Aventurische Sexualmoral, Herleitung aus Religion, Sozialisierung und irdischem Klischee (+ allgemeiner Diskurs)

Allgemeines zu Aventurien, Myranor, Uthuria, Tharun, Den Dunklen Zeiten & Co.
Vasall
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Aventurische Sexualmoral, Herleitung aus Religion, Sozialisierung und irdischem Klischee (+ allgemeiner Diskurs)

Ungelesener Beitrag von Vasall »

Sumaro hat geschrieben: 21.07.2018 01:08Meine Aventurien-Alternative ist spielbereit, aber eben nur für mich und sie ist eindeutig nicht nach einem holistischen Konzept aufgebaut, sondern Patchwork. Aber ich weiß, dass es besser ginge, viel besser sogar.
Naja sicher, ich denke Dein Vorschlag ist klar und berechtigt:
Du vermutest, dass DSA besser wäre wenn man es simulatonistischer gestalten würde und nennst später sogar Schlüsselelemente für eine simulationistisches Konzept.

Ist doch super. Ich finde die Arbeit an einem Grundgerüst für so ein Aventurien im Projekte&Entwürfe-Forum tatsächlich spannend und kann Deine Ablehnung jetzt nicht verstehen. Zumindest ein paar Grundzüge und Entwicklungsziele müssten sich doch im Forum herausarbeiten lassen. Und man hätte einen Sammelpool auf den man verweisen könnte wenn in anderen Themen die Duskusson mal wieder auf die Aventuriensimulationskritik kommt.

Das momentane Konzept einer klassischen Fantasiewelt mit primär auf Plotgeschichte basierten Verknüpfungen der Regionen hat ja eben auch Vorteile. Und ich vermute stark, dass diese Vorteile, allen voran unerreichte Ausgestaltungsfreiheit für die Spielgruppen und Kampagnen bei leichter Gestaltung, der Simulation haushoch überlegen sind.

Es sind eben zwei Konzepte und in das letztgenannte Konzept muss sich die Fragestellung des Themas hier einfügen, da die Simulation noch nicht funktioniert. Wir kommen ja nicht vorwärts, wenn es ständig nur darum geht, das Avnturien anders angelegt werden muss.

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bluedragon7
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Ungelesener Beitrag von bluedragon7 »

Jadoran hat geschrieben: 22.07.2018 07:12@bluedragon7: Bezüglich der Retconns gebe ich Dir nur teilweise recht. Bezüglich auf die Geographie und Demographie gab es schon so viele fundierte Vorschläge, wie man an entsprechenden Stellen mehr Platz schaffen könnte, ohne Aventurien "abzuschaffen". Stattdessen hat man z.B. einfach Maraskan doppelt so groß gezeichnet.
Die meisten dieser Vorschläge kranken daran, daß sie nicht komplett durchdacht sind. Einfach Maraskan vergrößern schafft erstmal neue Probleme, deren Lösung schafft wiederum neue usw.
Was ich vor ein paar Seiten schrieb daß ich da einen umfassenden Ansatz gerne sehen würde war durchaus ernst gemeint, aber ich bin mir sehr bewusst daß es ein Mammutprogramm wäre es alles richtig zu machen und mehr Spieler damit zufrieden zu stellen als zu vergraulen.
Einer der Punkte, die die Attraktivität von DSA für viele ausmacht ist daß man sich irgendwie zuhause fühlt wenn man schon ne Weile spielt, da sind Veränderungen nie sehr gut gelitten.
Wer ständig die schiefen Wände am Vorhang sieht, dem verschaffen diese ein wohliges „Zuhause“-Gefühl, gerade Wände sorgen für Fremde. :censored:
Aber wenn man es schon macht halte ich Sumaros holistischen Ansatz für besser als das rumdoktern an Symptomen.

Aus Publisher Sicht macht es insbesondere wenig Sinn solche Arbeit in Angriff zu nehmen solange man mit dem Editionswechsel beschäftigt ist.
Genaugenommen gibt es nie den perfekten Zeitpunkt, aber ein Editionswechsel ist Arbeitstechnisch am ungünstigsten.
Sumaro hat geschrieben: 22.07.2018 08:34
Und klar kann ein Bordell etwas bieten, wenn du da lauter gut qualifizierte Edelnutten und Gesellschafter sitzen hast. Die durchschnittliche Nutte wird auch nicht besser sein als der durchschnittliche Streuner,
jemand der etwas hauptberuflich macht wird im allgemeinen darin besser sein als der Hobbyist (Ausnahmen bestätigen wie immer die Regel)
Von daher kann man sowohl in der Tiefe als auch in der Breite von professionellen Prostituierten den besseren Service erwarten
immerhin ist Prostitution kein Geschäft, in das man sich begibt, weil es so eine tolle Sache ist,
Das ist jetzt zu irdisch gedacht. Prostitution ist ein normaler Beruf in Aventurien
sondern weil es die einfachste und schnellste Möglichkeit ist ein Gut anzubieten, welches generell eine Nachfrage hat. Diese Nachfrage allerdings halte ich für sinkend ... Das reine Konsumbedürfnis, wie du es unterstellst, dürfte dem Aventurier wenig bekannt sein, weil er nicht in dieser Form von Sozialisierung aufgewachsen ist. Immerhin ist Sex auch noch etwas göttliches und sakrales.
Der Aventurier ist in einer anderen Sozialisierung aufgewachsen, aber eben in einer, in der Sex nicht stigmatisiert ist und genau deswegen ist nix verwerfliches daran Sex käuflich zu erwerben. Und genau wegen dem sakralen Gedanken geht man nicht statt dessen in den Tempel, wenn man nur seine Lust befriedigen will sondern sucht ein Bordell auf. Klar, der Profi-Abschlepper on a Budget versucht sein Glück in der Kneipe, aber wer es sich leisten kann/will oder den ganzen Anbändelkrams nach einem langen Arbeitstag nicht mehr betreiben will, der geht völlig schamlos (und egoistisch) zum nächsten Bordell.
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Sumaro
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Ungelesener Beitrag von Sumaro »

