Gewissheit der Götter? aventurisch vs. mittelalterlich

Von A wie Aves bis Z wie Zholvar: Alles über (mehr oder weniger) anbetungswürdige Kräfte und ihr Gefolge.
Eulenspiegel
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Re: Gewissheit der Götter? aventurisch vs. mittelalterlich

Ungelesener Beitrag von Eulenspiegel »

@ Cattivo von Aravanadi
Du weißt zwar, dass es mehrere Götter gibt, aber sie stehen dir trotzdem nicht Nahe.

Du weißt, dass es Phex gibt und du weißt, dass Phex Diebstähle toll findet. Trotzdem findest du persönlich Diebstähle blöde. Phex ist zwar ein Gott, aber kein Gott, den du toll findest. - Daher würdest du deine Gebete an einen Gott richten, der dir moralisch näher steht (z.B. Praios).

Sagen wir, du bist felsenfest davon überzeugt, dass die Probleme in deiner Heimatstadt alle daher rühren, dass es zu viele kriminelle gibt. Und dass man nur für Ordnung sorgen müsste, wenn man das ganze kriminelle Gesindel hinauswerfen würde.
Dann ist es ziemlich naheliegend, dass du dich Praios sehr verbunden fühlst und evtl. Sogar Praiot oder zumindest Akolyth wirst.
Aber mit Phex kannst du trotzdem nichts anfangen. Du weißt zwar, dass er existiert, aber du würdest ihn niemals verehren.

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Swit
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Re: Gewissheit der Götter? aventurisch vs. mittelalterlich

Ungelesener Beitrag von Swit »

@ Cattivo

Warum werd ich Bäcker wenn ich doch auch Maurer werden könnte.....

Wie schon gesagt wurde, jeder definiert seine Prioritäten anderst. Da die 12 Götter in Genaue Bereiche unterteilt sind kann man sich auch am ehesten, den für sich am wichtigsten Teil, heraussuchen.

Warum sollte ein Magier z.b. auch zu sehr zu Praios beten oder ein Dieb.

Natürlich glaubt der Dieb auch daran dass es Praios gibt aber erhofft er sich doch wahrscheinlich mehr Erfolg davon wenn er zu Phex betet.

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Varana
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Re: Gewissheit der Götter? aventurisch vs. mittelalterlich

Ungelesener Beitrag von Varana »

In dem Punkt berühren wir den eigentlichen Unterschied zwischen Mono- und Polytheismus, der in Aventurien sehr verwischt ist.

In Aventurien haben wir eine polytheistische Religion mit Kirchen, die an monotheistischen Organisations- und Glaubensstrukturen orientiert sind.

Irdisch wird man Priester der Athene und nicht des Apollo,
- weil die Vorväter alle schon Athenepriester waren, oder zumindest der Vater - das ist der wichtigste Grund
- weil es in der Stadt nun mal einen großen Athene-, aber keinen Apollotempel gibt
- weil die Athenepriester schneller waren mit ihrer Anfrage
- weil die Athenepriesterschaft gesellschaftlich in der Stadt höher angesehen ist
- weil es sich im Stadtviertel gehört, daß der örtliche Tempel gepflegt wird, und Vater, Priester und andere Honoratioren jemanden ausgesucht haben
- und ganz zum Schluß: weil man sich aufgrund eines bestimmten Erlebnisses zu Athene hingezogen fühlt. Aber letzteres ist eher bei manchen Mysterienreligionen und nicht so sehr bei den klassischen Göttern verbreitet.
In der Spätzeit der Antike ist es auch kein Problem, Priester mehrerer Götter zu sein.

