Brexit - Und seine Folgen?

Für alles, was uns sonst noch so interessiert.

Brexit - Was haltet Ihr davon?

Brexit - Was ist das?
1
2%
Die Insel interessiert mich nicht!
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Keine Stimmen
Die absolut richtige Entscheidung!
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Die spinnen die Briten!
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89%
 
Insgesamt abgegebene Stimmen: 56

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Arigata
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Re: Brexit - Und seine Folgen?

Ungelesener Beitrag von Arigata »

Die Chancen, es am Ende richtig gemacht zu haben, sind verschwindend gering. Entscheidend der neue PM auf Austritt, ist er am Ende nicht unwahrscheinlich der, der die Nation dadurch in die Sch**** geritten hat. Wird gegen Austritt entschieden, ist er der, der den Willen des Volkes ignoriert hat. Ich beneide den nächsten PM nicht. Im Gegenteil, ich finde die Leute mutig, die sich jetzt dieser Herausforderung stellen wollen. Vielleicht haben sie Glück, alles läuft wie geschmiert und das Land ist glücklich mit dem Ergebnis. Aber wenn die Person Pech hat und nicht alles so läuft, wie gewünscht, ist es eher politischer Selbstmord, der nächste Premierminister zu werden.
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Thargunitoth
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Re: Brexit - Und seine Folgen?

Ungelesener Beitrag von Thargunitoth »

Mithrandir hat geschrieben:Tatsächlich verstehe ichs bei ihm aber noch eher...weil er ja wirklich seit fast 20 Jahren dafür kämpft, das man austritt, für nichts anderes. Er hat erreicht, was er wollte, dann kann er ja aufhören. Er hat nie behauptet, das LAnd führen zu wollen oder sowas ;)
Sie haben ja noch nichtmal den Antrag in der EU gestellt, erreicht ist also noch gar nichts. Er zieht nur den Kopf ein und will sich wegducken bevor alles über ihm zusammenbricht.

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Loirana
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Re: Brexit - Und seine Folgen?

Ungelesener Beitrag von Loirana »

Arigata hat geschrieben:Im Gegenteil, ich finde die Leute mutig, die sich jetzt dieser Herausforderung stellen wollen.
Was den "Rücktritt" der Brexit-Beführworter noch alberner macht. Sie sind für den Austritt, aber die Drecksarbeit soll jemand anderes machen. Ruhm ernten, weil man für "politischen Wandel" gesorgt hat, und dann kneifen wenn es um die Durchführung geht.

Ich kann David Cameron verstehen, der mit den Worten "ich mach doch nicht die Drecksarbeit" zurückgetreten ist, schließlich war er dagegen... dass die Beführworter auch gehen zeugt davon, dass das Ganze nicht bis Ende gedacht ist.
Yesterday's the past, tomorrow's the future, but today is a gift. That's why it's called the present.
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Arigata
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Re: Brexit - Und seine Folgen?

Ungelesener Beitrag von Arigata »

@ Loirana: Sehr wahr. Ich bezweifle nur irgendwie, dass Johnson und Farage jemals Ruhm für politischen Wandel ernten werden. Die werden nur als die Feiglinge, die gekniffen haben, als es ernst wurde, in Erinnerung bleiben. Umso mehr Respekt denen, die bereit sind, ein Chaos aufzuräumen, das sie nicht angerichtet haben.
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Der Wanderer
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Re: Brexit - Und seine Folgen?

Ungelesener Beitrag von Der Wanderer »

Arigata hat geschrieben:@ Loirana: Sehr wahr. Ich bezweifle nur irgendwie, dass Johnson und Farage jemals Ruhm für politischen Wandel ernten werden. Die werden nur als die Feiglinge, die gekniffen haben, als es ernst wurde, in Erinnerung bleiben.
So schamlos, wie die sich gezeigt haben, würde nicht wundern, wenn sie das Maul später nochmal aufreißen, à la "das Volk hat gewählt, aber ihr vermasselt es!". Bei Politikern gibt's naturgemäß öfters Armleuchter, aber die beiden schießen den Vogel echt ab.
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Talasha
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Re: Brexit - Und seine Folgen?

Ungelesener Beitrag von Talasha »

Stimmt es eigentlich das Farrage bei gerade mal 1% seiner Ausschußsitzungen im Europäischem Parlament dabei war?
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Der Wanderer
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Re: Brexit - Und seine Folgen?

Ungelesener Beitrag von Der Wanderer »

Talasha hat geschrieben:Stimmt es eigentlich das Farrage bei gerade mal 1% seiner Ausschußsitzungen im Europäischem Parlament dabei war?
Ich habe auf die Schnelle nur gefunden, dass die UKIP nur bei 62% der Abstimmungen anwesen war - Rekord. Farage selbst ist da besonderes Vorbild, er war bei 40% der Abstimmungen dabei - ebenfalls Rekord. (Nach einem Artikel gab es zwar zeitweise einen anderen Abgeordneten, der noch seltener dabei war, allerdings war der dauererkrankt.)

Man muss ihm vielleicht zugute halten, dass man als Vorsitzender einer Fraktion öfters verhindert ist als andere. Aber das gilt ja ebenso für die Vorsitzenden anderer Fraktionen, ist also schon sehr panne.

1% glaube ich allerdings nicht. Das wäre wirklich krass. Und wenn man böse sein will, könnte man sagen: Dann entgehen ihm ja die ganzen schönen Tagegelder, die es für Sitzungsteilnahmen gibt ...
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sagista
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Re: Brexit - Und seine Folgen?

Ungelesener Beitrag von sagista »

Das sind schon merkwürdige Figuren.

Wie kann man sich denn als politisches Ziel auf die Fahnen schreiben, "sein Land in die Unabhängigkeit zu führen" und dann nach einem Referendum, durch das ja erstmal noch nichts gewonnen ist, sagen, "Mission accomplished" und "sein Leben zurückhaben zu wollen"?
Das kann ich nun wirklich überhaupt nicht nachvollziehen, zeigt mir aber, dass es sich offensichtlich tatsächlich nur um Krawallbrüder handelt, als die sie auch hier häufig dargestellt werden.

