So, hier zwei weitere Arbeiten, die ich jetzt veröffentlichen kann, nachdem die Szenen in der jeweiligen Runde abgehandelt wurden. Die erste ist eine Beschreibung der Erweckung des Humusdrachen (Erben des Zorns) unter gewissen, für die Gruppe spezifische Umstände. Das zweite Werk sind die Verse für den wandernden Armbruster von morgoth, der damit sein Setzschild und seine Spruchbänder beschriften kann (der gute Mann kommt aus dem horasischen Silbertal, daher die regionalen Bezüge auf Heilige und Gebräuche).
Die Erweckung des Erben des Zorns – Geburtsstunde des Humusdrachen
Vor der Stadt
Erdige Schwere liegt in der schwül-feuchten Luft. Jeder Atemzug ist gesättigt vom Geschmack nach Moosen und Schlamm. In schmieriger Dichte legen sich Wolken von Blütenstaub und Sporen auf Haut und Kleidung, machen das Luftholen schwer und reizen die Kehle. Die drückende Hitze der Sümpfe zehrt an den Kräften, treibt den Schweiß aus den Poren. Schwärme von Stechmücken und Moskitos tanzen in schillernden Formationen über trüben Wasserlöchern, der schlammige, schwarzbraune Untergrund scheint vor wimmelnder Bewegung zu vibrieren, so als würden hunderte von Würmern im Erdreich wühlen. Der Blick in den Himmel offenbart, dass nicht nur die Erde von einer seltsamen Kraft durchdrungen wird. Der Zug der Wolken hat sich in einer kreiselnden Spirale irgendwo vor euch verdichtet und die aufsteigenden Schwaden aus Nebeldunst ziehen in diesen Strudel hinauf.
Eine knisternde Woge, in der Luft nicht mehr als ein Hitzeflimmern, aber auf der Haut derjenigen mit arkaner Begabung wie ein brennendes Kribbeln, fegt über euch hinweg. Die glänzenden Schwärme von Käfern und surrenden Mücken führen einen unbändigen Tanz auf, in dem keinerlei Muster zu liegen scheint, zucken jedoch wie pulsierende Herzen zusammen, als die Magie sie durchdringt. Über den grünen Blätterdächern der Mangrovenbäume kommen die Spitzen gräulicher Bauten in den Blick, echsische Pyramiden, die Dutzende Schritte in die Höhe ragen und den äußeren Rand der Siedlung des ewigen Volkes markieren. Noch einmal müssen die brennenden Muskeln bemüht werden, denn was auch immer geschieht, das Beben der astralen Kräfte ist sicherlich nicht der Auftakt, sondern viel mehr der Höhepunkt eines so machtvollen Zaubers, dass dieser sogar hier noch zu spüren ist...
In der Stadt
Zikkurate säumen den eingefassten Platz, dessen Mitte von einem gewaltigen Hexagramm gezeichnet ist. Fast hundert Schritt muss allein das Zeichen im Durchmesser groß sein, doch noch viel weitläufiger ist der Hof zwischen den pyramidenhaften Tempelbauten des echsischen Volkes, an dessen Rand ihr nun steht. Obwohl der Sumpf hinter euch zurückgeblieben ist, ist die Luft voller glitzernder Sporen und Pollen, die selbst im diffusen Halblicht des diesig zugezogenen Himmels noch einen fast goldenen Glanz bewahren. Direkt über euch dreht sich der Wirbel aus Wolken, ohne dass man hier unten irgendeinen Wind spüren würde.
Mehr als zwei Dutzend Gestalten sind in der Mitte des Platzes versammelt, durchwegs Achaz, gekleidet mit goldenem Kopfschmuck und funkelnden, juwelenbesetzten Zierden. Sie stehen verteilt, scheinbar in Unordnung, entlang der Linien des Hexagramms, Hände und Klauen in den Himmel gereckt oder zur Erde deutend. Andere Diener, ohne prächtigen Schmuck, aber eilfertig und flink, tragen Sorge, dass die aufragende Berge von bunten Früchten, lebendigem Grünfarn, schwarzbraunem Erdreich und trüb schimmernden Halbedelsteinen nicht in sich zusammenbrechen, wann immer der Boden erbebt.