Das hängt damit zusammen, daß in der Antike als konkretem Vorbild des aventurischen Zwölferpantheons, aber auch sonst in vielen Religionen das Ritual viel, viel wichtiger ist als der Glaube. Auch die klassischen "Zuständigkeiten" sind in der Praxis viel uneinheitlicher und schwammiger, als das der Klarheit halber oft dargestellt wird. Zentrum der Religion ist nicht so sehr die olympische Athene, sondern das konkrete Kultbild im konkreten Tempel. "Groß ist die Diana der Epheser", für die Bibelkenner ;) - nicht die Göttin Diana an sich, sondern die konkrete Diana / Artemis zu Ephesus. Artemis ist im klassischen Pantheon die Göttin der Jagd und eine eher jungfräuliche Dame - was die Epheser noch nie interessiert hat, die in ihrer Artemis eine Fruchtbarkeitsgöttin verehren. Außerdem ist sie die Schutzherrin der Stadt, und damit für alles zuständig, was Ephesus betrifft - ob das nun mit Jagd oder Fruchtbarkeit zu tun hat oder nicht. Genauso ist Athene Parthenos zunächst die Schutzgöttin Athens, und nicht eine Weisheitsgöttin. Klassischer Orakelgott ist Apollo, aber eins der drei berühmtesten griechischen Orakel ist ein Zeusorakel...
Da sind die historischen Hintergründe eigentlich völlig andere, als in Aventurien vorausgesetzt.

Caesar war römischer Oberpriester (pontifex maximus), noch bevor er seine großen politischen Ämter innehatte - als Oberpriester ist er nach Gallien gegangen, hat einen Bürgerkrieg geführt, ist ermordet worden. Priester muß kein Vollzeitjob sein, besonders die hohen Ämter nicht.

Ganz auf den Punkt gebracht: Es ist eigentlich völlig egal, ob man an die Existenz Jupiters glaubt. Solange man die Opfergebete richtig ausführt, also das Ritual korrekt abläuft, kann man auch Jupiterpriester sein.

Ethische Verhaltensregeln stellen die antiken Götter ohnehin nicht auf. Fürs Leben nach dem Tode sind die Priester auch nicht zuständig - beides ist das Terrain der Philosophen.

Da zeichnet Aventurien ein völlig anderes Bild - hier sind die einzelnen Kulte der Zwölfergemeinschaft viel judäochristlicher und damit monotheistischer.
Wie man beides kombiniert, ist im Einzelfall nicht immer einfach zu lösen - eben weil hier völlig verschiedene Gottesbilder zusammengeworfen werden.

Hier sollte man sich mMn aber auch davon lösen, daß ein Aventurier nur zu einem Gott betet (was im Hintergrund mW auch weitgehend der Fall ist - also daß nicht). Wir haben in Aventurien nun mal feste Zuständigkeiten der Götter, dann kann man die auch nutzen - wenn der ansonsten traviagläubige Wirt einen Diebstahl plant (warum auch immer), wird er dazu nicht Travia, sondern Phex um seinen Segen bitten. Und für ein neugeborenes Kind Tsa eine Spende bringen.
Man fühlt sich zu einem Gott näher hingezogen - aufgrund des Berufes ist der meistens ziemlich naheliegend, wenn natürlich nicht zwingend. Aber die anderen Elf gibt es auch, und je nach Anlaß wendet man sich auch an diese.
Zuletzt geändert von Varana am 20.10.2009 23:18, insgesamt 3-mal geändert.

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Amat von Lowangen
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Re: Gewissheit der Götter? aventurisch vs. mittelalterlich

Ungelesener Beitrag von Amat von Lowangen »

Damit niemand denkt, ich würde an der Diskussion nicht mehr teilnehmen wollen: Ich will es durchaus, nur werden meine Posts entweder von vornherein verboten oder gelöscht.

Mal sehen, ob dieser Post noch den nächsten Tag erlebt.

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Eliel
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Re: Gewissheit der Götter? aventurisch vs. mittelalterlich

Ungelesener Beitrag von Eliel »

Ist zur Kenntnis genommen, Amat von Lowangen. :)
Schön, mal wieder was von Dir zu lesen!


Ich befürchte, wie Heldi angedeutet hat, dass hier eh jede Gruppe bzw. jeder Spieler eine ganz eigene Grenze zieht. Nicht umsonst wird im WdG lang und breit über die verschiedenen Ausgestaltungsvarianten eines Geweihten geschrieben (mystischer Stil etc.).