Ich habe kein grundsätzliches Problem damit, wenn Politiker das Ziel verfolgen, die EU zu verlassen. Wenn sie entsprechende Gründe und Argumente, die auch der Wahrheit entsprechen, bringen und damit die Mehrheit der Wahlberechtigten überzeugen, so mag ich das Ergebnis zwar bedauern, kann es aber akzeptieren, wenn die demokratischen Spielregeln eingehalten worden sind. Aber dann erwarte ich auch Gestaltung des Danachs. Aber erst ein Riesenchaos veranstalten und sich dann lachend vom Acker machen, das hat mit ernstzunehmender Politik nichts zu tun. Deswegen finde ich es ja auch fragwürdig, dass Cameron den Austritt seine/r Nachfolger/in überlässt, wobei es grundsätzlich in Ordnung ist, Konsequenzen zu ziehen. Aber sich auf diese Weise vom Acker zu machen wie Johnson und Farage ist einfach nur armselig und charakterschwach.

Irgendwie relativieren sich dadurch auch die Argumente gegen ein zweites Referendum. Inzwischen könnte ich mir vorstellen, dass man durchaus argumentieren könnte, dass durch die Lügen im Wahlkampf und durch das Verhalten der führenden Köpfe der Brexit-Befürworter das Volk fast schon arglistig getäuscht worden ist, was die Aussagekraft des Referendums doch irgendwie in Zweifel zieht.

Vielleicht sollte die EU ganz pragmatisch den Briten einen Schuss vor den Bug setzen und ein, zwei nicht so bedeutende Privilegien streichen, aber auch deutlich machen, dass man die Briten gern weiter dabei haben würde und bereit wäre, das erste Referendum zu ignorieren und das Ergebnis eines zweiten zu akzeptieren. Ich finde, das wäre ein gutes Zeichen gegen die Brandstifter, die nur um des Brandes willen Brände legen; als solche sehe ich inzwischen Johnson und Farage an.

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Gubblinus
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Re: Brexit - Und seine Folgen?

Ungelesener Beitrag von Gubblinus »

Nochmal kurz zu dem Thema der lügenden Brexit-Kampagne eine gute Zusammenfassung:


@Thargunitoth:
Fühlst du dich selbst in der EU nicht repräsentiert, oder fühlst du Deutschland dadurch in der EU nicht repräsentiert? Weil Deutschland hat in der EU schon sehr viel Macht, also ich glaube nicht dass Deutschland darüber klagen müsste nicht genug repräsentiert zu sein in der EU.

Das heißt deine Forderung (bzw Kritik an der "undemokratischen Form der EU") bezieht sich wirklich nur auf den Punkt der Stimmenungleichheit?
Ich finde die Schweiz ist um einiges demokratischer als Deutschland. Wie genau definierst du denn die Reinheit einer Demokratie und wie die Andersartigkeit einer Demokratie?
Was ist an direkter Demokratie demokratischer als an einer parlamentarischen Demokratie?
Undemokratisch bezeichne ich:
- ich kann nicht mehr wählen
- ich kann eine Regierung oder Funktionen nicht abwählen
- ich kann mich selbst nicht zur Wahl aufstellen

Ausschließlich direkte Demokratie ist zB größtmöglicher Blödsinn, denn wie wir auch in diesem Topic schon hatten: Man muss nicht alles selbst können, deswegen holt man sich ja auch Handwerker.
Man muss nicht alles selbst entscheiden (weil man zB vielleicht keine Ahnung hat), man kann diese Entscheidung auch Leuten mit Beratern überlassen.
Direkte Demokratie ist gut bei Grundsatzentscheidungen, direkte Demokratie ist ein Blödsinn beim Tagesgeschäft, oder komplexen Themen.

Keine Form der Demokratie ist der anderen überlegen, und hat eigene Schwächen und Stärken. Die direkte Demokratie in der Schweiz zB geht den eigenen Bewohnern schon derart am Nerv dass die Wahlbeteiligung in der Regel unter 50% liegt, Negativrekord ist 26%.
Die Macht geht auch vom Volk aus wenn das Volk entscheidet wer für ihn die Entscheidung treffen soll (unter der Vorraussetzung dass sich jeder aus dem Volk auch selbst zur Wahl aufstellen kann), nicht nur wenn das Volk selbst entscheidet (zB über etwas wo es sich selbst nicht in der Lage sieht zu entscheiden, wie zB das Schweizer 26% Wahlbeteiligungs-Votum über Tierseuchengesetze).
Wichtig ist: Ich kann mich selbst aufstellen lassen so ich das möchte für alle Ämter des Landes, und ich kann wählen wen ich will. Dann ist es Demokratie (die in der Regel zu Recht durch Minderheitenschutz erweitert wird, in der EU hatten die Länder noch viel mehr Angst dass über sie drübergefahren würde, und haben es jetzt noch. Weil de facto hat Deutschland mehr Gewicht in der EU als es Stimmgewicht hat).
Diese Aussage kann ich zu einem gewissen Grad nachempfinden, schließlich halte ich die EU auch nicht für wirklich demokratisch.
Wirklich? Die EU ist undemokratisch? Es gibt in der EU keinen Posten auf den du dich persönlich nicht wählen lassen könntest! Gerade die Funktionäre in Rat und Kommission kommen aus der Demokratie die du als besser als die EU-Demokratie bezeichnest (nämlich aus den nationalen Regierungen).

Ich hoffe zumindest dass du zugibst dass die Brexit-Kampagne populistisch war und absichtlich falsche Zahlen verwendet hat um eine Agenda durchzubringen, von denen die eigenen Leute scheinbar nicht geglaubt haben dass sie ohne falsche Zahlen durchzubringen ist.
Das ist kein "die rechten sind populistisch"-Beißreflex in dem Fall, ich mein, die unehrlichen Clowns stehlen sich grad aus jeder Verantwortung weil sie wissen dass sie nach Strich und Faden gelogen haben.

Wo wir uns einig sind ist dass wir gerne eine EU-Partei direkt wählen würden, und nicht eine nationale Partei wählen muss die dann in der EU sitzt. Das wäre eine Entmachtung der nationalen Regierungen. Bin ich sofort dafür.

