Nein heißt Nein, oder doch nicht? (Konkreter Fall!)

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sagista
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Re: Nein heißt Nein, oder doch nicht? (Konkreter Fall!)

Ungelesener Beitrag von sagista »

BenjaminK hat geschrieben:Medizinische Altersfeststellung bedeutet, dass bereits die erste Aussage des Beschuldigten angezweifelt wird. Wer mit so einem Generalverdacht konfrontiert ist, hat verloren, egal, was passiert ist. Und das wiederum kollidiert doch mit Gerechtigkeit.
Das halte ich, mit Verlaub, für Unsinn.
Wenn du deine Steuererklärung machst, musst du deine Angaben auch belegen, ohne dass man dich unter Generalverdacht stellt. Solltest du Hartz IV beziehen müssen, musst du auch Belege vorbringen, ohne dass der Vorwurf eines Generalverdachts berechtigt wäre.
Niemand weiß, wer von den Flüchtlingen seinen Pass gestohlen bekommen hat oder wer ihn einfach weggeworfen hat. Niemand weiß, wieviele Flüchtlinge bei der Nationalität und / oder beim Alter gelogen haben. Was man aber weiß ist, dass Straftäter unter den Flüchtlingen sich häufig als 17-Jährige ausgeben, obwohl sie bereits Mitte 20 sind, da sie wissen, dass man als Jugendlicher hier günstiger davon kommt. Daher ist es berechtigt und notwendig, das Alter zu prüfen, zumal man die Möglichkeiten dazu hat.

BenjaminK hat geschrieben:Wenn das Gericht von sich aus ein hartes Urteil mit der Aufgabe der Generalprävention begründet, kann man darauf problemlos Bezug nehmen. Dann hat das Gericht von sich aus bereits gesagt, dass auch weitere Interessensgruppen für die Urteilsfindung vorhanden waren als die beiden Parteien vor dem Richter.
Naja klar. Nur, was spricht dagegen, wenn, ich wiederhole es gern, das Urteil im vorgeschriebenen Rahmen bleibt? Ich kenne jetzt den Strafrahmen für Vergewaltigung in Österreich nicht, gehe aber davon aus, dass er nicht bei drei Jahren liegt, auch nicht im Jugendstrafrecht. Wäre dem so, wäre es wohl zumindest fragwürdig, bei einer versuchten Vergewaltigung das Strafmaß für Vergewaltigung voll auszuschöpfen. Aber ich denke schon, dass eine Bewährungsstrafe bei einer "misslungenen" Vergewaltigung auch ein falsches Signal setzen kann, nach dem Motto, ist ja nicht so schlimm, war ja nur ein Versuch.

BenjaminK hat geschrieben:@Sagista
Ich stelle das Urteil gar nicht in Frage. Das steht mir nicht zu. Wäre es nicht rechtens gewesen, wäre es so nicht gefällt worden. Gleichwohl kann ich sagen, dass bei Exempel statuieren mehr Dinge Einfluss nehmen, als das aktuell vorliegende. Der Grund, warum gerade bei dir die Kritik landet ist, weil du zum einen da bist und dich den Diskussionen stellst und zum anderen, dass du bei beiden Urteilen den Gerechtigkeitsgedanken für den vorliegenden Fall wegwischst und lieber, ich nenn es mal so, die globale Gerechtigkeit im Blick hast.
Mich würde mal interessieren, was du unter "globale Gerechtigkeit" verstehst bzw. was du damit meinst, weise allerdings zurück, ich würde den Gerechtigkeitsgedanken bei beiden Urteilen wegwischen. Dass Recht nicht zwingend auch Gerechtigkeit heißen muss, ist nicht meine Erfindung.

BenjaminK hat geschrieben:Anfallen, um sie in aller Öffentlichkeit zu Vergewaltigen ist verabscheuungswürdig? Anfallen, um die Tasche und den Kinderwagen zu rauben ist nicht so verabscheuungswürdig? Anfallen, um das Gesicht mit einem Messer zu verstümmeln, weil die letzte Note an der Schule in Mathe nicht gefallen hat, ist nicht so verabscheuungswürdig?
Ich habe kein Ranking nach Verabscheuungswürdigkeit aufgestellt. Warum insinuierst du, ich würde das tun? Oder findest du es nicht besonders verabscheuungswürdig, wenn jemand versucht, eine Frau vor den Augen ihrer Kinder zu vergewaltigen? Dass es das ist, habe ich geschrieben, aber nicht, was weniger verabscheuungswürdig oder noch verabscheuungswürdiger ist.

Gorbalad hat geschrieben:Sieht man "Generalprävention" als moderneren Ausdruck für "Exempel statuieren" ist das doch eine der Intentionen hinter einer Strafe...
Findest du das jetzt gut oder schlecht?

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Gorbalad
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Re: Nein heißt Nein, oder doch nicht? (Konkreter Fall!)

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sagista hat geschrieben:
Gorbalad hat geschrieben:Sieht man "Generalprävention" als moderneren Ausdruck für "Exempel statuieren" ist das doch eine der Intentionen hinter einer Strafe...
Findest du das jetzt gut oder schlecht?
Es ist ein Faktum.

Die Strafhöhe alleine wirkt aber mWn einfach nicht, siehe Todesstrafe. Die (vermutete) Wahrscheinlichkeit, erwischt und verurteilt zu werden spielt da auch eine bedeutende Rolle.
"Eigentlich wäre <X> sehr <Y>, nur man hat daraus nichts gemacht" ist glaube ich die Quintessenz von DSA.

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sagista
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Re: Nein heißt Nein, oder doch nicht? (Konkreter Fall!)

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Klar ist die Strafhöhe nicht das alleinige Allheilmittel. Mitunter mag sogar eine extrem hohe Strafandrohung kontraproduktiv sein; z. B. stünde auf Vergwaltigung die Todesstrafe, wäre die Gefahr, dass der Vergwaltiger sein Opfer auch noch ermordet, wahrscheinlich deutlich höher. Gleichwohl ist eine zu niedrige Strafandrohung auch nicht gut, da sie als Freibrief mißverstanden werden könnte. Wenn man "nur" eine Bewährungsstrafe riskiert, mag bei manchen die Hemmschwelle sinken. Aber richtig ist natürlich, je höher die Gefahr ist, erwischt und auch (spürbar) verurteilt zu werden, ist entscheidend und auch als Prävention geeignet. Deswegen finde ich dieses Urteil auch begrüßenswert, da es ganz klar die Message aussendet: Wir erwischen euch und verknacken euch.

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Re: Nein heißt Nein, oder doch nicht? (Konkreter Fall!)

Ungelesener Beitrag von Eulenspiegel »

BenjaminK hat geschrieben:Medizinische Altersfeststellung bedeutet, dass bereits die erste Aussage des Beschuldigten angezweifelt wird. Wer mit so einem Generalverdacht konfrontiert ist, hat verloren, egal, was passiert ist. Und das wiederum kollidiert doch mit Gerechtigkeit.
Die erste Aussage eines Schuldigen ist fast immer: "Ich bin unschuldig." und "Ich habe die Tat, die mir vorgeworfen wird, nicht begangen."
Und ja, diese erste Aussage wird natürlich angezweifelt, sonst wäre er schließlich nicht der Beschuldigte.

"Ich bin erst 17." ist dann die zweite Aussage des Beschuldigten.

Wenn man jetzt die erste Aussage anzweifelt, ist es nur naheliegend, dass man auch die zweite Aussage anzweifelt.