Wie "verlogen", "kalkuliert", "gesetzestreu", "glaubhaft", "fanatisch", "fundamental", "sinngemäß" die Aventurier ihren Glauben also "tatsächlich" leben, entscheidet im Prinzip der jeweilige Spielleiter bzw. das Abenteuer.

Die Frage ist also, ob man dem 'durchschnittlichen' Aventurier der bunten (zwölfgöttlichen) Landen eine solide, "wünschenswerte" Gutgläubigkeit zugestehen möchte oder ob man lieber die Schwächen unserer Religionen auf jene projeziert.
Suilad

Eliël

Benutzer 3205 gelöscht

Re: Gewissheit der Götter? aventurisch vs. mittelalterlich

Ungelesener Beitrag von Benutzer 3205 gelöscht »

@Swit
so spiele ich DSA. Im Spiel ist dies eine absolut brauchbare Lösung.

@Varana
schöner, informativer Beitrag
Er erklärt, warum "meine" Frage nicht auf der Basis irdischer Erfahrungen zu lösen ist.

Heldi
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Re: Gewissheit der Götter? aventurisch vs. mittelalterlich

Ungelesener Beitrag von Heldi »

Eliel hat geschrieben:Die Frage ist also, ob man dem 'durchschnittlichen' Aventurier der bunten (zwölfgöttlichen) Landen eine solide, "wünschenswerte" Gutgläubigkeit zugestehen möchte oder ob man lieber die Schwächen unserer Religionen auf jene projeziert.
Hmmm. Was ist damit gemeint: "wünschenswerte Gläubigkeit"? War die irdische Gläubigkeit im Mittelalter dMn nicht "wünschenswert" stark genug?

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Eliel
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Re: Gewissheit der Götter? aventurisch vs. mittelalterlich

Ungelesener Beitrag von Eliel »

"Wünschenswerte * (Tief-)Gläubigkeit"
Na, ich meinte damit eine (meist) positive Summe aus naivem, treuen, ehrlichen und persönlich überzeugten Gutglauben. Eben ohne böse Hintergedanken, "unnötige" Zweifel und nur extrem seltenem Missbrauch, der bei Feststellung auch sehr hart geahndet würde. Praktisch einen "guten" Glauben - vielleicht ein wenig glorifiziert.

"Unwünschenswerte * (Schein-)Gläubigkeit"
Das Gegenteil davon wäre eben, die Misstände unserer Religionen überzeichnet auf Aventurien zu übertragen: Eigentlich glaubt keiner so richtig, alle suchen nach ihrem persönlichen Vorteil in der Institution "Kirche" und jene wird als reines Macht- bzw. Kontrollinstrument missbraucht.

* = wünschenswert ist selbstverständlich ein von mir subjektiv besetzter Begriff. Es könnte auch genau umgekehrt gewünscht sein.


Vermutlich spielen alle irgendwo zwischen den beiden Extremen. Unsere Gruppe hat aber im Normalfall für aventurische Zwölfgöttergläubige eher das erste Bild im Kopf.




Btw.: Eine recht entscheidende Frage wurde vielleicht noch gar nicht gestellt (ich habe aber auch nicht alles gelesen :oops: ).
Die Heilsperspektive, also der Glaube an eine Seele, die durch gute bzw. gottgefällige Taten in die Paradise einkehren kann/wird, ist eine nicht zu vernachlässigende Motivation, sich an Gebote und Verbote der Religion zu halten - besonders wenn man von allsehenden Göttern/Götterdienern (Alverianern) ausgeht (oder z.B. BORons Waage). Daher kämen noch mindestens zwei Folgefragen dazu: Sind die aventurischen Götter in diesem Sinne persönliche Götter? Und sind sie wirklich allwissend/-sehend?

