Maritime Kulturen dürften maximal in einer Tiefe von einer Viertel Meile leben. Jenseits davon dürften fehlendes Licht, erhöhter Druck und Kälte das Leben allzu unangenehm gestalten: Trotz Anpassung an unterseeische Verhältnisse dürften die Körper auf ein bestimmtes Habitat ausgerichtet und nicht allzu flexibel sein - das gilt schließlich auch für andere Meeresbewohner, die sich in üblichen Tiefen aufhalten und nicht das ganze Meer nach Belieben durchschwimmen, geschweige denn bewohnen können. Ohne Licht entfällt sämtliche großflächige Pflanzenzucht; auch tierisches Leben nimmt folgerichtig mit zunehmender Tiefe ab. Das ist keine Basis für Kultur.
Konservierung wird durch das Salzwasser selbst befördert. Ich kann mir aber vorstellen, dass man Filtermöglichkeiten kennt, um die Salzkonzentration lokal zu erhöhen und somit ähnlich wie an Land hermetische Konservierung zu erreichen. In ähnlicher Weise können Säuerungsmittel genutzt werden. Dafür sind jeweils Einspritz- und Versiegelungstechniken nötig.
Die Götterwelt schwankt sicher von Kultur zu Kultur. Neben den deutlich nuancierteren Meeresgöttern sollte man die anderen bekannten Götter auf ihre brauchbaren Aspekte hin prüfen:
- Praios: Ordnungs- und Gesellschaftsstrukturen dürfte ein Seegott vorgeben (Chrysir steht bspw. für Herrschaft). Lebensspendendes Licht durch die Sonne sollte aber schon irgendeiner Gottheit zugeschrieben werden.
- Rondra: Entfällt, da Kor/Krakon, Numinoru und Chrysir die Aspekte abdecken - sofern man Mahre nicht in besonderer Weise von anderen Aquanen abgrenzen will.
- Travia: Ich glaube nicht, dass typische Familienkonzepte von Maritimen besonders travianisch sind. Da würde ich andere, pragmatischere Götter für den Laich oder gar das Schwarmwesen zuordnen (je nachdem wie individualistisch/kollektivistisch die Kultur ausgerichtet ist). Brauchbare Aspekte könnten "Gemeinschaft" und "Traditionen" sein.
- Boron: Irgendeinen Totengott braucht es, wenn das nicht einer Meeresgottheit (das dies- und das jenseitige Meer) zugeschrieben wird.
- Hesinde: Vor allem die magisch potenten Maritimen könnten sich auf Hesinde berufen. Leitet man die Mahre von den Risso ab, ist magische Begabung unter ihnen sehr häufig. Die Frage der Wissensbewahrung kann ebenfalls im Zusammenhang mit Hesinde stehen.
- Firun: Die wilde Natur ist unter dem Meer kaum leichter zu bezähmen als darüber. Da würde ich aber trotzdem zu Meeresgottheiten greifen.
- Tsa: Geburt und Neuerschaffung sind unterseeisch genauso wichtig wie über dem Meer.
- Phex: In seinen Aspekten zu menschlich. Da müsste man viel ändern.
- Peraine: Fruchtbarkeit und Seewirtschaft können, müssen aber nicht Peraines Gefilde sein. Satuaria, Rahja oder Tsa können ebenso einspringen.
- Ingerimm: Höchstens als Herr über die Feuer aus der Erde; je nach Möglichkeit diese zu nutzen erwähnenswert. Für Handwerk gibt es sicherlich geeignetere, weniger „feurige“ Götter.
- Rahja: Da sehe ich nicht viel Nützliches.
Abgesehen davon - das deutet sich schon in den knappen Betrachtungen zu den einzelnen Gottheiten an -, dass für Verschiedenes immer auch eine Meeresgottheit zugeordnet werden kann, sind natürlich auch ganz andere Götter mit ähnlichen Aspekten möglich (und der Abwechslung wegen bzw. der Entdeckerfreude halber sollte man das auch anstoßen, wenn die SC schon kulturelle Überreste aus dem neunten Zeitalter erforschen):
Ankhatep: Die fremdartige Darstellung (achtbeinig) lässt ältere Wurzeln vermuten, die sich im neunten Zeitalter noch stärker bewahrt haben mögen als in späteren. Als veritabler Firun-Ersatz ist er/sie als Randgottheit denkbar.