Natürlich gilt in beiden Fällen die Unschuldsvermutung. Man darf die Aussage zwar anzweifeln, allerdings muss man beweisen, dass die Aussage falsch ist. Das gilt für die erste Aussage genau so wie für die zweite Aussage.

Mit Generalverdacht hat das nichts zu tun. Das ist ein Individualverdacht, den man einem Beschuldigten entgegenbringt.
Gorbalad hat geschrieben:Sieht man "Generalprävention" als moderneren Ausdruck für "Exempel statuieren" ist das doch eine der Intentionen hinter einer Strafe...
"Generalprävention" bedeutet, dass man generell ein hohes Strafmaß verhängt, um Nachahmer abzuschrecken.
"Exempel statuieren" bedeutet, dass man einmalig ein hohes Strafmaß verhängt, wenn es besonders medienwirksam ist, ansonsten aber ein geringeres Maß wählt.
sagista hat geschrieben:Naja klar. Nur, was spricht dagegen, wenn, ich wiederhole es gern, das Urteil im vorgeschriebenen Rahmen bleibt?
Da spricht nichts dagegen. Aber man sollte es halt beim Namen nennen.
Ich habe kein Ranking nach Verabscheuungswürdigkeit aufgestellt. Warum insinuierst du, ich würde das tun? Oder findest du es nicht besonders verabscheuungswürdig, wenn jemand versucht, eine Frau vor den Augen ihrer Kinder zu vergewaltigen?
Hättest du geschrieben "normal verabscheuungswürdig" würde es kein Ranking enthalten. Aber "besonders verabscheuungswürdig" besagt ja, dass es etwas Besonderes ist. Das heißt, dass die anderen Taten weniger verabscheuungswürdig sind.

"besonders" sagt man immer dann, wenn eine Sache sich aus der Masse hervorhebt und die anderen Sachen alle weniger davon sind.

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sagista
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Re: Nein heißt Nein, oder doch nicht? (Konkreter Fall!)

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Eulenspiegel hat geschrieben:"Generalprävention" bedeutet, dass man generell ein hohes Strafmaß verhängt, um Nachahmer abzuschrecken.
"Exempel statuieren" bedeutet, dass man einmalig ein hohes Strafmaß verhängt, wenn es besonders medienwirksam ist, ansonsten aber ein geringeres Maß wählt.
Vielleicht hat man hier "Exempel statuieren" gemeint, sagt aber "Generalprävention". Aber ich bin grundsätzlich eh eher dafür, gerade bei Sexualdelikten eher ins obere Regal an Strafen zu greifen, von daher unterstütze ich die Generalprävention.
Eulenspiegel hat geschrieben:Hättest du geschrieben "normal verabscheuungswürdig" würde es kein Ranking enthalten. Aber "besonders verabscheuungswürdig" besagt ja, dass es etwas Besonderes ist. Das heißt, dass die anderen Taten weniger verabscheuungswürdig sind.

"besonders" sagt man immer dann, wenn eine Sache sich aus der Masse hervorhebt und die anderen Sachen alle weniger davon sind.
Ursprünglich sprach ich von "ziemlich verabscheuungswürdig" ohne irgendwelche anderen Straftaten zu erwähnen, woraufhin BenjaminK meinte, ich würde andere, von ihm aufgezählte Straftaten verabscheuungswürdiger finden, was ich jetzt etwas seltsam fand.

Aber wenn wir nun darüber reden möchten, wie verabscheuungswürdig bestimmte Straftaten sind, verhehle ich nicht, dass ich Sexualstraftaten für besonders verabscheuungswürdig halte. Daraus jedoch abzuleiten, ich würde alle anderen Straftaten für weniger verabscheuungswürdig halten, ist unzulässig. Wäre dem so, würde ich den Superlativ verwenden.

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BenjaminK
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Re: Nein heißt Nein, oder doch nicht? (Konkreter Fall!)

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@Sagista
Deine Ausführungen zu HartzIV oder der Steuererklärung sind völlig daneben. Den jeweiligen Antrag gibt man freiwillig ab und erhofft sich eine gewisse finanzielle Bevorteilung. Unschuldsvermutung, Generalverdacht, Vorverurteilung... Das sind alles Dinge, bei deinen weder Freiwilligkeit noch Besserstellung mit rein spielen.
Und ich habe dir zu keiner Stelle gesagt, dass du etwas nicht verabscheuungswürdig hältst, sondern dass es noch reichlich andere Straftaten gibt, bei denen ähnliche Schädigungen im Raum sein können, dort aber erstmal beim angemessenen Strafmaß angesetzt wird und daher auch bei den vorliegenden Fällen ohne Aufschrei angesetzt werden sollte. Dafür gibt es ja die Strafmaße je Straftat.
Und mit global meine ich, dass du eine Ungerechtigkeit im vorliegenden Fall akzeptierst (Freispruch nicht werten und weiterhin von Schuld ausgehen, Signalwirkung für Andere), solange dadurch in der Zukunft weniger passiert.
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Re: Nein heißt Nein, oder doch nicht? (Konkreter Fall!)

Ungelesener Beitrag von Eulenspiegel »

BenjaminK hat geschrieben:Unschuldsvermutung, Generalverdacht, Vorverurteilung... Das sind alles Dinge, bei deinen weder Freiwilligkeit noch Besserstellung mit rein spielen.
Du wirfst jetzt einige Sachen durcheinander, die unabhängig voneinander sind.
Wir haben:
1. Generalverdacht <-> Individualverdacht
2. Unschuldsvermutung <-> Vorverurteilung
3. Freiwilligkeit der Prüfung <-> Unfreiwilligkeit der Prüfung

Das sind quasi 3 Achsen eines Koordinatensystems. Und auf jeder Achse kannst du dich fortbewegen, ohne dabei die anderen beiden Achsen zu verändern.

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sagista
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Re: Nein heißt Nein, oder doch nicht? (Konkreter Fall!)

Ungelesener Beitrag von sagista »

BenjaminK hat geschrieben:Deine Ausführungen zu HartzIV oder der Steuererklärung sind völlig daneben. Den jeweiligen Antrag gibt man freiwillig ab und erhofft sich eine gewisse finanzielle Bevorteilung. Unschuldsvermutung, Generalverdacht, Vorverurteilung... Das sind alles Dinge, bei deinen weder Freiwilligkeit noch Besserstellung mit rein spielen.
Ich weiß ja nicht, wie dein Verhältnis zum Finanzamt ist, aber mein Finanzamt fordert von mir eine Steuererklärung. Dass ich dann zuviel gezahlte Steuern zurückerhalte, ist keine finanzielle Bevorteilung sondern rechtmäßig. Und dass ich Belege und Nachweise erbringen muss ebenfalls. Genauso wie man Hartz IV selten freiwillig beantragt, sondern man muss es tun, um über die Runden zu kommen. Und da musst du deine Bedürftigkeit nachweisen, da glaubt man dir das auch nicht unbesehen, dass du Anspruch hast.