Aber auch hier können im Detail die Meinungen völlig auseinander driften - was dann eben einen teils extrem unterschiedlichen Umgang der Normalbürger mit dem Glauben zur Folge hat.
Suilad

Eliël

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Netsrac
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Re: Gewissheit der Götter? aventurisch vs. mittelalterlich

Ungelesener Beitrag von Netsrac »

Eliel hat geschrieben: Btw.: Eine recht entscheidende Frage wurde vielleicht noch gar nicht gestellt (ich habe aber auch nicht alles gelesen :oops: ).
Die Heilsperspektive, also der Glaube an eine Seele, die durch gute bzw. gottgefällige Taten in die Paradise einkehren kann/wird, ist eine nicht zu vernachlässigende Motivation, sich an Gebote und Verbote der Religion zu halten - besonders wenn man von allsehenden Göttern/Götterdienern (Alverianern) ausgeht (oder z.B. BORons Waage). Daher kämen noch mindestens zwei Folgefragen dazu: Sind die aventurischen Götter in diesem Sinne persönliche Götter? Und sind sie wirklich allwissend/-sehend?
allwissend/-sehend: Nicht ansatzweise. Allein schon wegen der Möglichkeiten sich vor ihnen zu verbergen.
persönliche Götter/ Paradiese: Zumindest nach glauben der Mehrheit ja.
mM
Zuletzt geändert von Netsrac am 21.10.2009 12:17, insgesamt 1-mal geändert.

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Eliel
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Re: Gewissheit der Götter? aventurisch vs. mittelalterlich

Ungelesener Beitrag von Eliel »

Nun, die Möglichkeit, sich vor ihnen gezielt zu verbergen impliziert ja die Tatsache, dass dies überhaupt nötig ist. Aber ich denke, dass Deine Annahme absolut haltbar ist.

Ich nehme auch an, dass es hierzu bewusst keine glasklare Setzung gibt. Vermutlich "glaubt" die Redaktion selbst schon zu unterschiedlich.
Suilad

Eliël

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Varana
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Re: Gewissheit der Götter? aventurisch vs. mittelalterlich

Ungelesener Beitrag von Varana »

Wobei ich hier nicht die Götter als allwissend/allsehend sehen würde, sondern höchstens die Waage. Aventurisch mag der Glaube anderes besagen.

Wobei die Frage solange rein akademisch bleibt, solange für das Spiel die Möglichkeit besteht, daß nicht jeder Fehltritt geahndet wird. Wie man das erklärt (die Götter sehen's nicht, die Götter haben grad andere Sorgen, die Götter haben ein festes Bestrafungskontingent...), ist dann erstmal zweitrangig.

Wobei das wieder ein Punkt ist, an dem es vom Bild der irdischen Religion abhängt, wie Robak es ja auch beschrieben hat:
Daß es einen allsehenden Gott gibt, der Fehltritte straft und nach dem Tod Paradies oder Hölle bereithält, ist ja gerade das christliche Bild. Irdisch hat das nun nicht wirklich dazu geführt, daß sich alle an die Gebote hielten - auch unter dem einfachen Volk (wenn man Amats Unterscheidung zwischen einfachen Gläubigen und höheren Ämtern annimmt). Daraus ließe sich dann wieder schließen, daß die Jenseitserwartung auch in Aventurien nicht dazu führen muß, daß alle Leute die Gebote der Götter immer befolgen.
(Außerdem, und das ist mMn der schwerwiegendere Grund, wäre es fürs Spiel langweilig.)

Von daher würde ich Aventurien in der Mitte zwischen Eliels Extremen einsortieren - ungefähr da, wo die Erde auch liegt, vielleicht etwas schärfer gezeichnet (weil wir Fantasy spielen).

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Harteschale
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Re: Gewissheit der Götter? aventurisch vs. mittelalterlich

Ungelesener Beitrag von Harteschale »

Die Heilsperspektive hat nicht dazu geführt, dass sich jeder an einen Moralkodex gebunden fühlt. Allerdings wäre es doch ziemliche Augenwischerei zu behaupten, dass es keinen signifikanten Einfluss hätte.
Gerade gläubige Herrscher oder gläubige Organisationen übten und üben oftmals Einfluss im Sinne der Moralkodecis auf die Welt aus.
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Magister Ursus
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Re: Gewissheit der Götter? aventurisch vs. mittelalterlich

Ungelesener Beitrag von Magister Ursus »

Varana hat geschrieben:In Aventurien haben wir eine polytheistische Religion mit Kirchen, die an monotheistischen Organisations- und Glaubensstrukturen orientiert sind.