In der Mitte erhellt grünliches Licht die Konturen einer Gestalt, deren Haut weder vom schmutzigen braungrün der Dienerechsen ist, noch von dem schillernden Smaragd der machtvollen Zauberpriester, sondern blutrot und nachtschwarz miteinander vereint. Glyphenhafte Symbole scheinen sich in dem Muster der Farben zu finden, während die knochigen Höcker, die aus dem kahlen Schädel brechen, der Gestalt etwas beinahe dämonisches verleihen. Für einen Moment ist es fast so als würde der flammend rote Blick dem der hellsichtigen Elfenaugen begegnen, dann aber verfliegt der Augenblick, als eine neue Woge von Macht entfesselt wird. Es gibt keine rituellen Gesänge, keine zeremoniellen Hymen, keinen Rhythmus den hastiger Trommelschlag vorgibt. Die einzigen Laute sind ein brummendes Surren und ein Klang, der, wie ein klagender Ton vibrierend, immer weiter anschwillt, bis er sich in der Höhe zu verlieren scheint. Fünffingrige Klauen beschreiben in perfekter Harmonie Gesten der Macht, Edelsteine glänzen in den fremdartigen Händen wie Sterne am Firmament, von einem inneren Leuchten erfüllt.
Im Zentrum des Rituals schreitet die schwarz-rote Gestalt raumgreifende Schritte, breitet die Arme in einer Geste aus, die majestätisch und ehrfurchtgebietend, hoheitliche Macht deklariert, während das grüne Leuchten zu sich zu einem pulsierenden Blitzen ausweitet. Der helle Laut kehrt zurück aus der Höhe des Unhörbaren. Erst beinahe schrill, aber unglaublich klar, dann immer dunkler werdend, mit jedem vergehenden Herzschlag an dröhnender Gewalt gewinnend. Er bebt in eurer Brust, wie ein hämmernder Druck, der euch den Atem raubt und euren Herzen einen neuen Rhythmus aufzwingen will, dehnt er sich mit jeder neuen hitzigen Woge von Magie aus. Kristalle verglühen, berührt von violett-schillerndem Elmsfeuer, in den Krallen die sie halten. Zauberpriester biegen sich im Ansturm astraler Gewalt, als die Mächte die sie beschwören, von oben herabsinken und sich aus der Tiefe erheben.
Der Blütenstaub, der jeden Atemzug zur reizvollen Qual machte, beginnt sich drehend zu verwirbeln, ohne das auch nur ein Lufthauch sich rühren würde. Goldene Schlieren umwehen das Hexagramm in einer perfekten Spirale, den Zug der Wolken imitierend, während die Schwaden von Sporen hinauf streben. Der Boden erbebt, als sich in der Mitte des Hexagramms das Erdreich aufwirft und eine Säule aus wimmelndem Humus in die Höhe wächst. Wie ein pulsierender Stern leuchtet darauf ein Kristall, so perfekt geschliffen, dass man beinahe glauben will, es sei ein makelloses Ei, größer als das eines jeden bekannten Drachens. Dies ist das Zentrum des grünlichen Lichts, des pulsierenden Blitzens, des surrenden und jetzt dröhnenden Lautes, der alle anderen Geräusche auslöscht.
Risse ziehen sich über die Oberfläche aus Edelstein, smaragdenes Gleißen bricht daraus hervor, während es den Nebel aus Pollen und Blütenstaub zu sich zieht, als würde es ihn verschlingen. Es sind Augenblicke, in denen aus feinen Bruchstellen klaffende Schnitte im makellosen Schein des Kristalls werden. Jedes Aufbrechen begleitet von einer Welle aus Macht, die zugleich wie der Zug einer Meereswoge, die zurück ins Meer flieht, alles was lebt zu sich hinzieht. Ihr spürt wie es an euch zu zerren beginnt, spürt wie es nicht nach Blut, sondern nach Leben verlangt, nach dem Geschenk, welches dem Element entsprungen ist, das Wachstum und Vielfalt verspricht wie kein anderes.
