Gut, das Abenteuer steht also mal wieder oben in der Liste. Schätze, es ist an der Zeit, dass ich meine überfällige Bewertung beisteuere.
Gerade für die Bewertung solcher „klassischen“ Abenteuer, wie IDFDD es ist, stellt sich die Frage der Fragen an so ein Produkt nämlich die: Was erwarte ich von einem Abenteuer?
Erwarte ich ein fix-und-fertiges Ding, das ich easy und ohne große Vorbereitung mit meinen Leuten runterspielen kann und das trotzdem liefert? Wenn dieser – schon allein aufgrund der Individualität jeder einzelnen Gruppe – in der Praxis fast nie eintretende Idealzustand gegeben ist: prima, gerade für unerfahrende Meister. Ich würde mich da mittlerweile allerdings fast unterfordert bei fühlen; die Vorab-Beschäftigung mit einem Abenteuer sehe ich als einen Teil des positiven Erlebens beim Meistern.
Oder rechne ich von vornherein mit einem AB, das mich an entscheidenden Stellen hängen lässt, das mir eine umfangreiche und langweilige Ausarbeitung von Details abnötigt, ohne mich dabei zu inspirieren. Bei dem ich während der Vorbereitung eigentlich schon eher die Nase voll vom Abenteuer habe? Meines Erachtens braucht sowas kein Mensch...
Oder aber erwarte ich gewissermaßen den goldenen Mittelweg: Ein Abenteuer, das ich von vornherein nicht mit der Erwartung aufschlage, den Inhalt 1:1 meiner Gruppe überzustülpen zu können. Stattdessen eines, das mir die dröge Arbeit einer grundlegenden Exposition abnimmt, das mir eine spannende Handlung mit vielfältigen Anknüpfungspunkten an die Welt, für die Interaktion der Spieler mit derselben, liefert; ein Abenteuer, das mein Kopfkino anwirft und die Ideen in Verbindung mit „meiner“ Gruppe sprudeln lässt, wo ich mir beim Durchlesen denke „geil, das Spielen wir, und hier könnte ich perfekt x einführen und die Helden finden es bestimmt Klasse, wenn sie hier endlich mal...“ etc.
Nun, genau Letzteres trifft meines Erachtens auf IDFDD zu.
Es hat für mich potentiell alles, was ein verdammt geiles Abenteuer in Aventurien braucht: Eine verwöhnte Stadt, hinter deren Fassade die dunklen Schatten der Vergangenheit und der Zukunft dräuen, (mindestens) eine tragische Hauptfigur (Trondwig), Spuren von Sex & viel Crime (eine hübsche Tochter, eine heimlich verstossene femme fatale, ein dekadenter Drakologe, ein wahnsinniger Nekromant, diverse alte Geheimnisse), gleich mehrere Antagonisten, die sich gewaschen haben (ein perverser, geldgeiler Buckliger, ein motherf*ing bigass 1-man Army Kah-Thurak-Arfai – schon das Wort suggeriert, dass das hier kein Kindergeburtstag wird), ein sahniger Dungeon voller Schätze und dazu noch eine Liste der mal allerfettesten Ansammlung von Artefakten, die der prinzipiell ängstlich-geizige DSA-Meister jemals auf seine Spieler loslassen durfte. Das Ganze garniert mit (mindestens?) drei abwechslungsreichen Schauplätzen, die bereits in der Grundfassung des ABs verschiedene Aspekte (Schnitzeljagd, Dungeoncrawl, Bosskampf) relativ umfangreich entfalten, und die förmlich danach schreien, auf das Niveau von 2014 angehoben zu werden.
Ehrlich, so einfach und unterhaltsam fand ich es bisher nur selten, ein Abenteuer an die individuellen Anforderungen meiner Gruppe anzupassen:* Keine umständlichen Fliesstexte, die einen immer wieder behindern; das Ganze geht rundheraus zur Sache. Ich lüge nicht, wenn ich eingestehe, dass ich diverse „Loot“-Tabellen aus dem AB später mehrfach wiederverwendet habe, wenn es darum ging, die Helden mal eher zufällig „was Gutes“ finden zu lassen (natürlich z. B. gemäß WDA angepasst). So klar strukturiert findet man heute sowas eigentlich Grundlegendes viel zu selten. Dabei bietet IDFDD trotz der Kompaktheit dermaßen vielfältige Anknüpfungspunkte – von denen viele der auch vorstehend genannten zugegebenermaßen erst retrospektiv eingeführt wurden, aber das ist aus heutiger Sicht für mich irrelevant – dass man auf den paar Seiten genug Aufhänger für eine ganze Kampagne hätte. Und genau das war das AB in der Gruppe, in der ich es gespielt habe, dann auch gewissermaßen. Bekannter Weise geht´s in und um den Molchenberg später ja noch richtig zur Sache. Und auch andere, sehr gute ABs rekurieren auf IDFDD auf die eine oder andere Art (für mich war neben Trondwig, Xeraan, Pher und Karasuk insbesondere das weitere Schicksal der Perainiane interessant, die bei uns nach einer – nicht standesgemäßen – Mesalliance mit einem der Helden ins Perainekloster musste; das nächste Wiedersehen gemäß offiziellem Kanon dürfte weniger romantisch ausfallen...).
Dass die Spieler es mit den Artefakten mal so richtig Krachen lassen können, sehe ich als eine weitere Stärke das Abenteuers an. Ich hatte auch – im Gegensatz zum Autor – keine Sorge, dass die Helden vielleicht das Eine oder Andere behalten. Schließlich muss der Einsatz solcher Relikte sehr gut überlegt sein, so einfach und unbehelligt zieht man nicht z. B. mit der Harfe oder dem Rufer durch Aventurien. Große Macht bringt bekanntlich große Verantwortung und wer weiß, ob solch ein Artefakt nicht auch mittelfristig den Träger an sich korrumpiert hätte. Naja, meine Helden hatten viel zuviel Respekt vor den großen Dingern, allein Glowasils Karfunkel sollte mit, und mit dem intriganten Geist des Drachen allein hatten sie schon soviel Spaß, dass sie das Ding am Ende freiwillig den Katarakt runtergeworfen haben...
Kurz: In der Gesamtheit seiner Eigenschaften ist dieses Abenteuer unter der Prämisse meiner Anforderungen an ein „gutes“ DSA Abenteuer, das Spieler und Meister erfreut, mit das Beste, dass ich bisher mit meinen Leuten erleben durfte. Deshalb von mir (trotz des bei uns ersatzlos gestrichenen Ladifahris) satte und aufrichtige
5 Sterne.
Und – ganz im Sinne der Diskussionskultur auf diesem Board – schließe ich mal extra provokativ an: Wer hier nur 1 Stern sieht, der liest und spielt DSA-Abenteuer eben falsch.
:D
Da es hier nur um eine Bewertung des Abenteuers geht, spare ich mir mal die Darstellung der Ereignisse des Abenteuers, wie sie sich bei uns entfaltet haben. Falls es jemand brennend interessieren sollte, reiche ich die gerne nach.
*Es war mein erstes Experiment dieser Art und glücklicherweise ein voler Erfolg, habe viel von gelernt – danke auch an den Farmersohn aus Marburg sowie Andarin hier im Forum und bpoint bei den Orkenspaltern für einige Inspirationen.