Irdisch wird man Priester der Athene und nicht des Apollo,
- weil ...
- und ganz zum Schluß: weil man sich aufgrund eines bestimmten Erlebnisses zu Athene hingezogen fühlt. Aber letzteres ist eher bei manchen Mysterienreligionen und nicht so sehr bei den klassischen Göttern verbreitet.
In der Spätzeit der Antike ist es auch kein Problem, Priester mehrerer Götter zu sein.

Das hängt damit zusammen, daß in der Antike als konkretem Vorbild des aventurischen Zwölferpantheons, aber auch sonst in vielen Religionen das Ritual viel, viel wichtiger ist als der Glaube. Auch die klassischen "Zuständigkeiten" sind in der Praxis viel uneinheitlicher und schwammiger, als das der Klarheit halber oft dargestellt wird. Zentrum der Religion ist nicht so sehr die olympische Athene, sondern das konkrete Kultbild im konkreten Tempel.

Ganz auf den Punkt gebracht: Es ist eigentlich völlig egal, ob man an die Existenz Jupiters glaubt. Solange man die Opfergebete richtig ausführt, also das Ritual korrekt abläuft, kann man auch Jupiterpriester sein.

Ethische Verhaltensregeln stellen die antiken Götter ohnehin nicht auf. Fürs Leben nach dem Tode sind die Priester auch nicht zuständig - beides ist das Terrain der Philosophen.
Halleluja! Endlich sagt's mal einer. :)

Ich stimme dem (und dem rausgeschnittenen) völlig zu. Bleibt nur zu sagen, dass das Silem-Horas-Edikt (heißt doch so, oder?) eine Menschensache ist. Fraglich, ob die Götter so hesiodisch in Stein gemeißelt sind oder sie nicht wandelbar sind. Siehe Zerzal einst und heute. Sprich (mein Beispiel aus dem Tempelzehnt-Thread), wenn die Rondrianer eine eigene Mark hätten und dort alle Bauern nur noch Rondrageweihte als Geweihte vorgesetzt bekämen (anstelle Peraine und Travia) würden sie wohl alle die Wettergöttin in ihr anbeten. Also so wie viele Zeus Keraunos Heiligtümer auf irgendwelchen griechisch-asischen Bergen auch gesehen wurden (vermischt mit Baal oder anderen indigenen Namen). Mag der Baron noch so sehr ritterlich kämpfen, mit der Zeit könnte sein Volk vielleicht - zumindest lokal - das Wirken der Herrin verändern. Der nächste Orkensturm würde wohl im Morast versinken und nicht vom Baron in schimmernder Wehr im Alleingang aufgehalten werden.

Möglich? Ich finde es sollte so sein.
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Robak
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Re: Gewissheit der Götter? aventurisch vs. mittelalterlich

Ungelesener Beitrag von Robak »

DSA hat als Zielgruppe Spieler aus dem abendländischem Kulturkreis. Um keinen Ärger mit real existierenden Religionen zu bekommen (oder nicht nur altgewohntes zu bieten) gibt es die aktuell verbreiteten irdischen Religionen nicht im Aventurien.

Man hat sich für einen Polytheistischen Götterhimmel entschieden. Trotz dieser Entscheidung hat man sich in vielen Details der Religionspraxis eher an der abendländisch/christlichen Norm und weniger am klassisch römisch/griechischen Vorbild orientiert. Warum hat man das gemacht? Ganz einfach weil man die Religion für Spieler aus abendländischem Kulturkreis nachvollziehbar machen wollte.