Im Herzen des elementaren Sturmes, gebietet der Mann, der nicht Mensch und nicht Echse ist, mit gespreizten Fingern, der Magie seinem Willen zu folgen. Man muss nicht von Madas Gabe berührt worden sein, um es zu erkennen, denn es spiegelt sich in den Wolken aus Blütenstaub, die sichtbar machen, was im astralen sonst unsichtbar geschehen würde. Kraftspeicher, die über Jahrhunderte bewahrt wurden, erfüllen ihren Zweck, als sie, Sternschnuppen gleich, aufgleißen und ausbrennen, sich der Magie einfügen, die es braucht, um das Sechstel einer schier göttlichen Macht zu erwecken.
Es sind nur Momente, nur Herzschläge, doch sie dehnen sich zu Ewigkeiten, denn anders vermag ein sterblicher Geist nicht zu begreifen, wessen er ansichtig wird. Das Ei zerspringt, ein Licht, golden und grün begleitet den Geburtsschrei einer Entität, die voller Zorn ihren Weg in die Welt kämpft. Wuchernd beginnt es zu wachsen, sich auszudehnen, den Platz zu erfüllen, der viel zu eng scheint für eine solche Präsenz. Ranken brechen hervor, Blattwerk und Dornen, Blüten und Wurzeln, graben sich in die aufgetürmten Berge von Opfergaben, während das Wesen Gestalt annimmt. Klauen bohren sich in den Boden, bersten den Stein durch ihr schieres Gewicht und die passive Kraft. Schwingen, groß wie die Segel eines stolzen Dreimasters zusammengenäht, werfen ihren Schatten über den das Hexagramm. Der gewaltige Leib, der noch im pulsierenden Wachstum begriffen ist, spottet bereits jetzt jedem Vergleich und ließe selbst ausgewachsene Drachen daneben wie puppenhafte Gestalten wirken.
Der entfesselte Humus, der Erbe des Zorns, der Sohn des Pyrdacor, die Kreatur aus dem Willen und der Macht des Wächters der Elemente geschaffen, schwenkt seinen riesigen Kopf, grünliches Leuchten in den Augenhöhlen, die von lebendigen Ranken eingefasst und von wachsendem Holz geschaffen sind.
Jeder eurer Sinne schreit gequält auf, unter der Last der Eindrücke. Kein Auge vermag den Leib des Drachenartigen zu beschreiben, der in steter Veränderung, wuchert und wächst. Kein Ohr vermag die Klänge zu trennen, die aus steinernem Bersten, lebhaften Summen, tosenden Rascheln und hungrigem Grollen hervordringen. Keine Nase vermag Duft und Gestank zu teilen, wo süßer Nektar, gärende Fäulnis, verwesendes Fleisch und brünstiger Moschus sich mischen. Keine Zunge vermag den Geschmack zu erkennen, der in erdiger Schwere, klebriger Süße, blutiger Wärme und fruchtiger Säure verborgen liegt.
Kein Maß kennt das wuchernde Leben, keinen Halt und keine Grenze. Die Kreatur wächst weiter, schon ihre Bewegungen lassen den Boden erbeben. Der peitschende Schwanz fegt mit der Gewalt eines stürzenden Urwaldriesen über den steinernen Platz, zerschmettert Ritualhelfer und Opfergaben. Ranken erfassen einen der Diener-Achaz, zerren seinen widerstrebenden Leib zum monströsen Drachen und überwuchern ihn. Die Linien des Hexagramms werden von berstenden Rissen durchzogen, als sich das kolossale Wesen aufbäumt und wieder zurück auf die steinernen Platten stampft. Surrende Schwärme ziehen über euch hinweg, dem hungrigen Ruf einer verschlingenden Entität des Lebens folgend. Kriechgetier krabbelt zwischen den geborstenen Steinplatten hervor, strebt dem massigen Leib entgegen, in dem ungezielten Bestreben Teil zu werden von der neu geborenen, uralten Kreatur. Sie wird verschlingen, die Stadt, die Sümpfe, vielleicht die Welt, wenn ihrem Zorn keine Fesseln angelegt werden.