Vasall hat geschrieben: 23.07.2018 00:26 Das momentane Konzept einer klassischen Fantasiewelt mit primär auf Plotgeschichte basierten Verknüpfungen der Regionen hat ja eben auch Vorteile. Und ich vermute stark, dass diese Vorteile, allen voran unerreichte Ausgestaltungsfreiheit für die Spielgruppen und Kampagnen bei leichter Gestaltung, der Simulation haushoch überlegen sind.
Die unerreichere Ausgestaltungsfreiheit von was? Was ist der Vorteil? Du kannst in jeder Spielwelt alle zugrundeliegenden Prämissen ignorieren und einfach Geschichten nebeneinander klatschen. Das ist doch kein Vorteil eines Settings, dass sich keine Mühe gibt und keine innerweltliche Logik hat. xD Denn das Problem ist ja nicht, dass man nicht darauf verzichten könnte, diese Logik anzuwenden, man könnte das ja ganz bewusst tun, sondern das es keine gibt. Es ist also in etwa so wie zu sagen "Ist doch schön, dass dieses Auto keine Bremsen hat, muss man sich keine Gedanken machen ob man bremsen möchte oder nicht! Stell dir vor es hätte Bremsen, dann müsstest du ja jedes Mal überlegen, ob du jetzt bremsen willst oder weiterfährst. Gut, dass es keine Bremsen hat, so habe ich viel mehr Freiheiten einfach rollen zu lassen".
bluedragon7 hat geschrieben: 23.07.2018 00:57Das ist jetzt zu irdisch gedacht. Prostitution ist ein normaler Beruf in Aventurien
Nope. Ist es auch aventurisch nicht. ;) Edelprostitution ist anerkannter als irdisch, aber dem ganzen Kram wie Zwangsprostitution, Sexsklaverei und Armutsprostitution, welches wohl eigentlich den Großteil an Prostitutierten ausmacht, hat man bewusst ignoriert, aber nicht aus Aventurien rausgeschrieben.
bluedragon7 hat geschrieben: 23.07.2018 00:57Der Aventurier ist in einer anderen Sozialisierung aufgewachsen, aber eben in einer, in der Sex nicht stigmatisiert ist und genau deswegen ist nix verwerfliches daran Sex käuflich zu erwerben. Und genau wegen dem sakralen Gedanken geht man nicht statt dessen in den Tempel, wenn man nur seine Lust befriedigen will sondern sucht ein Bordell auf.
Also, der Aventurier, den du beschreibst, ist zum einen aufgeklärt genug, um sakralen Sex (zu Ehren Rahjas) von säkularem Sex (einfach so ficken) voneinander zu unterscheiden und auch in seiner Sozialisierung mit unterschiedlichen Werten zu belegen, aber er ist nicht so aufgeklärt, dass er dafür seine Nachbarin fragt anstatt eine Nutte, die irgendwo, weil sie nichts anderes kann, ihren Körper in einem Hinterhof anbietet? Und da geht er völlig ohne schlechtes Gewissen hin? Also weil rahjanischer Sex nicht stigmatisiert ist, hat er nichts dagegen Leute einfach nur wegen ihres Körpers oder seiner Vorlieben zu benutzen, egal ob die dabei auch Spaß haben oder nicht? Denn wo Sex ja eigentlich nicht stigmatisiert sein dürfte, müsste käuflicher Sex, als nicht rahjagefällig, durchaus in der Kritik stehen.

Und ja, ich verstehe schon wieso man sich den Anbändel-Kram sparen will, aber bei der Verhütung sprachst du noch davon es sei doch teuer und die Edelnutte im Bordell soll dann aber günstig genug sein, dass man das schamlos macht (obwohl es nicht rahjanisch ist)? Mir passen da zu viele Dinge nicht zusammen, vor allem weil man das Sex-Stigma zu einseitig betrachtet und auch nur einseitig aufhebt, in deiner Argumentation. Sex ist gut, daher kauft man Sex, weil gekaufter Sex auch gut ist. Aber das stimmt ja nicht. Gekaufter Sex ist, in dem sozialisierten Gedanken der rahjanischen Religion, gar nicht der Herrin und Göttin gefällig.
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Ungelesener Beitrag von Nicolo Bosvani »

Sumaro hat geschrieben: 22.07.2018 09:46
Na'rat hat geschrieben: 22.07.2018 09:36 In Aventurien zahlen die Leute richtig viel Geld für Sex mit Orks, Zwerge, Echsen und Fischmenschen. :rolleyes:
Klar, aber dafür braucht man keine Bordelle. ;)
Nein. Dafür reicht ein Zoo. :censored:

Vasall
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Ungelesener Beitrag von Vasall »

Sumaro hat geschrieben: 23.07.2018 07:59Das ist doch kein Vorteil eines Settings, dass sich keine Mühe gibt und keine innerweltliche Logik hat.
Zunächst hat natürlich auch eine primär plotbasierte Fantasiewelt logische Anknüpfungspunkte zwischen den einzelnen Regionen; nur sind diese eben nicht bis hin zu den umfangreichen Wechselwirkungen einer Weltensimulation ausdifferenziert.

Und dann muss man für eine stringent logische Simulation natürlich Vorgaben treffen, die weit über das für das Charakterspiel nötige Maẞ hinaus gehen. Mann muss etwa den magischen Durchdringungsgrad festlegen, klare Angaben zur militärischen und ökonomischen Stärke treffen, muss die Wissens- und Sachkultur auf einen vergleichbaren technischen Stand bringen, muss Herrschafts- und Staatsideen in der Meinung und Überzeugungen der Bewohner verankern etc. PP.

