bald ist es nun soweit - die Gruppe kämpft sich durch den Palast in Tuzak, beim nächsten oder übernächsten Termin werden sie im Thronsaal des Fürsten angekommen sein und dort Delian/Borbarad gegenüber stehen.
Nun ist es bisher so, dass der Konflikt relativ schwarzweiß ist - Borbarad ist der böse Dämonenmeister, und gegen den muss man halt kämpfen. Jetzt würde ich diese erste echte Konfrontation mit Borbarad aber nutzen wollen, um daran zum ersten Mal etwas Zweifel zu säen: Zwar soll Borbarad nicht einfach so seine Pläne offenlegen - wer will das schon. Aber da er die Gezeichneten sicherlich auf seiner Seite besser finden würde, liegt es doch irgendwie nahe, dass er ein paar Sätze streut, die zum Nachdenken anregen. Irgendwo ist das ja auch ein wesentlicher Teil der Nanduszwillinge: Borbarad würde den Gezeichneten sicherlich die Möglichkeit geben wollen, für sich selbst zu entscheiden, ob sie sein Ziel nicht unterstützenswert finden.
Nun bin ich aber noch nicht ganz sicher, wie ich das auf eine Art und Weise rüberbringe, die sich einem Halbgott geziemt. Eine lange Unterhaltung soll es nicht sein - auf viel hin und her mit den Goblinesken wird sich der Sphärenschänder nicht einlassen wollen. Ein paar Sätze sagen dagegen, ein paar Fragen stellen - dafür ist sicherlicht Zeit.
Mein Ansatz wäre nun, ihn a la Sokrates nur, sagen wir, drei Fragen stellen zu lassen - als Denkaufgabe. Ich fände es insbesondere Perfide, wenn er sogar auffordert - in Anbetracht der anwesenden Praioten - die Antworten zu überprüfen auf "Praiosgefällige Wahrheit" - nur eben Wahrheiten, die einen seine Motivation etwas erahnen lassen. Die Kernfrage dieses Posts (obwohl ich anderen Vorschlägen auch gegenüber offen stehe) ist nun also: Was für Fragen lässt man Borbarad stellen, die 1) schwierig zu beantworten sind, 2) Zweifel säen, ob sein Standpunkt wirklich böse ist und 3) andeuten, wo Borbarad steht, ohne es wirklich deutlich zu machen - Mysterium soll bleiben.
Dazu muss man sich erst mal Fragen: Was will Borbarad eigentlich. Die Kampagne bietet da ja einiges an Ansatzpunkten, die irgendwie so halbwegs in ein Bild passen. Zusammenfassend würde ich umreißen: Borbarad will
- Absolute Freiheit für sich selbst - raus aus dem Ewigen Kreislauf
- Aber auch Freiheit für alle
- Eine Stärkung des Nayrakis gegenüber dem Chaos durch Rückführung der Seelen
Weiterhin wünscht er sich, aus dem Zyklus mit Rohal auszubrechen und selber auch endlich frei zu sein - aber erst, nachdem der andere Teil ins Rollen gebracht wurde.
Was mich generell beim Studium der Motive Borbarads fasziniert hat, ist, wie nah ihm eigentlich die Magierphilosophie sein müsste, und wie gut sie zu seinen Plänen passt!
Magierphilosoph zu sein bedeutet schließlich, sich von Göttern, Dämonen und dergleichen loszusagen mittels der Macht des freien Willens. Sie ist aber nicht von irgendwoher "Magier"philosophie benannt - sie ist eben unter diesen nur verbreitet, vermutlich weil man die benötigte Willenskraft sonst kaum lernt. Und auch wenn Borbarad wohl weiß, dass seine Macht nicht durchs angebetet werden kommt (oder etwa doch?), passt diese Grundeinstellung doch ziemlich perfekt zum Alverniar der absoluten Freiheit.
Borbarads Jahrtausendbeschwörung, die allen Magie verleihen soll, passt also irgendwie gar nicht so schlecht ins Bild. Nicht nur ermöglicht es den Menschen, sich Weltliche Freiheit zu beschaffen, sondern es gibt ihnen auch die Werkzeuge, mit denen man Freiheit von den Göttern erringen kann!