Andwari
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Re: Brexit - Und seine Folgen?

Ungelesener Beitrag von Andwari »

@Gubblinus
Aus der niedrigen Beteiligung bei einem sehr speziellen Volksabstimmungs-Ergebnis direkt auf "Demokratieverdrossenheit" zu schließen, finde ich gewagt. Das war ein exotisches Einzelthema, bei der Abstimmung diesen Februar waren die Themen offensichtlich interessanter.

Solange hinterher die Nicht-Stimmenden nicht mosern, ist doch alles in Ordnung: Wenn ich das so interpretieren kann, dass die eben keine Meinung zu dem jeweiligen Thema äußern wollten, gut. Gerade bei Sachthemen heißt das ja nicht, dass man gar kein politisches Interesse hat. Hingehen und neutral abstimmen wäre natürlich noch besser.

Bei allgemeinen Wahlen finde ich die niedrige Wahlbeteiligung kritischer - allerdings ist hat das mMn wenig mit direkter Demokratie zu tun: wollte man das behaupten, müsste man alle Möglichkeiten abschaffen, dass das Volk dumme Ideen von Regierung oder Parlament per Volksabstimmung kassiert, damit würde den mehr Bedeutung zukommen.
Die Schweiz ist halt schon ewig quasi in parteiübergreifend "Großer Koaltion", über größere Themenblöcke besteht sowieso Einigkeit und über echte Richtungsentscheidungen dann doch wieder eine Volksabstimmung.

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Gubblinus
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Re: Brexit - Und seine Folgen?

Ungelesener Beitrag von Gubblinus »

Das Problem ist, wenn es nur die Möglichkeit zur direkten Abstimmung gibt, hab ich nicht mehr die Möglichkeit die Entscheidung zu delegieren (so ich das möchte).
Wenn es nur die Möglichkeit gibt die Entscheidung zu delegieren, hab ich nicht mehr die Möglichkeit zur direkten Abstimmung (so es keine Mechanismen wie zB ein Volksbegehren gibt).
Beides ist suboptimal, aber keins davon besser als das andere, mehr wollte ich dadurch nicht ausdrücken.

War die im Februar die mit knapp über 60% Wahlbeteiligung? Es kommen glaub ich unter 10% der Abstimmungen in der Schweiz auf über 50%, ich denke viele dieser Entscheidungen wären besser aufgehoben in einem, im besten Falle kompetenten, Vertreter-Gremium (also Parlament). 25% Beteiligung ist die Ausnahme, so wie die 60 oder 65%. Normal sind 40-45%.

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Talasha
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Re: Brexit - Und seine Folgen?

Ungelesener Beitrag von Talasha »

Gubblinus hat geschrieben:
Keine Form der Demokratie ist der anderen überlegen, und hat eigene Schwächen und Stärken. Die direkte Demokratie in der Schweiz zB geht den eigenen Bewohnern schon derart am Nerv dass die Wahlbeteiligung in der Regel unter 50% liegt, Negativrekord ist 26%.
Die Macht geht auch vom Volk aus wenn das Volk entscheidet wer für ihn die Entscheidung treffen soll (unter der Vorraussetzung dass sich jeder aus dem Volk auch selbst zur Wahl aufstellen kann), nicht nur wenn das Volk selbst entscheidet (zB über etwas wo es sich selbst nicht in der Lage sieht zu entscheiden, wie zB das Schweizer 26% Wahlbeteiligungs-Votum über Tierseuchengesetze).
In der SChweiz fühlt sich meines Wissens nach keiner genervt, es gehen einfach nur die hin die sich für das spezielle Thema interessieren und die denken es betrifft sie direkt.
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Andwari
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Re: Brexit - Und seine Folgen?

Ungelesener Beitrag von Andwari »

@Gubblinus
Ja, das war die mit über 60% - da war halt an einem Termin was mit Nahrungsmitteln, ein SVP-Versuch die Ausschaffungsinitiative zu verschärfen, was zum Ehe-Steuerrecht und noch der Gotthard-Straßentunnel = für jeden was dabei.

Was man bei der Wahlbeteiligung auch sehen sollte ist, dass viele Themen ja schon vorher abgearbeitet werden und es nicht zur Volksabstimmung kommt.

Was ich dabei gut finde ist die Tatsache, dass eine laute Minderheit zwar eine Volksinitiative starten und Volksabstimmung erzwingen kann - wenn das dann aber mit 20 6/2 Kantonen und 75% der Wählenden abgelehnt wird, ist das auch bei niedriger Beteiligung ein stärkeres Signal als irgendein Parlamentsbeschluss. Zumindest kriegt man nicht so viele Lobbyisten auf einen Abstimmenden wie auf einen Parlamentarier.

Ein uninformierter oder uninteressierter Bürger ist zu tolerieren und wenn er nicht hingeht ja nicht mal störend - dass aber uninformierte Parlamentarier entscheiden und sich das Ganze auf die paar befassten Ausschussmitglieder eines deutschen Bundestags verengt (und die anderen halt ggf. zur Fraktionsdisziplin angehalten werden), oder gar der Fraktionsvorsitzende nur noch Erfüllungsgehilfe des Regierungschefs ist, finde ich viel kritischer.

Die Schweizer Position der Mehrheit zu Krankenversorgung, Armee, Familie, Nahrungsmitteln usw. ist vllt. eigensinnig - aber scheint relativ konstant wirklich dem Mehrheitswillen zu entsprechen. Zumindest behauptet afaik keine nennenswerte Gruppe ständig, das sei ja alles anders (oder kriegt ggf. wie die jüngst die SVP sogar einen antipopulistischen Volkswillen-Riegel vorgeschoben).

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BenjaminK
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Re: Brexit - Und seine Folgen?

Ungelesener Beitrag von BenjaminK »

Fraktionszwang bei Volksvertretern, die nur ihrem Gewissen verpflichtet sein sollten, ist sowieso so eine Sache...