Das sind alles zentrale Aspekte der Spielwelt die plötzlich viel fester gezurrt werden und die ich nicht so einfach ignorieren kann.
Plötzlich hab ich kein Auto mehr mit dem ich mal links mal rechts abbiegen kann, sonder ne Eisenbahn die stur ihren Schienen folgt, um in Deinem Beispiel zu bleiben. Sicher, die Bahn fährt wesentlich unfallfreier als mein Auto, aber alle Fahren in die selbe Richtung und sind an den Fahrplan gebunden. ;)

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Sumaro
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Ungelesener Beitrag von Sumaro »

Vasall hat geschrieben: 23.07.2018 08:22 Und dann muss man für eine stringent logische Simulation natürlich Vorgaben treffen, die weit über das für das Charakterspiel nötige Maẞ hinaus gehen. Mann muss etwa den magischen Durchdringungsgrad festlegen, klare Angaben zur militärischen und ökonomischen Stärke treffen, muss die Wissens- und Sachkultur auf einen vergleichbaren technischen Stand bringen, muss Herrschafts- und Staatsideen in der Meinung und Überzeugungen der Bewohner verankern etc. PP.
Nein, man leitet das aus dem Setting ab, das man bespielen will. Viele Dinge fallen letztlich auch dann stringent zusammen, wenn man einmal einen soliden Unterbau hat. Wenn man z.B. eine brauchbare Geografie hat, dann beginnen dort sich schon Punkte zu entwickeln, die später daraus abgeleitet werden.
Vasall hat geschrieben: 23.07.2018 08:22Das sind alles zentrale Aspekte der Spielwelt die plötzlich viel fester gezurrt werden und die ich nicht so einfach ignorieren kann.
Oh doch, das kannst du jederzeit. Es ist ein absoluter Mythos, dass so eine Welt nicht genau die gleichen Freiheiten bieten könnte wie DSA. Sie bietet sogar viel mehr Freiheiten. DSA braucht ständige, redaktionelle Betreuung, um überhaupt so etwas wie einen Metaplot zu ermöglichen, Geschichten schreiben sich nicht selbst fortlaufend, sondern sie müssen überwacht, eingebracht, abgeschlossen und bearbeitet werden. Und sobald das nicht mehr passiert, fällt man in ein Loch, weil offiziell das nicht mehr geliefert wird und die Welt aus sich heraus keine stimmige Dynamik entwickelt.

All die Festlegungen, die du als "Festzurren" deklarierst, macht DSA doch selbst auch. Es gibt ganz klare offizielle Vorgaben, wie viele Soldaten ein Ort hat, wie viele Zauberer es dort gibt, es wird sogar absolut überbeschrieben, was Aventurien beinhaltet, weil man viele Detailfragen klären muss, weil die Spielwelt diese nicht logisch hergibt.

Die Freiheit, die du deklarierst, hast du bei DSA noch viel weniger, denn dort gibt es festgefügte Abläufe ohne Alternativen. Borbarad kommt, das Jahr des Feuers kommt, der Sternenfall kommt (und du kannst nicht mal die Dinge ableiten, die daraus passieren, weil es an sinnvollen Vernetzungen fehlt, sondern man muss warten wie es genau weitergeht, bis auch der letzte Band dazu erschienen ist).

Natürlich kann ich all das ignorieren, aber das kann ich bei einer plausiblen Spielwelt auch. Es fällt mir sogar deutlich leichter Plots zu ignorieren, weil ich selbst viel besser abschätzen und ableiten kann, was passiert an Ort X wenn ich an Ort Y das und das tue. Also nein, sehe ich nicht als Argument. Freiheiten kann man sich in jeder Spielwelt selbst schaffen.
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Mindergeist
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Ungelesener Beitrag von Mindergeist »

Vasall hat geschrieben: 23.07.2018 08:22Das sind alles zentrale Aspekte der Spielwelt die plötzlich viel fester gezurrt werden und die ich nicht so einfach ignorieren kann.
In Aventurien sind zentrale Aspekte doch schon fest gezurrt und werden jedes einzelne Mal ignoriert wenn der Plot es verlangt. Die magische Ausstattung der Spielwelt ist gewaltig, sie wird allerdings konsequent ignoriert, da ansonsten 3/4 der Abenteuer keinen Sinn mehr machen. Nur mal als Beispiel.

DSA ist ganz bekannt für seine grotesk unfähigen NSC die ihre Möglichkeiten niemals nutzen.

Vasall
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Ungelesener Beitrag von Vasall »

Nein, das ist in DSA bei weitem nicht so festgezurrt wie eine Simulation es benötigen würde.

Das ist ja das was Sumaro fordert. Deswegen funktioniert Simulation ja in Aventurien eben nicht und das schreibst Du, Sumaro ja die ganze Zeit ausführlich. Es ist auch meine Auffassung und ich dacht bis dahin sind wir einer Meinung.

Und es wird bewusst nicht festgezurrt, bei jeder konkreten Angabe jeder quantitativen Prämisse die in der Weltbeschreibung gegeben wird, wird von den Autoren bewusst relativiert. Da wir etwa eine Truppenstärke genannt und dann aufwändig geschrieben, dass davon ja nur ein Tiel einsatzbereit ist und die Moral zu wünschen übrig lässt und die Loyalität in jüngster Zeit ja mehr bei Graf hinterwald liegt, und so weiter.
Die Mühe macht man sich ja nicht wenn man etwas klar festzurren möchte, sondern wenn man es die Spielgruppen und ihren Geschichten nicht vorschreiben möchte.

Dahinter steht eben ein Konzept der plotbasierten Fantasiewelt, die Vorschläge, Kulissen und Anregungen zum Hintergrund liefert. Ganz bewusst ohne diesen in einen systematischen Simulationszusammenhang zu zwängen.

Du musst dich entscheiden ob Du Bahnfahren oder Autofahren möchtest.
Bzw. musst Du momentan Auto fahren, weil noch keiner geschafft hat die Bahn fertigzustellen.
Sumaro hat geschrieben: 23.07.2018 08:44 Natürlich kann ich all das ignorieren, aber das kann ich bei einer plausiblen Spielwelt auch. Es fällt mir sogar deutlich leichter Plots zu ignorieren, weil ich selbst viel besser abschätzen und ableiten kann, was passiert an Ort X wenn ich an Ort Y das und das tue. Also nein, sehe ich nicht als Argument. Freiheiten kann man sich in jeder Spielwelt selbst schaffen.
Deine Aussage hier Sumaro, basiert ja nicht auf Wissen, da es noch kein System geschafft hat, sondern es ist die Hoffnung die Du in so ein Konzept der simulationistischen Spielwelt steckst. Aber so weit sind wir ja schon gewesen in der Diskussion.