Ich finde es völlig daneben, mit den Standardphrasen wie Generalverdacht und Vorverurteilungum sich zu werfen, es sei denn, man schließt vollständig aus, dass alle Leute ihre Pässe abgenommen bekommen haben (ihr Handy aber nicht). Auf diesen Standpunkt kann man sich natürlich stellen, muss dann aber damit rechnen, für naiv gehalten zu werden.
BenjaminK hat geschrieben:Und ich habe dir zu keiner Stelle gesagt, dass du etwas nicht verabscheuungswürdig hältst, sondern dass es noch reichlich andere Straftaten gibt, bei denen ähnliche Schädigungen im Raum sein können, dort aber erstmal beim angemessenen Strafmaß angesetzt wird und daher auch bei den vorliegenden Fällen ohne Aufschrei angesetzt werden sollte. Dafür gibt es ja die Strafmaße je Straftat.
Aber da wir von Vergewaltigungen reden, ist es unerheblich, dass es auch andere Straftaten gibt. Und interessant, dass du scheinbar der Meinung bist, in diesem Fall sei nicht das angemessene Strafmaß angesetzt worden. Im Übrigen hast du folgendes geschrieben:
BenjaminK hat geschrieben:Anfallen, um sie in aller Öffentlichkeit zu Vergewaltigen ist verabscheuungswürdig? Anfallen, um die Tasche und den Kinderwagen zu rauben ist nicht so verabscheuungswürdig? Anfallen, um das Gesicht mit einem Messer zu verstümmeln, weil die letzte Note an der Schule in Mathe nicht gefallen hat, ist nicht so verabscheuungswürdig?
Ich finde das schlicht ziemlich merkwürdig, ein solches Ranking einführen zu wollen.
BenjaminK hat geschrieben:Und mit global meine ich, dass du eine Ungerechtigkeit im vorliegenden Fall akzeptierst (Freispruch nicht werten und weiterhin von Schuld ausgehen, Signalwirkung für Andere), solange dadurch in der Zukunft weniger passiert.
Weißt du eigentlich, was du da schreibst?
Das klingt zwar irgendwie ganz nett und freundlich, ist aber tatsächlich der perfide Vorwurf, man wolle die Axt an die Wurzeln des Rechtsstaates legen und man wolle willkürliche Urteile fordern, frei nach Motto, bestrafe einen, erziehe hunderte. Eigentlich eine unfassbare Unterstellung, die ich fast schon als böswillig ansehen würde.

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Re: Nein heißt Nein, oder doch nicht? (Konkreter Fall!)

Ungelesener Beitrag von BenjaminK »

Ich schreibe die ganze Zeit, dass du so manche Grundpfeiler, die notwendig (wenn auch nicht hinreichend) für Gerechtigkeit in den vorliegenden Fällen in Frage stellst. Sowohl bei einem Freispruch ohne weitere Rechtsmittel irgendeiner Seite weiterhin von einer Schuld ausgehen als auch die Signalwirkung und damit weitere Anspruchsgruppen in einem Fall als Einfluss auf das Urteil zu akzeptieren sind Ungerechtigkeit.

Und der Grund, dass ich - im Übrigen fragend und nicht feststellend - auf andere Tatbestände hingewiesen hab, ist in deiner Emotionalität in dem Thema begründet. Sobald da auch nur der Vorwurf erhoben wird oder möglicherweise jemand eine Absicht in die Richtung hatte, kommt die emotionale Wertung dazu und gerade bei dir die o.g. Ungerechtigkeit.

Und was die Anträge angeht, ist es immernoch meilenweit von einem Gericht entfernt. Wenn der Beschuldigte seine Unschuld beteuert, dann muss man ihm das Gegenteil beweisen und nicht einfach seine Aussage ignorieren. Und genau das macht man, wenn man erstmal eine Altersfeststellung fordert; Seine Aussage ignorieren, weil man schon davon überzeugt ist, dass er lügt. Und das wiederum beißt sich mit dem Gedanken, dass erstmal jeder unbescholten ist, bis ihm das Gegenteil bewiesen wurde. Die Aussagen der Kläger und Zeugen dienen nicht dazu, die Aussage des Angeklagten zu verifizieren oder falsifizieren, sondern die Vorwürfe zu beweisen.
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Re: Nein heißt Nein, oder doch nicht? (Konkreter Fall!)

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BenjaminK hat geschrieben:Ich schreibe die ganze Zeit, dass du so manche Grundpfeiler, die notwendig (wenn auch nicht hinreichend) für Gerechtigkeit in den vorliegenden Fällen in Frage stellst. Sowohl bei einem Freispruch ohne weitere Rechtsmittel irgendeiner Seite weiterhin von einer Schuld ausgehen als auch die Signalwirkung und damit weitere Anspruchsgruppen in einem Fall als Einfluss auf das Urteil zu akzeptieren sind Ungerechtigkeit.
Du behauptest, ich würde Grundpfeiler in Frage stellen, aber diese Behauptungen begründen sich nachwievor in einer unzulässigen Interpretation meiner Aussagen, wie ich bereits mehrmals erörtert habe. Aber gut, ich werde dich von diesem merkwürdigen Pfad nicht mehr abbringen können, da du dich da irgendwie festgebissen hast, deswegen brauchen wir das auch nicht weiter zu diskutieren.
BenjaminK hat geschrieben:Und der Grund, dass ich - im Übrigen fragend und nicht feststellend - auf andere Tatbestände hingewiesen hab, ist in deiner Emotionalität in dem Thema begründet. Sobald da auch nur der Vorwurf erhoben wird oder möglicherweise jemand eine Absicht in die Richtung hatte, kommt die emotionale Wertung dazu und gerade bei dir die o.g. Ungerechtigkeit.
Ich lese, was du schreibst, aber ich habe keine Ahnung, was du mir damit sagen möchtest.
BenjaminK hat geschrieben:Und was die Anträge angeht, ist es immernoch meilenweit von einem Gericht entfernt. Wenn der Beschuldigte seine Unschuld beteuert, dann muss man ihm das Gegenteil beweisen und nicht einfach seine Aussage ignorieren. Und genau das macht man, wenn man erstmal eine Altersfeststellung fordert; Seine Aussage ignorieren, weil man schon davon überzeugt ist, dass er lügt. Und das wiederum beißt sich mit dem Gedanken, dass erstmal jeder unbescholten ist, bis ihm das Gegenteil bewiesen wurde. Die Aussagen der Kläger und Zeugen dienen nicht dazu, die Aussage des Angeklagten zu verifizieren oder falsifizieren, sondern die Vorwürfe zu beweisen.
Ich verstehe nicht, wie man auf solche Gedanken kommen kann.
Wenn jemand aussagt, er wäre 17, sieht aber aus, als wäre er 25, dann kann man doch darauf bestehen, das Alter feststellen zu lassen. Normalerweise passiert dies über amtliche Papiere. Sind diese nicht vorhanden, warum auch immer, so muss man sich anders behelfen. Wo ist denn das Problem? Was hat das mit Unbescholtenheit zu tun? Deine ganze Argumentation in diesem Punkt ist für mich vollkommen unverständlich.

Eulenspiegel
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Re: Nein heißt Nein, oder doch nicht? (Konkreter Fall!)

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BenjaminK hat geschrieben:Wenn der Beschuldigte seine Unschuld beteuert, dann muss man ihm das Gegenteil beweisen und nicht einfach seine Aussage ignorieren. Und genau das macht man, wenn man erstmal eine Altersfeststellung fordert; Seine Aussage ignorieren, weil man schon davon überzeugt ist, dass er lügt.
Nein, wenn man auf eine Altersfeststellung verzichtet und ihn wie einen 25jährigen behandelt, dann würde man seine Aussage ignorieren und wäre bereits im Vorfeld davon überzeugt, dass er lügt.