- Aves: Unter Wasser ist alles und in noch stärkerem Maße in Bewegung; gerade für nomadische Zivilisationen interessant. "Reiten und Reittiere" ist ebenfalls ein guter Aspekt, denn darauf dürften viele Seekulturen zurückgreifen - nicht nur in militärischen Dingen, wie Curthan zurecht geschlussfolgert hat.
- Bylmaresh: Ein veritabler Phex-Ersatz, noch etwas düsterer und... geheimnisvoller. Da kann man den Mahren und co. als unkundiger Mensch auf Entdeckungsreise leicht ganz andere Zusammenhänge unterstellen. Andererseits hat man mit Wehrhaftigkeit, Stärke und Täuschung genau die passenden militärischen Attribute in einer dreidimensionalen, schlecht überschaubaren Welt. Der Aspekt "Spinnentiere" verweist wiederum auf älteren Gebrauch und lässt eine Traditionslinie vermuten.
- Ojo'Sombri: Ebenfalls ein denkbarer Phexersatz; mit den Aspekten Magie und Wissen kann er/sie Hesindes Position einnehmen. Hellsicht, Planung und Aufmerksamkeit ergänzen die Anmerkungen zu Bylmaresh für operative Bewegungen unter Wasser.
- Shinxir: Für eher kollektive Kulturen sicher der Gott der Wahl. Ansonsten vielleicht einfach noch aus früheren Zeiten bekannt und verbreitet. Andererseits gestalten sich große formierte Heerzüge unter Wasser als schwierig.
- Ucuri: Er vereint erstaunlich viele sinnvolle Aspekte. Verständigung, Information und Schrift stellen besondere Herausforderungen unter Wasser. Herrschaft, Reise und Schnelligkeit sind entweder noch nicht besetzt oder besonders praktisch/naheliegend.
- Mada: Als Mar'Jina von den Risso verehrt dürfte er/sie auch bei den Mahren schon den Bereich Magie abgedeckt haben.
Man sollte auch überlegen, inwieweit sich die Meeresgötter voneinander abgrenzen lassen, welche für die spezifische Kultur von besonderer Bedeutung sind (etwa Charypta bei den Krakoniern), welche zusätzlich gedacht werden müssen (etwa die Laichmutter bei Krakoniern oder Mououn als Personifikation des Meeres und irgendwie auch Totengott bei den Risso/Mahren).
Risso - und somit womöglich auch ihre mahrischen Ahnen - scheinen Götter eher als Prinzipien zu begreifen und dementsprechend sollten die Kulte weniger durch dialogartige Verehrung (wie bei den Menschen, die die Götter persönlich anrufen, sich im Gebet an sie wenden oder sie als Personen bildlich darstellen) oder furchtsame Unterwerfung (wie bei den Echsen) gezeichnet sein. Prinzipien möchten verstanden werden, wenn auch nicht frei von jeder Ehrfurcht, da man sie doch nicht vollends begreifen kann. In ähnlicher Weise verstehen z.B. die Thorwaler Efferd als das Meer selbst und nicht als konkretes, verehrenswertes Wesen.
Wenn man die Schwarzen Mahre als Bewohner Lamahrias (neben anderen) annehmen möchte, wäre der Einfluss des Namenlosen, der sie korrumpiert haben soll, zu klären. Andererseits kann man das ausklammern, wenn man den Clash der Seegötter am Ende des neunten Zeitalters, insbesondere also den Fall Charyptas in den Mittelpunkt rücken will. Ein besseres Zeugnis des Prozesses als die Überreste Lamahrias dürfte man kaum finden. Nirgendwo sonst dürfte es derart starke Hinweise auf den Fall einer Göttin überhaupt oder konkret Charyptas Entwicklung geben.