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Sumaro
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Ungelesener Beitrag von Sumaro »

Vasall hat geschrieben: 23.07.2018 10:01 Das ist ja das was Sumaro fordert. Deswegen funktioniert Simulation ja in Aventurien eben nicht und das schreibst Du, Sumaro ja die ganze Zeit ausführlich. Es ist auch meine Auffassung und ich dacht bis dahin sind wir einer Meinung.
Zeig mal auf, wo habe ich überhaupt von Simulation gesprochen? An keiner einzigen Stelle. Ich will keine Simulation einer Spielwelt, die ständig betreut werden muss, ich will ein solides Fundament in dem sich Geschichten von selbst schreiben, wie sie es irdisch auch tun.
Vasall hat geschrieben: 23.07.2018 10:01 Deine Aussage hier Sumaro, basiert ja nicht auf Wissen, da es noch kein System geschafft hat, sondern es ist die Hoffnung die Du in so ein Konzept der simulationistischen Spielwelt steckst. Aber so weit sind wir ja schon gewesen in der Diskussion.
Oh klar basiert sie auf Wissen. Sag mir, triffst du bessere Entscheidungen, wenn du die Parameter und Konsequenzen einer Entscheidung kennst und abschätzen kannst oder wenn du sie raten musst und keine Ahnung hast, was passiert, wenn du fertig bist? Welche Arbeitsweise ist nachhaltiger und besser strukturiert? Diejenige, bei der du einfach mal loslegst und jede Wand in deinem Haus ohne zu messen und ohne sie mit anderen Wänden in den Kontext zu setzen, hochziehst oder ein, bei der du auf Basis eines Plans und verständlicher Regeln und auch nachvollziehbarer Strukturen deine Räume gestaltest und Wände einziehst?
Vasall hat geschrieben: 23.07.2018 10:01 Da wir etwa eine Truppenstärke genannt und dann aufwändig geschrieben, dass davon ja nur ein Tiel einsatzbereit ist und die Moral zu wünschen übrig lässt und die Loyalität in jüngster Zeit ja mehr bei Graf hinterwald liegt, und so weiter.
Siehst du wie viel Aufwand das ist? Was Autoren berücksichtigen müssen, um irgendwie ein Bild darzustellen? Weil es sich nicht ergibt und nicht im Hintergrund besteht. Ich erfinde eine Zahl, 500 Soldaten, ich weiß nicht woher die kommen und wohin die gehen, ich weiß nicht, ob die überhaupt aus der Gegend stammen können, noch habe ich einen Plan ob ein stehendes Heer von 500 Soldaten irgendwie Sinn macht in dieser Gegend. Also muss ich alles mögliche hineinschreiben. Ich mache eine Setzung losgelöst von irgendeinem Fakt oder auch nur irgendeiner Nachvollziehbarkeit und muss enorm viel Arbeit hineinstecken, um diese Setzung dann wieder zu relativieren (womit ich sie mir gleich hätte sparen können).

Der ganze Kram ist unsinnig, wenn ich Setzungen mache, nur um sie dann wieder zu relativieren oder zu ignorieren. Da arbeitet niemand miteinander, sondern gegeneinander und maximal aneinander vorbei.

Ein Argument lasse ich gelten, und das ist vermutlich auch das, worauf du hinauswillst, zumindest glaube ich es: In Aventurien kannst du alles machen, weil es gleichgültig ist, was an Punkt A passiert wenn ich Setting C bespiele, auch wenn die direkt nebeneinander liegen. Aventurien ist derart beliebig und willkürlich, dass es keinen Unterschied mehr macht, wenn man sich erst mal damit abgefunden hat, dass es keine innere Logik gibt, dass man quasi alles machen kann was man will und nicht mal das Gefühl hat, man kratzt an der Konsistenz der Welt, weil die Welt gar keine Konsistenz hat. Wenn man an diesem Punkt ist, also Aventurien und DSA als eine Welt der vollkommen willkürlichen Beliebigkeit deklariert - und ich gebe jedem Recht, denn Aventurien ist in vielen Punkten genau das - dann hat das einen Vorteil gegenüber einem sauberen, soliden Weltenfundament. Denn ich kann im Horasreich eine Raketenbasis bauen und in Thorwal Steinzeit bespielen und es ist vollkommen gleichgültig, weil es nur ein Brainstorming meiner wildesten Ideen ist.

Ganz so extrem ist es nicht und zwar aus dem Grund, dass man eine 30jährige, lebendige Geschichte mitnehmen möchte. Denn das ist eines der großen Argumente von DSA. Nur ist das natürlich auch Augenwischerei. Dennoch, der Anspruch ist da. Man will nämlich eigentlich gar keine inkonsistente und total hanebüchene Welt kreieren. Wie bei jeder guten Geschichte will man die Immersion des Spielers und die steigt, wenn der Spieler sich identifizieren kann und wenn er nachvollziehen kann.

Daher ist aber der Ansatz des Flickwerks immer dem Ansatz der Ganzheitlichkeit unterlegen. Denn das Flickwerk bringt den Spieler immer wieder an die Grenzen seiner Vorstellung und entweder der SL oder der Autor muss versuchen dies aufzufangen. Wie viele Stunden da wohl über die 30 Jahre Rollenspiel zusammengekommen sind? Unzählige. Und all diese Arbeit kann man vermeiden, mit einem einzigen, sauberen und funktionalem Fundament. Richtig, ich kann auch dort noch ignorieren was gesetzt ist, bewege mich dann ganz bewusst aus dem Rahmen heraus. Kann in Thorwal eine Raketenbasis bauen und im Horasreich Steinzeitmenschen ansiedeln und breche sicherlich mit den Prämissen. Aber die Freiheit habe ich auch dort. Aber ich habe noch viel mehr Vorteile, denn ich kann endlich loslassen und die Immersion auch der spielerischen Gestaltung überlassen. Ich muss nichts herbeifantasieren, weil die Spielwelt mich unterstützt, anstatt mich zu belasten und auf die Fragen meiner Spieler, warum etwas so und so ist, können sie es sich selbst herleiten und ich muss nicht anfangen Lücken zu stopfen und Löcher zu flicken. Weil jemand solide Vorarbeit geleistet hat.
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Jadoran
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Ungelesener Beitrag von Jadoran »

Ich sage es ausgesprochen ungerne, aber: Ich stimme Sumaro voll und ganz zu. Das Argument der fehlenden Machbarkeit oder des angeblichen Nichtvorhandenseins bei anderen System lasse ich nicht zählen. Cityworks von Legend&Lairs etwa zeigt hervorragend, wie man fantastische Städte ganz systemunabhängig entwirft, egal ob sie dann für eine Simulation oder ein Bühnenbild genutzt werden. Methodisches Vorgehen spart sogar Arbeit.