Wenn man jedoch eine Altersfeststellung macht, dann überprüft man damit seine Aussage. Nach der Altersfeststellung wurde dann entweder bewiesen, dass er die Wahrheit sagt oder dass er lügt.

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BenjaminK
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Re: Nein heißt Nein, oder doch nicht? (Konkreter Fall!)

Ungelesener Beitrag von BenjaminK »

Ich versuch es noch ein mal, dann geb ich auf :D

"Anfallen, um vor den Kindern zu vergewaltigen (und dabei scheitern)" ist "ziemlich verabscheuungswürdig". Ist "Anfallen, um vor den Kindern das Gesicht zu entstellen (und dabei auch scheitern)" genau so verabscheuungswürdig? Schlimmer? Weniger Schlimm? Oder spielt es keine Rolle, weil die Verabscheuungswürdigkeit bereits mit im Strafgesetzbuch bei den verschiedenen Strafmaßen berücksichtigt ist?
Du sagst, dass weil es verabscheuungswürdig ist, darf gerne ins obere Ende des Strafmaßes gegriffen werden, selbst wenn es nur beim Versuch geblieben ist. Ich sage, dass es keinen Unterschied machen darf, wenn es beim Versuch geblieben ist und eine entsprechende (der vorliegenden Tat) Strafe festgelegt wird. Der Grad der Abscheu ist ja schon für das Vergehen bewertet. Je mehr Abscheu, desto mehr Strafe ist möglich.

Und was das Alter angeht: Wenn er aussagt, dass er 17 ist und gleich drauf kommt "glaub ich nicht", dann braucht er gar nicht erst angehört werden, weil anscheinend das Gericht bereits für sich ein Urteil gefällt hat "Der lügt!", was das Ergebnis einer Verhandlung sein kann, aber nicht der Start, sonst muss derjenige erst einmal um seine Unschuld kämpfen, wo doch eigentlich der Staatsanwalt um die Schuld kämpfen muss. Ihm wird ja nicht zur Last gelegt, bereits 25 zu sein und als Hochstapler die Welt mit seinem Alter zu täuschen.

Andere Situation: Du gehst zur Polizei, meldest den Diebstahl deiner Geldbörse mitsamt Personalausweis etc. Darauf fragt dich der Beamte zu deinem Namen nach dem Ausweis, der aber nicht da ist. Als nächstes darfst du dann erstmal Fingerabdrücke, Fotos und andere biometrische Daten hinterlassen, weil der Beamte sich ja nicht sicher sein kann, dass deine Aussage (Name: Peter Müller) stimmt. Er findet, dass du eher aussiehst, wie ein Werner Schmitt. Warum auch immer die Papiere nicht da waten, die Beamten wussten sich halt anders zu helfen. Hättest du damit ein Problem? Ich schon.
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Re: Nein heißt Nein, oder doch nicht? (Konkreter Fall!)

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BenjaminK hat geschrieben:Ich versuch es noch ein mal, dann geb ich auf :D
Ich kann dir versichern, dass ich auch kurz vor Aufgabe stehe ;-)
Aber das ist ja auch nicht schlimm, man kann ja auch irgendwann feststellen, dass es keinen Sinn mehr macht, eine Diskussion weiterzuführen.
BenjaminK hat geschrieben:"Anfallen, um vor den Kindern zu vergewaltigen (und dabei scheitern)" ist "ziemlich verabscheuungswürdig". Ist "Anfallen, um vor den Kindern das Gesicht zu entstellen (und dabei auch scheitern)" genau so verabscheuungswürdig? Schlimmer? Weniger Schlimm? Oder spielt es keine Rolle, weil die Verabscheuungswürdigkeit bereits mit im Strafgesetzbuch bei den verschiedenen Strafmaßen berücksichtigt ist?
Ich lehne es nachwievor ab, zu versuchen, ein Ranking herzustellen, was jetzt im Detail verabscheuungswürdiger als das andere ist, zumal ich nicht erkennen kann, wohin dies führen soll. Wenn du schon darauf beharrst, irgendwie ein Ranking zu inszenieren, so würde ich sagen, dass eine versuchte Vergewaltigung vor den Augen der Kinder verabscheuungswürdiger als eine versuchte Vergewaltigung ist, die nicht vor den Augen der Kinder staatfindet, weil es wahrscheinlich sowohl für das Opfer, als auch für die Kinder noch schlimmer ist, wenn die Kinder das Verbrechen an ihrer Mutter auch noch miterleben müssen.
BenjaminK hat geschrieben:Du sagst, dass weil es verabscheuungswürdig ist, darf gerne ins obere Ende des Strafmaßes gegriffen werden, selbst wenn es nur beim Versuch geblieben ist. Ich sage, dass es keinen Unterschied machen darf, wenn es beim Versuch geblieben ist und eine entsprechende (der vorliegenden Tat) Strafe festgelegt wird. Der Grad der Abscheu ist ja schon für das Vergehen bewertet. Je mehr Abscheu, desto mehr Strafe ist möglich.
In obere Strafmaß für versuchte Vergewaltigungen. Kann es sein, dass du mich, warum auch immer, so verstanden hast, ich würde jetzt in diesem Fall denken, dass die versuchte Vergewaltigung vor den Augen der Kinder höher zu bestrafen sei als eine "erfolgreiche" Vergewaltigung, die nicht vor den Augen von Kindern begangen wurde? Oder forderst du eine Einheitsstrafe für versuchte Vergewaltigungen?
BenjaminK hat geschrieben:Und was das Alter angeht: Wenn er aussagt, dass er 17 ist und gleich drauf kommt "glaub ich nicht", dann braucht er gar nicht erst angehört werden, weil anscheinend das Gericht bereits für sich ein Urteil gefällt hat "Der lügt!", was das Ergebnis einer Verhandlung sein kann, aber nicht der Start, sonst muss derjenige erst einmal um seine Unschuld kämpfen, wo doch eigentlich der Staatsanwalt um die Schuld kämpfen muss. Ihm wird ja nicht zur Last gelegt, bereits 25 zu sein und als Hochstapler die Welt mit seinem Alter zu täuschen.
Häh?
Sorry, ich verstehe dich immer noch nicht.
Meinst du, wenn man dem Angeklagten unterstellt, er lüge beim Alter, unterstellt man ihm gleichzeitig, er würde auch bei allem anderen lügen?
Was hat das mit Schuld oder Unschuld zu tun, wenn man das Alter prüfen möchte, weil kein Ausweis vorhanden ist? Man muss doch wissen, wie alt der Angeklagte ist, um zu entscheiden, ob Jugend- oder Erwachsenenstrafrecht zur Anwendung kommen muss. Die Feststellung des Alters hat doch nichts mit Unschuldsvermutung etc. zu tun.
BenjaminK hat geschrieben:Andere Situation: Du gehst zur Polizei, meldest den Diebstahl deiner Geldbörse mitsamt Personalausweis etc. Darauf fragt dich der Beamte zu deinem Namen nach dem Ausweis, der aber nicht da ist. Als nächstes darfst du dann erstmal Fingerabdrücke, Fotos und andere biometrische Daten hinterlassen, weil der Beamte sich ja nicht sicher sein kann, dass deine Aussage (Name: Peter Müller) stimmt. Er findet, dass du eher aussiehst, wie ein Werner Schmitt. Warum auch immer die Papiere nicht da waten, die Beamten wussten sich halt anders zu helfen. Hättest du damit ein Problem? Ich schon.
Ich habe zufälligerweise diesen Mist vor einem knappen Jahr mitmachen müssen, ich kann mich aber an ein solches Vorgehen nicht erinnern. Aber warum schwenkst du auf Namen um? Das ist völlig sinnbefreit, da du Willkür unterstellst. Oder möchtest du allen Ernstes behaupten, man könne anhand der Optik unterscheiden, ob jemand Peter Müller oder Werner Schmitt heißt? Das ist doch albern. Das Alter anhand des Aussehens festzustellen, ist kaum möglich, aber man kann zumindest eine gewisse Tendenz sehen, beim Namen geht das nicht.