Zwischen den säulenhaften Beinen des Erben des Zorns steht der Meister des Rituales, in seinen Händen Kristallscherben von smaragdenem Glanz. Über das Dröhnen des entfesselten Humus erklingt seine Stimme, doch nicht in euren Ohren, sondern in euren Gedanken. Sie spricht keine Sprache, die eure Kehle formen könnte, doch es sind Worte der Macht, Bilder voller Gewalt und Dominanz, ein Wille, alt wie Äonen, der sich ausdehnt und den gesamten Platz füllt. Der gewaltige Drache schwenkt sein Haupt, das Maul voller Fänge, die lang sind wie ein ganzer Mann. Grün und leuchtend starrt er auf die winzige Gestalt zu seinen Füßen, in deren Händen die gesplitterten Reste des kristallenen Eis gleißen.
Druck schwillt an, so als würde sich die Luft auf dem Platz verdichten, als der Wille eines uralten Wesens, mit dem grenzenlosen Wuchern des befreiten Humus ringt. Eure Augen schmerzen, eure Ohren dröhnen, eure Muskeln drohen zu verkrampfen unter dem Ansturm der kollidierenden Mächte. Als die Spannung beginnt knisternd die Gefüge der Realität zu brechen, bohrt sich ein scharfer, brennender Schmerz in euren Geist. Flammende Entschlossenheit schmilzt sich in euren Verstand, als die rot-schwarze Gestalt ihr Bewusstsein mit einem Aufschrei purer Willenskraft in die Masse aus brodelndem Leben bohrt. Der Drache brüllt und der Schlag seiner Schwingen entfesselt den Sturm, der euch von den Beinen weht, der Zauberpriester und Dienerechsen hinfort fegt. Der Druck zerbirst mit einem Schlag, heilende Humusmacht flutet ungezielt über den Platz, als der Erbe des Zorns das Haupt senkt, vor seinem neuen Herren.
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Schildverse:
Gediegen und standhaft,
im Herzen voll der Ehr',
weicht niemals dem Feinde,
die Silbertaler Wehr.
Mit der Götter Segen
auf steilsten Wegen,
dem Feind entgegen,
mit Schild und Degen.
Sankt Agreppo zu Ehren,
Sankt Palladio im Herz,
Urbasi's Ruhm zu mehren,
schreckt uns weder Leid noch Schmerz.
Der Silbertaler Wehr,
die stolz und stark und frei,
steh'n zur unserer Ehr,
die guten Götter bei.
Sankt Horas erschloss das weite Land,
Sankt Palladio hielt dem Feinde stand,
Sankt Agreppo brachte Handwerkskunst,
Silbertals Heilige schenkt eure Gunst.
Wachsam in den dunklen Stunden,
furchtlos vor dem Feindesbann,
herzlich in des Freundes Runden,
ist der Silberwachter Mann.
Sankt Palladio gibt den Mut,
Sankt Agreppo führt uns die Hand,
Sankt Horas schenkte uns sein Blut,
treu ist die Seel' aus Sikrams Land.
Standhaft im Streite,
die Götter zur Seite,
in Stolz und in Ehr',
ist Silbertalers Wehr.
Bandverse:
Wer schmieden will, muss hämmern lernen.
Meisters Werke sind nie aus einem Guss.
Was es wert ist geschaffen zu werden, fertigen Hände.
Handwerk ist das Tor vom Traum zur Wirklichkeit.
Eine Silberzunge braucht, wessen Taten nicht sprechen.
Bist du stur wie ein Esel, sei ebenso fleißig.
Der Silbertaler ist in allen Reichen, seine Tugend folgt.