Ich sehe keinen Vorteil, wenn ein System einfach nur sagt: Alles kann, Nichts muss. Dann haben die Spieler auch keine Ansatzpunkte für erfolgversprechendes Handeln ihrer Helden.
Wenn etwa bei Königsmacher der von Kuslik aus in Richtung Vinsalt anrückende Feind gestoppt werden soll, dann schaut ein vernünftiger Mensch auf die Karte und erkennt: "Petarkis ist der Schlüssel. Wer da sitzt, kontrolliert den Weg sowohl nach Arivor wie nach Vinsalt. Das müssen wir unbedingt halten." Und dann teleportiert das Abenteuer wegen "Ist cool" da einfach drüber weg.
Mudrawan in Aranien müsste mit seinem einzigen Flussübergang über den Chaluk eigentlich ein ganz wichtiges Regionalzentrum sein, ist aber in der Regionalspielhilfe nicht einmal ein vollwertiges Drecknest.
Der fruchtbare "Bauch" Araniens liegt vor Hasrabal weit offen, aber offenbar kommt niemand - wie es irdisch der Fall wäre - auf die Idee, die wichtigsten Punkte zu befestigen.

Das Problem ist nicht, dass nicht alles logisch ist, sondern das vieles einfach beliebig gesetzt wird und dann je nach Autor-Laune angewendet oder ignoriert wird, so dass die Spieler beim besten Willen nicht wissen können. worauf sie sich stützen können.

Wenn jetzt WdV einfach setzt: "Prostitution ist im MR/HR überhaupt nichts Anrüchiges", warum gibt es dann Zuhälter? Warum wäre ist es dann ein "Verbrechen", wenn ein Aventurier von einem anderen Sex als Bezahlung für etwas fordert? Warum sind die Aventurier dann trotzdem eifersüchtig? Beliebigkeit in den Setzungen bedeutet keine Freiheit für die Spieler/Spielleiter, eher Unsicherheit.
Zuletzt geändert von Jadoran am 24.07.2018 09:49, insgesamt 1-mal geändert.
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Mindergeist
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Ungelesener Beitrag von Mindergeist »

Jadoran hat geschrieben: 23.07.2018 11:07Wenn jetzt WdV einfach setzt:
genau das ist mein Hauptproblem mit WdV! Es setzt einfach wild vor sich hin. Anstatt mal zu versuchen, Aventurien an den nötigsten Stellen zu plausibilisieren, setzt man lieber noch eine Schippe Beliebigkeit oben drauf. Die neuen Setzungen von WdV passen hinten und vorne nicht zu vorherigen Setzungen und machen in sich noch nichtmal Sinn. Aber man erklärt kurzerhand den Bug zum Feature und feiert das "freie Setting" in dem jeder machen kann was er will.

Wie Sumaro schon ausgiebig dargestellt hat, führt das allerdings leider nicht zu mehr Spielspass, es hört sich nur cool an wenn man es plakativ in den Raum wirft.

Vasall
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Ungelesener Beitrag von Vasall »

Ja, für ein System in dem gilt "Alles kann, nichts muss" stimme ich euch uneingeschränkt zu.
Für eine plotbasierte Fantasiewelt, wie sie in der grünen Reihe dargelegt ist, allerdings nicht.

Nur werde ich jetzt nicht anfangen alles von vorne zu erklären.
Ich mag klassische Fantasie wie Prinz Eisenherz und Parzival, und ich mag, dass Aventurien mir die Utopien die darin geschaffen werden ebenfalls bietet. Das muss wohl als Quintessenz genügen.
Ich werde mal nach CityWorks Ausschau halten, vielleicht macht es das ja wirklich besser, danke für den Tipp, Jadoran!

WDV kenne ich nicht und ist irrelevant für mich, da ich dem nicht zutraue meine Fantasiewelt sinnvoll zu bereichern.

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Sumaro
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Ungelesener Beitrag von Sumaro »

Vasall hat geschrieben: 23.07.2018 12:28 Für eine plotbasierte Fantasiewelt, wie sie in der grünen Reihe dargelegt ist, allerdings nicht.
Wieso kann es in einer Fantasiewelt mit sinnvoller Geographie und erfolgreichem Worldbuilding keine plotbasierten Ereignisse mehr geben? Ich verstehe ehrlich gesagt nicht, was du meinst. Niemand zwingt dir ja die Regeln auf, du hast nur die Möglichkeit diesen Regeln zu folgen und wenn man das tut, erhöhen sie die Immersion massiv. Wenn du z.B. für dich in einem Abenteuer setzt Königreich Nostria lebt ein herrliches Utopia und hat seine Armee abgeschafft, würde ich dich fragen, ob nun Andergast den Krieg gewinnt. Dann müsstest du mir erklären, wieso das Utopia bestand hat. Also den ganzen Begründungskram hast du doch überall. Oder nimmst du als SL und Spieler einfach an, dass die Welt sich je nach aktueller Laune und "plotbedingter Notwendigkeit" eben einfach biegt und heute so und morgen so ist? Dann verstehe ich nicht, was an Aventurien dahingehend besonders ist.
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Sahib
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Ungelesener Beitrag von Sahib »