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Re: Nein heißt Nein, oder doch nicht? (Konkreter Fall!)

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BenjaminK hat geschrieben:Und was das Alter angeht: Wenn er aussagt, dass er 17 ist und gleich drauf kommt "glaub ich nicht", dann braucht er gar nicht erst angehört werden, weil anscheinend das Gericht bereits für sich ein Urteil gefällt hat "Der lügt!", was das Ergebnis einer Verhandlung sein kann, aber nicht der Start, sonst muss derjenige erst einmal um seine Unschuld kämpfen, wo doch eigentlich der Staatsanwalt um die Schuld kämpfen muss. Ihm wird ja nicht zur Last gelegt, bereits 25 zu sein und als Hochstapler die Welt mit seinem Alter zu täuschen.
Ihm wird zur Last gelegt, als 25jähriger eine Frau vergewaltigt zu haben.
Und er behauptet, als 17jähriger keine Frau vergewaltigt zu haben.

Und natürlich wird die Polizei und die Staatsanwaltschaft erstmal sagen: "Glaub ich nicht." Mit dieser Einstellung werden sie Anklage erheben. Und es ist dann Aufgabe des Gerichtes festzustellen, ob es dem Angeklagten oder dem Staatsanwalt glaubt.

Und es ist ganz normal, dass man bereits vor der Anklageerhebung Beweise sammelt.
Andere Situation: Du gehst zur Polizei, meldest den Diebstahl deiner Geldbörse mitsamt Personalausweis etc. Darauf fragt dich der Beamte zu deinem Namen nach dem Ausweis, der aber nicht da ist. Als nächstes darfst du dann erstmal Fingerabdrücke, Fotos und andere biometrische Daten hinterlassen, weil der Beamte sich ja nicht sicher sein kann, dass deine Aussage (Name: Peter Müller) stimmt. Er findet, dass du eher aussiehst, wie ein Werner Schmitt.
Inwiefern geht das den Polizisten etwas an?
Ob ich nun Peter Müller oder Werner Schmitt heiße, darf dem Polizisten herzlich egal sein.

Anders sieht es aus, wenn ich einen neuen Ausweis beantrage und ich mich nicht ausweisen kann. Hier ist es plötzlich relevant, ob ich Peter Müller oder Werner Schmitt heiße. Und in diesem Fall ist die Polizei auch verpflichtet, meine Identität festzustellen, bevor sie mir einen neuen Ausweis geben.

Wenn ich Peter Müller bin, wäre ich nicht sehr begeistert davon, dass Werner Schmitt sich als Peter Müller ausgibt und einen Ausweis bekommt, der auf meinen Namen ausgestellt ist. Das nennt sich Identitätsdiebstahl. Und um solchen zu verhindern, muss die Polizei die Identität feststellen, bevor sie einer wildfremden Person einen Ausweis ausstellt.

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Und was das Alter angeht: Wenn er aussagt, dass er 17 ist und gleich drauf kommt "glaub ich nicht", dann braucht er gar nicht erst angehört werden, weil anscheinend das Gericht bereits für sich ein Urteil gefällt hat "Der lügt!", was das Ergebnis einer Verhandlung sein kann, aber nicht der Start, sonst muss derjenige erst einmal um seine Unschuld kämpfen, wo doch eigentlich der Staatsanwalt um die Schuld kämpfen muss. Ihm wird ja nicht zur Last gelegt, bereits 25 zu sein und als Hochstapler die Welt mit seinem Alter zu täuschen.
Es ist ein Unterschied, ob jemand 17 oder 25 ist in der Frage anwendbaren Jugendstrafrechts. Und vor diesem Kontext kann eine solche Aussage auch angezweifelt werden (weil es die Interessen des die Aussage tätigenden Angeklagten berührt).
Dass jemandes Schuld bewiesen werden muss, bedeutet doch nicht, dass man seine Aussagen glauben muss. Jede Aussage mit Relevanz - und die Altersangabe hat, wie gezeigt, Relevanz - muss im Zweifelsfall geprüft werden. Und wenn sich der Angeklagte nicht ausweisen kann, dann herrscht ein solcher Zweifelsfall.
Von einem Angeklagten, der sich ausweisen kann, würde man selbiges auch verlangen, so dass die Aussage mit Evidenz unterfüttert wird. Denn das ist die Aufgabe eines Gerichts: Aussagen und Indizien auf ihre Evidenz prüfen (und sie nicht einfach so für wahr halten) - und zwar alles, was eine mögliche Schuld des Angeklagten betrifft, das gilt auch für die Schuldfähigkeit im Rahmen des Alters bzw. der geistigen Reife.

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Re: Nein heißt Nein, oder doch nicht? (Konkreter Fall!)