Ich würde nun also Borbarad hier ganz gerne etwas zum Nachdenken anregen lassen über die Rolle der Götter und ihre Anbetungswürdigkeit - es erscheint mir so, als wäre das der wahrscheinlichste Haken, über den man die Spieler ins Grübeln bringen kann.
Argumentationen, die da schön reinpassen - noch nicht die Fragen von Borbele! - sind:
- Wenn Los und Sumu die Sechs Sphären erschufen, und außerhalb der sechs sphären ist das Chaos, sind Los und Sumu dann nur besonders mächtige Dämonen und somit auch ihre Kinder?
- Warum verlangen die Götter, dass sie angebetet werden? Welchen Grund gibt es, sich Tempel und Prunkvolle Kirchen errichten zu lassen?
- Wenn es schon geschrieben steht, dass eine Weltliche Herrschaft auch durchaus falsch sein kann, wenn sie nicht legitimiert ist, und man sich dann auflehnen muss - was ist, wenn ein Gott falsch ist wie damals der Namenlose? Woher weiß der Sterbliche, wen er anbeten sollte und wen nicht, außer aus den Aussagen derer, die angebetet werden wollen?
- Wenn Sklaverei falsch ist, warum halten sich dann manche Götter ihre eigenen Völker?
Ich gehe dabei nicht ernsthaft davon aus, dass ein Charakter Borbarad viel abgewinnen kann: Die meisten sind Geweihte oder zumindest recht gläubig. Vielmehr will ich den Spielern ein gewisses Verständnis für Borbarad geben.
Was sind also Fragen, die man stellen könnte?
Ein möglicher Weg, der mir bisher eingefallen ist, ist dieser, sehr Geschichtslastige:
1. Wo ist die Seele des Ometheon heute?
(Wir haben die Phileassonkampagne gespielt, Ometheon ist also bekannt. Magierphilosophie aber weniger - hier wäre also eine Möglichkeit, die Spieler nachforschen zu lassen, was ein Magierphilosoph ist und macht - und eventuell auch rauszufinden, dass die Seelen weder zu Göttern noch in die Niederhöllen gehen, was mMn durchaus innerweltlich bekannt (wenn auch unter Verschluss) sein darf)
2. Was taten die Götter der Elfen für Ometheon?
(Die Antwort ist NICHTS - Pydrakor griff später für sein Volk ein, aber die Götter haben das Treiben ignoriert. Man kann aber auch noch weiter fragen, was sie insgesamt für ihn getan haben könnten - und dabei eventuell herausfinden, dass Götter grundsätzlich nichts für Magierphilosophen tun, und seien sie noch so gute Menschen/Elfen. Zusammen mit der Tatsache, dass ein Magierphilosoph NICHT die Niederhöllen stärkt, kann man sich dann schon fragen, warum die Götter so sehr was dagegen haben - und in der fehlenden Anbetung und Seelenernte eine Antwort finden.)
3. Warum steht der Himmelsturm noch immer?
(Man kann sich an dieser Stelle ernsthaft fragen, warum die Götter nie Interesse gezeigt haben, Pardona und ihre Nachtalben aus Ryl'Arc zu schmeißen - ein ganzes Volk, welches irgendwie den Namenlosen verehrt, wenn auch nur indirekt? Warum gibts das noch? Eine sehr ketzerische Antwort wäre: Vorher war da ein Haufen Magierphilosophierender Elfen, das brachte den Göttern nix. Jetzt sind da Nachtalben - die verehren zwar Pardona, und die baut Mist - aber am Ende landen ihre Seelen doch bei den Zwölfen. Oder man sagt einfach: Weils den Göttern offenbar nicht wichtig ist, solange man nicht an ihrer Herrschaft rüttelt und nicht mit Dämonen paktiert.)
So richtig glücklich bin ich mit der Fragenreihe aber noch nicht - der Fokus ist mir zu weit in der Vergangenheit, und die Antworten kann man auch ganz anders sehen. Deshalb wollte ich mal an euch die Frage stellen: Fallen jemandem andere Fragen / Denkanstöße ein, die man Borbarad in den Mund legen kann, um meine Spieler mal das Schwarz/Weiß anzweifeln zu lassen? Oder hat jemand noch eine ganz andere Meinung zur Motivation und zum Vorgehen Borbarads?
Danke für die Zeit und das drüber nachdenken,
Viele Grüße
Aeolitus