Ein wirklich ausgezeichnetes Abenteuer, das es schafft, eine Kriminalgeschichte, ein altes Böses, eine politische Verschwörung und vollständige Olympische Spiele auf 35 Seiten unterzukriegen. Natürlich mit wechselndem Detailgrad, aber die wichtigen Informationen sind im wesentlichen vorhanden, während man Abstriche bei Texten machen muß, die einfach nur fürs Flair gut sind.
Aufhänger sind die Harpalischen Spiele, und damit führt das Abenteuer in Regionen, die bisher kaum behandelt wurden - sowohl geographisch, als auch thematisch. Die Erfahrungsangabe als "Experte" ist sinnvoll - und erfrischenderweise mal nicht, um heftige Monster zu besiegen, sondern um bei den Spielen gut abzuschneiden. Es ist für das Abenteuer notwendig, daß die Helden sich bei den Spielen zumindest in ein paar Disziplinen auszeichnen (sie müssen sie nicht unbedingt gewinnen). Da aber nicht nur die üblichen olympischen Disziplinen dabei sind, sondern auch Dinge wie zwei Magiewettbewerbe und einer, der klassische Heldenfähigkeiten abfragt (der Chimärenkampf), sollte das einer Heldengruppe möglich sein, auch ohne daß sie über einen spezialisierten Athleten verfügt.
Zunächst zu den Spielen: Ziemlich genau 10 Seiten, und man hat alle wichtigen Informationen drin. Die Aufbereitung der einzelnen Wettkämpfe - inklusive Regeln und Ergebnissen der anderen Teilnehmer - ist wirklich hervorragend. Man sucht sich die Regel des Wettkampfs, würfelt für den teilnehmenden Helden, vergleicht sein Ergebnis mit der Liste der drei besten NSCs, und hat den Platz; an Modifikationen für Nichtmenschen wurde auch gedacht. Dazu gibt's noch eine Skala, wie sich die wachsende Bekannt- und (hoffentlich) Beliebtheit der Helden auf ihre Stellung in der Stadt auswirkt, die dann auch noch Auswirkungen aufs Finale des Abenteuers hat. Einfacher geht's kaum. Allerdings, wie schon gesagt: Für das Umfeld der Spiele - Zuschauer, spannende Verpackung genannter Ergebnisse, Siegesfeiern, Dopingaffären usw. - muß der Spielleiter zu einem ganzen Teil selbst sorgen. Er bekommt ein paar hilfreiche Hinweise und Vorschläge, aber eben keine reinen Stimmungs- und Vorlesetexte.
Einige der Wettkämpfe sind ein wenig schwammig geraten, wenn die Bewertung wesentlich vom "Stil" abhängt (der Eiskunstlauf läßt grüßen), und beim Chimärenkampf fehlen die Ergebnisse der anderen Teilnehmer. Sehr positiv dagegen bei den Magiewettbewerben die Angabe, wie die gegnerischen Magier vorgehen.
(Nebenkriegsschauplatz: Ein bißchen schade ist hier wie auch sonst häufig, daß man so auf die "offiziellen" Formeln aus MyMa festgelegt ist. Das hat nichts mit dem speziellen Abenteuer zu tun, sondern ist ein generelles Phänomen. Dadurch wird die eigentlich potentiell sehr individuelle Magie Myranors effektiv noch viel eingeschränkter präsentiert als die aventurische.)
Parallel zu den Spielen sollen die Helden einen Mord aufklären. Dabei werden zunächst Tathergang, Plan des Schurken und bisherige Ereignisse präsentiert, dann die möglichen Ermittlungsergebnisse der Helden, die Gegenmaßnahmen der anderen Seite, und dann auch auf das Problem eingegangen, was man mit den gewonnenen Erkenntnissen eigentlich anfangen soll: der Gegenspieler steht sehr wahrscheinlich deutlich höher im Rang als die Helden, gewisse offizielle Stellen sind indisponiert, aber glücklicherweise sind grad die Spiele, da kann man sich Ansehen verschaffen. Yay!
Gleichzeitig stößt man bei den Nachforschungen noch auf einen alten Kult, der die Stadt bedroht, was man im Finale verhindern muß. Die Helden können sich über die Spiele und einige andere Aktionen als wahre Streiter Xirithos' (Shinxirs) herausstellen - mit solchen Abenteuerelementen bin ich nie ganz glücklich, deswegen empfand ich die 3 Seiten einen eher als schwachen Teil. Kann aber, wie gesagt, Voreingenommenheit sein. Nebenbei wird hier noch geklärt, daß der wundervoll poetische Name "Weindunkler See" einen ziemlich ekligen Ursprung hat.
Kleine Beschwerde: Bei den Nachforschungen spielt das Entomonomicon (was ein Wort!) eine ziemlich große Rolle, aber bei den Angaben zum Inhalt der Bücher ist es irgendwie untergegangen. Es wird einerseits nirgendwo gesagt, daß das Buch den Helden keinesfalls zugänglich ist (was auch unpassend wäre), andererseits fehlt die Angabe, was X. und M. in diesem Buch eigentlich gefunden haben. Ist aber eine Kleinigkeit.
Das Ende ist sehr offen und relativ kurz gestaltet - da war der Platz wohl endgültig alle. Kann man spielen, es stecken auch jede Menge Informationen drin, aber dieser Teil hinterläßt nochmal deutlich mehr den Eindruck eines Abenteuergerüsts oder -gerippes: Hier ist konsequent auf alle Ausschmückung verzichtet, und eine ziemlich großangelegte Spielszene wird sehr knapp präsentiert.
Als Fazit bleibt: Ein sehr gutes Abenteuer, das Offenheit mit rotem Faden gut verbindet, zwei parallele Abenteuerstränge sinnvoll kombiniert und trotz der Kürze gut spielbar präsentiert.
Von den fünf Punkten für die Bestnote wird einer abgezogen, weil für ein wirklich rundes Abenteuer doch recht viel Drumherum und Dekoration fehlt. Den gibt's als Bonuspunkt gleich wieder zurück, für einen herausragend ökonomischen Umgang mit dem vorhandenen Platz, der nicht hoch genug gelobt werden kann. Die Autoren von "Tod in Valantia" sollten jedenfalls jeden Morgen ein Kapitel dieses Abenteuers beten.