Sumaro hat geschrieben: 23.07.2018 14:02
Vasall hat geschrieben: 23.07.2018 12:28 Für eine plotbasierte Fantasiewelt, wie sie in der grünen Reihe dargelegt ist, allerdings nicht.
Wieso kann es in einer Fantasiewelt mit sinnvoller Geographie und erfolgreichem Worldbuilding keine plotbasierten Ereignisse mehr geben? Ich verstehe ehrlich gesagt nicht, was du meinst. Niemand zwingt dir ja die Regeln auf, du hast nur die Möglichkeit diesen Regeln zu folgen und wenn man das tut, erhöhen sie die Immersion massiv. Wenn du z.B. für dich in einem Abenteuer setzt Königreich Nostria lebt ein herrliches Utopia und hat seine Armee abgeschafft, würde ich dich fragen, ob nun Andergast den Krieg gewinnt. Dann müsstest du mir erklären, wieso das Utopia bestand hat. Also den ganzen Begründungskram hast du doch überall. Oder nimmst du als SL und Spieler einfach an, dass die Welt sich je nach aktueller Laune und "plotbedingter Notwendigkeit" eben einfach biegt und heute so und morgen so ist? Dann verstehe ich nicht, was an Aventurien dahingehend besonders ist.
Noch besser die Frage wo der Heerzug aus dem Gebirge gegen das Horasreich bleibt seit es ein vom Drachen beherrschtes Gebiet ist. Oder zumindest eine Einstellung der Handelsbeziehung oder zumindest irgendwas. Also dies bricht markant mit der Lore der Zwerge.

Die Redaktion baut halt lieber irgendwelche Fanasieplots aus dem nichts und lässt jene die zwangsläufig entstehen würden nicht mal außen vor wenn ein NPC wie der Drachenkönig gut besetzt ist und die Zwerge auch darfs da keinen Konflikt geben und wenn dann wird er eh friedlich und
unglaubwürdig gelöst. Da würden die Zwerge auch mal den Hass auf Drachen vergessen so es dem von den Autoren geliebten (weil selbst ausgedachten) Plot passt.

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Sumaro hat geschrieben: 23.07.2018 14:02Wieso kann es in einer Fantasiewelt mit sinnvoller Geographie und erfolgreichem Worldbuilding keine plotbasierten Ereignisse mehr geben? Ich verstehe ehrlich gesagt nicht, was du meinst.
Das hab ich ja auch nicht behauptet. Schätze wir tippen bloß weiter aneinander vorbei :grübeln:

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Vasall hat geschrieben: 23.07.2018 23:31Das hab ich ja auch nicht behauptet.
du hast doch vehement darauf bestanden dass die Vermurkstheit von Aventurien so ein großer Vorteil ist?

Andwari
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Simulation - @bluedragon7
H&K ist nicht deshalb für eine DSA-Wirtschafts-SIM grottenschlecht, weil es zu viel Kohl beschreibt, sondern weil es die falschen Prämissen auf falsche Grundlagen aufpfropft und beide nicht explizit erwähnt. Das hätte man besser machen können - was allerdings auch eine Änderung der bestehenden, extrem wenigen vorhandenen DSA-Zahlenwerte zur Wirtschaft verlangt hätte.

Beispiel:
Schaut man sich die Einzelhandelspreise (Meisterschirm) und die Erzeugerpreise (H&K) an, findet man da leicht einen Faktor 10 - der immer wieder auftaucht, nicht explizit als Designparameter erwähnt wird, aber offensichtlich in die Überlegungen eingeflossen ist. Der ist natürlich irdisch inspiriert, für aventurische Verhältnisse diskussionswürdig, aber vmtl. nicht gut mit einer überwiegend agrarisch auf Subsistenz basierenden und durch ländliche Adelige geführte Welt Mittelaventuriens in Einklang zu bringen. Denn: bei 90% Handelsspanne werden natürlich Händler unglaublich wichtig und man müsste wenigstens über Schranken und massive Besteuerung von Handel reden.

Die Bezugsgrundlage ist oft schon erkennbar falsch - 2-Stein-Schwerter und Kupferkessel im Meisterschirm, seit zig Jahren mit durchgeschleift - obwohl das nun wirklich kein riesiger Aufwand wäre, da mal drüberzuschauen. H&K steht auf diesem Schlammloch in Fundament-Rolle und versucht daraus was zu machen. Ein vermeidbarer Fehler? Sich ein System über Handelszonen usw. weiterzuschreiben, aber bei Grundpreisen nicht zwischen eigentlich immer zu transportierender Ware und dem Getreide zu unterscheiden, dass üblicherweise maximal bis zum nächsten Markt reist, ist so gräßlich ungeschickt.


Designparameter oder "Spielhilfe" für Wirtschaft wäre doch eher:
"3/4 der Aventurier sind Bauern und Landarbeiter. Diese erzeugen den Überschuss um das restliche 1/4 zu ernähren. Ernährung stellt für die ganz überwiegende Anzahl Aventurier den Hauptposten in ihren monatlichen Ausgaben (oft 80-90%). Nur Wenige können sich neben Nahrung, Kleidung, Unterkunft und Arbeitsmitteln sowie Sicherheit - die es alle in deutlich unterschiedlichen Qualitäten gibt - noch über "mehr" Luxus überhaupt Gedanken machen." (-> Maslow)
<=> Das wäre einfach nur die Beschreibung einer vormodernen Gesellschaft, nahezu allgemeingültig für jede inspirierende Kultur, die wir nach Aventurien bringen wollen.

Sexualität
Hier wird wenigstens ein Designparameter - die Gleichberechtigung - explizit erwähnt (und z.T. gleich konterkariert, wenn in der WdV-Leseprobe von "klassischen" Anbandelungsversuchen geschrieben wird, die sich mMn auf irdisch beziehen aber echt missverständlich beschrieben sind).
Andere Parameter wie gesellschaftliche "Liberalität" oder Bedeutung der Kirchenlehren für den Normalaventurier in seinem Alltag ... sind nicht eingeflossen oder wenig thematisiert. Der Rahjatempel dürfte mMn nicht ein Produkt von WdV sein, sondern das WdV müsste sich an dem und allen Setzungen dazu, die man nicht hier und jetzt retconnen will (was man darf!), orientieren.