Unterm Strich ist der Vergleich aber das berühmte Meckern auf hohem Niveau. Manchmal ist ein Verfahren in einer speziellen Situation besser, als ein anderes. Aber für die allgemeine Situation kann man, denke ich, kein besser oder schlechter daraus machen.

Wenn sich die Volksvertreter aber dann gegen breite Abstimmungen stemmen, dann wirkt das nicht demokratisch, weil offenkundig das Volk etwas anderes will, als diejenigen, die sie vertreten.
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Re: Brexit - Und seine Folgen?

Ungelesener Beitrag von Gubblinus »

Der Fraktionszwang ist ein großes Problem, keine Frage (und ich würde mich freuen wenn wir auf dieses Problem eine Antwort hätten abseits "wir fordern dass sich die Politikkultur ändert"). Aber weil du die Beispiele Armee, Familie, Nahrungsmittel bringts, glaubst du sind das Bereiche wo in anderen Ländern mit weniger direkter Demokratie diese Punkte nicht dem Mehrheitswillen entsprechen?
Spannend wird eh was aus der Ausschaffungsinitiative wird, denn hier werden sich die schweizer Advokaten winden und drehen um die Abkommen mit der EU nicht zu gefährden.

Wobei ich gerade bei solchen Fragen: Armee, EU ja/nein, oder ähnlichen grundsätzlichen Fragen, kein Problem mit einer Volksabstimmung habe, ich denke sogar das ist genau das wo solche Fragen deponiert, gestellt und entschieden werden müssen, weil das mehr Richtungsentscheidungen sind.

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Re: Brexit - Und seine Folgen?

Ungelesener Beitrag von Gorbalad »

Fraktionszwang kann man mittels geheimer Abstimmungen im entsprechenden Gremium abschaffen.
Blöderweise macht das ein neues Fass auf, man sieht dann als Wähler nicht mehr, wie Abgeordneter X dabei gestimmt hat.
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Re: Brexit - Und seine Folgen?

Ungelesener Beitrag von Nova »

BenjaminK hat geschrieben:Fraktionszwang bei Volksvertretern, die nur ihrem Gewissen verpflichtet sein sollten, ist sowieso so eine Sache...
Nunjaaa... ich finde im Verhältniswahlrecht ist der Fraktionszwang sogar demokratischer als die freie Entscheidung von Abgeordneten. Das war ja warum eine der Forderungen der Grünen in den 80ern das imperative Mandat war - als eine Reform zu mehr Demokratie hin.

Letztendlich wird ja bei einer Listenwahl nicht der Abgeordnete gewählt. Es wird die Partei gewählt, die für eine bestimmte Ideologie und Ausrichtung steht. Also sollte die Partei auch in der Lage sein, diese Ideologie und Ausrichtung bei ihren Abgeordneten durchzusetzen.

So weit es mich angeht, sollten die Abgeordneten quasi nur Stimmgewicht der Parteien sein, denn es sind die Parteien die gewählt werden.

Die Ablehnung des Fraktionszwang scheint mir weniger auf Sorgen um Demokratie gebaut zu sein, sondern eher darum... naja, positiv ausgedrückt um die Vielfalt von Meinungen gegenüber den Eliten (also in den Fall den Parteispitzen) zu gewährleisten, und negativ ausgedrückt weil man sich freut wenn den Eliten eins reingewürgt wird.

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Re: Brexit - Und seine Folgen?

Ungelesener Beitrag von Gorbalad »

Nova hat geschrieben:Letztendlich wird ja bei einer Listenwahl nicht der Abgeordnete gewählt. Es wird die Partei gewählt, die für eine bestimmte Ideologie und Ausrichtung steht. Also sollte die Partei auch in der Lage sein, diese Ideologie und Ausrichtung bei ihren Abgeordneten durchzusetzen.
Das ist (zumindest in Österreich) nicht ganz so. Man wählt erstmal Parteien. Man kann zwar mittels Vorzugsstimme etwas an deren Personenlisten herumsortieren, das hat aber mWn eher symbolischen Charakter.

Jedenfalls hocken dann aber die gewählten Abgeordneten als solche im Nationalrat - die können auch ihre Partei verlassen, zu einer anderen wechseln oder ähnliches, und behalten dabei ihren Sitz (hatten wir in den letzten Jahren öfters z.B. Gründung des Liberalen Forums, Abspaltung des BZÖ aus der FPÖ, Team Stronach, ...) - der Sitz müsste bei strengen Partei-Wahlen ja eigentlich bei der Partei bleiben, statt beim Abgeordneten.
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Re: Brexit - Und seine Folgen?

Ungelesener Beitrag von BenjaminK »

Ich wähle mit meiner Erststimme eigentlich einen direkten Vertreter und erst mit meiner Zweitstimme wähle ich die Partei. Ist das bei euch anders?

Wären die Abgeordneten nur Stimmgewicht von Parteien, dann bräuchte man sie nicht. Dann könnte man die eine Stimme des Fraktionsvorsitzenden auch einfach entsprechend gewichten anstatt da 630 Leute in einen Raum zu setzen, damit sie 3, 4, oder 5 Stimmen ein Gewicht anhand der Wählerstimmen geben können.

Und nein, ich mach mir weder Sorgen um Demokratie, noch freue ich mich, wenn Eliten eins reingewürgt wird. Es macht nur keinen Sinn, eine Person direkt zu wählen (warum auch immer diese Person gewählt wurde!), nur damit er dann damit aufhört, warum er gewählt wurde, weil er eine bestimmte Position vorgegeben bekommt.

Aber auch das hilft den Briten nicht :)

PS: Und Gorbalad war schneller *G*
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Re: Brexit - Und seine Folgen?

Ungelesener Beitrag von Nova »

Gorbalad hat geschrieben:
Nova hat geschrieben:Letztendlich wird ja bei einer Listenwahl nicht der Abgeordnete gewählt. Es wird die Partei gewählt, die für eine bestimmte Ideologie und Ausrichtung steht. Also sollte die Partei auch in der Lage sein, diese Ideologie und Ausrichtung bei ihren Abgeordneten durchzusetzen.
Das ist (zumindest in Österreich) nicht ganz so. Man wählt erstmal Parteien. Man kann zwar mittels Vorzugsstimme etwas an deren Personenlisten herumsortieren, das hat aber mWn eher symbolischen Charakter.

