer Welt in der sich die meisten Menschen darüber klar werden, das sie bei Wahlen maximal die Art des Übels für die nächste Wahlperiode bestimmen können und dabei auch keinen maxgeblichen Einfluss haben, will man sich bei seinem Hobby halt nicht auch als "einer unter vielen" sehen, sondern ganz menschlich eben als "erster unter gleichen".
Wenn man Leute auf der Straße fragt, mit welchem der Charaktere aus Herr der Ringe sie sich am ehesten identifizieren können und wen sie gerne mal personifizieren wollten, würden wohl nur die allerweingsten sagen, das sie den nahmenlosen Jungen ganz toll fanden, dem Aragon das Schwert gibt, oder eine der Frauen, die die Kinder in mutmaßliche Sicherheit bringen, noch nichtmal die erste Reihe der Krieger würde von irgendwem gewählt werden, sondern die Hauptpersonen werden gewählt... und das sind ohne Ausnahme Freaks, im Sinne von "werden praktisch überall komisch angesehen".
Das Crossgender nicht spielbar ist, habe ich nie verstanden und jeder Spielleiter, der das behauptet muss doch automatisch auch jeglichen Zauberer, Priester/Geweihten, jeden Nicht-Menschen und generell alles verbieten, das man nicht "wirklich" darstellen könnte. Ich persönlich als Spieler kann nicht reiten. Ich habe zusätzlich noch eine Pferdeharalergie und kann mich diesen Mistviechern daher nichtmal wirklich nähern. Das hindert mich aber in keiner Weise daran, einen Reiter darzustellen, selbst einen Ritter. Ich bin dagegen ein geüber Schwimmer und kann trotzdem ohne Probleme einen Nichtschwimmer darstellen. Ich habe Höhenangst, aber keine Probleme mit engen Räumen, dennoch kann ich einen Kletterer ausspielen, der in engen Räumen Panik kriegt. Ich kann einen Zauberer spielen, obwohl ich in der wirklichen Welt ganz sicher nicht zaubern kann und ich kann einen furchtlosen Krieger spielen, obwohl ich mit einem Schwert keinerlei Kampferfahrung habe und die Erfahrung, die ich als Soldat gesammelt habe im Rollenspiel vollkommen nutzlos ist (wenn man nicht grade Shadowrun oder andere moderne Spiele spielt). Ich kann einen Charakter darstellen, der negative LeP hat und kurz vor dem Tod steht, obwohl ich persönlich noch nie eine auch nur mittlere Verletzung hatte. Ich kann Zwerge, Elfen und Orks spielen, obwohl es sie nicht gibt. Als Spielleiter übernehme ich seit bald 30 Jahren die Rollen von allen Wesen, die es in der Spielwelt gibt, inklusive Göttern, Tieren, Kulturschaffenden und das eben egal, ob es Männer oder Frauen sind.
Warum also sollte ich als Spieler nicht EINE dieser tausendenen von Rollen verkörpern können, wenn es als Spielleiter auch geht? Und wieso sollte grade eine bestimmte Rolle davon ausgenommen werden, nur weil ich einen Gendefekt habe? (ein Y statt X-Chromosom)
Das Intro mit dem fragwürdigen Textteil über den Spieler, der eine Hexe spielen will, dürfte im besten Fall als "unglücklich formuliert" bezeichnet werden und der dürfte dem TE so einige negative Reaktionen eingebracht haben, die sonst vielleicht gar nicht bis zum "Absenden" gekommen wären.
Ob man die Charakterwahl im ersten Post überhaupt als Freak ansieht oder nicht, sei dahingestellt... aber das Rollenspiel lebt nunmal auch zu einem gewissen Teil von Freaks. Wenn wir alle nur Alrik Normalbürger spielen wollten, könnten wir eine Mittelalter Simulation nutzen, und darin die Rolle eines Bürgers möglichst detailgetreu spielen. Das kann man natürlich so machen, aber die wenigsten Rollenspieler wollen das. Und unter den hunderten Romanen die ich gelesen und Filmen die ich geschaut habe, war das auch niemals die Story. Es waren immer Hauptpersonen, die sich auf irgendeine Art und Weise von der Masse abgesetzt haben. Viele davon würde man sicherlich als Freak bezeichnen können.
Nicht umsonst gibt es dutzende verschiedene Versionen von T-Shirt aufdrucken mit dem Thema: "Normal ist langweilig"