Minervin
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Aventurische Sexualmoral, Herleitung aus Religion, Sozialisierung und irdischem Klischee (+ allgemeiner Diskurs)

Ungelesener Beitrag von Minervin »

Sumaro hat geschrieben: 10.07.2018 11:00 Woher nimmt die Traviakirche ihre Sexualmoral, wenn nicht von ihrer realen Gottheit selbst? Von irgendwelchen irrigen Annahmen über ein klassisches Familienbild? Und woher kommt das, wenn männliche und weibliche Rollen nicht definiert, sogar wechselhaft und ganzheitlich akzeptiert sind? Der gesamte Diskurs, macht nur dann Sinn, wenn es Unterschiede gibt, die nicht toleriert werden und zwar aus handfesten, sozialisierten Gründen.
Wieso reicht Geburtenkontrolle zwecks Erbrecht, und Rechtssicherheit durch eindeutigkeit des Parners, nicht aus?
Sumaro hat geschrieben: 19.07.2018 10:59 Das man Sex als Handelsware bietet ist ja nur dann sinnvoll, wenn Sex sonst weniger verfügbar wäre. Je freizügiger eine Gesellschaft, desto weniger Anlass gibt es für Sex als Bezahlung.
Dann wäre der Vorteil "gutes Aussehen" seine GP nicht wert. Und gerade in einem Mittelaltersetting wo Empfängnissverhütung fast ein echtes Handwerk ist, macht es Sinn dafür zu bezahlen (auch wenns indirekt ist).

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chizuranjida
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Aventurische Sexualmoral, Herleitung aus Religion, Sozialisierung und irdischem Klischee (+ allgemeiner Diskurs)

Ungelesener Beitrag von chizuranjida »

In Aventurien gibt es ein Kraut zur Empfängnisverhütung, Rhajalieb. Wesentlicher Unterschied zum hiesigen Mittelalter.
"Im Übrigen bin ich der Meinung, dass Al'Anfa wieder eins drauf kriegen wird."
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Aventurische Sexualmoral, Herleitung aus Religion, Sozialisierung und irdischem Klischee (+ allgemeiner Diskurs)

Ungelesener Beitrag von DnD-Flüchtling »

Jetzt habe ich mich endlich durch alle 350 Posts durchgearbeitet, was ein Themenmix ;)

Das ja das Travia-Thema aufgekommen ist - gerade bei der hatte ich immer so den Eindruck, dass sie mitunter die prototypischste NSC-Gottheit ist: Tsas Portfolio ist zwar ähnlich heldenuntauglich, aber äußert exotisch; wohingegen Peraine zwar sehr populär bei NSCs ist, aber als Heilgottheit auch ein Portfolio hat, das für Helden höchst relevant ist (interessanter Zusatz: In der allerersten Edition von DSA waren SC-Geweihte von Rahja, Peraine und Travia gar nicht vorgesehen - zumindest gab es für diese keine Steigerungstabellen das damals noch rudimentäre Talentsystem).

Insofern finde ich es eigentlich gar nicht so unpassend, dass gerade diese Kirche sehr konservativ und, ja, auch etwas spaßbremsig auftritt und eben nicht bei einer Modernisierung an vorderster Front dabei ist. Bei Praios wird es ja auch so angenommen, dass er kein "hipper" Gott ist - nur vermute ich, dass hier eine Rolle spielt, dass viele Spieler den Götterfürsten ohnehin nicht so recht leiden können, weil sie ihn mit dem strengen Gott des AT identifizieren, aber Travia - die nicht minder konservativ ist, halt nur mit anderem Schwerpunkt - mit ihrem liebenswerterem Bild anders wahrnehmen. Insofern fand ich Jadorans Vergleich Travia Ehe = RKK-Ehe als offizieller "Goldstandard" ganz interessant :ijw:


Was Prostitution und alles, was dazu gehört, angeht... die grundsätzliche Setzung bei DSA ist, dass die Geschlechter in so ziemlich jeder Hinsicht gleich sind, wenn man mal vom Aussehen und vom Austragen des Nachwuchses absieht. Irdischen Sinn ergeben muss das nicht, da es auf Dere ja keine Evolution und damit auch keine dadurch bedingte sexuelle Selektion und auch keine Aufgabenteilung gab, sondern die Menschen fabrikfertig im 6. ZA (war doch das 6., oder?) quasi buchstäblich vom Himmel gefallen sind - aber das ist dann auch fast schon zwingende Voraussetzung angesichts des Ausmaßes, in dem sie sich ähneln.
In der realen Welt gibt es dagegen ein gewisses Ungleichgewicht beim Paarungsverhalten inklusive Geschlechtstrieb, und das bedingt dann - unter anderem - auch den Umstand, dass Prostitution nicht nur existiert, sondern auch das älteste Gewerbe der Welt ist; und trotzdem nicht wirklich als respektabel gilt... und eben auch, dass die Nachfrage vor allem von Männern generiert wird (und die irdischen Geschlechterrollen sind auch nicht nur das Resultat davon, dass Männer "mehr KK" haben). In DSA sieht das halt nicht so aus - übrigens schon seit Ewigkeiten nicht; schon in der ersten Thorwaler-Box wird für ein Freudenhaus in Thorwal-Stadt explizit beschrieben, dass dort Hobbyhuren beiderlei Geschlechts arbeiten.

Und da hat Sumaro halt recht, wenn er Löcher in die Logik von WdV piekst, die auf all das nochmal eine Schippe drauf legt - auf der einen Seite wurde die Triebhaftigkeit von (irdischen) Männern auf (aventurische) Frauen übertragen, Sex hat gar kein Stigma, auch promiskuitive Frauen werden gehighfived, Verhütung ist einfach, wirkungsvoll und schnell verfügbar... aber auf der anderen Seite gibt es immer noch einen umfangreichen Markt für Prostitution, obwohl es unter den gegebenen Umständen wirklich nur natürlich wäre, dass die Nachfrage nach (unverbindlichem) Sex auf ein vergleichbares Angebot trifft und als Konsequenz der Markt damit weitgehend geräumt wird (und weder Angebots- noch Nachfrageseite gegendert sind). Und dann kommt noch mancherorts die Rahjageweihtenschaft dazu, die weitere Dienste anbietet... Prostitution wäre hier in der Tat nur noch ein Randgeschäft, mit einem kleinen Markt für eine sehr spezialisierte Nachfrage (für supergutaussehende oder superskillige Liebhaber zum Beispiel dürfte es immer eine geben, auch wenn man dann für etwas bezahlen muss, was man sonst umsonst haben kann... nur gibt das keinen riesigen Markt her).