Jedenfalls hocken dann aber die gewählten Abgeordneten als solche im Nationalrat - die können auch ihre Partei verlassen, zu einer anderen wechseln oder ähnliches, und behalten dabei ihren Sitz (hatten wir in den letzten Jahren öfters z.B. Gründung des Liberalen Forums, Abspaltung des BZÖ aus der FPÖ, Team Stronach, ...) - der Sitz müsste bei strengen Partei-Wahlen ja eigentlich bei der Partei bleiben, statt beim Abgeordneten.
Das ist auch in Deutschland nicht anders*. Aber was hat das mit meinen Argument zu tun? Du beschreibst ja nur was ist, und gehst gar nicht auf meine Argumentation ein was demokratisch ist. Mein Argument ist dass die Partei gewählt wird. Die demokratische Legitimation erfolgt also über die Partei. Also sind es eher Einzelaktionen von Abgeordneten gegen den Parteiwillen (incl. Parteiübertritten etc.) die undemokratisch sind. Wie gesagt denke ich schon, dass Abgeordnete nur Stimmgewicht der Parteien sein sollten. Also keine Übertritte oder so erlauben - wenn ein Abgeordneter die Partei wechselt, rückt der nächste auf der Liste für ihn nach. Das wäre in meinen Augen demokratischer.

*ich meine, es gibt zwar in Deutschland noch die Erststimme, durch die bei den beiden großen Parteien de jure/theoretisch die meisten bis alle Abgeordnete direkt gewält worden sind, aber die ist dank Kompensationsmandaten glücklicherweise eigentlich irrelevant geworden.

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Re: Brexit - Und seine Folgen?

Ungelesener Beitrag von Gorbalad »

@Nova: Ja, mir ging es nur um das 'Wir wählen Parteien'. Ich seh das ähnlich wie Du, dass das nicht sonderlich demokratisch ist, wenn die Mandatare dann quasi machen können, was sie wollen. Das passt mMn besser zum englischen System, wo tatsächlich die Frau X für den Wahlkreis soundso im Parlament hockt. Da wurde genau sie gewählt, und dass die von Partei X ist, ist vielleicht garnicht so wichtig. Das System hat halt wieder das 'Winner takes it all'-Problem.

Vielleicht wäre eine Mischung besser. 50% der Abgeordneten direkt nach Wahlkreis wählen, die anderen 50% proportional via Parteien.

---

Ganz sicher bin ich mir nicht, wie es bei uns in Österreich funktioniert, aber grob:

In der Wahlzelle hängt eine von der Partei vorsortierte Liste mit ihren Kandidaten.
Ich kreuze eine Partei an, und kann (muss aber nicht) einen Namen aus der Liste dazuschreiben.
Dabei sticht die Partei den Kandidaten, wenn ich also Partei A ankreuze und einen Kandidaten von B dazuschreibe, zählt das als eine Stimme für A ohne Vorzugsstimme.

Je nach Stimmenverteilung entsendet die Partei die ersten X Kandidaten ihrer Liste.
Durch die Vorzugsstimmen kann ein Kandidat auf der Liste der Partei weiter nach vorn rücken, und so vielleicht doch noch ins Parlament kommen, obwohl er eigentlich auf Platz X+n war (da kann die Partei aber mWn noch irgendwie herumtricksen).

Überhangmandate oder sowas gibt es bei uns nicht.


Quelle: http://www.bmi.gv.at/cms/BMI_wahlen/nat ... gkeit.aspx
Zuletzt geändert von Gorbalad am 05.07.2016 16:28, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Brexit - Und seine Folgen?

Ungelesener Beitrag von Nova »

BenjaminK hat geschrieben:Ich wähle mit meiner Erststimme eigentlich einen direkten Vertreter und erst mit meiner Zweitstimme wähle ich die Partei. Ist das bei euch anders?
Wie gesagt: Erststimme gibt's, aber ist eigentlich irrelevant geworden. Zum Glück. Das deutsche Wahlsystem soll ja kein Mischsystem sein, sondern ein personalisiertes Verhältniswahlrecht.
Wären die Abgeordneten nur Stimmgewicht von Parteien, dann bräuchte man sie nicht.
Ja, aber das ist eine Argumentationskette die rückwärts geht. Du kannst nicht eine Argumentationskette damit beginnen zu sagen "Wir haben die Abgeordneten, also müssen sie auch einen Zweck haben". Nö. Das ist nicht automatisch gegeben.

Vielleicht wäre es in der Tat besser nur ein, zwei Dutzend Leute mit gewichteten Stimmen an einen Tisch zu setzen. Wobei es ja schon Vorteile hat wenn man so viele Abgeordnete hat: Erst einmal haben Parteien ja auch Flügel, und die müssen zumindestens bei der internen Kursausrichtung der Fraktion auch berücksichtigt werden. Und zweitens ist der Bundestag ja ein Arbeitsparlament - also das wichtige am Bundestag ist nicht das Plenum, sondern die verschiedenen Ausschüsse, und die müssen natürlich personell besetzt werden.

Aber bei Abstimmungen sollten die Abgeordneten durchaus nur Stimmgewicht sein. Bei Abstimmungen könnt man also wirklich nur 5 Leute an einem Tisch haben. Warum nicht?
Gorbalad hat geschrieben:Ganz sicher bin ich mir nicht, wie es bei uns in Österreich funktioniert.
[...]
Also gibt es noch nicht mal Abgeordnete, die auch nur theoretisch direkt gewählt worden sind. Noch besser für mein Argument ;)
Zuletzt geändert von Nova am 05.07.2016 16:34, insgesamt 1-mal geändert.

Thargunitoth
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Re: Brexit - Und seine Folgen?

Ungelesener Beitrag von Thargunitoth »

Gubblinus hat geschrieben:Nochmal kurz zu dem Thema der lügenden Brexit-Kampagne eine gute Zusammenfassung:


@Thargunitoth:
Fühlst du dich selbst in der EU nicht repräsentiert, oder fühlst du Deutschland dadurch in der EU nicht repräsentiert? Weil Deutschland hat in der EU schon sehr viel Macht, also ich glaube nicht dass Deutschland darüber klagen müsste nicht genug repräsentiert zu sein in der EU.