Vieles was in antiken Religionen übliche religiöse Praxis war erscheint vom abendländisch christlichen Standpunkt als Verwerflich und übel.
Die griechischen Götter der Illias sind einfach nur Individuen die normalen Menschen deutlich an Macht überlegen sind und keine natürliche Grenze ihrer Lebenserwartung haben. Vom Christlichen geprägten Standpunkt aus sind sie weit näher an einem mächtigen absolutistischen Herrscher als am Christlichen Gott. Die griechischen Götter sind nicht moralisch gut, nicht allmächtig und nicht allwissend.
Mit den aventurischen Göttern ist man ein gutes Stück mehr in die christliche abendländische Richtung gegangen.
Ich finde dies gut, da es das Spiel eines wirklich gläubigen Geweihten erleichtert.

Wenn ich einen Charakter spielen will, der sich aus bloß egoistischen Gründen einer Organisation angeschlossen hat und nun vor hat aus dieser Organisation das beste für sich herauszuholen, dann brauch man dafür keine Geweihten.

Charaktere, die auch nach heutigem Maßstab als wirklich gläubig gelten, sind (meiner Meinung nach) mit einem griechischen Götterverständnis nicht möglich.
Götter wir Ares, Zeus, Hera, Poseidon vertreten keinerlei moralische Prinzipien. Es gäbe selbst in einer Welt in der ihre Existenz als bewiesen gilt keinen Grund an sie zu glauben (wenn man Glauben im Sinne von "ihnen sein Leben anvertrauen" versteht.)
Natürlich kann man (als Bürger Spartas) Ares anbeten, damit er einem den Sieg im Krieg schenkt. Aber das unterscheidet sich kaum davon, dass man (als Mittelamerikanischer Diktator) bei den USA darum bettelt einem doch bei seinem Krieg gegen die Rebellen zu helfen.
Aventurische Götter vertreten hingegen (meist) moralische Prinzipien.
Rondra - Ehre
Praios - Ordnung, Gerechtigkeit
Travia - Familien- und Gemeinschaftssinn
...


Ich zumindest würde keinen Ares Geweihten spielen wollen. Da ist ein Xarfai-Paktierer irgendwie schon ehrlicher.

Gruß Robak

Madamal
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Re: Gewissheit der Götter? aventurisch vs. mittelalterlich

Ungelesener Beitrag von Madamal »

Robak hat geschrieben:Um keinen Ärger mit real existierenden Religionen zu bekommen (oder nicht nur altgewohntes zu bieten) gibt es die aktuell verbreiteten irdischen Religionen nicht im Aventurien.
Wobei ich es schon interessant finde, daß sich mit dem Rashtullah-Glauben unübersehbare Anleihen aus dem Islam verbinden, die diese Regel zumindest teilweise umgehen.

>o<

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Magister Ursus
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Re: Gewissheit der Götter? aventurisch vs. mittelalterlich

Ungelesener Beitrag von Magister Ursus »

Bei den öffentlichen Kulten hast Du schon ein gutes Stücke Recht. Aber das sind eben Ämter mittels derer man als (meist) Oberschichtler zu mehr Prestige kommt. Allerdings gibt es durchaus privat ausgeführte Kulte, in denen die Anhänger moralische Aspekte zum Teil ihres Lebens machen oder die eine bestimmte Weltsicht lehren. Wobei solche Einflüsse erst vermehrt mit der Aufnahme jüdisch-christlicher Elemente in die hellenistisch-römische Kultur spürbar sind. Aber das halte ich immernoch für das menschlichere Vorgehen und es ist auch praktikabel. Moralische Werte im christlichen Sinne müssen eben mühsam erlernt werden, Generation für Generation. Das ganze Mittelalter ist praktisch eine Zähmung des Adels zu christlichen Werten. Das gipfelt letztlich in unseren moderner Gesetzen, wie sie in Italien in der Renaissance und Folgeepochen entstanden.

Was nicht mein Szenario beantwortet. :ijw:
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Mithrandir
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Re: Gewissheit der Götter? aventurisch vs. mittelalterlich

Ungelesener Beitrag von Mithrandir »

Naja, was vielleicht daher kommen kann, dass zu Zeiten, als man sich die Rastullahsache ausgedacht hat die öffentliche und mediale Wahrnehmung des Islam einfach noch nicht so präsent war, wie sie es heute ist.