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sagista hat geschrieben:Ich lehne es nachwievor ab, zu versuchen, ein Ranking herzustellen, was jetzt im Detail verabscheuungswürdiger als das andere ist, zumal ich nicht erkennen kann, wohin dies führen soll. Wenn du schon darauf beharrst, irgendwie ein Ranking zu inszenieren, so würde ich sagen, dass eine versuchte Vergewaltigung vor den Augen der Kinder verabscheuungswürdiger als eine versuchte Vergewaltigung ist, die nicht vor den Augen der Kinder staatfindet, weil es wahrscheinlich sowohl für das Opfer, als auch für die Kinder noch schlimmer ist, wenn die Kinder das Verbrechen an ihrer Mutter auch noch miterleben müssen.
Ich will auch kein Ranking einführen, sondern dafür plädieren, dass dieses Ranking bereits jemand durchgeführt hat, als er nämlich die verschiedenen Straftaten unterschiedlich im Strafgesetz verankert hat. Schlimme Dinge geben schlimmere Strafen.
Und der zweite Kern ist, dass es doch egal sein muss, was 'vor den Augen der Kinder' gemacht wurde und welche Intention dahinter steckt. Ein Anfallen, um das Gesicht zu entstellen vor den Augen der Kinder (=Umstände bei versuchter Körperverletzung) sind für mich die selben Umstände. Egal, was hinter "Anfallen, um vor den Augen der Kinder..." kommt, die Umstände und damit das, was den Aufschrei erzeugt, muss doch gleich bleiben. Und wenn die Umstände dazu führen, dass besonders hart (also oberes Spektrum der Möglichkeiten) verurteilt wird, dann muss das auch bei allen Straftaten mit diesen Umständen besonders hart verurteilt werden. Mir kommt es aber so vor, als ob die (versuchte) Tat den Aufschrei erzeugt und darüber dann das besonders harte Verurteilen als gerechtfertigt eingestuft wird, wo die eine Tat an sich doch bereits im möglichen Strafmaß berücksichtigt ist. Deutlich wird das, finde ich, weil das nächste Argument oftmals die seelischen, psychischen Schäden sind, die das Opfer durch die Tat davon trägt, oder aber, dass man selbst in der Situation ein deutliches Schuldempfinden gehabt hätte etc. Das sind alles Dinge, die die Tat an sich betreffen...Bogen zurück, was aber schon einmal bei der Bewertung der Tat an sich Einfluss hatte.
sagista hat geschrieben:Häh?Sorry, ich verstehe dich immer noch nicht.Meinst du, wenn man dem Angeklagten unterstellt, er lüge beim Alter, unterstellt man ihm gleichzeitig, er würde auch bei allem anderen lügen? Was hat das mit Schuld oder Unschuld zu tun, wenn man das Alter prüfen möchte, weil kein Ausweis vorhanden ist? Man muss doch wissen, wie alt der Angeklagte ist, um zu entscheiden, ob Jugend- oder Erwachsenenstrafrecht zur Anwendung kommen muss. Die Feststellung des Alters hat doch nichts mit Unschuldsvermutung etc. zu tun.
Ja, in dem Moment, wo sofort seine Aussage angezweifelt wird (nicht als Ergebnis des Verfahrens, sondern als Eröffnung), braucht er eigentlich nicht weiter befragt werden, weil anscheinend klar ist, dass seine Aussage nicht gewertet wird, sondern nur das, was andere darüber sagen.
sagista hat geschrieben:Ich habe zufälligerweise diesen Mist vor einem knappen Jahr mitmachen müssen, ich kann mich aber an ein solches Vorgehen nicht erinnern. Aber warum schwenkst du auf Namen um? Das ist völlig sinnbefreit, da du Willkür unterstellst. Oder möchtest du allen Ernstes behaupten, man könne anhand der Optik unterscheiden, ob jemand Peter Müller oder Werner Schmitt heißt? Das ist doch albern. Das Alter anhand des Aussehens festzustellen, ist kaum möglich, aber man kann zumindest eine gewisse Tendenz sehen, beim Namen geht das nicht.
Der Name kann in der fiktiven Situation auch von Interesse sein und auch Tendenzen beim Namen kann man vermuten. Strahlend blonde Haare, blaue Augen, Kleidung von Thor Steinar, stellt sich als "Yussef ibn Ali" vor und möchte seine verlorenen Sachen melden während kurz zuvor ein arabisch anmutender Typ einen Überfall von Nazis mit dem Verlust seiner Geldbörse gemeldet hat, in der alle möglichen Checkkarten, KV-Karten und sonstige Sachen drin war. Er gab an, er habe noch gesehen, wie einem der Nazi die Geldbörse runter gefallen ist, als er den Personalausweis herausgezogen hatte und dass auch dem Nazi davor aufgefallen war, dass da noch viel Bargeld in der Geldbörse war. Fiktive Situation, aber sowohl die von dir aufgeführte optische Tendenz des Namens ist vorhanden, als auch eine mögliche Konsequenz durch den Namen für die weiteren Ermittlungen etc. Also erst einmal Fingerabdrücke von allen nehmen, mit Verbrecherkarteien abgleichen etc?

Auch vor Gericht hätte der Name Einfluss, wenn es um die Identitätsfeststellung geht und der daraus resultierenden Information, ob da bereits zB eine Vorbestrafung vorliegt, die eine Bewährung ausschließt.

Wenn man will - und vor allem in der Retrospektive - kann fast jede Information wichtig gewesen sein. Daraus abzuleiten, dass man für die Zukunft einfach pauschal alle Aussagen ungewertet lässt, solange sie nicht durch dritte bestätigt sind, finde ich daher sehr zweischneidig. Rückblickend bei Verurteilungen lässt es sich ganz schnell sagen, dass unklare Dinge locker mal schnell geklärt hätten werden sollen. Kommt es aber zu keiner Verurteilung und es wurden locker und schnell mal unklare Dinge geklärt, ist der Aufschrei nach übertriebener Schikane und mangelndem Datenschutz etc. auch wieder groß.

Vor allem kommt dazu, dass die Zweifel doch hier im Forum aufgekommen sind, oder irre ich mich da? Und das auch nicht, weil der vorliegende Typ älter aussah, sondern weil "ja bekannt ist, dass Straftätern unter den Flüchtlingen sich als 17 ausgeben", also weil jemand anderes was gemacht hat, wird im vorliegenden Fall erstmal Generalzweifel am Alter angemeldet. Das zu tiefst subjektive Kriterium "sieht halt anders aus" kann das in meinen Augen auch nicht für eine allgemeine Vorgehensweise her halten.
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Re: Nein heißt Nein, oder doch nicht? (Konkreter Fall!)

Ungelesener Beitrag von Gubblinus »

BenjaminK hat geschrieben:Und der zweite Kern ist, dass es doch egal sein muss, was 'vor den Augen der Kinder' gemacht wurde und welche Intention dahinter steckt.
Das ist zumindest in unserem Rechtssystem nicht so. Die fixierten Strafrahmen (bzw der relative Unterschied zueinander) bilden im Rechtssystem die Schwere der Tat ab, aber der Strafrahmen selbst (zB bei Mord in Österreich sehr weit, von 10 Jahren bis Lebenslänglich) ist genau dafür da um Intentionen und Begleitumstände zu berücksichtigen.
Und ja, eine generalpräventiv härter formulierte Strafe, ist individual nicht gerecht. Aber auch Generalprävention ist eine Aufgabe des Gerichtes. Und ja, das heißt dass für die gleichen Umstände, nur weil man der erste ist ders damit groß in die Medien geschafft hat, eventuell eine härtere Strafe ausfasst, als jemand anderer für genau die gleichen Umstände.
https://de.wikipedia.org/wiki/Strafzwec ... .A4vention (hat mich selbst etwas gewundert, deswegen hab ichs gegoogelt, ist mit ein Zweck den das Gericht verfolgen muss).

Auch ein wichtiger Aspekt: Strafen sind in dem Ausmaß zu treffen (und Gesetze in dem Ausmaß zu formulieren) dass nach ergangener Bestrafung auch die Gesellschaft die Tat als erledigt ansehen kann.
Heißt auch, dass die Wahl des Strafmaßes im Strafrahmen, und auch der Strafrahmen selbst durch die Gesetzgebung, etwas ist dass im Wandel ist, genauso wie die Gesellschaft selbst.

Und natürlich gehört es zur guten Polizeiarbeit Angaben von Tätern, Opfern und Zeugen auch zu überprüfen, sofern möglich, und der Aufwand gerechtfertigt erscheint.

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Re: Nein heißt Nein, oder doch nicht? (Konkreter Fall!)

Ungelesener Beitrag von BenjaminK »

Gubblinus hat geschrieben:
BenjaminK hat geschrieben:Und der zweite Kern ist, dass es doch egal sein muss, was 'vor den Augen der Kinder' gemacht wurde und welche Intention dahinter steckt.
Das ist zumindest in unserem Rechtssystem nicht so. Die fixierten Strafrahmen (bzw der relative Unterschied zueinander) bilden im Rechtssystem die Schwere der Tat ab, aber der Strafrahmen selbst (zB bei Mord in Österreich sehr weit, von 10 Jahren bis Lebenslänglich) ist genau dafür da um Intentionen und Begleitumstände zu berücksichtigen.
Du sagst "nein", schreibst aber "ja"? :)
Die Intention ist die Tat und legt den Rahmen fest (10-100 Jahre bspw) und die Begleitumstände schieben dann den Regler im Rahmen nach links und rechts, bildlich gesprochen. Und was den Regler nach rechts schiebt, schiebt den Regler immer nach rechts, egal in welchem Rahmen das betrachtet wird, weil der Rahmen ja nicht von den Umständen, sondern der Intention/Tat abhängt.
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Re: Nein heißt Nein, oder doch nicht? (Konkreter Fall!)