Das heißt deine Forderung (bzw Kritik an der "undemokratischen Form der EU") bezieht sich wirklich nur auf den Punkt der Stimmenungleichheit?
Deutschland ist der wirtschaftlich stärkste Staat in der EU, der seine Verbündeten hat und seine Gegner. Das kauft sich Deutschland allerdings auch mit den größten Beitragszahlungen ein. Wenn GB wirklich austreten würde, dann wären die Südländer im Aufwind, welche Deutschland noch stärker zur EU-Melkkuh machen würden. Das würde ich zwar auch gerne machen, allerdings würde ich dafür die Finanzhoheit der Staaten einfordern und auf die EU-Ebene verlagern.

Dass D auch seine Rüffel bekommt hat man an Merkels Flüchtlingspolitik ja gesehen.

Ansonsten fühle ich mich vom EU-Parlament und deren Abgeordneten auch in keinster Weise vertreten. Es ist ja auch nicht so als hätte bei der Europawahl irgendeiner in einem Wahlkreis für seine Politik Werbung gemacht. Sie sind alle über das Verhältniswahlrecht über Listen eingezogen. Was heißt, dass die Abgeordneten sich nicht vor ihren Wählern sondern vor ihrer Partei, denen sie den Listenplatz zu verdanken haben verantworten müssen. Da Frage ich mich wirklich wozu ich die Abgeordneten überhaupt brauche. Warum wird nicht einfach eine Partei mit ihrem Prozentsatz über einen Abgeordneten vertreten? Das würde viel Geld sparen.
Ich finde die Schweiz ist um einiges demokratischer als Deutschland. Wie genau definierst du denn die Reinheit einer Demokratie und wie die Andersartigkeit einer Demokratie?
Was ist an direkter Demokratie demokratischer als an einer parlamentarischen Demokratie?
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- ich kann eine Regierung oder Funktionen nicht abwählen
- ich kann mich selbst nicht zur Wahl aufstellen
Wenn ich sagen würde, dass du dann Macht bekommst, wenn die die komplette Bevölkerung vertrittst, während ich nur eine Stimme bräuchte, dann wäre das deiner Meinung nach nicht undemokratisch. Es entspräche jedenfalls deinen Kriterien.
Ausschließlich direkte Demokratie ist zB größtmöglicher Blödsinn, denn wie wir auch in diesem Topic schon hatten: Man muss nicht alles selbst können, deswegen holt man sich ja auch Handwerker.
Bei repräsentativer Demokratie kannst du aber nicht anders als Handwerker zu holen. Selber darfst du ja gar nicht Hand anlegen.
Man muss nicht alles selbst entscheiden (weil man zB vielleicht keine Ahnung hat), man kann diese Entscheidung auch Leuten mit Beratern überlassen.
Man muss diesen Leuten die Entscheidung überlassen...
Direkte Demokratie ist gut bei Grundsatzentscheidungen, direkte Demokratie ist ein Blödsinn beim Tagesgeschäft, oder komplexen Themen.
Jetzt plötzlich gibt es komplexe Themen? Zuvor warst du noch der Meinung, dass der Bürger doch eigentlich gebildet genug für die Politik sein kann und jeden Tag mindestens zwei Tageszeitungen lesen sollte.

Wir leben heute nicht in einer Zeit der Grundsatzentscheidungspolitik, sondern in der Zeit der Sympathiepolitik. Die Menschen orientieren sich sehr stark an der Person, die Politik macht und zu wenig an den Themen, die sie vertritt und dann wundern wir uns, dass nicht im Interesse der Bürger entschieden wird.
Keine Form der Demokratie ist der anderen überlegen, und hat eigene Schwächen und Stärken. Die direkte Demokratie in der Schweiz zB geht den eigenen Bewohnern schon derart am Nerv dass die Wahlbeteiligung in der Regel unter 50% liegt, Negativrekord ist 26%.
Ich muss nicht über Dinge entscheiden, die mich nicht interessieren, aber ich sollte es dürfen!!
Die Macht geht auch vom Volk aus wenn das Volk entscheidet wer für ihn die Entscheidung treffen soll (unter der Vorraussetzung dass sich jeder aus dem Volk auch selbst zur Wahl aufstellen kann), nicht nur wenn das Volk selbst entscheidet (zB über etwas wo es sich selbst nicht in der Lage sieht zu entscheiden, wie zB das Schweizer 26% Wahlbeteiligungs-Votum über Tierseuchengesetze).
Wenn bei den 26% nur diejenigen entschieden haben, die sich damit auskennen, dann kommt dort sicherlich eine bessere Entscheidung raus, als wenn über Populismus die Realität verzerrt wird oder wenn Politiker ihre Nase in die Kamera halten und mit "ihr kennt mich ja" Wahlkampf betreiben.