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Magister Ursus
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Re: Gewissheit der Götter? aventurisch vs. mittelalterlich

Ungelesener Beitrag von Magister Ursus »

Und weil die Wüstenbewohner einen stärkeren 1001-Nacht- und Arabien-Flair kriegen sollten. Obwohl ich die 12-Götter-"Araber" interessanter finde mit Rondra und Rahja.
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Re: Gewissheit der Götter? aventurisch vs. mittelalterlich

Ungelesener Beitrag von Schattenkeil »

Mal eine Anfängerfrage hierzu (verzeiht, wenn das schon irgendwo steht): Aber steht es nicht in den Regeln, dass die Allgemeinheit den Göttern gewiss ist, und nicht einmal die Elfen an deren bloßer Existenz zweifeln?

Da die Welt rein fiktiv ist, ist wahr was immer die "offizielle" Definition sagt, weil es keinen andwendbaren realen Maßstab gibt. Und ich meine halt gelesen zu haben, dass die denkenden Wesen nicht an der Existenz der Götter zweifeln... oder wird das irgendwo anders wieder relativiert. Letztenendes könnte in einer magischen Welt wie Aventurien sowohl der Zweifel als auch die Gewissheit plausibel sein - je nachdem wie man es sieht. Foglich ist es lediglich eine Frage der Definintion - und des jeweiligen Spielleiterentscheids.
Zuletzt geändert von Schattenkeil am 28.01.2010 09:00, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Gewissheit der Götter? aventurisch vs. mittelalterlich

Ungelesener Beitrag von Magister Ursus »

Im Prinzip steht das so da, ja. Aber es gab zum Beispiel Hochelfische Strömungen, die besagten, dass man selbst zum Gott werden kann. Daraus geht hervor, dass für diese Gruppe der Hochelfen die Göttlichkeit nichts festgeschriebenes war.

Ich denke auch nicht, dass irgendwer an der Existenz der Götter in DSA zweifelt. Die Frage ist, wie "tief gläubig" die Leute sind. So versteh ich zumindest die Posts...
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Varana
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Re: Gewissheit der Götter? aventurisch vs. mittelalterlich

Ungelesener Beitrag von Varana »

Eben - ein Für-Wahr-Halten der Existenz von Göttern heißt ja nicht zwingend, daß man sich in bestimmten Situationen auch nach deren Vorschriften richten muß, ihren Geweihten gehorchen, deren Lehren glauben oder die Götter anrufen oder ihnen opfern muß. Es gibt in Aventurien derart viele geheimnisvolle und mächtige Wesen, daß es auf zwölfe mehr oder weniger auch nicht ankommt.

Ein reines Akzeptieren, daß es die Götter gibt, hat aber noch keine besonderen Auswirkungen auf die Lebensführung. Und um die geht es ja letztendlich.

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Re: Gewissheit der Götter? aventurisch vs. mittelalterlich

Ungelesener Beitrag von Madamal »

Auch auf die Gefahr hin, bereits genanntes zu wiederholen (ich habe nicht das ganze Thema nachgelesen): Ein gravierender Unterschied ist die mangelnde Allmacht der Götter in Aventurien. Christen oder Moslems gehen davon aus, daß Gott, so er wollte, alles wirken kann, was er wirken will. Und - ohne tiefer in die theologische Diskussion einzusteigen - auch "der Böse" hat nur begrenzte Macht.

In Aventurien haben die Zwölf zwar große Macht, aber alleine daß es den Namenlosen gibt und er ebenfalls machtvoll ist, belegt, daß sie weit von einer Allmacht entfernt sind. Sie sind zwar eindeutig göttlicher als menschliche Helden, aber dann auch wieder menschlicher als das, was Christen und Moslems als "Gott" glauben.

Das - und der Umstand, daß sie keine Alleinherrschaft beanspruchen - macht es auch leichter, sie als real existent zu wissen, ihre Gebote aber dennoch nicht immer zu befolgen.

>o<

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