Hätte man hier die Setzung gemacht, dass die "Schlampen" beiderlei Geschlechts sowie das Horasreich, Aranien und Al'Anfa mit ihrer postmodernen Sexualmoral eher die Ausnahme sind, wäre es einfacher gewesen. Unter diesen Umständen hätte das auch eine gewisse Besonderheit behalten und hätte auch einen passenden Backdrop für exotischere Settings gegeben, die es auf eigene Art halten (ich erinnere mich noch, wie ich damals bei der Lektüre der Güldenland-Box neidisch auf die Jugendlichen von Era'Sumu war...).
Klar, ein Rollenspiel soll Eskapismus sein, und für Spieler kann der sich auch darin äußern, dass ihre Charaktere ingame die Sau auf eine Art rauslassen, weil sie es sich im realen Leben nicht trauen und/oder es ihnen nicht möglich ist - genügend Autoren haben es mit ihren Privat-SCs oder Lieblings-NSCs ja so gehalten. Nur wäre es jetzt kein Widerspruch in sich gewesen, wenn die Charaktere, die ja auch ansonsten mit ihrem Verhalten nicht die Norm sind, hier als reisende Helden/Abenteurer/Murderhobos/wasauchimmer eben eine Ausnahme, die sich nicht an die Regeln des Pöbels halten müssen... aber mit WdV wurde halt entgrenzte Sex-Positivität zur Norm des Settings erklärt (überhaupt habe ich hier den Eindruck, dass es so eine gewisse "Bentoisierung" von DSA gibt - wenn Judas dann auf einer der vorderen Seiten dieses Threads behauptet, man wäre auf gar keinen Zug aufgesprungen, möchte ich dazu nur anmerken "die Nachricht hör ich wohl, allein mir fehlt der Glaube").
Zuletzt geändert von DnD-Flüchtling am 01.12.2018 16:06, insgesamt 1-mal geändert.

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AngeliAter
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Aventurische Sexualmoral, Herleitung aus Religion, Sozialisierung und irdischem Klischee (+ allgemeiner Diskurs)

Ungelesener Beitrag von AngeliAter »

Es macht einfach keinen Sinn einen Aprilscherz so tiefgehend zu analysieren und Fehler aufzudecken. Aprilscherze sind nicht gerade dafür bekannt, das sie Sachbücher ersetzen könnten und erheben meist auch keinen Anspruch darauf.
Das Stockholm-Syndrom ist eine anerkannte Methode um neue Freundschaften zu schließen.

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Ungelesener Beitrag von Gorbalad »

AngeliAter hat geschrieben: 01.12.2018 09:03meist
"Eigentlich wäre <X> sehr <Y>, nur man hat daraus nichts gemacht" ist glaube ich die Quintessenz von DSA.

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Madalena
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Aventurische Sexualmoral, Herleitung aus Religion, Sozialisierung und irdischem Klischee (+ allgemeiner Diskurs)

Ungelesener Beitrag von Madalena »

Wurde ja schon alles raus und runter diskutiert.

Dass das ein kontroverses Thema ist, ist doch klar, und hätte mit etwas Nachdenken und Recherchieren auch vorher klar sein können. Es wäre wohl wirklich besser gewesen, nicht die eine Linie vorzugeben, sondern eher verschiedene Optionen aufzuzeigen und Leitlinien zu geben, wie man sein persönliches/gruppeninternes Aventurien an die individuellen Vorstellungen anpasst.

Sich auf "Aprilscherz" rauszureden finde ich auch blöd. Fairerweise muss ich sagen: habe WdV immer noch nicht, und werde das auch nicht ändern. Aber es ist nun mal eine offizielle Publikation. Für die btw auch gutes Geld eingenommen wurde. Da kann man dann nicht alle Ansprüche fahren lassen.

Ja, ich bin mal wieder Spielverderberin. :censored:

Aber gut, nun ist das Kind in den Brunnen gefallen und längst ertrunken. Hoffen wir, dass sich sowas nicht wiederholt, und dass die Liebhaber des Bandes ihre Freude damit haben.
Jede kann maskierte Superheld*in sein. Ihr müsst gar nicht 24/7 bereit stehen oder euer Leben in die Waagschale werfen. Die Maske reicht schon!

Benutzer 20704 gelöscht

Aventurische Sexualmoral, Herleitung aus Religion, Sozialisierung und irdischem Klischee (+ allgemeiner Diskurs)

Ungelesener Beitrag von Benutzer 20704 gelöscht »

Ich bin im WdV endlich im Kapitel, Gleichgeschlechtlich, Bisexuell und Transen angelangt.

Puh, also das ist schon ein sehr bunter Regenbogen der da aufgespannt wird. Ultra Tolerant und selbst der gröbste Bauer aus Hinterbikelsbach weiß, das Zweigeschlechtliche Wesen Glücksbringer sind (außer Andergaster)???
Irgendwie trieft dieses Kapitel nur so von Toleranz, das es in meinenAugen schon unglaubwürdig ist, auch was außereheliche Aktivitäten betrifft. Da scheint der Gaul echt mit der Redax durch gegangen zu sein.

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DnD-Flüchtling
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Ungelesener Beitrag von DnD-Flüchtling »

Ich sag ja, die Bentoisierung von DSA :ijw:

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ChaoGirDja
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Ungelesener Beitrag von ChaoGirDja »

Ja...
Das Kapitel hat nicht mehr viel mit dem Aventurien zu tun, welches man in den Regional-Bänden findet...
Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten.
Auch ein leichter Legastheniker mit Kontroll-Prog. finden nicht alle.

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