Wenn das Volk seine Entscheidungsfreiheit an einen Vertreter abgibt, dann geht erstmal die Macht von diesem Vertreter aus. Wenn dieser Vertreter dann Entscheidungen gegen den Willen des Volkes trifft, dann kann das Volk nämlich nicht sagen:"Jetzt mach ich mal weiter", sondern es muss bis zur nächsten Wahl warten. Dann wird dieser Vertreter vielleicht abgewählt, trotzdem hatte das Volk über die getroffenen Entscheidungen des Vertreters keinen Einfluss.
Wichtig ist: Ich kann mich selbst aufstellen lassen so ich das möchte für alle Ämter des Landes, und ich kann wählen wen ich will. Dann ist es Demokratie (die in der Regel zu Recht durch Minderheitenschutz erweitert wird, in der EU hatten die Länder noch viel mehr Angst dass über sie drübergefahren würde, und haben es jetzt noch. Weil de facto hat Deutschland mehr Gewicht in der EU als es Stimmgewicht hat).
Gewählt werden passiert auch nicht von selbst. Normalerweise brauch man eine Basis, die einen unterstützt und diese ist normalerweise als Partei gegeben. Dann wird diese Basis wollen, dass du in ihrem Sinne Politik machst. Schon werden Ideale durch Pragmatismus ersetzt...
Diese Aussage kann ich zu einem gewissen Grad nachempfinden, schließlich halte ich die EU auch nicht für wirklich demokratisch.
Wirklich? Die EU ist undemokratisch? Es gibt in der EU keinen Posten auf den du dich persönlich nicht wählen lassen könntest! Gerade die Funktionäre in Rat und Kommission kommen aus der Demokratie die du als besser als die EU-Demokratie bezeichnest (nämlich aus den nationalen Regierungen).
Ein Zusammenschluss aus Demokratien ist als solches am Ende nicht unbedingt demokratisch, da die Wahlgleichheit nicht vorhanden ist.
Ich hoffe zumindest dass du zugibst dass die Brexit-Kampagne populistisch war und absichtlich falsche Zahlen verwendet hat um eine Agenda durchzubringen, von denen die eigenen Leute scheinbar nicht geglaubt haben dass sie ohne falsche Zahlen durchzubringen ist.
Das ist kein "die rechten sind populistisch"-Beißreflex in dem Fall, ich mein, die unehrlichen Clowns stehlen sich grad aus jeder Verantwortung weil sie wissen dass sie nach Strich und Faden gelogen haben.
Was die absichtlich oder unabsichtlich machen kann ich nicht sagen, ich kann nicht in deren Köpfe reingucken und ich weiß auch nicht ob sie recherchiert haben, die richtigen Zahlen hatten und dann der Meinung waren andere zu benutzen oder ob einfach irgendwann mal jemand falsche Zahlen in den Raum gestellt hat und alle anderen diese übernommen haben.

Was weiß ich, du kannst das ja gerne recherchieren. Allerdings übernimmt unsere Presse auch gerne alle möglichen Artikel ohne diese auf ihren Wahrheitsgehalt zu verifizieren.

Populistisch waren die Brexitleute aber schon. Mit Seriösität gewinnt man aber offensichtlich keine Wahlen.
Wo wir uns einig sind ist dass wir gerne eine EU-Partei direkt wählen würden, und nicht eine nationale Partei wählen muss die dann in der EU sitzt. Das wäre eine Entmachtung der nationalen Regierungen. Bin ich sofort dafür.
Das funktioniert so weit aber auch nur, wenn die EU mehr Souveränitäten und wirklich Verantwortung bekommt. Ein EU-Parlament, dass seine Gesetze von der Lobby machen lässt und sich nicht um den Sozialstaat und einen wirtschaftlichen Ausgleich in der EU kümmert wäre eine Katastrophe.

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BenjaminK
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Re: Brexit - Und seine Folgen?

Ungelesener Beitrag von BenjaminK »

Ich argumentier gar nix von hinten, schon gar nicht, dass etwas überflüssiges irgendwie einen Sinn haben muss. Ich sage, dass wenn es nur eine Stimmenwichtung ist, es bessere Wege gäbe jene zu realisieren.

Für interne Richtungsfindung gibt es Parteitage, dafür muss man nicht 630 Leite auffahren und dann Fraktionszwang ausrufen.

Mit der Erststimme wird der Kandidat direkt gewählt, erst die Zweitstimme entscheidet über nicht direkt entschiedene Wahlkreise. Mit anderen Worten zieht also eine Person direkt gewählt ein und ist dann seinem Gewissen verpflichtet, weil er der Vertreter des Volkes (in diesem Ausschnitt) ist. Bestimmt jetzt irgend ein anderer seinen Kurs, dann kann er seine Vertretung nicht mehr wahr nehmen. Vielleicht wurde er genau für seinen eher liberalen/konservativen/sozialen Weg innerhalb der Parteigrenzen gewählt, muss aber durch Fraktionszwang seinen liberalen/konservativen/sozialen Kurs zurück fahren. Finde ich nicht gut, solange die Erststimme von der Zweitstimme abweichen kann.
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Andwari
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Re: Brexit - Und seine Folgen?

Ungelesener Beitrag von Andwari »

@Nova
Ich sehe im "personalisierten Verhältniswahlrecht" genau das Mischsystem, das Du nicht sehen willst. Das ist eben keine reine Listenwahl (ein Synonym für Verhältniswahl) - sondern auch wahlkreisbezogen personalisiert.
In anderen Ländern funktioniert es rein über Mandatsträger "für Meinkirchturmhausen" - ist auch Demokratie. Zustimmung, dass bei einer reinen Listenwahl die Einzelpersonen an Bedeutung verlieren und verlieren sollen - aber das wird wo so durchgeführt? Die EU-Verhältniswahl zum Parlament ist ja auch dadurch - ähnlich wie die österreichische Nationalratswahl - personalisiert, dass ein EU-Wahlkreis "Österreich" gebildet wird. Damit wählt der Österreicher wieder ein paar Österreicher und die Frage ist nur, ob der fünfte SPÖler halt auch reinkommt. Dass man den weniger oft sieht als den Gemeinderat liegt einfach daran, dass sein Wahlkreis viel größer ist.

In Deutschland sind die Hälfte der Abgeordneten mit Erststimme gewählt - und deren Köpfe werden im jeweiligen Wahlkreis plakatiert. Das österreichische System ist etwas Parteien-zentrierter, führt aber durch die ganzen kleinen Wahlbezirke "hintenrum" auch zu regional erkennbaren Köpfen.

Bei bundesweit kleinen Parteien sieht es etwas anders aus: Wer mit 10% halt praktisch keine Wahlkreise gewinnt, kommt nur über die Liste rein - oder hat Einzelfiguren wie Ströbele. Für die Grünen im Bundestag aktuell 1 Wahlkreiskandidat von 63 gewählten Abgeordneten.

Bei Regionalparteien gleicher Größe sieht es genau anders herum aus: von den 56 CSU-Bundestagsabgeordneten sind 45 über "ihren" Wahlkreis gewählt.

Weil die kleinen Parteien sehr Listen-betont sind, kommen auch bei der CDU 191 von 255 Abgeordneten aus "ihrem" Wahlkreis, bei der SPD immerhin noch 59 von 193

=> die größte, typischerweise regierungsbildende Partei hat überproportional viele direkt gewählte Abgeordnete.