Ungelesener Beitrag von Denderan Marajain »

Gorbalad hat geschrieben:Streng genommen ist auch ein Knutschfleck Körperverletzung.
Nein ist er nicht. Ein Knutschfleck ist eine Misshandlung.
Zuletzt geändert von Denderan Marajain am 22.05.2017 11:18, insgesamt 1-mal geändert.

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Re: Nein heißt Nein, oder doch nicht? (Konkreter Fall!)

Ungelesener Beitrag von Denderan Marajain »

Gorbalad hat geschrieben:
sagista hat geschrieben:
Gorbalad hat geschrieben:Sieht man "Generalprävention" als moderneren Ausdruck für "Exempel statuieren" ist das doch eine der Intentionen hinter einer Strafe...
Findest du das jetzt gut oder schlecht?
Es ist ein Faktum.

Die Strafhöhe alleine wirkt aber mWn einfach nicht, siehe Todesstrafe. Die (vermutete) Wahrscheinlichkeit, erwischt und verurteilt zu werden spielt da auch eine bedeutende Rolle.
Das ist eine bereits lang bekannte Tatsache. Gefängnisstrafen wirken nur bei 5-8 Jahren abschrecken. Darunter oder darüber meistens nicht. Gibt einige interessante Bücher zu diesem Thema

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Re: Nein heißt Nein, oder doch nicht? (Konkreter Fall!)

Ungelesener Beitrag von Gubblinus »

BenjaminK hat geschrieben:Du sagst "nein", schreibst aber "ja"? :)
Die Intention ist die Tat und legt den Rahmen fest (10-100 Jahre bspw) und die Begleitumstände schieben dann den Regler im Rahmen nach links und rechts, bildlich gesprochen.
Auch die Intention gibt an wo man sich in diesem Strafrahmen befindet (oder wir reden von unterschiedlicher "Intentionen" im Sinne unterschiedlicher Wortbedeutungen). Bei Mord in Österreich ist das besonders auffällig, weil das "warum" eine sehr bedeutende Rolle spielt (weil in Österreich braucht man für Mord keine niederen Motive, aber das Strafmaß wird vom Gericht wesentlich höher bewertet, wenn man aus niederen Motiven gehandelt hat).
Der Vorwurf entsteht aus den Fakten und allem drumherum. (zB gibts ja auch Vorwürfe die keinerlei Intention beinhalten. Fahrlässige Tötung zum Beispiel, da hatte niemand die Intention jemand umzubringen. Oder auch schwere Körperverletzung mit Todesfolge, beinhaltet im Delikt den Ausgang der Straftat, nicht nur die Intention, weil diese wäre ja nur Körperverletzung).

Motive, Intention und Begleitumstände sind oft alle drei schon im Vorwurf enthalten. Zum Beispiel ist der Strafrahmen für Körperverletzung mit Todesfolge im Minderschweren Fall (wenn also mildernde Begleitumstände bestehen) von Haus aus geringer (1 bis 10 Jahre) als als nicht minderschwerer Fall (mindestens 3 Jahre)

Ich glaube also nicht dass man im Gesetz klar trennen könnte zwischen "Intention ergibt den Strafrahmen, Begleitumstände in diesem Strafrahmen das exakte Strafmaß, und ob das Opfer größeren Schaden davongetragen hat interessiert keinen".
Zumindest schaun unsere Gesetze meiner Meinung nach überhaupt nicht so aus. Intention, Begleitumstände und wirklicher Ausgang der Tat selbst (und resultierender Schaden) sind alle Teil des ausgewählten Strafrahmens, des Strafmaßes selbst, und erweitert dazu auch Teil einer früheren Entlassung (oder eben nicht). Vielleicht in den unterschiedlichen "Stadien" der Urteilsfindung in unterschiedlicher Gewichtung.

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Re: Nein heißt Nein, oder doch nicht? (Konkreter Fall!)

Ungelesener Beitrag von BenjaminK »

Das ist natürlich sehr in den Details jetzt...

Wir reden von einer versuchten Tat, also ist "nichts" passiert. D.h. man kann nur noch nach der Intention gehen, weil ein "Anfallen, um zu..." ist erstmal überall gleich. Danach kommt die Intention, also was da jemand bezwecken wollte. Wenn er das Gesicht zerschneiden wollte, dann ist das die versuchte Körperverletzung, wenn er vergewaltigen wollte, ist das die versuchte Vergewaltigung. Man legt sich also hier fest, dass man den Rahmen für die Tat "versuchte Vergewaltigung" ansetzt. Innerhalb dieses Rahmens wird dann das Maß festgelegt. Ein Aufschrei "Aber er wollte eine Vergewaltigung machen!!!" sollte an der Stelle halt keinen Einfluss mehr haben, weil das ja bereits mit der Unterscheidung der Tat abgegolten ist. Was hier noch zählt, ist der Umstand, dass da die Kinder zusehen sollten und der wiederum sollte auch Einfluss haben, wenn die Intention die Körperverletzung gewesen wäre.
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Re: Nein heißt Nein, oder doch nicht? (Konkreter Fall!)

Ungelesener Beitrag von Gubblinus »

Ich hab grad gesucht, zumindest in Österreich gibt es im Gesetz keine Unterscheidung zwischen versuchter und vollzogener Vergewaltigung, ich fand zumindest keine (Strafandrohung 1 bis 10 Jahre, bei Volljährigkeit. Ich nehme in in der Praxis wird das eine Jahr eher für die versuchte Vergewaltigung, und höhere Strafmaße eben für vollzogene ausgenutzt). Erschwerende Umstände gibts aber auch hier, die die Folgen der Tat (nicht die Intention!) in den angedrohten Strafrahmen aufnehmen (und nicht nur die Ausnutzung des Strafrahmens beeinflussen)
- eine besondere Erniedrigung des Opfers, das Opfer wird dadurch schwanger, oder das Opfer wird dadurch für längere Zeit in einen qualvollen Zustand versetzt (Strafmaß steigt auf 5 bis 15 Jahre)
- das Opfer kommt während der Vergewaltigung zu Tode (Strafmaß 10 Jahre bis lebenslänglich)

Heißt die Anklage würde dann nie "versuchte Vergewaltigung" lauten, sondern immer Vergewaltigung. Und auch hier wäre die Strafandrohung abhängig von den Begleitumständen (dass das Opfer schwanger wird hat der Täter zB nicht in der Hand, erhöht aber das Mindeststrafmaß von 1 Jahr auf 5 Jahre ! Auch wenn das Opfer währenddessen, oder danach besonders darunter leidet, erhöht das das bereit angedrohte Strafmaß ebenso, nicht nur das Urteil innerhalb des Strafmaßes).

Edit: Vieles solcher Unterschiede kommt nicht aus dem Punkt der "Bestrafung des Täters, oder Bestrafung der Intention oder der gewollten Handlung" sondern auch aus dem ebenso nicht unbedeutenden Punkt der Sühne. Die Gesellschaft muss sich nach der Verurteilung und dem Absitzen der Strafe halbwegs einig sein dass die Tat gesühnt ist.
Ist die Gesellschaft das nicht, muss die Strafe höher ausfallen (egal ob der Täter diese Begleitumstände gewollt hat oder nicht), um die Gesellschaft zusammenzuhalten. Täter müssen ja nachher wieder in die Gesellschaft integriert werden, heißt, das Strafmaß muss auch angemessen sein dass die Gesellschaft dem Täter auch vergeben kann.
Zuletzt geändert von Gubblinus am 22.05.2017 12:12, insgesamt 1-mal geändert.

