In unserer Gruppe wurde
Shafirs Schwur (ShS) als Teil der
Aarensteinkampagne in der Nebenline der G7 gespielt, mit mir als Meister.
Gegenüber dem von Linearität und löchrigen Plot geplagten "Prolog" in Form von
Unter dem Adlerbanner (UdA) legt Autor Niels Gaul hier ein grandioses Werk vor, dem ich ohne jegliche Gewissensbisse 5 von 5 Punkte gebe. ShS bietet alles: Alte Mysterien, politische Intrigien, Anbindung an den Metaplot, ein spannendes Pferderennen, Romantik und Herzschmerz, Dämonen UND Drachen. Und nichts davon fühlt sich deplatziert an oder verlangt großes Nacharbeiten durch den Meister. Hut ab!
Meiner Meinung sollte ShS sogar auch als Einzelabenteuer einigermaßen spielbar sein: Man lässt die Helden als "Dienstleister in besonderer Mission" auf horaskaiserlichen Auftrag nach Neetha kommen, um die Ankunft von Aldares Hofstaat vorzubereiten und diesen später zu schützen. In Neetha und später in Thegûn lassen sich die Erkenntnisse aus UdA sowie "Zwischenspiels" zwischen den Abenteuern ohne große Probleme recherchieren. Da die Helden die Pläne des Antagonisten
Furro ay Oikaldiki wohl am ehesten nachvollziehen können, macht es auch Sinn, sie später Aldares Leibwache zuzuteilen.
Den größten Spaß werden die Helden aber haben, wenn sie die Aarensteinkampagne komplett spielen, also vor ShS sowohl UdA als auch das vorgesehene (aber kaum ausgearbeitete) "Zwischenspiel" absolvieren.
Plot
In ShS erfüllt sich eine der Prophezeihungen der Borbardardkampagne,
Geron der Einhändige wird thematisiert und das ungleiche Geschwisterpaar aus Prinzessin
Aldare Firdayon und Prinz
Timor Firdayon wird plastisch dargestellt, so dass ein späterer Einstieg in die
Königsmacher-Kampagne leicht fallen sollte. Freunde des Metaplots kommen also voll und ganz auf ihre Kosten!
Auf der Gegenseite stehen der o.g. Furro sowie
Saya di Zeforika, deren Pläne und Möglichkeiten plausibel dargestellt werden.
Möglichkeiten der Helden, den vorgesehenen Plot zu sprengen, bestehen nur in geringem Maße. Das Abenteuer hält hier aber gute Alternativvorschläge bereit. Auch das Tempo passt, es gibt quasi keine unnötige Downtime.
Aventurisches Feeling
Exzellent! Die Unterbringung bei lokalpatriotischen Neethaner Adligen in Kombination mit Rechercheaufgabe im Umland, bei denen man einer Verschwörung hinterherspürt, gibt jede Menge Möglichkeiten, die horasische Lebenswelt und Weltsicht darzustellen. Der Autor schafft ein rundes Bild der Gastgeberinnen und legt ihnen passende Worte in den Mund. Auch der spätere Aufenthalt in einem Heiligtum der Hesinde wird detailliert beschrieben. Der Dungeonausflug ist angenehm gruselig (wenn auch etwas zu sehr auf die Fallen als auf die Hinterlassenschaften der Erbauer fokussiert) und für den Spannungsaufbau zum Finale sind sind einige Quellen bereitgestellt. Die gewaltige Macht des uralten Kaiserdrachen Shafir kommt gut rüber. Wie schon in UdA schlägt Niels Gaul in den Vorlesetexten einen Ton an, den ich als herrlich historisch empfinde. Anderen mag er etwas schwülstig vorkommen.
Notwendige Einschränkungen der heldischen Freiheiten
Sowohl die Verschwörung als auch die geschichtlichen Mysterien können von den Helden mit phexischer List, Gewalt, Magie oder Karmaenergie aufgeklärt werden, ohne den Plot zu gefährden. Die sonst eher "plotgefährdenden" flugfähigen Helden können sich besonders profilieren, ohne dass Probleme zu erwarten sind. Einzig an einer Stelle muss ein Giftanschlag soweit gelingen, dass jemand zumindest für zwei Tage bettlägerig wird. Kein Problem, solange keine Koryphäen des ABVENENUM oder der HKG in der Gruppe sind.
Vorraussetzung ist weiterhin, dass die Helden dem Horasreich und seiner Herrscherfamilie nicht feindlich gesonnen sind. Ein magiebegabter und ein gut reitender Held sind dringend zu empfehlen, um das Abenteuer voll auskosten zu können.
Vorbereitungsbedarf für den Meister
Das Abenteuer ist gut zu lesen und gibt seine Informationen konzentriert wieder. Gegenüber dem ziemlich linearen UdA kommt in ShS auf den Meister etwas mehr zu: Er muss auf unerwartete Rechercheaktivitäten der Helden mit Improvisation reagieren und einige typische NSCs in der Schublade haben. Idealerweise hat er noch einige historische Extraquellen zur Hand - in Thegûn ist man eben nicht in der Provinz, sondern in einem Zentrum der Gelehrsamkeit. Hier hilft z.B. ein Blick in die Anthologie
Drachenodem. Auch der Finalkampf muss an die Gruppe angepasst werden. Änderungen des Plots (über die im Abenteuer vorgeschlagenen Reaktionen auf abweichende Heldenaktionen hinaus) sind jedoch kaum nötig. Ein netter Bonus ist sicherlich auf eine vertiefte Ausarbeitung des Pferderennens in Neetha.
Fazit:
Ein wunderbares, ohne großen Aufwand vorbereitbares Abenteuer mit hervorragenden Ortsbeschreibungen und reichlicher Handlungsfreiheit für die Helden. Der Plot hat ein gutes Tempo, ist kaum umzuwerfen und stellt wichtige Personen und Ereignisse der "lebenden Geschichte" Aventuriens wunderbar dar. Ich vergebe 5 von 5 Punkten, oute mich als begeisterter Niels-Gaul-Fanboy und rate zu folgendem:
- Den Helden den Wurm von Chababien als Objekt rondrianischer Legenden und Pilgerfahren vorzustellen
- Den Dungeonausflug mit ordentlich Hinterlassenschaften der Erbauer auszustaffieren
- Die DSA-3-Regionalbeschreibung Neethas (Box "Fürsten Händler Intriganten") oder Michael "Cedor" Hasenöhrls detaillierte Ausarbeitungen zu Chababien und Neetha zu studieren
Ich hoffe, dass ich über die Weihnachtstage zumindest meine Unterlagen zur Aarensteinkampagne zusammen mit einem Spielbericht aufbereitet und hochgeladen bekomme.