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Nova
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Re: Brexit - Und seine Folgen?

Ungelesener Beitrag von Nova »

Andwari hat geschrieben: Bei bundesweit kleinen Parteien sieht es etwas anders aus: Wer mit 10% halt praktisch keine Wahlkreise gewinnt, kommt nur über die Liste rein
REIN kommen sie alle nur über die Liste. Wieviel Sitze sie bekommen, wird rein über die Liste bestimmt. Die Erststimme bestimmt nur, wie diese Sitze dann verteilt werden. Daher ist es kein Mischsystem: Weil die Erststimme null* Einfluss auf die Sitzverteilung hat. Letztendlich ist das deutsche System auch nicht viel anders als das österreichische - letztendlich benutzt du deine Erststimme nur, um einen Kandidaten innerhalb der Partei zu präferieren. Der Kandidat gewinnt nicht wirklich einen Sitz aus eigenem Recht; anstatt dessen nimmt er der der Liste einen Sitz weg.

*und seit den Kompensationsmandaten (danke, BVG) wirklich null
(ein Synonym für Verhältniswahl)
Nö. Es gibt scheinbar noch andere Methoden.

Andwari
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Re: Brexit - Und seine Folgen?

Ungelesener Beitrag von Andwari »

@Nova
Nein, "rein" kommt in den deutschen Bundestag jeder gewählte Wahlkreiskandidat, völlig unabhängig von 5-Prozent-Hürde und bevor man die Partei-Liste anschaut, erst dann wird irgendwas nach Parteigeklüngel verteilt. Das ist explizit als Verbesserung des Verhältniswahlrechts gedacht.

"Nimmt der Partei was weg" stellt die Zweitstimme vor die Erststimme - und ist in der Schlussfolgerung falsch - z.B. im Fall der beiden direkt gewählten PDS-Kandidatinnen von 2002 und besonders für die Wahl 1994 - da war die PDS nur wegen der 4 Direktmandate mit dann 30 Abgeordneten drin.

Die Erststimme bestimmt Personen die als Parlamentarier gewählt werden - und schwächt damit natürlich die Position der Parteien gegenüber einer reinen Verhältniswahl aufgrund von Partei-Listenplätzen. Das Ergebnis, wer als Person im Parlament hockt, wird damit nämlich nicht allein durch die Gesamt-Parteiliste (die beim Bundestag eine Landesliste ist, aber ... Detail) bestimmt.

Dass insgesamt das bundesweite Stimmenverhältnis (eingeschränkt, wg. 5%-Hürde) abgebildet wird, ist richtig - deshalb ja auch ... Verhältniswahl. Aber ein Wahlkreiskandidat kann völlig beabsichtigt auch ohne Parteibindung kandidieren und unabhängig von Zweitstimmenergebnissen gewählt werden.

Dein Letztes "Nö" verstehe ich schlicht nicht - was hältst Du für falsch oder geht's nur ums bayerntypische Liste-bemalen, siehe Verhältniswahl. Liste vs. Person und Mehrheit vs. Verhältnis sind praktisch nicht völlig frei kombinierbar.

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Nova
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Re: Brexit - Und seine Folgen?

Ungelesener Beitrag von Nova »

Aber die Stärke mit der eine Partei, oder auch ein Einzelkandidat, in den Bundestag kommen, hängt alleine von der Zweitstimme ab. Wenn Einzelkandidaten oder Überhangmandate dies verzerren, bekommen die anderen Kompensationsmandate, und damit ist die alte Stärkengeleichheit wieder hergestellt. Von daher, nein: Was man zuerst macht ist erstmal gucken wieviele Sitze eine Partei hat, und das ist rein Zweitstimme. DANN guckt man wie man diese Sitze auffüllt - erst durch Direktmandate, und der Rest über die Liste der Partei (bzw., deren Landeslisten). Aber die ursprüngliche Stärke der Parteien untereinander, das wird rein durch Zweitstimme bestimmt. Deswegen ist das deutsche Wahlsystem eine Variante/Modifikation des Verhältniswahlrechts und kein Mischsystem.

Und das war so gewollt (auch wenn es das BVG gebraucht hat, dieses Prinzip auch in der Wirklichkeit durch zu boxen). Das deutsche Wahlsystem ist eindeutig auf Parteien und Fraktionen ausgerichtet, nicht auf einzel-Parlamentarier. Die Erststimme dient nur zur Personalisierung der einzelnen Fraktionen.

(Fünfprozenthürde und die Regelungen darum herum, das ist dabei eh nochmal ein Sonderfall)

Beim "Nö" geht es daurm, dass man Verhältniswahlsysteme haben kann, die keine Listensysteme sind, also können die beiden keine Synonyme sein.

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BenjaminK
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Re: Brexit - Und seine Folgen?

Ungelesener Beitrag von BenjaminK »

Ein Einzelkandidat kann keine Zweitstimme bekommen, schon allein weil er nicht mal in einer Partei sein muss, die ja dann die Wahlmöglichkeit für die Zweitstimme abbildet.

Die Partei des parteilosen Kandidaten bekommt 0 Sitze über Verhältnis und davon wird dann 1 Direktmandat an den Kandidaten vergeben. Das funktioniert nicht.

Erst die Direktmandate vergeben und dann den Rest nach Verhältnis auffüllen funktioniert dagegen auch bei parteilosen Vertretern.
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Re: Brexit - Und seine Folgen?

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Ich bin mir nicht sicher wie das Kompensationsverfahren bei unabhängigen Kandidaten aussieht, muss ich zugeben. Aber an und für sich ist ein parteiloser Direktkandidat ja sozusagen ein Überhangmandat. Und für Überhangmandate gibts jetzt Ausgleichsitze bei den anderen Fraktionen. Wobei das eh wurst ist, weil wir z.Z. und schon seit Jahrzehnten keine Unabhängigen im Bundestag haben. So wies jetzt ausschaut bestimmt die Zweitstimme die (relative, aber darum gehts ja) Stärke der Fraktionen.

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