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Re: Nein heißt Nein, oder doch nicht? (Konkreter Fall!)

Ungelesener Beitrag von Gorbalad »

Gubblinus hat geschrieben:dass das Opfer schwanger wird hat der Täter zB nicht in der Hand
Je nach dem, was der Täter genau macht, kann er die Wahrscheinlichkeit sehr wohl beeinflussen.
"Eigentlich wäre <X> sehr <Y>, nur man hat daraus nichts gemacht" ist glaube ich die Quintessenz von DSA.

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Re: Nein heißt Nein, oder doch nicht? (Konkreter Fall!)

Ungelesener Beitrag von Gubblinus »

Das ist richtig, der Täter könnte das natürlich verhindern. Aber letztlich spielt natürlich auch noch der Zufall mit bei sowas, sollte er kein Kondom verwenden (es wird hier eben explizit das Leiden des Opfers und die Folgen der Tat, nicht nur die Intention des Täters mit in die Androhung des Strafrahmens eingebaut).

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Re: Nein heißt Nein, oder doch nicht? (Konkreter Fall!)

Ungelesener Beitrag von Andwari »

@Gubblinus
Sicher, dass "Versuch" im österreichischen Strafrecht nicht genau wie im Deutschen vor den einzelnen Strafkatalogen abgehandelt wird?

@BenjaminK
"Versuch = nix passiert" - was soll das? Du willst hier doch nicht ernsthaft erzählen, dass Du an 2-minütigem Googlen z.T. Strafbarkeit bei "Versuch" gescheitert bist?
Für Deutschland:
§22 StGB
§23 StGB darauf bezieht sich §49(1) und 49(2) StGB
-> §46 ff. StGB zur Strafzumessung generell.
-> §177 StGB (Sexueller Übergriff, s. Nötigung, Vergewaltigung) man beachte, dass die Vergehen der ersten beiden Absätze durch (3) eben explizit strafbar gestellt werden, bei den Absätzen (4) ff. ist das nicht nötig, weil es sowieso Verbrechen sind. mit Absatz (9) gibt es minder schwere Fälle, die unter dem 1 Jahr Mindestandrohung liegen - die sind aber nach §12 StGB immer noch "Verbrechen" = und deshalb muss hier kein weiteres "der Versuch ist strafbar" stehen.

Man könnte also durchaus für eine versuchte Vergewaltigung noch 11,25 Jahre Knast kriegen (15 Jahre mal 3/4). Strafrahmen sollen allgemein so gefasst sein, dass die Richter sich innerhalb derselben bewegen können, ohne an eine als ungerecht empfundene Begrenzung zu stoßen. Das funktioniert nicht immer - z.B. bei "Mord" hat das Thema Strafrahmen eine unendliche Geschichte.

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Re: Nein heißt Nein, oder doch nicht? (Konkreter Fall!)

Ungelesener Beitrag von BenjaminK »

Dass der Versuch an sich bereits strafbar ist, hab ich doch mit keinem Wort gesagt. Die Andichtung ist ein bisschen unfair, gerade wenn ich im Anschluss dann 2 mögliche Straftaten aufführe, die beiden den selben Anfang genommen haben könnten.
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Re: Nein heißt Nein, oder doch nicht? (Konkreter Fall!)

Ungelesener Beitrag von Gubblinus »

@Andwari Sicher bin ich mir nicht. Über Google hab ichs zumindest nicht auf die Schnelle gefunden.
Die "leichtere Straftat" die alle restlichen sexuellen Handlungen einschließt wird zumindest im Paragraphen danach abgehandelt.
Ich müsste mich da am Abend nochmal einlesen.

BenjaminK argumentiert eher dass die Intention an sich schon im Strafrahmen abgehandelt wird (und deswegen nachher nicht mehr beurteilt werden muss beim expliziten Festlegen der Strafe innerhalb des Strafrahmens) und dass ob das Opfer danach besonders psychisch darunter leidet wenig zum Strafmaß beitragen sollte (das ist finde ich eine sehr individuelle und auch plausible Argumentation, beurteilt würde in dem Fall nur werden das was der Täter im Sinn hatte, und das wie es während der Tat abgelaufen ist).
Ich habe das nicht so verstanden dass er meinte es wäre "nix passiert" bei einem Versuch, sondern nur dass der Versuch einen eigenen Strafrahmen hat im Gegensatz zur vollendeten Tat.

Ich bin nur nicht ganz einverstanden damit dass für die Festlegung welches Delikt nur die Intention ausschlaggebend ist, weil auch das Gesetz unbeabsichtigte Folgeschäden die der Täter teilweise oder ganz nicht in der Hand hat, in den Strafrahmen, und auch das Strafmaß entscheident mit einfließen lässt.

Edit:https://www.jusline.at/15_Strafbarkeit_ ... _StGB.html
Das scheint der relevante Auszug aus dem österreichischen Recht. Im Gegensatz zum Deutschen wird hier nicht erwähnt dass der Versuch einer Straftat geringer bestraft werden kann, sondern den gleichen Strafrahmen hat wie die Tat selbst. Auch im Beispiel drunter wird dann für das Mordversuchs-Beispiel auf den Mord-Paragraphen verwiesen.
Österreich scheint also wirklich keine Unterscheidung (im Strafrahmen) zwischen einer versuchten Tat, und einer vollendeten Tat zu machen. Versuchte Vergewaltigung hätte also wie Vergewaltigung die gleiche Strafandrohung.

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Re: Nein heißt Nein, oder doch nicht? (Konkreter Fall!)

Ungelesener Beitrag von BenjaminK »

Ja, so ca. 98% getroffen :)

Mir ging es nicht darum, dass der Versuch ein eigener Straftatbestand ist, sondern dass die Intention bereits berücksichtigt ist bei dem Teil, was ihm zur Last gelegt wird, also über den Rahmen entscheidet und daher auch nicht noch ein zweites mal gewertet werden sollte. Zum anderen wollte ich darauf hinaus, dass bei unvollendeter Tat der Anfang auch übereinstimmend mit anderen Intentionen hätte sein können und egal welche Intention man dann festgelegt hätte, die Umstände (Vor den Kindern, hinterrücks, etc.) hätten anschließend in die Wertung gemusst, auch wenn es um eine andere Straftat gehen würde.
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Re: Nein heißt Nein, oder doch nicht? (Konkreter Fall!)

Ungelesener Beitrag von Andwari »

Verflixt, genau den §46 StGB, der die Kriterien für Strafzumessung umreißt, hatte ich nicht mit Link hinterlegt.
=> Das ist nicht schon vollständig abgehandelt, nur weil man den einen statt dem anderen möglichen Straftatbestand angeklagt hat. Anders als in der angelsächsischen Rechtstradition ist bei uns eine Anpassung des angeklagten Tatbestands auch im laufenden Verfahren relativ leicht möglich. Rauszufinden, was war ist Aufgabe des Gerichts.

@Gubblinus
§34 des österreichischen StGB nennt u.a. Versuch als einen Milderungsgrund bei der Strafzumessung.

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