Zur Wissenstradierung:
Gerade die magisch begabten Mahren könnten Perlen, Kristalle o.Ä. genutzt haben - so wie es Kristallomanten in Form von Thesiskristallen tun. Gibt es nicht auch die Vermutung, dass die Kristallzauberei der Achaz aus dem Meer stammt? In der Zeitalterfolge wäre das zumindest denkbar. Das dürfte in den Aufgabenbereich der Biagha, also der magischen Priesterschaft und Gelehrten der Risso, fallen.
Ansonsten muss man Zeichen irgendwo einprägen. Farbe, Tinte und dergleichen sind nicht besonders wasserfest. Mit Stein oder anderen geeigneten Feststoffen stößt man schnell an seine Grenzen: Das Verhältnis von Gewicht und Information ist im Vgl. zu Büchern oder Pergamenten um ein Vielfaches schlechter. Allerdings ist "in Stein Gemeißeltes" von (relativer) Dauer. Erosionsprozesse können durch Beschichtung oder andere Bearbeitung gehemmt werden.
Man könnte auch dem Papyrus ähnliche Pflanzen genutzt haben. Ob oder wie lange die haltbar sind, bliebe zu fragen. Evtl. waren sie nur zur kurzfristigen Informationsspeicherung (also: höchstens ein paar Jahre) geeignet.
Die Abstufung: Magische Speicherung, Lithographen und übrige, kurzlebige Schriftmedien je nach Bedeutungsgehalt der Information erscheint mir durchaus praktikabel.
Für die Abgrenzung unter- und überseeischer Tätigkeiten und synergetischer Kulturpraktiken in Lamahria - sicherlich das Höchstmaß kultureller Blüte unter den maritimen Kulturen (wenn man die aus der Zeit gefallenen Steampunk-Nequaner außen vor lässt) - sollte bedacht werden, dass es sich um einen Kontinent handelte, dass also das Land-Wasser-Verhältnis von Bedeutung gewesen sein dürfte – der Untergang wurde schließlich mit dem Versinken des Kontinents besiegelt (und ich bezweifle, dass der gleich in charyptide Tiefen entschwand). Die dominanten Blauen Mahre sind noch immer zu Land sehr gut unterwegs (man (über-)lebt ansonsten nicht im Ehernen Schwert; das kann freilich auch anatomischen Anpassungen verschuldet sein, die sich zweifellos innerhalb der Jahrtausende eingestellt haben).
Vieles von dem, was wir uns hier für Kulturen überlegen, die auf die Gegebenheiten unter Wasser beschränkt sind (was für heutige Maritime vollends gelten mag), trifft womöglich auf die Bewohner Lamahrias überhaupt nicht zu. Demzufolge halte ich die Befähigung, über Wasser agieren zu können, eher für eine zu fördernde und ehrenvolle Gabe. Womöglich erklärt sich die Führungsrolle der Blauen Mahre (mal abgesehen von ihrer Fähigkeit der Gedankenkontrolle) über genau diese hybride Lebensweise. Und auch die Herrschaft zuletzt Moruu'dals (den ich als überlebenden Bashuriden gesetzt habe) wurde landseitig ausgeübt und sollte eigentlich Strukturen vorgefunden haben müssen, die ins Meer ausstrahlen. Es ist auch bezeichnend, dass die Überlebenden Lamahrias A'Tall gründeten, ein Reich um ein Atoll herum, also ebenfalls mit Landzugang (die alternative Erklärung wäre, dass nur in Kontinentalnähe das Meer flach genug ist; dafür erscheint mir ein Atoll jedoch wiederum als zu forcierte Erhöhung). Viele Maritime haben auch sehr viel weniger Probleme mit Landaufenthalten als Menschen, die sich im Meer bewegen. Sie verfügen über Luftatmung sowie Gliedmaßen für eine zweibeinige Fortbewegung. Das ist eher unwahrscheinlich ein praktischer Zufall. Mir fallen auch wenig Gründe ein, warum intelligente und kulturschaffende Wesen, die anatomisch-physiologisch dazu in der Lage sind, sich der Luft ausgesetzt an Land zu bewegen, auf die damit verbundenen Möglichkeiten verzichten oder diese nicht entdecken können sollten (wenn man von einer von Aberglauben geleiteten Isolationspolitik absieht, wonach alles über Wasser böse sei).